Bekanntmachung
des Sächsischen Staatsministeriums
für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten

Richtlinien
zur Bestellung und Tätigkeit der Sachverständigen für die Einreihung von Fleisch in Handelsklassen und die Gewichtsfeststellung

Vom 9. März 1993

Zur Durchführung

erläßt das Staatsministerium folgende Richtlinien:

1    Zweck, Anwendungsbereich

Die Sächsische Landesanstalt für Landwirtschaft (Landesanstalt), bestellt für die Einreihung von Fleisch in Handelsklassen und die Gewichtsfeststellung Sachverständige nach Maßgabe dieser Richtlinien.
Für die Bestellung gilt § 36 der Gewerbeordnung entsprechend.
Die Bestellung kann sich auf eine oder mehrere Fleischarten beziehen. Der Sachverständige ist berechtigt, die zutreffende Bezeichnung
   
„Öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für die Einreihung von Rindfleisch/Schaffleisch/Schweinehälften in Handelsklassen und die Gewichtsfeststellung“

zu führen.
Personen, die in einem nach der 4. ViehFIGDV meldepflichtigen Betrieb tätig sind, werden grundsätzlich nur als Sachverständige bestellt, wenn sie bei einem unabhängigen Klassifizierungsunternehmen beschäftigt sind. Unterliegt ein Betrieb nicht den Bestimmungen der 4. ViehFIGDV und bedient sich eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen, so gelten diese Richtlinien entsprechend.

2    Antrag

Die Bestellung erfolgt auf Antrag. Der Antrag ist schriftlich nach dem Muster der Anlage 1 bei der Landesanstalt zu stellen. Antragsberechtigt sind auch Inhaber von Klassifizierungsunternehmen für die bei ihnen beschäftigten Personen.

3    Voraussetzungen für die Bestellung

3.1 Persönliche Voraussetzungen
Der Antragsteller muß volljährig, gewissenhaft und gesund sein. Es dürfen keine begründeten Bedenken gegen seine Eignung bestehen. Vorzulegen sind ein Führungszeugnis, das zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht älter als ein Jahr ist, ein Gesundheitszeugnis gemäß § 18 Bundesseuchengesetz und zwei Paßbilder.

3.2 Fachliche Voraussetzungen
Der Antragsteller muß über die erforderliche Sachkunde verfügen.

3.2.1 Klassifizierung
Der Antragsteller muß ausreichende praktische Erfahrung auf dem Gebiet der Klassifizierung einschließlich Bedienung und Funktion der zugelassenen Klassifizierungsgeräte haben. Die erfolgreiche Teilnahme an einem Lehrgang der Bundesanstalt für Fleischforschung Kulmbach oder eine gleichwertige Ausbildung ist durch Vorlage einer Bescheinigung nachzuweisen.

3.2.2 Feststellung des Schlachtgewichtes (Gewichtsfeststellung)
Der Antragsteller muß ausreichende Kenntnisse über die Feststellung des Schlachtgewichtes nach den Bestimmungen der 4. ViehFIGDV sowie über die Technik der Verwiegung nachweisen. Letzteres hat durch eine Bescheinigung des Landesamtes für Meß- und Eichwesen Sachsen über eine dort mit Erfolg abgelegte Sachkundeprüfung zu erfolgen.

3.2.3 Die Tätigkeit des Antragstellers wird im erforderlichen Umfang im Schlachtbetrieb überprüft.

4    Nachweis der Sachkunde

Zum Nachweis der Sachkunde werden von der Landesanstalt Prüfungen durchgeführt; sie umfassen einen praktischen und einen theoretischen Teil.

4.1 Praktischer Teil
Der Antragsteller muß ausreichende Kenntnisse über die Klassifizierung einschließlich Bedienung und Funktion der zugelassenen Klassifizierungsgeräte sowie über die Gewichtsfeststellung besitzen.

4.1.1 Rind- und Schaffleisch
Der Antragsteller hat

  • 30 Schlachtkörper in Kategorie und Handelsklasse einzustufen, bei Schaffleisch zusätzlich den Verfettungsgrad zu bestimmen und
  • an mindestens fünf Schlachtkörpern den richtigen Zuschnitt zur Feststellung des Schlachtgewichtes nach der 4. ViehFIGDV zu erläutern.

4.1.2 Schweinehälften
Der Antragsteller hat

  • Funktion und Bedienung des zugelassenen Klassifizierungsgerätes, das bei der Prüfung zum Einsatz kommt, zu erläutern und an 30 Schlachtkörpern am Schlachtband unter Praxisbedingungen mit dem zugelassenen Klassifizierungsgerät nach dem Verfahren der Anlage 3 der Verordnung über gesetzliche Handelsklassen für Schweinehälften in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. August 1990 (BGBl. 1 S. 1810) das Speck- und Fleischmaß zu ermitteln,
  • an 30 anderen Schlachtkörpern nach dem Verfahren der Anlage 4 der Verordnung über gesetzliche Handelsklassen für Schweinehälften in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. August 1990(BGBI. 1 S. 1810) (Zweipunktverfahren) das Lind Fleischmaß zu ermitteln und
  • an mindestens fünf Schlachtkörpern den richtigen Zuschnitt zur Feststellung des Schlachtgewichtes nach der 4 ViehFIGDV zu erläutern.

4.1.3 Prüfungsergebnis
Die Prüfung ist nicht bestanden, wenn

  • bei Rind- und Schaffleisch mehr als fünf Schlachtkörper nicht, nicht richtig oder nicht vollständig klassifiziert sind,
  • bei Schweinehälften entweder mit dem zugelassenen Klassifizierungsgerät oder bei dem Zweipunktverfahren mehr als fünf Schlachtkörper nicht, nicht richtig oder nicht vollständig klassifiziert sind,
  • die Funktion und Bedienung des zugelassenen Klassifizierungsgerätes oder
  • der Zuschnitt zur Feststellung des Schlachtgewichtes nach der 4. ViehFIGDV nicht ausreichend erläutert werden.

4.2 Theoretischer Teil
Im theoretischen Teil ist die für die Sachverständigentätigkeit notwendige Rechts- und Sachkunde schriftlich nachzuweisen.
Sie erfordert insbesondere ausreichende Kenntnisse des Vieh- und Fleischgesetzes , der 4. und 6. ViehFIGDV sowie des einschlägigen Handelsklassenrechts. Die Prüfung wird mittels eines Fragebogens durchgeführt. Sie ist bestanden, wenn mindestens 60 Prozent der möglichen Punkte erreicht wurden.

5    Pflichten des Sachverständigen

Die Tätigkeit als Sachverständiger ist in angemessenem Umfang auszuüben.

5.1 Allgemeine Pflichten
Der Sachverständige ist verpflichtet,

  • für die Dauer der Bestellung kein Beschäftigungsverhältnis mit einem Unternehmen der Vieh- und Fleischwirtschaft einzugehen, das die ordnungsgemäße Sachverständigentätigkeit berühren kann,
  • im regelmäßigen Wechsel bei verschiedenen Schlachtstätten tätig zu sein,
  • diese Richtlinien anzuerkennen,
  • die Bestimmungen dieser Richtlinien einzuhalten,
  • seine Tätigkeit gewissenhaft, unparteiisch und unabhängig von Weisungen Dritter auszuüben; das Weisungsrecht der Landesanstalt nach Nr. 5.2 bleibt unberührt,
  • über Tatsachen, die ihm bei der Ausübung seiner Tätigkeit zur Kenntnis gelangen, Verschwiegenheit zu bewahren und diese nicht zum Nachteil Dritter oder zu seinem oder anderer Vorteil zu verwerten,
  • seine Tätigkeit durch die Landesanstalt überprüfen zu lassen,
  • der Landesanstalt auf Verlangen über seine Tätigkeit Auskunft zu erteilen und
  • den Sachverständigenausweis während seiner Tätigkeit bei sich zu führen.

5.2 Einreihung von Fleisch in Handelsklassen und Gewichtsfeststellung
Der Sachverständige ist verpflichtet,

  • die Einreihung von Fleisch in Handelsklassen und die Gewichtsfeststellung nach den gesetzlichen Bestimmungen vorzunehmen,
  • Weisungen der Landesanstalt nachzukommen, die der Einhaltung der einschlägigen Bestimmungen dienen,
  • bei der Einstufung von Schweinehälften die Meßwerte und den ermittelten Muskelfleischanteil festzustellen und festzuhalten,
  • die Bedienungs-, Wartungs- und Kontrollanleitungen für die Klassifizierungsgeräte und Waagen einzuhalten,
  • die benutzten technischen Klassifizierungs-, Wäge- und sonstigen Einrichtungen auf ihre Funktionsfähigkeit regelmäßig zu überprüfen und
  • ein Tätigwerden abzulehnen bzw. einzustellen, wenn die ordnungsgemäße Erfüllung seiner Aufgaben behindert wird oder nicht möglich ist.

5.3 Tätigkeitsnachweis
Der Sachverständige ist verpflichtet, auf Verlangen der Landesanstalt einen Nachweis über seine Tätigkeit zu führen und vorzulegen, der insbesondere Angaben enthält über

  • Ort und Name des Schlachtbetriebes,
  • Zeit der Tätigkeit,
  • Gewichtsfeststellung,
  • Zahl und Fleischart der klassifizierten Schlachtkörper, bei Schweinehälften zusätzlich die Meßwerte und den Muskelfleischanteil,
  • besondere Vorkommnisse.

Der Nachweis kann im Einzelfall auf bestimmte Angaben beschränkt werden.
Die Unterlagen sind mindestens sechs Monate aufzubewahren und vor dem Zugriff unbefugter Personen zu sichern.

5.4 Wiegeunterlagen
Der Sachverständige hat dafür Sorge zu tragen, daß entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen die Handelsklasse und das Gewicht des Schlachtkörpers in einem Wiegedokument (Wiegekarte, Wiegeliste oder eine andere, den Wiegevorgang dokumentierende Unterlage) festgehalten werden, das mindestens folgende Angaben enthält:

  • Datum der Schlachtung,
  • Kennzeichen des Schlachtkörpers (Schlachtnummer, Einsenderzeichen),
  • Handelsklasse, bei Rind- und Schaffleisch zusätzlich die Kategorie,
  • Schlachtgewicht,
  • Angaben über eventuelle Teil- oder Vollschäden,
  • Unterschrift des Wägers.

Eine Ausfertigung der Wiegeunterlagen ist vom Klassifizierungsunternehmen mindestens sechs Monate aufzubewahren und vor dem Zugriff unbefugter Personen zu sichern.

5.5 Sorgfalts- und Anzeigepflichten
Der Sachverständige ist verpflichtet,

  • eine Tätigkeit als Sachverständiger außerhalb des Freistaates Sachsen der Landesanstalt mitzuteilen,
  • die Bestellungsurkunde und den Sachverständigenausweis sorgfältig aufzubewahren und vor Mißbrauch zu schützen,
  • den Verlust der Bestellungsurkunde oder des Sachverständigenausweises unverzüglich zu melden,
  • die Aufnahme eines Beschäftigungsverhältnisses mit einem Unternehmen der Vieh- und Fleischwirtschaft sowie
  • eine Änderung des Arbeitsverhältnisses oder des Wohnortes der Landesanstalt unverzüglich anzuzeigen.

5.6 Fortbildung
Der Sachverständige ist verpflichtet,

  • sich fortzubilden und
  • jährlich an einem Fortbildungslehrgang je Fleischart, für die er als Sachverständiger bestellt ist, teilzunehmen.

6    Arbeitgeber

Der Arbeitgeber muß gewährleisten, daß der Sachverständige seine Tätigkeit im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen ordnungsgemäß ausüben kann. Eine Erklärung des Arbeitgebers nach Anlage 2 ist der Landesanstalt vorzulegen.

7    Schlachtbetrieb

Der Schlachtbetrieb muß gewährleisten, daß der Sachverständige seine Aufgaben im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen ordnungsgemäß ausüben kann.

8    Bestellung

8.1 Allgemeines
Ein Rechtsanspruch auf öffentliche Bestellung besteht nicht. Sie erfolgt widerruflich und für die Dauer von drei Jahren.

8.2 Verfahren
Die Bestellung wird von der Landesanstalt vorgenommen. Der Sachverständige wird gemäß § 36 Abs. 1 der Gewerbeordnung vereidigt und nach § 1 des Verpflichtungsgesetzes verpflichtet. Er hat eine Erklärung nach Anlage 3 abzugeben.
Die Vereidigung erfolgt nach der Formel:
„Sie schwören, daß Sie die Aufgaben und Pflichten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen gewissenhaft erfüllen und die Tätigkeit unparteiisch nach bestem Wissen und Gewissen ausüben werden.“
Der Sachverständige hat hierauf zu antworten: „Ich schwöre, so wahr mir Gott helfe.“
Der Eid kann auch ohne die religiöse Beteuerung geleistet werden.
Über die Bestellung wird eine Niederschrift gefertigt, die der Sachverständige zu unterzeichnen hat (Anlage 4).

8.3 Bestellungsurkunde
Die Bestellungsurkunde (Anlage 5) wird dem Sachverständigen gegen Empfangsbescheinigung ausgehändigt. Sie bleibt Eigentum der Landesanstalt und ist bei Erlöschen der Bestellung zurückzugeben.

8.4 Sachverständigenausweis
Dem Sachverständigen wird bei der Bestellung ein Sachverständigenausweis (Anlage 6) ausgehändigt. Der Sachverständigenausweis bleibt Eigentum der Landesanstalt und ist bei Erlöschen der Bestellung zurückzugeben.

8.5 Gebühren
Für die Bestellung werden die Kosten, Gebühren und Auslagen nach dem Sächsischen Verwaltungskostengesetz erhoben.

8.6 Sachverständigenverzeichnis
Die Landesanstalt führt ein Verzeichnis der Sachverständigen mit gültiger Bestellung. Gespeichert sind Name, Adresse, Art der Bestellung und Arbeitgeber.

8.7 Verlängerung der Bestellung
Die Bestellung kann jeweils für weitere drei Jahre verlängert werden, sofern der Sachverständige dies drei Monate vor Ablauf der Bestellung bei der Landesanstalt beantragt. Ein Rechtsanspruch auf Verlängerung der Bestellung besteht nicht.

9    Erlöschen der Bestellung

Die Bestellung erlischt durch
  • Verzicht des Sachverständigen,
  • Rücknahme oder Widerruf,
  • Ablauf der Geltungsdauer.

10    Rücknahme und Widerruf

Es gelten die allgemeinen Rechtsvorschriften.

10.1 Gründe
Die Bestellung wird in der Regel zurückgenommen, wenn eine persönliche Voraussetzung nach Nummer 3.1 nicht gegeben war. Die Bestellung wird in der Regel widerrufen, wenn eine persönliche Voraussetzung nach Nummer 3.1 nachträglich entfallen ist. Die Bestellung kann insbesondere widerrufen oder nicht verlängert werden, wenn der Sachverständige

  • nicht mehr in angemessenem Umfang seine Tätigkeit ausübt,
  • an Fortbildungslehrgängen schuldhaft nicht teilnimmt oder

seine Pflichten wiederholt oder in grober Weise verletzt.

10.2 Verfahren
Bei Vorliegen einer Pflichtverletzung geht in der Regel dem Widerruf eine schriftliche Warnung voraus. In ihr muß für den Fall, daß die genannten Pflichten auch zukünftig nicht eingehalten werden, der Widerruf der Bestellung ausdrücklich in Aussicht gestellt werden.
Ist beabsichtigt, die Bestellung nicht zu verlängern, so ist dies dem Sachverständigen unter Angabe der Gründe mitzuteilen. Vor der endgültigen Entscheidung ist dem Sachverständigen Gelegenheit zur Äußerung zu geben.

10.3 Form
Die Rücknahme und der Widerruf sind schriftlich zu erklären, zu begründen und mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen.

11    Inkrafttreten

Diese Richtlinien treten mit Wirkung vom 1. April 1993 in Kraft.

Dresden, den 9. März 1993

Sächsisches Staatsministerium
für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten
Hermann Kroll-Schlüter
Staatssekretär

Anmerkung:
Die Anlagen sind nicht abgedruckt. Sie sind bei der Sächsischen Landesanstalt für Landwirtschaft erhältlich.