Verwaltungsvorschrift
des Sächsischen Staatsministeriums des Innern
über die Anordnung nach § 23 Abs. 1 und 2 AufenthG zur Aufnahme und Verteilung jüdischer Zuwanderer und ihrer Familienangehörigen aus der ehemaligen Sowjetunion mit Ausnahme der baltischen Staaten – Herkunftsgebiet
(VwV Aufnahme und Verteilung jüdischer Zuwanderer)

Vom 22. März 2006

[Geändert durch Ziffer XVIII der VwV vom 1. März 2012 (SächsABl. S. 336, 352)
mit Wirkung vom 2. März 2012]

Inhaltsverzeichnis:

Teil A
 
Aufnahme jüdischer Zuwanderer und ihrer Familienangehörigen ab dem 1. Oktober 2005, die nach dem 30. Juni 2001 einen Antrag auf Erteilung einer Aufnahmezusage gestellt haben und denen eine Aufnahmezusage vor dem 1. Januar 2005 nicht zugestellt worden ist (Übergangsfälle I und II und Neufälle)
 
 
I.
Voraussetzungen für die Aufnahme
 
 
II.
Verfahrensregelungen
 
 
III.
Verfahren zur bundesweiten Quotenfeststellung und Statistik
Teil B
 
Aufnahme jüdischer Zuwanderer und ihrer Familienangehörigen ab dem 1. Januar 2005, denen eine Aufnahmezusage eines Landes vor dem 1. Januar 2005 zugestellt worden ist
 
 
I.
Voraussetzungen für die Aufnahme
 
 
II.
Verfahrens- und Übergangsregelungen
 
 
III.
Verfahren zur bundesweiten Quotenfeststellung und Statistik
 
 
IV.
Übergangs- und Abschlussregelungen
Teil C
 
Landesinterne Quotenfeststellung
Teil D
 
Anwendung des Aufenthaltsgesetzes – Aufenthaltsrechte und wohnsitzbeschränkende Auflage
Teil E
 
In-Kraft-Treten

Diese Verwaltungsvorschrift regelt – vorbehaltlich einer entsprechenden Änderung des Gesetzes über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet ( Aufenthaltsgesetz  – AufenthG) vom 30. Juli 2004 (BGBl. I S. 1950), zuletzt geändert durch Artikel 23 des Gesetzes vom 21. Juni 2005 (BGBl. I S. 1818, 1825), – die Aufnahme und Verteilung jüdischer Zuwanderer und ihrer Familienangehörigen aus der ehemaligen Sowjetunion mit Ausnahme der baltischen Staaten (Herkunftsgebiet). Außerhalb des in dieser Verwaltungsvorschrift geregelten Verfahrens nehmen der Freistaat Sachsen und die anderen Länder keine jüdischen Zuwanderer aus dem Herkunftsgebiet mehr auf. Der Beschluss der Innenministerkonferenz vom 14. Mai 1993 – Aufnahme außerhalb des geregelten Verfahrens ausgereister jüdischer Emigranten und ihrer Familienangehörigen in besonderen Härtefällen – ist mit Wirkung vom 1. Januar 2005 gegenstandslos geworden.
Im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern ordnet das Staatsministerium des Innern nach § 23 Abs. 1 und 2 AufenthG an, jüdische Zuwanderer und ihre Familienangehörigen aus dem Herkunftsgebiet nach folgenden Maßgaben aufzunehmen und zu verteilen:

Teil A
Aufnahme jüdischer Zuwanderer und ihrer Familienangehörigen ab dem 1. Oktober 2005, die einen Antrag auf Erteilung einer Aufnahmezusage
gestellt haben und denen eine Aufnahmezusage vor dem 1. Januar 2005 nicht zugestellt worden ist
(Übergangsfälle I und II und Neufälle)

I.
Voraussetzungen für die Aufnahme

1.
Die jüdischen Zuwanderer und ihre Familienangehörigen müssen Staatsangehörige eines Staates im Herkunftsgebiet oder spätestens seit dem 1. Januar 2005 staatenlose Personen mit Wohnsitz im Herkunftsgebiet sein und dürfen zuvor nicht bereits in einen Drittstaat übergesiedelt sein.
2.
Als jüdische Zuwanderer aufgenommen werden können nur Personen,
 
a)
die nach staatlichen, vor 1990 ausgestellten Personenstandsurkunden, selbst jüdischer Nationalität sind oder von mindestens einem jüdischen Elternteil abstammen;
 
b)
von denen erwartet werden kann, dass sie zur Sicherung des Lebensunterhaltes nicht dauerhaft auf Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch angewiesen sind (eigenständige Sicherung des Lebensunterhalts);
Dabei soll die Familienzusammenführung ermöglicht werden. Eine Prognose hinsichtlich dieser Erwartung wird für den selbst aufnahmeberechtigten Antragsteller abgegeben, bezieht aber auch das familiäre Umfeld ein.
Die Prognose hinsichtlich der Erwartung der eigenständigen Sicherung des Lebensunterhaltes beruht zunächst auf einer Selbstauskunft der Zuwanderungswilligen, mit der abgefragt wird, welche Ausbildung, beruflichen Pläne, Deutschkenntnisse und so weiter, vorliegen.
 
c)
die durch das Prüfungszeugnis A 1 Grundkenntnisse der deutschen Sprache nachweisen können;
Dabei können Härtefälle, die ein Absehen von diesem Erfordernis möglich machen, geltend gemacht werden.
 
d)
die sich nicht zu einer anderen als der jüdischen Religionsgemeinschaft bekennen und
 
e)
die den Nachweis erbringen, dass die Möglichkeit zu einer Aufnahme in einer jüdischen Gemeinde im Bundesgebiet besteht.
Der Nachweis wird durch eine gutachterliche Stellungnahme der Zentralen Wohlfahrtsstelle der Juden in Frankfurt a. M. erbracht. Die Union der Progressiven Juden wird in dieses Verfahren eingebunden und kann eine Stellungnahme abgeben.
3.
Bei Opfern nationalsozialistischer Verfolgung wird auf die Aufnahmevoraussetzungen nach Nummer 2 Buchst. b und c verzichtet.
4.
Ehegatten und minderjährige ledige Kinder, die mit dem Aufnahmeberechtigten in familiärer Lebensgemeinschaft leben und selbst nicht die Voraussetzungen für eine Aufnahme erfüllen, können nur gemeinsam mit diesem aufgenommen werden. Die Ehe muss zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits seit mindestens drei Jahren bestehen. Ehegatten und minderjährige ledige Kinder müssen ebenfalls über Grundkenntnisse der deutschen Sprache (Prüfungszeugnis A 1) verfügen. Bei Kindern, die das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, kann von einem Nachweis der Grundkenntnisse abgesehen werden, sofern keine wesentlichen Integrationsprobleme zu erwarten sind. Die Aufnahme wird nur unter der Bedingung zugesagt, dass die Einreise vor Vollendung des 15. Lebensjahres tatsächlich erfolgt.
5.
Eine Aufnahme ist ausgeschlossen für jüdische Zuwanderer und Familienangehörige,
 
a)
die in der ehemaligen Sowjetunion eine Funktion ausgeübt haben, die für die Aufrechterhaltung des kommunistischen Herrschaftssystems gewöhnlich als bedeutsam galt oder aufgrund der Umstände des Einzelfalls war,
 
b)
die wegen Delikten, die in Deutschland als vorsätzliche Straftaten anzusehen sind, bestraft sind, soweit es sich nicht um Verurteilungen aus politischen Motiven durch Gerichte der ehemaligen Sowjetunion handelt, oder
 
c)
bei denen Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass Verbindungen zu einer kriminellen Organisation oder terroristischen Vereinigung bestehen oder bestanden haben sowie in den Fällen des § 54 Nr. 5a AufenthG.
6.
Bei Personen, die nach dem 30. Juni 2001 und vor dem 1. Januar 2005 einen Antrag auf Erteilung einer Aufnahmezusage gestellt haben (Übergangsfälle II), kann in Härtefällen, insbesondere bei Fällen der Familienzusammenführung, vom Vorliegen der Voraussetzungen nach Nummer 2 Buchst. b und c sowie von Grundkenntnissen nach Nummer 4 abgesehen werden.

II.
Verfahrensregelungen

1.
Vorbehaltlich einer Änderung des Aufenthaltsgesetzes führt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge für die ab dem 1. Oktober 2005 neu gestellten Anträge auf Aufnahme (Neufälle) sowie für die Anträge von Personen, die nach dem 30. Juni 2001 und vor dem 1. Januar 2005 einen Antrag auf Erteilung einer Aufnahmezusage gestellt haben (Übergangsfälle II), in eigener Zuständigkeit das Aufnahmeverfahren durch und erteilt ab 1. Juli 2006 unter Berücksichtigung der Aufnahme- und Integrationsmöglichkeiten der Länder und Kommunen sowie der jüdischen Gemeinden die Aufnahmezusagen. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge beachtet dabei die Umlaufbeschlüsse der Innenministerkonferenz vom 29. Dezember 2004 und vom 18. November 2005 sowie die von einem durch das Bundesministerium des Innern eingerichteten Beirat erarbeiteten Kriterien und lehnt bei Nichtvorliegen der Aufnahmevoraussetzungen die Erteilung einer Aufnahmezusage ab.
2.
Bei Personen, die vor dem 1. Juli 2001 einen Antrag auf Erteilung einer Aufnahmezusage gestellt haben (Übergangsfälle I) leitet die Landesdirektion Sachsen die Aufnahmezusage und die für die Visumserteilung und landesinterne Verteilung nach Teil C erforderlichen Angaben dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zur Weiterleitung an die deutsche Auslandsvertretung zu. Die deutsche Auslandsvertretung händigt dem Antragsteller die Aufnahmezusage mit der Verteilentscheidung aus. Die Auslandsvertretung erteilt dem Aufnahmeberechtigten auf Antrag ein nationales Visum für die Einreise nach Deutschland.
3.
Die Landesdirektion Sachsen gibt in Übergangsfällen II die auf den Freistaat Sachsen verteilten Anträge an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zur Bearbeitung ab. Die Anträge werden vorrangig bearbeitet. Soweit nicht bis zum 30. Juni 2007 der Nachweis der Erfüllung der Aufnahmevoraussetzungen mit Ausnahme des Nachweises nach Ziffer I Nr. 2 Buchst. e erbracht beziehungsweise ein Härtefall geltend gemacht wird, gilt ein Härtefall als nicht gegeben und der Antrag als zurückgenommen.
4.
Aufnahmezusagen für Personen, die in Übergangsfällen II einen Antrag gestellt haben, werden vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit der Auflage „Wohnsitznahme in “ versehen. Aufnahmezusagen für Personen, die einen Antrag ab dem 1. Oktober 2005 stellen, werden mit der Auflage „Wohnsitznahme in “ versehen. Landesinterne Verteilungsregelungen bleiben unberührt. Die Landesdirektion Sachsen bearbeitet die Anträge nach Teil B Ziffer IV Nr. 1 bis 3 und verteilt die Personen nach dem in Teil C beschriebenen Verfahren im Freistaat Sachsen. Die Verteilung wird mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge abgestimmt. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ergänzt die Auflage um den Zusatz: „nach Maßgabe einer landesinternen Verteilungsentscheidung des Freistaates Sachsen“.
5.
Die Aufnahmezusage ist ein Jahr ab Bekanntgabe wirksam und erlischt, wenn nicht innerhalb dieses Jahres das Visum beantragt wird. Eine Verlängerung der Aufnahmezusage durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ist nur in Ausnahmefällen bei Vorliegen eines triftigen Grundes (nachgewiesene längere Krankheit des selbst aufnahmeberechtigten Antragstellers, seines Ehegatten oder eines nahen Verwandten, außergewöhnliche Probleme bei der Passausstellung durch die örtlichen Behörden, kurze Überschreitung wegen Beendigung des Wehrdienstes, Studiums oder Ähnliches des Antragstellers, seines Ehegatten oder minderjährigen ledigen Kindes) möglich. Bei abgelaufener Aufnahmezusage eines Landes oder des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge ist eine erneute Antragstellung ausgeschlossen.
6.
Die Aufnahmezusage berechtigt nur zur einmaligen Aufnahme. Bei Erlöschen oder Widerruf des Aufenthaltstitels ist eine erneute Antragstellung ausgeschlossen. Dies gilt auch für Titel, die aufgrund der Abschlussregelung in Teil B Ziffer IV Nr. 3 erteilt wurden.
7.
Die Aufnahmezusage erlischt für die nicht selbst aufnahmeberechtigten Familienmitglieder nach Ziffer I Nr. 4, wenn der aufnahmeberechtigte jüdische Zuwanderer vor der Ausreise verstirbt oder vor Ausreise die Scheidung beantragt oder die Ehe geschieden wird.
8.
Wurde der Antrag auf Erteilung einer Aufnahmezusage wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen nach Ziffer I Nr. 2 Buchst. b und c oder von Grundkenntnissen nach Ziffer I Nr. 4 abgelehnt, wird das Verfahren nur unter den Voraussetzungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes wieder aufgenommen. Bei einer Ablehnung aufgrund fehlender Voraussetzung nach Ziffer I Nr. 2 Buchst. a besteht nicht die Möglichkeit, erneut einen Antrag zu stellen.
9.
Die Aufnahmezusage wird widerrufen oder zurückgenommen, wenn nachträglich bekannt wird, dass die Erteilungsvoraussetzungen nicht erfüllt waren oder ein Versagungsgrund nach Ziffer I Nr. 5 vorliegt.
10.
Zum Zweck der Einreise wird den jüdischen Zuwanderern und ihren gemeinsam mit ihnen aufzunehmenden Familienangehörigen ein auf 90 Tage befristetes nationales Visum erteilt, in das die Auflagen aus der Aufnahmezusage zu übernehmen sind. Die Zustimmung nach § 32 der Aufenthaltsverordnung (AufenthV) vom 25. November 2004 (BGBl. I S. 2945), zuletzt geändert durch Artikel 1 der Verordnung vom 14. Oktober 2005 (BGBl. I S. 2982), gilt als erteilt.

III.
Verfahren zur bundesweiten Quotenfeststellung und Statistik

1.
Für die Verteilung der Personen, die ab dem 1. Juli 2006 mit einer aufgrund eines ab dem 1. Oktober 2005 gestellten Antrags erteilten Aufnahmezusage des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge einreisen können (Neufälle), gilt der jeweils für die Verteilung von Asylbewerbern festgelegte Schlüssel. Im Rahmen dieses Schlüssels sollen Verteilungswünsche berücksichtigt werden.
2.
Für die Fälle, in denen vor dem 1. Juli 2001 ein Antrag auf Erteilung einer Aufnahmezusage gestellt und eine Aufnahmezusage vor dem 1. Januar 2005 nicht erteilt wurde (Übergangsfälle I) findet Teil B Ziffern I bis III entsprechende Anwendung. Die Landesdirektion Sachsen bearbeitet die Anträge bevorzugt, erteilt gegebenenfalls die Aufnahmezusage und leitet diese zusammen mit den Auflagen für das Visum über das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge der jeweiligen Auslandsvertretung zu. Der Antragsteller wird von dort unverzüglich über die Zusage informiert. Bei abgelaufener Aufnahmezusage eines Landes wird in Übergangsfällen I eine erneute Aufnahmezusage nicht erteilt.
3.
Um dem Freistaat Sachsen die vorrangige Bearbeitung von Übergangsfällen I (Teil B Ziffer IV Nr. 2) und die bevorzugte Aufnahme von Personen, die aufgrund von Aufnahmeanträgen der Übergangsfälle I und II einreisen können, zu ermöglichen, beginnt die Verteilung nach Nummer 1 spätestens am 1. Dezember 2008. Das dadurch entstandene Aufnahmeminus wird in den nachfolgenden Jahren ausgeglichen. Die Aufnahme abgestimmter Einzelfälle (zum Beispiel Härtefälle) bleibt unbenommen. Diese werden auf die Aufnahmeverpflichtung nach Satz 2 angerechnet. Bestehen bis zum 1. Dezember 2008 zusätzliche Aufnahme- und Integrationsmöglichkeiten, kann die Verteilung nach Nummer 1 in Abstimmung mit dem Freistaat Sachsen, dieser wird durch die Landesdirektion Sachsen vertreten, bereits innerhalb dieses Zeitraums beginnen.
4.
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge weist für Personen, die vor dem 1. Januar 2005 einen Aufnahmeantrag gestellt haben, in seiner Statistik die Erteilung von Aufnahmezusagen durch die Länder und durch das Bundesamt und die jeweiligen nachfolgenden Einreisen in die Länder getrennt aus.
5.
Ein Quotenausgleich findet nicht statt. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge wird daher bei länderübergreifenden Umzügen nicht mehr eingeschaltet. Die Ausländerbehörden hat die Landesdirektion Sachsen über die Entscheidungen im Zusammenhang mit einer länderübergreifenden Wohnsitznahme über Zu- und Wegzüge zu informieren. Die Landesdirektion Sachsen hat die gemeldeten Zu- und Wegzüge entsprechend der Anlage 1 statistisch zu erfassen und jeweils nach Ablauf eines Quartals dem Staatsministerium des Innern bis zum 15. des darauf folgenden Monats zu melden.
6.
Die Landesdirektion Sachsen hat die landesinterne Verteilung entsprechend der Anlage 2 statistisch zu erfassen und jeweils nach Ablauf eines Quartals dem Sächsischen Staatsministerium des Innern bis zum 15. des darauf folgenden Monats zu melden.

Teil B
Aufnahme jüdischer Zuwanderer und ihrer Familienangehörigen ab dem 1. Januar 2005, denen eine Aufnahmezusage eines Landes vor dem 1. Januar 2005 zugestellt worden ist

I.
Voraussetzungen für die Aufnahme

1.
Die jüdischen Zuwanderer und ihre Familienangehörigen müssen Staatsangehörige eines Staates im Herkunftsgebiet oder spätestens seit dem 1. Januar 2005 staatenlose Personen mit Wohnsitz im Herkunftsgebiet sein und dürfen zuvor nicht bereits in einen Drittstaat übergesiedelt sein.
Als jüdische Zuwanderer aufgenommen werden können nur Personen, die
 
a)
nach staatlichen, vor 1990 ausgestellten Personenstandsurkunden, selbst jüdischer Nationalität sind oder von mindestens einem jüdischen Elternteil abstammen und
 
b)
sich nicht zu einer anderen als der jüdischen Religionsgemeinschaft bekennen.
2.
Eine Aufnahme ist ausgeschlossen für jüdische Zuwanderer und Familienangehörige, die
 
a)
in der ehemaligen Sowjetunion eine Funktion ausgeübt haben, die für die Aufrechterhaltung des kommunistischen Herrschaftssystems gewöhnlich als bedeutsam galt oder aufgrund der Umstände des Einzelfalls war,
 
b)
wegen Delikten, die in Deutschland als vorsätzliche Straftaten anzusehen sind, bestraft sind, soweit es sich nicht um Verurteilungen aus politischen Motiven durch Gerichte der ehemaligen Sowjetunion handelt, oder
 
c)
bei denen Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass Verbindungen zu einer kriminellen Organisation oder terroristischen Vereinigung bestehen oder bestanden haben sowie in den Fällen des § 54 Nr. 5a AufenthG.

II.
Verfahrens- und Übergangsregelungen

1.
Die von den deutschen Auslandsvertretungen bis zum 31. Dezember 2004 zugestellten Aufnahmezusagen der Länder bleiben nach § 102 Abs. 1 Satz 1 AufenthG wirksam. Die Aufnahmezusage ist ein Jahr ab Bekanntgabe wirksam und erlischt, wenn nicht innerhalb dieses Jahres das Visum beantragt wird. Eine Verlängerung der Aufnahmezusage ist nur in Ausnahmefällen bei Vorliegen eines triftigen Grundes möglich. Die Aufnahmezusage berechtigt nur zur einmaligen Aufnahme.
Die Aufnahmezusage erlischt für die nicht selbst aufnahmeberechtigten Familienmitglieder, wenn der aufnahmeberechtigte jüdische Zuwanderer vor der Ausreise verstirbt oder vor Ausreise die Scheidung beantragt oder die Ehe geschieden wird.
2.
Die Aufnahmezusage wird widerrufen oder zurückgenommen, wenn nachträglich bekannt wird, dass die Erteilungsvoraussetzungen nicht erfüllt waren oder ein Versagungsgrund nach Teil B Ziffer I Nr. 2 vorliegt.
3.
Zum Zweck der Einreise wird den jüdischen Zuwanderern und ihren gemeinsam mit ihnen aufzunehmenden Familienangehörigen ein auf 90 Tage befristetes nationales Visum erteilt, in das Auflagen aus der Aufnahmezusage zu übernehmen sind. Die Zustimmung nach § 32 AufenthV gilt als erteilt.
4.
Personen, denen vor dem 1. Januar 2005 aufgrund einer Aufnahmezusage ein Visum erteilt wurde, die aber noch nicht eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis erhalten haben, erhalten eine Niederlassungserlaubnis nach § 23 Abs. 2 AufenthG.

III.
Verfahren zur bundesweiten Quotenfeststellung und Statistik

1.
Ein Quotenausgleich findet nicht statt. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge wird daher bei länderübergreifenden Umzügen nicht mehr eingeschaltet. Die Ausländerbehörden haben die Landesdirektion Sachsen über die Entscheidungen im Zusammenhang mit einer länderübergreifenden Wohnsitznahme über Zu- und Wegzüge zu informieren. Die Landesdirektion Sachsen hat die gemeldeten Zu- und Wegzüge entsprechend der Anlage 1 statistisch zu erfassen und jeweils nach Ablauf eines Quartals dem Staatsministerium des Innern bis zum 15. des darauf folgenden Monats zu melden.
2.
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge überarbeitet mit Wirkung vom 1. Januar 2005 seine Statistiken und weist neben den Aufnahmeanträgen auch die Zahl der erteilten Aufnahmezusagen und der Einreisen quotal aus. Erledigungen erteilter Aufnahmezusagen durch Tod, Antragsrücknahme, Fristablauf oder Ähnliches werden gesondert erfasst.
3.
Die Landesdirektion Sachsen hat die landesinterne Verteilung nach Teil C entsprechend der Anlage 3 statistisch zu erfassen und jeweils nach Ablauf eines Quartals dem Staatsministerium des Innern bis zum 15. des darauf folgenden Monats zu melden.

IV.
Übergangs- und Abschlussregelungen

1.
Soweit vor dem 1. Januar 2005 eine Aufnahmezusage erteilt, aber noch nicht zugestellt wurde (Erteiltfälle), finden Teil B Ziffern I bis III entsprechende Anwendung.
2.
Auf vor dem 1. Januar 2005 bei einer Auslandsvertretung eingegangene Anträge jüdischer Zuwanderer auf Erteilung einer Aufnahmezusage für die nachträgliche Einbeziehung selbst nicht aufnahmeberechtigter Familienmitglieder finden Teil B Ziffern I bis III entsprechende Anwendung. Voraussetzung ist, dass die jüdischen Zuwanderer von ihrer vor dem 1. Januar 2005 zugestellten und bis zur Erteilung der beantragten Aufnahmezusage noch wirksamen Aufnahmezusage keinen Gebrauch gemacht haben. Teil A Ziffer III Nr. 2 Satz 2 und 3 kommt entsprechend zur Anwendung.
3.
Jüdischen Zuwanderern und ihren Familienangehörigen, die in Deutschland aufgenommen wurden und deren Aufenthaltstitel gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG bis längstens zum 31. Dezember 2005 erloschen ist, wird bei einer Antragstellung bis zum 30. Juni 2007 zum Zweck der Wiedereinreise von der deutschen Auslandsvertretung ein auf 90 Tage befristetes nationales Visum erteilt. Das Visum wird von der deutschen Auslandsvertretung mit der Auflage „Wohnsitznahme in “ versehen. Die Zustimmung gemäß § 32 AufenthV gilt als erteilt. Teil B Ziffer I Nr. 2 kommt zur Anwendung. Die Neuausstellung eines Titels erfolgt ebenfalls in den Fällen, in denen die betreffenden Personen trotz erloschenen Aufenthaltstitels bis zum 31. Dezember 2005 nach Deutschland einreisen konnten.
4.
Bei Personen, die ab dem 1. Januar 2005 aufgenommen wurden oder werden und deren Aufenthaltstitel gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG erlischt, besteht keine Möglichkeit der Wiedereinreise nach den Beschlüssen zur Aufnahme und Verteilung jüdischer Zuwanderer und ihrer Familienangehörigen.

Teil C
Landesinterne Quotenfeststellung

Die aufzunehmenden jüdischen Zuwanderer werden nach den dafür geltenden Erlassen im Freistaat Sachsen wie folgt verteilt:

1.
Für die Verteilung gilt der jeweils aktuelle, vom Staatsministerium des Innern für die Unterbringung ausländischer Flüchtlinge festgelegte Schlüssel.
2.
Die Aufnahmequoten der beteiligten Gebietskörperschaften werden auf 100 bezogen nach folgender Formel berechnet und auf die zweite Nachkommastelle gerundet:
Image

Teil D
Anwendung des Aufenthaltsgesetzes
Aufenthaltsrechte und wohnsitzbeschränkende Auflage

Auf jüdische Zuwanderer und ihre Familienangehörigen, die vor dem 1. Januar 2005 aufgenommenen wurden, finden diese Regelungen keine Anwendung. Ihre bisherigen Aufenthaltsrechte gelten nach § 101 ff. AufenthG fort.

1.
Die ab dem 1. Januar 2005 auf der Grundlage dieser Verwaltungsvorschrift aufgenommenen jüdischen Zuwanderer erhalten eine Niederlassungserlaubnis nach § 23 Abs. 2 AufenthG. Aufgenommene Familienangehörige, die selbst nicht die Voraussetzungen für eine Aufnahme als jüdischer Zuwanderer erfüllen, erhalten eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG . Die Aufenthaltserlaubnis wird zunächst auf ein Jahr befristet und dann jeweils um zwei Jahre verlängert. Eine Niederlassungserlaubnis kann den Familienangehörigen nur nach den Vorschriften des Aufenthaltsgesetzes erteilt werden. Dies gilt auch für wiedereinreisende Personen nach Teil B Ziffer IV Nr. 4.
2.
Im Übrigen gelten die Vorschriften des Aufenthaltsgesetzes. Flüchtlingsausweise werden nicht erteilt. Die Geltung der Vorschriften des Aufenthaltsgesetzes betrifft auch die Erfüllung der Passpflicht (§ 3 AufenthG, § 2 ff. AufenthV). Von jüdischen Zuwanderern und ihren Familienangehörigen, die vor dem 1. Januar 2005 aufgenommen worden sind (maßgebend ist auch hier der Zeitpunkt der Einreise) und denen nach den damals geltenden Regelungen nach entsprechender Belehrung im Hinblick auf eine spätere Einbürgerung noch ein Reisedokument nach § 15 DVAuslG ausgestellt worden ist, wird allerdings nicht verlangt, dass sie sich nunmehr einen neuen Nationalpass ausstellen lassen. In diesen Fällen bestehen keine Bedenken, künftig einen Reiseausweis für Ausländer nach § 5 ff. AufenthV auszustellen.
3.
Jüdische Zuwanderer und ihre Familienangehörigen, die ab dem 1. Januar 2005 aufgenommen worden sind und aufgenommen werden (maßgebend ist auch hier der Zeitpunkt der Einreise), die bei entsprechender Antragstellung nach Ablauf der Geltungsdauer des Nationalpasses die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Reiseausweises für Ausländer nach den Bestimmungen der Aufenthaltsverordnung erfüllen, sind schriftlich oder zur Niederschrift darauf hinzuweisen, dass ein fehlender gültiger Nationalpass des Heimatstaates eine gewünschte Entlassung aus der bisherigen Staatsangehörigkeit verhindern kann und in einem möglichen späteren Einbürgerungsverfahren zu erheblichen Schwierigkeiten bei einer nach deutschem Recht erforderlichen Entlassung aus der Heimatstaatsangehörigkeit führen kann. Eine Entlassung aus der bisherigen Staatsangehörigkeit ist im Regelfall nur mit einem gültigen Nationalpass erreichbar.
4.
Für die Erteilung wohnsitzbeschränkender Auflagen gilt die Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums des Innern über die Verfahrensweise bei wohnsitzbeschränkenden Auflagen ( VwV Wohnsitzauflage) vom 2. November 2005 (SächsABl. S. 1103), enthalten in der Verwaltungsvorschrift vom 14. Dezember 2005 (SächsABl. SDr. S. S 758). Die Niederlassungserlaubnis beziehungsweise die Aufenthaltserlaubnis wird mit der wohnsitzbeschränkenden Auflage „Wohnsitznahme im Freistaat Sachsen“ versehen. Ziffer III Nr. 2 Buchst. a VwV Wohnsitzauflage ist nach der Maßgabe anzuwenden, dass die Zustimmung zu erteilen ist, wenn der Umzug der Herstellung der familiären Lebensgemeinschaft zwischen dem jüdischen Zuwanderer und seinem Ehegatten sowie zwischen Eltern und ihren minderjährigen ledigen Kindern, sofern die Familienangehörigen über eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 23 Abs. 1 AufenthG verfügen, dient. Die Zustimmung darf nicht erteilt werden, wenn der zuziehende Ehegatte oder Elternteil im Falle des Umzugs seine Erwerbstätigkeit aufgeben müsste, es sei denn, der Lebensunterhalt wird auch für den zuziehenden Ehegatten durch den Ehegatten, zu dem zugezogen wird, gesichert.
5.
Bei Personen, die ab dem 1. Januar 2005 aufgenommen wurden oder werden und deren Aufenthaltstitel gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG erlischt, bestehen Einreisemöglichkeiten nur nach den allgemeinen ausländerrechtlichen Bestimmungen des Aufenthaltsgesetzes, zum Beispiel im Rahmen des ausländerrechtlichen Familiennachzugs oder zum Studium.

Teil E
In-Kraft-Treten

Diese Verwaltungsvorschrift tritt am Tage nach ihrer Veröffentlichung in Kraft. Gleichzeitig tritt die Anordnung des Sächsischen Staatsministeriums des Innern nach § 23 Abs. 1 und 2 AufenthG über die Aufnahme jüdischer Zuwanderer und ihrer Familienangehörigen ab dem 1. Januar 2005, denen eine Aufnahmezusage eines Landes vor dem 1. Januar 2005 zugestellt worden ist, vom 21. Januar 2005 (Az.: 4-0135.40) außer Kraft.

Dresden, den 22. März 2006

Der Staatsminister des Innern
Dr. Albrecht Buttolo

Anlagen

Anlage 1

Anlage 2

Anlage 3

Änderungsvorschriften

Änderung der VwV Aufnahme und Verteilung jüdischer Zuwanderer

Ziff. XVIII der Verwaltungsvorschrift vom 1. März 2012 (SächsABl. S. 336, 352)