Programm
des Sächsischen Staatsministeriums
für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt
und der Sächsischen Tierseuchenkasse
zur Prophylaxe der West-Nil-Virus-Erkrankung bei Pferden
(Programm WNV-Pferde)

Vom 29. November 2019

[geändert durch Programm vom 6. Januar 2021 (SächsABl. S. 294)
mit Wirkung ab 1. Januar 2021]

1. Begründung

Die West-Nil-Virus-Erkrankung wird durch ein Virus hervorgerufen, das zur Familie der Flaviviridae gehört.

Es tritt hauptsächlich bei Vögeln (Hauptwirt) auf. Als Fehlwirte können auch Pferde und Menschen (Zoonose) infiziert werden.

Das West-Nil-Virus (WNV) stammt ursprünglich aus Afrika und wurde erstmals 1937 im West-Nil-Distrikt in Uganda festgestellt. Mittlerweile kommt es weltweit auf allen Kontinenten vor. In Europa trat es erstmals Anfang der 1960er Jahre in Frankreich auf. Bisher wurden vor allem aus süd- und südosteuropäischen Ländern (z. B. Griechenland, Italien, Ungarn, Österreich) Infektionen bei Mensch, Pferd und Vogel gemeldet.

Das Virus kann sich unter optimalen Bedingungen schnell in einer neuen Population verbreiten, wie die Epidemie in den USA zeigte. Bis 1999 war Nordamerika frei von WNV. Nach dem Erstnachweis des Virus in New York verbreitete es sich von dort aus stetig nach Westen. Bis 2012 starben in den USA 4 300 Pferde an der Erkrankung. Heute ist das Virus dort endemisch, d. h. ständig vorhanden. Für Europa konnte gezeigt werden, dass ausreichende Brutstätten für Mücken und entsprechende Temperaturen sowie Zugvogelrouten und das Vorhandensein von WNV in vorherigen Jahren mit neuen Fällen assoziiert sind. Wahrscheinlich hat das Virus in Deutschland überwintert. Es ist davon auszugehen, dass sich das WNV auch in Deutschland dauerhaft etabliert und somit eine ständige Bedrohung auch für die sächsischen Pferde darstellt.

Bis zum Jahr 2017 gab es keinen Nachweis einer WNV-Infektion in Deutschland.

2018 wurde das Virus erstmalig in mehreren (10) Vögeln und 2 Pferden in der BRD nachgewiesen. Ein Pferd aus Südbrandenburg musste auf Grund einer WNV-Infektion eingeschläfert werden.

2019 sind bislang (Stand 23. September 2019) allein in Sachsen 12 Infektionen bei Vögeln und 5 bei Pferden bestätigt. Mindestens 3 der betroffenen Pferde mussten eingeschläfert werden und ein weiteres zeigte 3 Wochen nach der Erkrankung immer noch Symptome.

Zwischen den Vögeln als Hauptwirte wird das WNV über blutsaugende Insekten übertragen. Das Pferd infiziert sich ebenfalls über blutsaugende Stechmücken vom Vogel, kann das Virus aber als Fehlwirt nicht weiterverbreiten.

Werden Pferde mit dem WNV infiziert, zeigen sie in der Regel keine oder sehr milde Symptome, die einer Erkältung ähneln (Fieber, Fressunlust, Abgeschlagenheit). Bei ca. 8 % der infizierten Pferde führt die Infektion zu neurologischen Störungen (z. B. Stolpern, Schwanken, Kreislaufen, Hinterhandschwäche, Lähmungen einer oder mehrerer Gliedmaßen, Blindheit, Festliegen). Diese Verlaufsform geht mit einer hohen Sterblichkeit von 30–50 % einher. Auch überlebende Pferde zeigen oft über einen langen Zeitraum oder lebenslang neurologische Restsymptome.

Die Infektion mit dem WNV ist in Deutschland anzeigepflichtig. Da das Pferd ein Fehlwirt ist und das Virus nicht weiterverbreiten kann, sind keine weiteren staatlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der Ausbreitung vorgesehen. Im Rahmen der Abklärung anzeigepflichtiger Tierseuchen kann es aber zu Entschädigungsfällen für die Tierseuchenkasse kommen.

Die einzig wirksame Prophylaxemöglichkeit gegen das WNV ist die Impfung. Die Ständige Impfkommission Veterinärmedizin (StIKoVet) am Friedrich-Loeffler-Institut empfiehlt die Impfung der Pferde in betroffenen Gebieten ausdrücklich. Eine Impfbeihilfe für die WNV-Impfung durch die Sächsische Tierseuchenkasse nach diesem Programm soll die Impfbereitschaft der Pferdehalter erhöhen. Eine höhere Impfdecke würde mögliche Entschädigungszahlungen durch die Sächsische Tierseuchenkasse einschränken und wäre ein Beitrag zum aktiven Tierseuchen- und Tierschutz, da man dadurch Schmerzen, Leiden und Schäden durch eine Infektion mit dem WNV von den geimpften Pferden fernhalten könnte.

2. Ziele des Programmes:

1)
Erhöhung der Impfbereitschaft bei Pferdehaltern
2)
Beitrag zum Tierseuchen- und Tierschutz bei sächsischen Pferden
3)
Steigerung der Immunität gegen das WNV in Sachsen
4)
Verminderung der Entschädigungszahlungen der Sächsischen Tierseuchenkasse wegen ggf. notwendiger Abklärung anzeigepflichtiger Tierseuchen

3. Teilnahme

Die Teilnahme an diesem Programm steht jedem Pferdehalter, der seine Tiere bei der Tierseuchenkasse gemeldet und Beiträge ordnungsgemäß entrichtet hat, offen.

4. Kosten

Die Kosten trägt der Tierhalter. Die Sächsische Tierseuchenkasse beteiligt sich gemäß den einschlägigen Beihilfesatzungen. Das Sächsische Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt beteiligt sich gemäß § 32 Abs. 2 SächsAGTierGesG.

5. In-Kraft-Treten

Das Programm tritt am 01.01.2020 in Kraft.

Dresden, den 29. November 2019

Sächsisches Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz
Dr. Stephan Koch
Abteilungsleiter

Sächsische Tierseuchenkasse
Dr. Hans Walter
Vorsitzender des Verwaltungsrates

Änderungsvorschriften

1. Änderung zum Programm des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Verbraucherschutz und der Sächsischen Tierseuchenkasse zur Prophylaxe der West-Nil-Virus-Erkrankung bei Pferden (Programm WNV-Pferde)

vom 6. Januar 2021 (SächsABl. S. 294)