Richtlinie
des Sächsischen Staatsministeriums
für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr
über die Gewährung von Zuwendungen für
Gründungs- und Wachstumsfinanzierungen (GuW)
Vom 23. Juli 2021
1. Zuwendungszweck, Rechtsgrundlagen, beihilferechtliche Regelungen
- 1.1
- Zweck der Zuwendung ist die Schaffung und Festigung von wettbewerbsfähigen, innovativen und wachstumsorientierten kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) im Freistaat Sachsen.
- 1.2
- Der Freistaat Sachsen gewährt hierfür Zuwendungen in Form von Zins- oder Tilgungszuschüssen für Darlehen der Sächsischen Aufbaubank – Förderbank – (SAB) „Sachsenkredit Gründen und Wachsen“ nach Maßgabe
- 1.2.1
- dieser Richtlinie,
- 1.2.2
- der §§ 23, 44, 44a der Sächsischen Haushaltsordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. April 2001 (SächsGVBl. S. 153), die zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 21. Mai 2021 (SächsGVBl. S. 578) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung,
- 1.2.3
- der hierzu erlassenen Verwaltungsvorschriften des Sächsischen Staatsministeriums der Finanzen zur Sächsischen Haushaltsordnung vom 27. Juni 2005 (SächsABl. SDr. S. S 225), die zuletzt durch die Verwaltungsvorschrift vom 16. April 2021 (SächsABl. S. 434) geändert worden sind, zuletzt enthalten in der Verwaltungsvorschrift vom 9. Dezember 2019 (SächsABl. SDr. S. S 352),
- 1.2.4
- Art. 14, 17 oder 22 der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (AGVO) Nr. 651/2014 der Kommission vom 17. Juni 2014 zur Feststellung der Vereinbarkeit bestimmter Gruppen von Beihilfen mit dem Binnenmarkt in Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (ABl. L 187/1 vom 26.6.2014) in der Fassung der Verordnung (EU) 2017/1084 vom 14. Juni 2017 (ABl. L 156/1 vom 20.6.2017), zuletzt geändert durch die Verordnung (EU) 2020/972 der Kommission vom 2. Juli 2020 (ABl. L 215/3), in der jeweils geltenden Fassung, in Verbindung mit
- 1.2.5
- dem Anhang I der AGVO zur KMU-Definition, in der jeweils geltenden Fassung,
- 1.2.6
- der De-minimis-Verordnung (Verordnung (EU) Nr. 1407/2013 der Kommission vom 18. Dezember 2013 über die Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf De-minimis-Beihilfen (ABl. L 352/1 vom 24.12.2013), zuletzt geändert durch Verordnung (EU) 2020/972 vom 2. Juli 2020 (ABl. L 215/3 vom 7.7.2020), in der jeweils geltenden Fassung.
- 1.3
- Beihilferechtliche Regelungen
- 1.3.1
- Von der Förderung ausgeschlossen sind:
- 1.3.1.1
- Unternehmen beziehungsweise Sektoren in den Fällen des Artikel 1 Absatz 2 bis 5 AGVO,
- 1.3.1.2
- die im Artikel 1 der De-minimis-Verordnung genannten Wirtschaftszweige.
- 1.3.2
- Ein Unternehmen, das einer Rückforderungsanordnung aufgrund eines früheren Beschlusses der Kommission zur Feststellung der Unzulässigkeit einer von demselben Mitgliedstaat gewährten Beihilfe und ihrer Unvereinbarkeit mit dem Binnenmarkt nicht nachgekommen ist, darf nach dieser Richtlinie nicht gefördert werden.
- 1.3.3
- Über jede Einzelbeihilfe über 500 000 EUR werden Informationen auf einer ausführlichen Beihilfe-Website (https://webgate.ec.europa.eu/competition/transparency/public?lang=de) veröffentlicht.
- 1.3.4
- Nach dieser Förderrichtlinie gewährte Zuwendungen können kumuliert werden mit anderen staatlichen Beihilfen, sofern diese Maßnahmen unterschiedliche bestimmbare beihilfefähige Kosten betreffen. Mit anderen staatlichen Beihilfen für dieselben, sich teilweise oder vollständig überschneidenden beihilfefähigen Kosten ist eine Kumulation zulässig, wenn durch diese Kumulierung die höchste nach der AGVO für diese Beihilfen geltenden Beihilfeintensitäten beziehungsweise der höchste nach der AGVO für diese Beihilfen geltende Beihilfebetrag nicht überschritten wird.
- 1.4
- Ein Anspruch des Antragstellers auf Gewährung der Zuwendung besteht nicht. Über die Zuwendung entscheidet die SAB auf Grund ihres pflichtgemäßen Ermessens im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel. Die bankmäßige Entscheidung der SAB über die Gewährung der Darlehen bleibt von dieser Richtlinie unberührt.
2. Gegenstand der Förderung
- 2.1
- Für Gründungs- und Wachstumsvorhaben gewährt der Freistaat Sachsen Zuwendungen in Form von Tilgungszuschüssen auf privatrechtlich von der SAB gewährte Investitionsdarlehen
- 2.1.1
- zum Aufbau oder zur Festigung einer gewerblichen oder freiberuflichen selbstständigen Existenz,
- 2.1.2
- zur Finanzierung der Übernahme eines bestehenden Unternehmens durch natürliche Personen im Rahmen einer Unternehmensnachfolgeregelung oder
- 2.1.3
- zur Finanzierung des Erwerbs einer tätigen Beteiligung, sofern der Anteil am Gesellschaftskapital von 10 Prozent nicht unterschritten ist,
- 2.2
- sowie auf Betriebsmitteldarlehen zur Finanzierung von Umlaufvermögen und mittelfristigem Finanzierungsbedarf zur Festigung des Unternehmens.
- 2.3
- Abhängig vom Marktumfeld kann die Zuwendung auch in Form von Zinszuschüssen gewährt werden.
3. Zuwendungsempfänger
Zuwendungsempfänger (Endkreditnehmer) sind natürliche Personen, Angehörige der Freien Berufe sowie kleinste, kleine und mittlere Unternehmen (KMU) der gewerblichen Wirtschaft oder des Handwerks mit Sitz oder zu begünstigender Betriebsstätte im Freistaat Sachsen.
Die Gründung einer selbstständigen Tätigkeit muss auf Dauer angelegt und auf den Haupterwerb ausgerichtet sein. Der Antragsteller muss über die nötige fachliche und kaufmännische Qualifikation für die unternehmerische Tätigkeit verfügen.
4. Zuwendungsvoraussetzungen
- 4.1
- Der Investitions-/Maßnahmeort muss sich im Freistaat Sachsen befinden.
- 4.2
- Das privatrechtliche Investitions- oder Betriebsmitteldarlehen muss
- 4.2.1
- hinsichtlich der beihilfefähigen Kosten und der Beihilfeintensität den Freistellungstatbeständen der jeweils gewählten beihilferechtlichen Grundlage entsprechen,
- 4.2.2
- mindestens 20 000 Euro und darf maximal 5 000 000 Euro betragen. Der Darlehenshöchstbetrag kann je Endkreditnehmer maximal einmal pro Kalenderjahr in Anspruch genommen werden. Die Darlehenskonditionen ergeben sich aus der Konditionenübersicht unter www.sab.sachsen.de.
- 4.3
- Der Zins- beziehungsweise Tilgungszuschuss wird nur für den Teil der Darlehenssumme gewährt, der nicht durch andere öffentliche Finanzierungshilfen abgedeckt wird.
- 4.4
- Die Hausbank hat zu bestätigen, dass
- 4.4.1
- das zu finanzierende Vorhaben ein Gründungs- oder Wachstumsvorhaben im Sinne der Ziffer 2 ist,
- 4.4.2
- der Endkreditnehmer dem in Ziffer 3 definierten Kreis angehört und
- 4.4.3
- die KMU-Kriterien erfüllt sind.
5. Art, Umfang und Höhe der Zuwendung
- 5.1
- Der Zins- beziehungsweise Tilgungszuschuss wird im Rahmen einer Projektförderung als Anteilsfinanzierung gewährt.
- 5.2
- Bei Investitionsdarlehen beträgt der Tilgungszuschuss fünf Prozent der Darlehenssumme (Basissatz).
- 5.2.1
- Der Basissatz kann durch Zuschläge (Boni) auf maximal zehn Prozent der Darlehenssumme erhöht werden. Boni von jeweils bis zu zwei Prozent der Darlehenssumme werden gewährt für Vorhaben
- 5.2.1.1
- zur Existenzgründung,
- 5.2.1.2
- zur Unternehmensnachfolge,
- 5.2.1.3
- zur Neuansiedlung,
- 5.2.1.4
- im ländlichen Raum,
- 5.2.1.5
- mit Tarifbindung oder tarifgleicher Entlohnung,
- 5.2.1.6
- mit Beitrag zur Nachhaltigkeit sowie
- 5.2.1.7
- mit Beitrag zur Digitalisierung.
- 5.2.2
- Die Kriterien und die jeweilige Höhe des Bonus werden durch das Sächsische Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr (SMWA) festgelegt und durch die SAB veröffentlicht.
- 5.3
- Bei Betriebsmittelfinanzierungen beträgt der Tilgungszuschuss zwei Prozent der Darlehenssumme.
- 5.4
- Die Zinszuschüsse betragen zwischen 0,2 und drei Prozent der Darlehenssumme, die Kriterien und die jeweilige Höhe von Zinszuschüssen werden vom Sächsischen Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr festgelegt und in der Konditionenübersicht unter www.sab.sachsen.de veröffentlicht.
- 5.5
- Für die Berechnung der Beihilfeintensität und der beihilfefähigen Kosten werden die Beträge vor Abzug von Steuern und sonstigen Abgaben herangezogen. Die beihilfefähigen Kosten sind durch schriftliche Unterlagen zu belegen, die klar, spezifisch und aktuell sein müssen.
6. Verfahren
- 6.1
- Antragsverfahren
- Die Beantragung erfolgt ausschließlich über die Hausbank.
- Für die Bewilligung, Auszahlung und Abrechnung des Tilgungszuschusses sowie für den Nachweis und die Prüfung der Verwendung und die gegebenenfalls erforderliche Erstattung des Tilgungszuschusses gilt die Verwaltungsvorschrift zu § 44 der Sächsischen Haushaltsordnung, soweit nicht in dieser Förderrichtlinie Abweichungen zugelassen sind.
- Der Antrag des Unternehmens an die Hausbank ist vor Beginn des Vorhabens, das heißt vor dem Eingehen der ersten wesentlich finanziell bindenden Verpflichtung, zu stellen.
- Eine Genehmigung des vorzeitigen Maßnahmebeginns gemäß 1.4 der Verwaltungsvorschrift zu § 44 der Sächsischen Haushaltsordnung ist nicht erforderlich.
- 6.2
- Bewilligungs- und Auszahlungsverfahren
- 6.2.1
- Bewilligung
- Bewilligungsstelle über den Zins- sowie den Tilgungszuschuss. Die SAB leitet die Entscheidung an die Hausbank zur Weiterleitung an den Endkreditnehmer weiter. Die Hausbank informiert im Darlehensvertrag zwischen ihr und dem Endkreditnehmer über die Höhe des gewährten Zins- sowie Tilgungszuschusses.
- 6.2.2
- Auszahlung
- Die Konditionen der Auszahlung des Darlehens sowie des Zinszuschusses ergeben sich aus der Konditionenübersicht unter www.sab.sachsen.de.
- 6.3
- Verwendungsnachweisverfahren; Verrechnung Tilgungszuschuss
- 6.3.1
- Der einfache Verwendungsnachweis wird zugelassen. Die Hausbank bestätigt der SAB den zweckgemäßen Einsatz des Darlehens.
- 6.3.2
- Der Tilgungszuschuss wird nach Prüfung des Verwendungsnachweises als laufzeitverkürzende Gutschrift auf die Darlehensrestvaluta gewährt. Die Hausbank informiert den Endkreditnehmer entsprechend.
- 6.4
- Sonstiges
- Die SAB prüft stichprobenartig die Angaben des Endkreditnehmers einschließlich der Bestätigungen der Hausbanken.
7. Inkrafttreten und Außerkrafttreten
- 7.1
- Die Richtlinie tritt am Tag nach der Veröffentlichung in Kraft.
- Gleichzeitig tritt die Richtlinie des Sächsischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr über die Gewährung von Zuwendungen für Gründungs- und Wachstumsfinanzierungen sowie Liquiditätshilfemaßnahmen (GuW) des Freistaates Sachsen vom 26. Januar 2011 (SächsABl. S. 241), die zuletzt durch die Richtlinie vom 1. Juli 2014 (SächsABl. S. 870) geändert worden ist, zuletzt enthalten in der Verwaltungsvorschrift vom 29. November 2019 (SächsABl. SDr. S. S 398), außer Kraft.
- 7.2
- Die Laufzeit dieser Richtlinie ist unbefristet.
- 7.3
- Die Freistellungstatbestände der AGVO gelten vorerst bis zum 31. Dezember 2023 zuzüglich einer Anpassungsperiode von sechs Monaten, mithin bis zum 30. Juni 2024.
- Sollte die AGVO nicht verlängert oder durch eine neue AGVO ersetzt werden, oder wird die AGVO inhaltlich relevant verändert, wird diese Richtlinie zur Einhaltung der neuen Vorgaben entsprechend überarbeitet werden.
Dresden, den 23. Juli 2021
Der Staatsminister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr
Martin Dulig