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REVOSax - Recht und Vorschriftenverwaltung Sachsen

Gemeinsame Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums der Finanzen und des Sächsischen Staatsministeriums des Innern zur kommunal- und haushaltsrechtlichen Beurteilung von Investorenvorhaben im kommunalen Bereich

Vollzitat: Gemeinsame Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums der Finanzen und des Sächsischen Staatsministeriums des Innern zur kommunal- und haushaltsrechtlichen Beurteilung von Investorenvorhaben im kommunalen Bereich vom 4. Juli 2005 (SächsABl. S. 725), zuletzt enthalten in der Verwaltungsvorschrift vom 1. Dezember 2023 (SächsABl. SDr. S. S 253)

I.
Überblick

1. 
Der kommunale Aufgabenträger prüft die Recht- und Zweckmäßigkeit, insbesondere Wirtschaftlichkeit, eines Investorenvorhabens in eigener Verantwortung. Die Entscheidungsgrundlagen sind umfassend und nachprüfbar zu dokumentieren.
2. 
Die zuständige Rechtsaufsichtsbehörde überprüft den Abschluss eines solchen Vertrags auf seine Rechtmäßigkeit. Hierzu zieht sie auch den vom kommunalen Aufgabenträger vorgelegten Wirtschaftlichkeitsvergleich heran (vergleiche Abschnitt III. der Anlage). Die Vorlage eines solchen Vergleichs entbindet sie jedoch nicht von einer eigenen Prüfung.
.3 
Bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit sind insbesondere die im Folgenden genannten Voraussetzungen zu beachten (vergleiche im Folgenden jeweils für Landkreise in Verbindung mit § 61 SächsLKrO, für Zweckverbände in Verbindung mit § 58 Abs. 1 Satz 1 SächsKomZG).
4. 
Der Abschluss eines Vertrags zur Durchführung eines Investorenvorhabens (Investorenvertrag) kommt wirtschaftlich einer Kreditaufnahme gleich und bedarf deswegen nach § 82 Abs. 5 SächsGemO der Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde. Die Genehmigung darf nur erteilt werden, wenn der Vertragsschluss den Grundsätzen einer geordneten Haushaltswirtschaft entspricht (§ 82 Abs. 5 in Verbindung mit Absatz 2 SächsGemO). Für die Genehmigung von Investorenverträgen gelten nach § 82 Abs. 5 in Verbindung mit Absatz 2 SächsGemO dieselben Voraussetzungen wie für die Genehmigung von Kreditaufnahmen. Die Genehmigung setzt insbesondere voraus, dass
 
a) 
die übernommenen Verpflichtungen mit der dauernden Leistungsfähigkeit des kommunalen Aufgabenträgers in Einklang stehen (§ 82 Abs. 5 in Verbindung mit Absatz 2 SächsGemO),
 
b) 
das Investorenvorhaben dem Grundsatz einer sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung entspricht (§ 72 Abs. 2 SächsGemO) und
 
c) 
die Aufgabenerfüllung seitens des kommunalen Aufgabenträgers sichergestellt ist.
5. 
Der Antrag auf Genehmigung des Rechtsgeschäfts nach § 82 Abs. 5 SächsGemO soll erst gestellt werden, wenn die vorgenannten Punkte durch den kommunalen Aufgabenträger geklärt sind und eine Auskunft des für den Investor zuständigen Finanzamts vorliegt, wonach die Wirtschaftsgüter ertragsteuerlich dem Investor zuzurechnen sind (vergleiche Abschnitt VI. der Anlage).
6. 
Die Rechtsaufsichtsbehörde kann das Genehmigungsverfahren auch zum Anlass nehmen, die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vergabevorschriften durch den kommunalen Aufgabenträger zu prüfen.
7. 
Übersteigt der Gesamtauftragswert der Gebäude oder Anlagen 5 Mio. EUR ohne Umsatzsteuer, ist für die Genehmigung des Investorenvertrags auch bei unter der Aufsicht des Landratsamts stehenden Körperschaften das Einvernehmen des Regierungspräsidiums erforderlich.

II.
Vereinbarkeit mit der dauernden Leistungsfähigkeit des kommunalen Aufgabenträgers

1. 
Die sich aus dem Abschluss des Vertragswerks ergebenden kreditähnlichen Verpflichtungen müssen mit der dauernden Leistungsfähigkeit des kommunalen Aufgabenträgers in Einklang stehen. Ein Investorenvertrag darf nicht genehmigt werden, wenn unter diesem Gesichtspunkt die Genehmigung eines Kredits zur Finanzierung des Vorhabens versagt werden müsste. Eine besondere Überprüfung der finanziellen Leistungsfähigkeit bei der Genehmigung von Kreditaufnahmen und kreditähnlichen Rechtsgeschäften ist bei Überschreiten bestimmter Verschuldensobergrenzen geboten. Auf diese Obergrenzen (vergleiche zuletzt Ziffer I.1. Buchst. c) der VwV kommunale Haushaltswirtschaft) sind auch Verpflichtungen aus kreditähnlichen Rechtsgeschäften mit ihrem Barwert anzurechnen. Bei Betreiber- und Kooperationsmodellen gilt dies nur für den Kapitalkostenanteil. Die Abzinsung hat zu jeweils geltenden Kommunalkreditkonditionen zum aktuellen Marktzinssatz zu erfolgen. Der Barwert ist dem Wirtschaftlichkeitsvergleich zu entnehmen. Der Kredit oder das kreditähnliche Rechtsgeschäft darf bei Überschreiten dieser Grenzen in der Regel nur bei Vorlage eines schlüssigen Haushaltssicherungskonzepts im Rahmen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit genehmigt werden.
2. 
Die Liquidität des kommunalen Aufgabenträgers muss während der gesamten Vertragslaufzeit sichergestellt sein. Soweit der Ankauf des Gebäudes oder der Anlage durch den kommunalen Aufgabenträger vorgesehen ist, muss insbesondere die Finanzierung des Ankaufspreises gesichert sein. Im Zweifel hat der kommunale Aufgabenträger eine allgemeine Rücklage in Höhe des späteren Ankaufspreises linear über die Vertragslaufzeit aufzubauen.

III.
Wirtschaftlichkeit

1. 
Die Verwirklichung eines Investorenvorhabens entspricht nur dann dem Grundsatz einer sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung, wenn
 
a) 
im Vergabeverfahren das wirtschaftlichste Angebot den Zuschlag erhält und
 
b) 
diese Form der Bereitstellung öffentlicher Güter oder Dienstleistungen jedenfalls nicht teurer ist als eine herkömmliche Finanzierung über Kommunalkredit und Betreibung in eigener Verantwortung. Dies ist durch einen Wirtschaftlichkeitsvergleich mit den Methoden der dynamischen Investitionsrechnung nachzuweisen (siehe hierzu Abschnitt III. der Anlage). Die Rechtsaufsichtsbehörden behalten sich vor, in besonders gelagerten Fällen eine Vergleichsberechnung durch einen unabhängigen Dritten erstellen zu lassen.
2. 
Kurzfristige Liquiditätsvorteile rechtfertigen für sich genommen nicht die Verwirklichung eines Investorenvorhabens. Das ist insbesondere bei so genannten Sale-and-lease-back-Verträgen zu berücksichtigen.

I.
Kommunalrechtliche Erfordernisse

Für die Prüfung der Rechtmäßigkeit des Vertragsschlusses in kommunalrechtlicher Hinsicht gelten die Ausführungen unter Buchstabe C. entsprechend. Der Rechtsaufsichtsbehörde sind zusätzlich unverbindliche Auskünfte der Bewilligungsbehörden (zuwendungsvergebenden Stellen einschließlich Beliehene) darüber vorzulegen, dass voraussichtlich Zuwendungen entsprechend den Ansätzen im Finanzierungskonzept bewilligt werden, sowie gegebenenfalls eine Erklärung der Bewilligungsbehörden, inwieweit bereits Zuwendungen bewilligt oder ausgezahlt wurden.

II.
Unterrichtung der Bewilligungsbehörden

Die Rechtsaufsichtsbehörde informiert die Bewilligungsbehörden unverzüglich über den beabsichtigten Abschluss eines solchen Investorenvorhabens. Will eine kommunale Eigen- oder Beteiligungsgesellschaft, die für die jeweilige Aufgabenerfüllung bereits Zuwendungen erhalten hat, ein Investorenvorhaben verwirklichen, hat sie vor Abschluss des Investorenvertrags die Einwilligung der Bewilligungsbehörden nach Maßgabe dieser Verwaltungsvorschrift einzuholen.

III.
Grundsätze für die zuwendungsrechtliche Beurteilung

Die staatliche Förderung kommunaler Investitionen hat die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (§ 7 Abs. 1 SäHO), des besonderen Staatsinteresses bei der Bewilligung von Zuwendungen und der Nachrangigkeit von Zuwendungen (§§ 23, 44 SäHO) zu beachten. Daher gilt Folgendes:

IV.
Nicht zuwendungsfähige Investorenvorhaben

1. 
Nach allgemeinen Grundsätzen sind Vorhaben in folgenden Fällen nicht zuwendungsfähig:
 
a) 
Das Vorhaben ist bereits begonnen worden, bevor eine Zuwendungsbewilligung erfolgt ist und ohne dass eine Genehmigung des förderunschädlichen vorfristigen Vorhabensbeginns erteilt worden ist.
 
b) 
Der Vorhabenträger erfüllt nicht die subjektiven Fördervoraussetzungen.
2. 
Bei folgenden Vertragsmodellen werden keine Zuwendungen gewährt, weil sie unter Berücksichtigung aller Kosten, einschließlich der steuerlichen Effekte bei sämtlichen Gebietskörperschaften, nicht zu einer wirtschaftlicheren Bereitstellung öffentlicher Güter und Dienstleistungen führen:
 
a) 
Sale-and-lease-back-Modelle (Buchstabe B.I.1.b);
 
b) 
Betreiberverträge und Kooperationsverträge über fertig gestellte oder überwiegend fertig gestellte Anlagen, wenn der Betreiber seinerseits wiederum die öffentliche Hand (Kommune, kommunale Eigengesellschaft) mit der Betriebsführung beauftragt. Überwiegend fertig gestellt sind Gebäude und Anlagen, die bei Vertragsbeginn bereits zu mindestens 50 vom Hundert bezogen auf das Gesamtauftragsvolumen errichtet sind; dabei bleiben vor dem 1. Juli 1990 errichtete Gebäude und Anlagen außer Betracht.

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Verweis auf Bundesgesetze

Fundstelle und systematische Gliederungsnummer

SächsABl. 2005 Nr. 32, S. 725
Fsn-Nr.: 521-V05.1

Gültigkeitszeitraum

Fassung gültig ab: 12. August 2005