Proklamation
des Sächsischen Ministerpräsidenten
zum Sächsischen Gedenktag für die Opfer von Flucht, Vertreibung und Zwangsumsiedlung

Vom 18. August 2014

Entsprechend dem Landtagsbeschluss zum Antrag DS 5/14580 in der 98. Plenarsitzung am 18. Juni 2014 und dem Beschluss des Kabinetts vom 12. August 2014 erkläre ich den zweiten Sonntag im September, beginnend ab dem Jahr 2014, zum jährlichen „Sächsischen Gedenktag für die Opfer von Flucht, Vertreibung und Zwangsumsiedlung“.

Mit diesem Gedenktag wird die gelungene Integration und Aufbauleistung der Heimatvertriebenen und Aussiedler in Sachsen gewürdigt. Sachsen war mit über einer Million von Vertriebenen und Flüchtlingen ein wichtiges Aufnahmeland und wurde vielen von ihnen zur neuen Heimat. So haben auch heute noch viele sächsische Bürger eine Verbindung zu dem Thema Flucht und Vertreibung. Die Vertriebenen haben nicht nur sich eine neue Heimat aufgebaut, sondern zugleich mitgeholfen, die zerstörten Städte, Dörfer und Landschaften wie auch gesellschaftlichen Strukturen neu zu gestalten. Sie haben damit unser Land bis heute nachhaltig mitgeprägt. Mit ihrem Willen zum Neuanfang und ihrer Bereitschaft zur Versöhnung haben sie unserem Land wichtige soziale, wirtschaftliche und kulturelle Impulse gegeben. Sie sind damit zugleich Brückenbauer zwischen Sachsen und seinen östlichen Nachbarn.

Der Freistaat Sachsen sieht sich deshalb in der Pflicht, die Erinnerung an das Schicksal der Flüchtlinge und Vertriebenen und an ihren Leistungswillen im Gedächtnis unseres Landes und seiner Menschen wach zu halten, das kulturelle Erbe grenzüberbrückend zu bewahren und entsprechendes Engagement tatkräftig zu unterstützen. Dies gilt umso mehr, als die Vertriebenen sich erst nach der Friedlichen Revolution zu ihrer Geschichte bekennen konnten; die DDR hat diese Menschen verharmlosend als „Neubürger“ und „Umsiedler“ bezeichnet und ihr Schicksal konsequent verleugnet.

Der Tag relativiert nicht das Gedenken an andere Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft und des Zweiten Weltkrieges. Er ist vielmehr ein Tag der Erinnerung und der Mahnung zur Wahrung der Menschenrechte. Er ruft auf, für Frieden und Freiheit jederzeit einzutreten, und er erinnert daran, dass Flucht, Vertreibung und Zwangsumsiedlung kein Mittel der Politik sind und geächtet bleiben müssen. Zugleich ist er auch Anlass, den Blick nach vorn auf eine grenzüberbrückende Zusammenarbeit, auf ein Europa der Regionen zu richten.

Ich rufe dazu auf, diesen Tag jedes Jahr in würdiger Weise gemeinsam mit den Heimatvertriebenen und Aussiedlern in Sachsen zu begehen.

Dresden, den 18. August 2014

Der Ministerpräsident
Stanislaw Tillich

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