Richtlinie
des Sächsischen Landtags
über die institutionelle Förderung von Verbänden der Opfer der Diktatur in der sowjetischen Besatzungszone und in der DDR sowie die Förderung von Projekten zur Aufarbeitung von Ursachen, Geschichte und Folgen dieser Diktatur
(FRL SED-Opferverbände)

Vom 16. Dezember 2016

I.
Zuwendungszweck, Rechtsgrundlage

1.
Der Freistaat Sachsen gewährt gemäß den §§ 23 und 44 der Sächsischen Haushaltsordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. April 2001 (SächsGVBl. S. 153), die zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 29. April 2015 (SächsGVBl. S. 349) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, und der Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums der Finanzen zu § 44 der Sächsischen Haushaltsordnung vom 27. Juni 2005 (SächsABl. SDr. S. S 226), die zuletzt durch die Verwaltungsvorschrift vom 9. November 2016 (SächsABl. S. 1484) geändert worden ist, zuletzt enthalten in der Verwaltungsvorschrift vom 9. Dezember 2015 (SächsABl. SDr. S. S 374), in der jeweils geltenden Fassung, sowie nach Maßgabe dieser Richtlinie Zuwendungen an Verbände der Opfer der Diktatur in der sowjetischen Besatzungszone und in der DDR sowie an gesellschaftliche Aufarbeitungsinitiativen und private Archive im Sinne von § 2 Absatz 2 Nummer 1 des Gesetzes über die Errichtung einer Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur vom 5. Juni 1998 (BGBl. I S. 1226), in der jeweils geltenden Fassung, nachfolgend als SED-Opferverbände, Aufarbeitungsinitiativen und Privatarchive bezeichnet. Die Zuwendungen sollen dazu beitragen, die Ursachen, Geschichte und Folgen dieser Diktatur aufzuarbeiten, die Erinnerung an das geschehene Unrecht und die Opfer wachzuhalten sowie den antitotalitären Konsens in der Gesellschaft, die Demokratie und die innere Einheit Deutschlands zu fördern und zu festigen.
2.
Ein Anspruch auf Gewährung von Zuwendungen besteht nicht. Die Bewilligungsbehörde entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel.

II.
Antragsberechtigte, Gegenstand der Förderung

1.
Zum Antrag auf eine Zuwendung sind SED-Opferverbände, Aufarbeitungsinitiativen und Privatarchive berechtigt.
2.
Institutionell gefördert wird die Vereinstätigkeit von SED-Opferverbänden, insbesondere soweit sie darauf gerichtet ist, durch Beratung und Betreuung die Opfer der sowjetischen Besatzungsmacht und der SED-Diktatur bei der Bewältigung der Folgen der politischen Verfolgung zu unterstützen oder Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene im Rahmen der historisch-politischen Bildung und Demokratieerziehung an Schulen über diese Verfolgung aufzuklären oder diese Verfolgung zu dokumentieren. SED-Opferverbände, die als Träger einer Gedenkstätte eine institutionelle Förderung nach § 2 des Sächsischen Gedenkstättenstiftungsgesetzes vom 22. April 2003 (SächsGVBl. S. 107), das zuletzt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 20. Oktober 2016 (SächsGVBl. S. 510) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, beantragen können, werden nicht nach dieser Richtlinie institutionell gefördert.
3.
Soweit die verfügbaren Haushaltsmittel durch die institutionelle Förderung nach Nummer 2 nicht ausgeschöpft werden, werden auch Projekte zur Aufarbeitung von Ursachen, Geschichte und Folgen der Diktatur in der sowjetischen Besatzungszone und in der DDR gefördert, die von SED-Opferverbänden, Aufarbeitungsinitiativen oder Privatarchiven durchgeführt werden. Hierbei sind Projekte von SED-Opferverbänden, die nicht institutionell gefördert werden, vorrangig zu berücksichtigen. Projekte, die durch die Stiftung Sächsische Gedenkstätten zur Erinnerung an die Opfer politischer Gewaltherrschaft gefördert werden, werden nicht nach dieser Richtlinie gefördert.

III.
Zuwendungsvoraussetzung

Der Antragsteller muss ein Verein sein, der seine Vereinstätigkeit zumindest auch auf dem Gebiet des Freistaates Sachsen entfaltet.

IV.
Art, Form und Höhe der Zuwendungen,
zuwendungsfähige Ausgaben

1.
Die Zuwendungen werden nach Art der Festbetragsfinanzierung und in der Form eines Zuschusses gewährt. Zuwendungsfähig sind bis zu 90 Prozent der im Haushalts- oder Wirtschaftsplan des Antragstellers oder im Projektfinanzierungsplan enthaltenen Ausgaben nach Nummer 3. Mindestens 10 Prozent dieser Ausgaben sind durch Eigeneinnahmen zu erwirtschaften. Eigeneinnahmen sind alle kassenwirksamen Einnahmen, die keine Zuwendungen des Freistaates Sachsen oder anderer juristischer Personen des öffentlichen Rechts sind.
2.
Der Zuschuss ist bei einer institutionellen Förderung auf 1 000 Euro jährlich begrenzt. Dies gilt nicht, wenn der Antragsteller durch eigene Mitglieder, Beschäftigte oder Honorarkräfte im Gebiet des Freistaates Sachsen psychosoziale Beratung für Opfer der sowjetischen Besatzungsmacht und der SED-Diktatur oder an Schulen im Freistaat Sachsen historisch-politischen Unterricht (Zeitzeugenberichte) über die politische Verfolgung in der sowjetischen Besatzungszone und in der DDR anbietet oder Dokumentationen, wie Publikationen, Zusammenstellung von Quellen und deren Archivierung, Aufnahme von Zeitzeugeninterviews und deren Aufbereitung und Archivierung, erstellt.
3.
Zuwendungsfähig sind folgende Ausgaben:
 
a)
Aufwandsentschädigungen, Arbeitsentgelte einschließlich des Arbeitgeberanteils zur Sozialversicherung und Honorare sowie Reisekostenvergütungen für Inlandsdienstreisen der Mitglieder, Beschäftigten oder Honorarkräfte des Antragstellers,
 
b)
Ausgaben für Raummieten nebst vertraglich geschuldeten Schönheitsreparaturen, Betriebskosten und Reinigungskosten für Räume,
 
c)
Ausgaben für Geschäftsbedarf,
 
d)
Entgelte für Bank-, Post- und Telekommunikationsdienstleistungen, Versicherungsbeiträge,
 
e)
Ausgaben für Geräte, Ausstattungs- und Ausrüstungsgegenstände für Verwaltungszwecke, ausgenommen Kraftfahrzeuge,
 
f)
Ausgaben für Bücher, Zeitschriften und andere Medien,
 
g)
Ausgaben für Öffentlichkeitsarbeit,
 
h)
Ausgaben für Publikationen.

V.
Sonstige Zuwendungsbestimmungen

1.
Der Bewilligung liegen bei einer institutionellen Förderung die in Anlage 1 zur Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums der Finanzen zu § 44 der Sächsischen Haushaltsordnung enthaltenen Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur institutionellen Förderung (ANBest-I) und bei einer Projektförderung die in Anlage 2 zur Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums der Finanzen zu § 44 der Sächsischen Haushaltsordnung enthaltenen Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung (ANBest-P) zugrunde. Die ANBest-I oder ANBest-P werden Bestandteil des Zuwendungsbescheides. Das Besserstellungsverbot der Nummer 1.3 der ANBest-I und ANBest-P gilt für alle in Ziffer IV Nummer 3 Buchstabe a bezeichneten Ausgabenarten. Aufwandsentschädigungen, die der Antragsteller seinen Mitgliedern für Leistungen in seinem Dienste gewährt, dürfen jeweils einen Stundensatz von 25 Euro nicht überschreiten. Nummer 1.8 der ANBest-I gilt mit der Maßgabe, dass die Bildung von Rücklagen in Höhe einer notwendigen Betriebsmittelreserve zugelassen ist.
2.
Die Zuschüsse können entsprechend der für das jeweilige Haushaltsjahr geltenden Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums der Finanzen zur Haushalts- und Wirtschaftsführung oder entsprechend der sonstigen haushaltsrechtlichen Ausgabebeschränkungen vermindert werden.

VI.
Bewilligungsbehörde, Beirat, Verfahren

1.
Bewilligungsbehörde ist der Sächsische Landtag.
2.
Die Bewilligungsbehörde wird im Bewilligungsverfahren durch einen Beirat beratend unterstützt.
3.
Den Vorsitz im Beirat führt der Sächsische Landesbeauftragte zur Aufarbeitung der SED-Diktatur. Dem Beirat gehören des Weiteren je ein Bediensteter des Staatsministeriums für Kultus, des Staatsministeriums für Soziales und Verbraucherschutz sowie des Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst und drei Mitglieder von solchen SED-Opferverbänden an, die die Zuwendungsvoraussetzung nach Ziffer III erfüllen.
4.
Die drei Beiratsmitglieder aus den unter Nummer 3 bezeichneten Staatsministerien werden nach Herstellung des Einvernehmens mit dem jeweiligen Staatsminister durch den Präsidenten des Sächsischen Landtags berufen und abberufen. Die Mitwirkung der Bediensteten im Beirat ist eine Nebentätigkeit, die auf Verlangen des Dienstherrn oder Arbeitgebers wahrgenommen wird. Die Nebentätigkeit wird unter Anrechnung auf die Arbeitszeit ausgeübt und nicht vergütet.
5.
Die drei Beiratsmitglieder aus dem Kreis der unter Nummer 3 bezeichneten SED-Opferverbände, die hierzu Personenvorschläge unterbreiten können, werden vom Präsidenten des Sächsischen Landtags berufen und abberufen. Diesen Beiratsmitgliedern ist die Mitwirkung im Beirat freigestellt; sie erhalten weder eine Vergütung noch eine Erstattung ihrer Aufwendungen. Einem Antragsteller, dem ein Beiratsmitglied als Mitglied angehört, ist es jedoch unbenommen, diesem für die Teilnahme an einer Beiratssitzung eine Reisekostenvergütung nach Ziffer IV Nummer 3 Buchstabe a zu gewähren.
6.
Zuwendungsanträge sind schriftlich unter Verwendung des Formulars nach Anlage 1 bei der Bewilligungsbehörde zu stellen. Sie sollen für das jeweilige Haushaltsjahr bis zum 30. September des Vorjahres dort eingereicht werden. Im Bewilligungsverfahren prüft die Bewilligungsbehörde zunächst die Antragsberechtigung und die Zuwendungsvoraussetzung sowie den nach Ziffer IV möglichen Höchstbetrag des Zuschusses. Hiernach leitet sie die Prüfungsergebnisse und Ablichtungen der Zuwendungsanträge dem Beiratsvorsitzenden zu. Darauf bestimmt dieser den Termin für die Beiratssitzung, die spätestens einen Monat nach dem Tag stattfinden muss, an dem die vorbezeichneten Dokumente dem Vorsitzenden zugegangen sind. Zu der Beiratssitzung lädt der Vorsitzende die übrigen Beiratsmitglieder unter Beachtung einer Ladungsfrist von einer Woche und unter Beifügung der vorbezeichneten Dokumente schriftlich ein.
7.
Der Vorsitzende leitet die Beiratssitzung. Der Beirat ist beschlussfähig, wenn der Vorsitzende zu der Sitzung ordnungsgemäß eingeladen hat und neben diesem mindestens drei weitere Mitglieder erschienen sind. Der Beirat entscheidet nach Beratung in offener Abstimmung mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen in Bezug auf jeden einzelnen Zuwendungsantrag darüber, ob und gegebenenfalls mit welcher Zuwendungshöhe dieser befürwortet wird. Bei Stimmengleichheit ist die Stimme des Vorsitzenden maßgeblich. Im Anschluss an die Beiratssitzung teilt der Vorsitzende der Bewilligungsbehörde die Förderempfehlung des Beirats mit. Die Bewilligungsbehörde entscheidet über den Zuwendungsantrag; sie ist hierbei an die Förderempfehlung des Beirats nicht gebunden.
8.
Über Zuwendungsanträge, die erst nach dem in Nummer 6 Satz 2 bezeichneten Termin gestellt werden, kann der Beirat im Umlaufverfahren beschließen. Die Anordnung des Umlaufverfahrens trifft der Vorsitzende. Er teilt die Anordnung unter Beifügung einer Ablichtung des Zuwendungsantrags und der Prüfergebnisse der Bewilligungsbehörde den übrigen Beiratsmitgliedern mit. Die Frist zur Stimmabgabe muss mindestens eine Woche betragen. Ein Beschluss ist wirksam, wenn der Vorsitzende und mindestens drei weitere Mitglieder ihre Stimme abgeben. Im Übrigen gelten für das Umlaufverfahren die Bestimmungen der Nummer 7 Satz 4 bis 6 entsprechend.

VII.
Zuwendungsbescheid, Auszahlung, Verwendungsnachweis

1.
Wenn im Zuwendungsantrag die Höhe der beantragten Zuwendung mit der Bereitschaft und Fähigkeit zur Erbringung von Beratungs-, Unterrichts- oder anderen Leistungen der unter Ziffer IV Nummer 2 bezeichneten Art begründet worden ist, bestimmt die Bewilligungsbehörde in dem schriftlichen Zuwendungsbescheid als Auflage, dass Aufzeichnungen über den tatsächlichen Umfang dieser Leistungen und die Ausgaben hierfür zu führen sind.
2.
Die Auszahlung der Zuwendung ist unter Verwendung des Formulars nach Anlage 2 zu beantragen.
3.
Der Verwendungsnachweis ist unter Verwendung des Formulars nach Anlage 3 bis zum 31. März des Kalenderjahres zu führen, das auf das Haushaltsjahr folgt, für welches die Zuwendung bewilligt worden ist. Die Bewilligungsbehörde kann auf Antrag, wenn er vor Ablauf dieser Frist gestellt wird, Fristverlängerung gewähren.

VIII.
Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Diese Richtlinie tritt mit Wirkung vom 1. Januar 2017 in Kraft.

Dresden, den 16. Dezember 2016

Der Präsident des Sächsischen Landtags
Dr. Matthias Rößler

Anlagen

Anlage 1
Antrag auf Gewährung einer Zuwendung

Anlage 2
Auszahlungsantrag

Anlage 3
Verwendungsnachweis

Änderungsvorschriften