Gesetz
zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/2102
über den barrierefreien Zugang zu den Websites und mobilen Anwendungen öffentlicher
Stellen1
(Barrierefreie-Websites-Gesetz – BfWebG)
Vom 10. April 2019
Der Sächsische Landtag hat am 10. April 2019 das folgende Gesetz beschlossen:
§ 1
Öffentliche Stellen
(1) Öffentliche Stellen im Sinne dieses Gesetzes sind
- 1.
- Behörden und Gerichte des Freistaates Sachsen sowie die der Aufsicht des Freistaates Sachsen unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts,
- 2.
- juristische Personen des privaten Rechts, die zu dem besonderen Zweck gegründet worden sind, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht gewerblicher Art zu erfüllen, wenn sie
- a)
- überwiegend von Stellen nach Nummer 1 finanziert werden,
- b)
- hinsichtlich ihrer Leitung der Aufsicht von Stellen nach Nummer 1 unterstehen oder
- c)
- ein Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgan haben, das mehrheitlich aus Mitgliedern besteht, die von Stellen nach Nummer 1 ernannt worden sind,
- 3.
- sonstige Vereinigungen, an denen mindestens eine öffentliche Stelle nach Nummer 1 oder Nummer 2 beteiligt ist, wenn
- a)
- die Vereinigung überwiegend von Stellen nach Nummer 1 finanziert wird,
- b)
- Stellen nach Nummer 1 die absolute Mehrheit der Anteile an der Vereinigung gehört oder
- c)
- Stellen nach Nummer 1 die absolute Mehrheit der Stimmen an der Vereinigung zusteht.
Eine überwiegende Finanzierung durch Stellen nach Nummer 1 wird angenommen, wenn sie mehr als 50 Prozent der Gesamtheit der Mittel aufbringen.
(2) Dieses Gesetz gilt nicht für die in Artikel 1 Absatz 3 der Richtlinie (EU) 2016/2102 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Oktober 2016 über den barrierefreien Zugang zu den Websites und mobilen Anwendungen öffentlicher Stellen (ABl. L 327 vom 2.12.2016, S. 1) genannten Websites und mobilen Anwendungen sowie für die in Artikel 1 Absatz 4 der Richtlinie (EU) 2016/2102 genannten Inhalte. Dieses Gesetz gilt nicht für Träger von Schulen in freier Trägerschaft.
(3) Auf Websites und mobile Anwendungen von Schulen sowie Tageseinrichtungen nach § 22 Absatz 1 des Achten Buches Sozialgesetzbuch – Kinder- und Jugendhilfe – in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. September 2012 (BGBl. I S. 2022), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 19. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2696) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, sind die Bestimmungen dieses Gesetzes nicht anzuwenden, soweit sie keine wesentlichen Online-Verwaltungsfunktionen enthalten. Wesentliche Online-Verwaltungsfunktionen sind Verwaltungsverfahren im Sinne des § 1 Satz 1 des Gesetzes zur Regelung des Verwaltungsverfahrens- und des Verwaltungszustellungsrechts für den Freistaat Sachsen vom 19. Mai 2010 (SächsGVBl. S. 142), das durch Artikel 3 des Gesetzes vom 12. Juli 2013 (SächsGVBl. S. 503) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, in Verbindung mit § 9 des Verwaltungsverfahrensgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Januar 2003 (BGBl. I S. 102), das zuletzt durch Artikel 7 des Gesetzes vom 18. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2639) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, die bei der Schule oder Tageseinrichtung ausschließlich elektronisch abgewickelt werden können.
§ 2
Barrierefreie Informationstechnik öffentlicher Stellen
(1) Öffentliche Stellen gestalten Websites und mobile Anwendungen, einschließlich der für die Bediensteten bestimmten Angebote im Intranet, barrierefrei.
(2) Für die barrierefreie Gestaltung der Websites und mobilen Anwendungen öffentlicher Stellen gelten die §§ 2 und 3 Absatz 1 der Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung vom 12. September 2011 (BGBl. I S. 1843), die zuletzt durch Artikel 4 der Verordnung vom 25. November 2016 (BGBl. I S. 2659) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, entsprechend. Öffentliche Stellen können auf Startseiten ihres Internet- und Intranetangebots die Erläuterungen gemäß § 3 Absatz 2 der Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung bereitstellen.
(3) Von der barrierefreien Gestaltung der Websites und mobilen Anwendungen können öffentliche Stellen in dem Ausmaß absehen, in dem dies für sie eine unverhältnismäßige organisatorische, finanzielle oder personelle Belastung darstellt.
§ 3
Erklärung zur Barrierefreiheit
(1) Die öffentlichen Stellen veröffentlichen eine Erklärung zur Barrierefreiheit ihrer Websites und mobilen Anwendungen.
(2) Die Erklärung zur Barrierefreiheit enthält
- 1.
- für den Fall, dass ausnahmsweise keine vollständige barrierefreie Gestaltung erfolgt ist,
- a)
- die Benennung der Teile des Inhalts, die nicht vollständig barrierefrei gestaltet sind,
- b)
- die Gründe für diese Unzugänglichkeit sowie
- c)
- gegebenenfalls einen Hinweis auf barrierefrei gestaltete Alternativen,
- 2.
- eine unmittelbar zugängliche barrierefrei gestaltete Möglichkeit, elektronisch Kontakt aufzunehmen, um noch bestehende Barrieren zu melden und um Informationen zur Umsetzung der Barrierefreiheit zu erfragen sowie
- 3.
- einen Hinweis auf die Möglichkeit, sich in Ermangelung einer zufriedenstellenden Antwort auf die Mitteilung oder die Anfrage nach Nummer 2 an die in § 4 Absatz 2 genannte Stelle zu wenden, und eine Verlinkung zu dieser Stelle.
(3) Die öffentliche Stelle antwortet auf Mitteilungen oder Anfragen, die ihr aufgrund der Erklärung zur Barrierefreiheit übermittelt werden, innerhalb einer angemessenen Frist.
§ 4
Überwachungs- und Durchsetzungsverfahren
(1) Beim Staatsbetrieb Deutsche Zentralbücherei für Blinde zu Leipzig wird eine Überwachungsstelle für Barrierefreiheit von Informationstechnik eingerichtet. Ihre Aufgaben sind,
- 1.
- regelmäßig zu überwachen, inwiefern Websites und mobile Anwendungen öffentlicher Stellen den Anforderungen an die Barrierefreiheit genügen,
- 2.
- die öffentlichen Stellen bei der barrierefreien Gestaltung ihrer Websites und mobilen Anwendungen zu beraten und
- 3.
- den Bericht des Freistaates Sachsen an die Überwachungsstelle des Bundes für Barrierefreiheit von Informationstechnik nach § 12c Absatz 2 des Behindertengleichstellungsgesetzes vom 27. April 2002 (BGBl. I S. 1467, 1468), das zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 10. Juli 2018 (BGBl. I S. 1117) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, vorzubereiten.
(2) Zuständige Stelle für das Durchsetzungsverfahren nach Artikel 9 Absatz 1 der Richtlinie (EU) 2016/2102 ist die Geschäftsstelle des Beauftragten der Staatsregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen.
§ 5
Verordnungsermächtigung
Die Staatskanzlei erlässt im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz, dem Staatsministerium für Kultus und dem Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst durch Rechtsverordnung nähere Bestimmungen über
- 1.
- die konkreten Anforderungen an die Erklärung zur Barrierefreiheit nach § 3,
- 2.
- die Einzelheiten des Überwachungsverfahrens nach § 4 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1,
- 3.
- die konkreten Anforderungen an die Berichterstattung über den Stand der Barrierefreiheit nach § 4 Absatz 1 Satz 2 Nummer 3,
- 4.
- die Einzelheiten des Durchsetzungsverfahrens nach § 4 Absatz 2 und
- 5.
- Ausnahmen von § 2 Absatz 2.
§ 6
Umsetzungsfristen
Die Bestimmungen dieses Gesetzes sind anzuwenden
- 1.
- auf Websites öffentlicher Stellen, die nicht vor dem 23. September 2018 veröffentlicht wurden, ab dem 23. September 2019,
- 2.
- auf alle Websites öffentlicher Stellen, die nicht unter Nummer 1 fallen, ab dem 23. September 2020,
- 3.
- auf mobile Anwendungen öffentlicher Stellen ab dem 23. Juni 2021.
§ 7
Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.
Dresden, den 10. April 2019
Der Landtagspräsident
Dr. Matthias Rößler
Der Ministerpräsident
Michael Kretschmer
Die Staatsministerin für Soziales und Verbraucherschutz
Barbara Klepsch