Verwaltungsvorschrift
des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz
und für Europa über die Zulassung von Reizstoffsprühgeräten und Teleskop-Einsatzstöcken im Bereich der Gerichte und Staatsanwaltschaften
(VwV Pfefferspray und Teleskop-Einsatzstöcke)

Vom 14. Februar 2011

I.
Zulassung von Reizstoffsprühgeräten und Teleskop-Einsatzstöcken

1.
Zur Wahrnehmung der den Justizwachtmeistern nach § 42 des Gesetzes über die Justiz im Freistaat Sachsen (Sächsisches Justizgesetz – SächsJG) eingeräumten Befugnissen werden für den Bereich der Gerichte und Staatsanwaltschaften folgende Waffen dienstlich zugelassen:
 
a)
Reizstoffsprühgeräte mit dem Wirkstoff Capsaicin (Pfefferspray), die den Anforderungen der Technischen Richtlinie Reizstoffsprühgeräte mit Oleoresin Capsicum (OC) oder Pelargonsäurevanillylamid (PAVA) des Polizeitechnischen Instituts der Deutschen Hochschule der Polizei in Münster vom November 2008 entsprechen,
 
b)
kurze, ausziehbare Teleskop-Einsatzstöcke, die den Anforderungen der Technischen Richtlinie Einsatzstöcke, kurz und lang, des Polizeitechnischen Instituts der Deutschen Hochschule der Polizei in Münster vom April 2006 entsprechen.
2.
Die Beschaffung dieser Waffen erfolgt in Abstimmung mit dem Staatsministerium der Justiz und für Europa über die Zentrale Beschaffungsstelle bei der Justizvollzugsanstalt Chemnitz.
3.
Für die Ausstattung mit diesen Waffen und deren Anwendung gelten die nachfolgenden sowie die hierzu vom Behördenleiter ergehenden besonderen Regelungen.

II.
Allgemeine Voraussetzungen für das Führen und den Einsatz der zugelassenen Waffen

1.
Berechtigt zum Führen der in Ziffer I Nr. 1 genannten Waffen ist ein mit den Aufgaben des Justizwachtmeisterdienstes betrauter Bediensteter, wenn er
 
a)
zum Sitzungs- und Vorführdienst oder zum Sicherheits- und Ordnungsdienst im Amtsgebäude eingesetzt ist,
 
b)
an der Basisschulung und den regelmäßigen Fortbildungen gemäß Ziffer III teilgenommen hat und
 
c)
durch Entscheidung des Behördenleiters oder des jeweiligen Vorsitzenden nach Ziffer IV Nr. 1 dazu bestimmt wurde.
2.
Die Anwendung der in Ziffer I Nr. 1 genannten Waffen ist
 
a)
nur zulässig, wenn der Zweck nicht auf andere, mildere Weise erreicht werden kann (Verhältnismäßigkeitsgrundsatz) und der Einsatz unter Berücksichtigung von Alter, Verhalten und Zustand des Betroffenen angemessen ist;
 
b)
zuvor anzudrohen, soweit nicht die sofortige Anwendung zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr notwendig ist.

III.
Aus- und Fortbildung

1.
Die erstmalige Ausstattung mit einer nach Ziffer I Nr. 1 zugelassenen Waffe setzt die Teilnahme an einer Basisschulung zum sachgerechten Umgang mit diesen Waffen voraus, über deren erfolgreichen Abschluss ein entsprechender Nachweis über die Befähigung zum Führen der Waffen zu den Personalakten zu nehmen ist.
2.
Nach der erfolgreichen Teilnahme an der Basisschulung sind regelmäßig Fortbildungsveranstaltungen zum sachgerechten Umgang mit der zugelassenen Waffe zu besuchen. Die Fortbildung muss pro zugelassener Waffe mindestens drei Zeitstunden im Jahr umfassen.

IV.
Anordnungs- und Prüfungsbefugnisse

1.
Die Entscheidung, wann und durch wen die nach Ziffer 1 Nr. 1 zugelassenen Waffen geführt werden dürfen, trifft der Behördenleiter nach Maßgabe der Voraussetzungen in Ziffer II Nr. 1 Buchst. a und b im eigenen Ermessen, bei der er auch die persönliche Eignung des Bediensteten berücksichtigt. Die dem Vorsitzenden im Rahmen der Sitzungspolizei nach § 176 GVG obliegenden Befugnisse bleiben unberührt.
2.
In unregelmäßigen Abständen, mindestens aber halbjährlich, hat der Behördenleiter oder eine von ihm beauftragte Person die Trageweise der Waffen sowie die fortbestehende fachliche und persönliche Eignung der nach Nummer 1 befugten Personen zu überprüfen.
3.
Der Behördenleiter kann weitere Anordnungen treffen, um eine missbräuchliche Nutzung der zugelassenen Waffen auszuschließen, zum Beispiel zur Trageweise oder zur Aufbewahrung der Waffen.

V.
Dokumentation

Jede Anwendung der zugelassenen Waffen ist dem Behördenleiter zu melden. Dabei sind der Vorfall und der Grund für die Anwendung der Waffe ausführlich zu schildern und eventuelle Verletzungen zu beschreiben. Nach Möglichkeit sind Namen und Anschrift von Zeugen des Vorfalls anzugeben. Die Meldung ist aktenkundig zu machen.

VI.
Aufbewahrung

Sind die zugelassenen Waffen nicht in Gebrauch, sind sie im Amtsgebäude in verschlossenen, dem Zugriff Unbefugter nicht zugänglichen, sicheren Behältnissen aufzubewahren.

VII.
Überprüfung und Aussonderung

1.
Die Reizstoffsprühgeräte und Teleskop-Einsatzstöcke sind von einer vom Behördenleiter zu benennenden Person regelmäßig auf ihre Gebrauchsfähigkeit zu überprüfen. Beschädigte und auf andere Weise unbrauchbar gewordene Reizstoffsprühgeräte und Teleskop-Einsatzstöcke sind auszusondern. Die Aussonderung erfolgt durch Rückführung an die Sicherheitsgruppe Justizvollzug des Freistaates Sachsen bei der Justizvollzugsanstalt Waldheim.
2.
Überlagerte und verbrauchte Reizstoff-Patronen sind über die Sicherheitsgruppe Justizvollzug des Freistaates Sachsen bei der Justizvollzugsanstalt Waldheim zu entsorgen.

VIII.
Schlussvorschriften

1.
Behördenleiter im Sinne dieser Vorschrift sind auch die Präsidenten und Direktoren der Gerichte.
2.
Diese Verwaltungsvorschrift tritt am 1. Februar 2011 in Kraft.

Dresden, den 14. Februar 2011

Der Staatsminister der Justiz und für Europa
Dr. Jürgen Martens