Verwaltungsvorschrift
des Sächsischen Staatsministeriums
für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt
über öffentlich empfohlene
und zur unentgeltlichen Durchführung bestimmte Schutzimpfungen
und andere Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe
(VwV Schutzimpfungen)

Vom 8. Dezember 2022

A.
Öffentlich empfohlene Schutzimpfungen und andere Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe

Gemäß § 20 Absatz 3 des Infektionsschutzgesetzes vom 20. Juli 2000 (BGBl. I S. 1045), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 4. Dezember 2022 (BGBl. I S. 2150) geändert worden ist, sollen durch die obersten Landesgesundheitsbehörden öffentliche Empfehlungen für Schutzimpfungen oder andere Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe auf der Grundlage der jeweiligen Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) ausgesprochen werden. In Sachsen formuliert die Sächsische Impfkommission (SIKO), als Beirat des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt (SMS), eigene sächsische Impfempfehlungen auf der Grundlage der jeweiligen Empfehlungen der STIKO und unter Berücksichtigung der epidemiologischen Lage und Besonderheiten in Sachsen und berät dazu das SMS. Auf dieser Basis werden nachfolgende aktive Schutzimpfungen und andere Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe im Rahmen der aktuell gültigen Empfehlungen der SIKO oder der sächsischen Herdbekämpfungsprogramme (Empfehlungen zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten) öffentlich empfohlen.

Die öffentlichen Empfehlungen sind unabhängig von einer möglichen Kostenübernahme durch die Krankenkassen. Individuelle Indikationsstellung und Durchführung der Schutzimpfungen haben entsprechend dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft zu erfolgen. Die öffentliche Empfehlung enthebt die Ärztin oder den Arzt nicht von der im Einzelfall gebotenen Sorgfalt und befreit sie oder ihn nicht von der sich aus einer etwaigen Verletzung der ärztlichen Sorgfaltspflicht ergebenden Haftung.

Mit speziellen Empfehlungen der SIKO zu allgemeinen Kontraindikationen von Schutzimpfungen, zu Impfabständen, zu Impfungen im Zusammenhang mit Operationen, zu hygienischen Grundbedingungen bei der Durchführung, zur Aufklärungspflicht bei Schutzimpfungen, zur Dokumentation, zum Auftreten von atypischen Impfverläufen und zu Schutzimpfungen bei chronisch Kranken und Immunsupprimierten werden impfende Ärztinnen und Ärzte bei der Durchführung der Impfungen unterstützt.

Dem SMS bleibt es unbenommen, auch außerhalb dieser Verwaltungsvorschrift (ergänzende) öffentliche Empfehlungen für Schutzimpfungen oder andere Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe auf der Grundlage von § 20 Absatz 3 des Infektionsschutzgesetzes auszusprechen. Dies gilt insbesondere, wenn die Weltgesundheitsorganisation die Ausbreitung eines konkreten Infektionsgeschehens als Pandemie einstuft sowie im Falle des Auftretens impfpräventabler neuer oder wieder auftretender Erreger, soweit jeweils zugelassene Impfstoffe zur Verfügung stehen.

I.
Empfohlene Schutzimpfungen

1.
Standardimpfungen

Standardimpfungen werden gegen folgende übertragbare Krankheiten beziehungsweise Infektionen öffentlich empfohlen:

a)
Coronavirus SARS-CoV-2,
b)
Diphtherie,
c)
Haemophilus-influenzae-Typ-b (Hib),
d)
Hepatitis A,
e)
Hepatitis B,
f)
Herpes zoster,
g)
Humane Papillomaviren,
h)
Influenza (Virusgrippe),
i)
Masern,
j)
Meningokokken,
k)
Mumps,
l)
Pertussis (Keuchhusten),
m)
Pneumokokken-Erkrankungen,
n)
Poliomyelitis (Kinderlähmung),
o)
Röteln,
p)
Rotaviruserkrankungen,
q)
Tetanus (Wundstarrkrampf) und
r)
Varizellen (Windpocken).
2.
Indikationsimpfungen

Bei Vorliegen einer Indikation aus besonderem Anlass (medizinisch, beruflich und/oder reisebedingt) werden aktive Schutzimpfungen gegen folgende übertragbare Krankheiten beziehungsweise Infektionen öffentlich empfohlen:

a)
Cholera,
b)
Coronavirus SARS-CoV-2,
c)
Diphtherie,
d)
Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME),
e)
Gelbfieber*,
f)
Haemophilus-influenzae-Typ-b (Hib),
g)
Hepatitis A,
h)
Hepatitis B,
i)
Influenza (Virusgrippe),
j)
Japanische Enzephalitis,
k)
Masern,
l)
Meningokokken,
m)
Mumps,
n)
Pertussis (Keuchhusten),
o)
Pneumokokken-Erkrankungen,
p)
Poliomyelitis (Kinderlähmung),
q)
Röteln,
r)
Tetanus (Wundstarrkrampf),
s)
Tollwut,
t)
Tuberkulose,
u)
Typhus und
v)
Varizellen (Windpocken).
*
Im Vollzug der Internationalen Gesundheitsvorschriften dürfen Impfungen gegen Gelbfieber nur in speziellen, dafür durch das SMS zugelassenen Impfstellen erfolgen.
3.
Postexpositionelle Impfungen

Zur postexpositionellen Prophylaxe werden aktive Schutzimpfungen gegen folgende übertragbare Krankheiten beziehungsweise Infektionen öffentlich empfohlen:

a)
Diphtherie,
b)
Hepatitis A,
c)
Hepatitis B,
d)
Masern,
e)
Meningokokken,
f)
Mumps,
g)
Pertussis (Keuchhusten),
h)
Poliomyelitis (Kinderlähmung),
i)
Röteln,
j)
Tetanus (Wundstarrkrampf),
k)
Tollwut und
l)
Varizellen (Windpocken).
4.
Impfstoffe

Grundsätzlich dürfen nur Impfstoffe verwendet werden, die vom Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel (Paul-Ehrlich-Institut) oder von der Europäischen Kommission oder dem Rat der Europäischen Union zugelassen und deren Chargen freigegeben oder von der Freigabe freigestellt sind.

Ausnahmsweise darf auch ein Impfstoff verabreicht werden, der unter den Voraussetzungen des § 73 Absatz 3 des Arzneimittelgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. Dezember 2005 (BGBl. I S. 3394), das zuletzt durch Artikel 1a des Gesetzes vom 7. November 2022 (BGBl. I S. 1990) geändert worden ist, importiert wurde oder der gemäß § 79 Absatz 5 des Arzneimittelgesetzes aufgrund einer Gestattung durch die zuständigen Behörden befristet in Verkehr gebracht sowie abweichend von § 73 Absatz 1 des Arzneimittelgesetzes importiert wurde.

Die Schutzimpfungen gelten auch bei Verwendung von Mehrfachimpfstoffen als öffentlich empfohlen, sofern diese ausschließlich Einzelkomponenten öffentlich empfohlener Schutzimpfungen enthalten.

II.
Empfohlene andere Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe

1.
Passive Immunprophylaxe

Die passive Immunprophylaxe durch Gabe von Immunglobulinen wird gegen die folgenden übertragbaren Krankheiten empfohlen:

a)
Diphtherie (therapeutische Anwendung),
b)
Hepatitis A,
c)
Hepatitis B,
d)
Masern,
e)
Röteln,
f)
Tetanus (Wundstarrkrampf),
g)
Tollwut und
h)
Varizellen (Windpocken).

Darüber hinaus wird bei einer SARS-CoV-2-Infektion die Gabe monoklonaler Antikörper empfohlen.

2.
Chemoprophylaxe

Die Chemoprophylaxe durch Verabreichen von Antiinfektiva wird gegen die folgenden übertragbaren Krankheiten beziehungsweise Infektionen empfohlen:

a)
Coronavirus SARS-CoV-2,
b)
Diphtherie,
c)
Haemophilus-influenzae-Typ-b (Hib),
d)
Influenza (Virusgrippe),
e)
Meningokokken,
f)
Pertussis (Keuchhusten),
g)
Tuberkulose und
h)
Varizellen (Windpocken).

B.
Durchführung unentgeltlicher Schutzimpfungen und anderer Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe durch die Gesundheitsämter

Aufgrund von § 20 Absatz 5 des Infektionsschutzgesetzes wird bestimmt, dass die Gesundheitsämter in öffentlichen Terminen unentgeltlich Schutzimpfungen und andere Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe im Rahmen der aktuell gültigen Empfehlungen der SIKO oder der sächsischen Herdbekämpfungsprogramme durchführen. Unentgeltlich bedeutet hier, dass dem Bürger keine Kosten entstehen. In § 69 Absatz 1 Satz 1 Nummer 6 des Infektionsschutzgesetzes ist festgelegt, dass diese Kosten aus öffentlichen Mitteln zu bestreiten sind, soweit nicht auf Grund anderweitiger gesetzlicher Vorschriften oder auf Grund Vertrages Dritte zur Kostentragung verpflichtet sind. § 20i Absatz 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung – (Artikel 1 des Gesetzes vom 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477, 2482), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 7. November 2022 (BGBl. I S. 1990) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, regelt die Kostenübernahme für alle Impfungen gemäß Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über Schutzimpfungen nach § 20i Absatz 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (Schutzimpfungs-Richtlinie/SI-RL) vom 21. Juni 2007/18. Oktober 2007 (BAnz. Nr. 224, S. 8 154), zuletzt geändert durch Bekanntmachung vom 6. Oktober 2022 (BAnz AT 06.12.2022 B4) und in Kraft getreten am 7. Dezember 2022, in der jeweils geltenden Fassung, für gesetzlich Versicherte. Bei privat Krankenversicherten ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Kostenübernahme dieser Leistungen vertraglich vereinbart wurde und üblicherweise eine Rechnung zu stellen ist. Bei beruflicher Indikation ist der Arbeitgeber zur Kostentragung verpflichtet, soweit eine Übernahme durch die SI-RL ausgeschlossen ist. Die Übernahme von Impfstoffkosten für in Sachsen unentgeltlich durchzuführende Schutzimpfungen und andere Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe wird jährlich im Rahmen einer Impfstoffkosten-Vereinbarung zwischen den Vertretern der gesetzlichen Krankenkassen und dem Freistaat Sachsen (hier: SMS) abgestimmt.

Unabhängig von den vorgenannten Festlegungen kann der Freistaat Sachsen Kosten für Impfungen übernehmen, für die ein besonderes öffentliches Interesse besteht.

I.
Durchführung unentgeltlicher Schutzimpfungen

1.
Standardimpfungen

Im Rahmen der Empfehlungen der SIKO oder der vom SMS außerhalb dieser Verwaltungsvorschrift ausgesprochenen Empfehlungen werden Standardimpfungen gegen folgende übertragbare Krankheiten beziehungsweise Infektionen unentgeltlich angeboten:

a)
Coronavirus SARS-CoV-2,
b)
Diphtherie,
c)
Haemophilus-influenzae-Typ-b (Hib),
d)
Hepatitis A,
e)
Hepatitis B,
f)
Influenza (Virusgrippe),
g)
Masern,
h)
Meningokokken-ACWY- beziehungsweise Meningokokken-C,
i)
Mumps,
j)
Pertussis (Keuchhusten),
k)
Pneumokokken-Erkrankungen,
l)
Poliomyelitis (Kinderlähmung),
m)
Röteln,
n)
Tetanus (Wundstarrkrampf) und
o)
Varizellen (Windpocken).

Im Rahmen der SI-RL wird die Standardimpfung gegen Herpes zoster und gegen Humane Papillomaviren-Infektionen unentgeltlich angeboten.

2.
Indikationsimpfungen

Im Rahmen der Empfehlungen der SIKO oder der vom SMS außerhalb dieser Verwaltungsvorschrift ausgesprochenen Empfehlungen werden bei Vorliegen einer Indikation aus besonderem Anlass Schutzimpfungen gegen folgende übertragbare Krankheiten beziehungsweise Infektionen unentgeltlich angeboten:

a)
Coronavirus SARS-CoV-2,
b)
Diphtherie,
c)
Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME),
d)
Haemophilus-influenzae-Typ-b (Hib),
e)
Hepatitis A,
f)
Hepatitis B,
g)
Influenza (Virusgrippe),
h)
Masern,
i)
Meningokokken,
j)
Mumps,
k)
Pertussis (Keuchhusten),
l)
Pneumokokken-Erkrankungen,
m)
Poliomyelitis (Kinderlähmung),
n)
Röteln,
o)
Tetanus (Wundstarrkrampf),
p)
Tollwut und
q)
Varizellen (Windpocken).

Im Rahmen der SI-RL wird die Indikationsimpfung gegen Herpes zoster unentgeltlich angeboten.

Die gesetzlichen Vorschriften zur Kostentragung sind zu beachten.

3.
Postexpositionelle Impfungen

Im Rahmen der Empfehlungen der SIKO oder der vom SMS außerhalb dieser Verwaltungsvorschrift ausgesprochenen Empfehlungen werden zur postexpositionellen Prophylaxe Schutzimpfungen gegen folgende übertragbare Krankheiten beziehungsweise Infektionen unentgeltlich angeboten:

a)
Diphtherie,
b)
Hepatitis A,
c)
Hepatitis B,
d)
Masern,
e)
Meningokokken,
f)
Mumps,
g)
Pertussis (Keuchhusten),
h)
Poliomyelitis (Kinderlähmung),
i)
Röteln,
j)
Tetanus (Wundstarrkrampf),
k)
Tollwut und
l)
Varizellen (Windpocken).

Die gesetzlichen Vorschriften zur Kostentragung sind zu beachten.

II.
Durchführung unentgeltlicher anderer Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe

Im Rahmen der Empfehlungen der SIKO, der vom SMS außerhalb dieser Verwaltungsvorschrift ausgesprochenen Empfehlungen oder der sächsischen Herdbekämpfungsprogramme können unentgeltlich andere Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe durchgeführt werden.

1.
Passive Immunprophylaxe

Die passive Immunprophylaxe durch Gabe von Immunglobulinen wird bei Hepatitis A unentgeltlich angeboten.

2.
Chemoprophylaxe

Die Chemoprophylaxe durch Verabreichen von Antiinfektiva wird bei folgenden übertragbaren Krankheiten beziehungsweise Infektionen unentgeltlich angeboten:

a)
Haemophilus-influenzae-Typ-b (Hib),
b)
Meningokokken und
c)
Pertussis (Keuchhusten).

C.
Rechtsfolgen bei Gesundheitsschäden durch Impfungen und andere Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe

Wer durch eine Impfung oder eine andere Maßnahme der spezifischen Prophylaxe, die nach dieser Verwaltungsvorschrift öffentlich empfohlen und die in Sachsen durchgeführt wurde, einen Gesundheitsschaden erleidet, erhält auf Antrag Versorgung gemäß §§ 60 ff. des Infektionsschutzgesetzes. Impfungen gemäß STIKO-Empfehlung sind dem gleichzustellen. Der Antrag auf Versorgung ist beim Kommunalen Sozialverband Sachsen, Außenstelle Chemnitz, Reichsstraße 3, 09112 Chemnitz zu stellen.

D.
Inkrafttreten und Außerkrafttreten

Diese Verwaltungsvorschrift tritt am Tag nach der Veröffentlichung in Kraft. Gleichzeitig tritt die Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Verbraucherschutz über öffentlich empfohlene und zur unentgeltlichen Durchführung bestimmte Schutzimpfungen und andere Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe (VwV Schutzimpfungen) vom 29. Oktober 2019 (SächsABl. S. 1633), zuletzt enthalten in der Verwaltungsvorschrift vom 23. November 2021 (SächsABl. SDr. S. S 230), außer Kraft.

Dresden, den 8. Dezember 2022

Die Staatsministerin für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt
Petra Köpping

Änderungsvorschriften