Historische Fassung war gültig vom 01.01.2003 bis 31.07.2005

Verwaltungsvorschrift
des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz
über die Unterrichtung konsularischer Vertretungen über strafrechtlich begründete Freiheitsentziehungen gegen Angehörige ihres Staates

Vom 25. November 2002

1.
Allgemeines; Mitteilungspflicht auf Verlangen des Betroffenen
 
Die Behörden der Bundesrepublik Deutschland sind nach Artikel 36 Abs. 1 Buchst. b des Wiener Übereinkommens vom 24. April 1963 über konsularische Beziehungen (BGBl. 1969 II S. 1585, 1971 II S. 1285, 1972 II S. 613, 1974 II S. 945, 1994 II S. 308) in Verbindung mit Nummer 135 Abs. 1 der Richtlinien für den Verkehr mit dem Ausland in strafrechtlichen Angelegenheiten (RiVASt), in Kraft gesetzt durch Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz über die Einführung der Richtlinien für den Verkehr mit dem Ausland in strafrechtlichen Angelegenheiten ( VwV RiVASt ) vom 22. November 1991 (SächsABl. Nr. 42 S. 5), zuletzt geändert durch Verwaltungsvorschrift vom 3. Dezember 1996 (SächsJMBl. S. 142) und verlängert durch Verwaltungsvorschrift vom 22. November 2001 (SächsABl. S. 1220), völkerrechtlich verpflichtet,
 
a)
die konsularische Vertretung des Entsendestaates auf Verlangen der betroffenen Person unverzüglich zu unterrichten, wenn in deren Konsularbezirk eine Person dieses Staates festgenommen, in Straf- oder Untersuchungshaft genommen oder ihr anderweitig die Freiheit entzogen ist,
 
b)
jede von der betroffenen Person an die konsularische Vertretung gerichtete Mitteilung unverzüglich weiterzuleiten und
 
c)
die betroffene Person unverzüglich über ihre Rechte aufgrund dieser Bestimmung zu unterrichten.
2.
Mitteilungspflicht ohne oder gegen den Willen des Betroffenen
 
a)
Eine völkerrechtliche Verpflichtung zur Unterrichtung der konsularischen Vertretung ohne oder gegen den Willen des Betroffenen besteht gegenüber den in der Anlage aufgeführten Staaten nach den dort genannten Verträgen in Verbindung mit Nummer 135 Abs. 2 RiVASt.
 
b)
Die Mitteilungspflicht besteht in den unter Buchstabe a genannten Fällen auch dann,
 
 
aa)
wenn der Festgenommene die Vertretung seines Landes selbst benachrichtigt oder
 
 
bb)
wenn sich der ausländische Staatsangehörige freiwillig zum Vollzug gerichtlich angeordneter Entscheidungen stellt.
3.
Art und Weise der Unterrichtung
 
a)
Die ausländische Vertretung ist unverzüglich, in dringenden Fällen fernmündlich im voraus, über die Tatsache der Freiheitsentziehung zu unterrichten. Sofern der betroffene ausländische Staatsangehörige schriftlich die Zustimmung erklärt, können auch der Grund der Verhaftung und der gegen ihn erhobene Tatvorwurf mitgeteilt werden. Von einer weiter gehenden Unterrichtung der konsularischen Vertretung, auch durch Übersendung von Unterlagen, ist abzusehen. Zeigt sich eine konsularische Vertretung an zusätzlichen Mitteilungen interessiert, ist sie auf die Möglichkeit hinzuweisen, mit dem Betroffenen Verbindung aufzunehmen.
 
b)
Die Mitteilung ist von einem Richter oder einem Beamten des höheren Dienstes, bei Justizvollzugsanstalten vom Anstaltsleiter oder seinem Vertreter zu unterzeichnen und mit Höflichkeitsformeln (im internationalen Verkehr üblich sind z. B. „Sehr geehrte Damen und Herren“; „Mit vorzüglicher Hochachtung“) zu versehen. Der Unterschrift ist die Amtsbezeichnung (Dienstbezeichnung) und ein Abdruck des Dienstsiegels beizufügen.
4.
Belehrung
 
Für die Belehrung sind die amtlich festgestellten Vordrucke zu verwenden. Auch das Einverständnis des Betroffenen zur Mitteilung des Tatvorwurfs ist von ihm durch Unterschrift zu bestätigen.
5.
Zuständigkeit
 
Die Benachrichtigung der ausländischen Vertretung und die Belehrung des Festgenommenen obliegen
 
a)
beim Vollzug von Untersuchungshaft oder einstweiliger Unterbringung, beim Vollzug von vorläufiger Auslieferungshaft oder Auslieferungshaft sowie in den Fällen des § 22 Abs. 3 Satz 2 IRG dem Richter, dem der Betroffene nach seiner Festnahme vorgeführt wird,
 
b)
beim Vollzug von Freiheitsstrafe, Jugendstrafe, Sicherungsverwahrung, Jugendarrest oder aufgrund eines Vollstreckungshaftbefehls der Justizvollzugsanstalt,
 
c)
bei einer strafgerichtlich angeordneten Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt der Vollstreckungsbehörde, auch dann, wenn der Betroffene aufgrund eines Vollstreckungshaftbefehls vorübergehend in eine Justizvollzugsanstalt aufgenommen wurde,
 
d)
in den übrigen Fällen der Behörde, die die freiheitsentziehende Maßnahme vollzieht.
6.
In-Kraft-Treten
 
Diese Verwaltungsvorschrift tritt am 1. Januar 2003 in Kraft.

Dresden, den 25. November 2002

Der Staatsminister der Justiz
Dr. Thomas de Maizire

Anlage
(zu Nr. 2 Buchst. a)

1.
Armenien – Die Mitteilungspflicht gegenüber den Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion (Union der sozialistischen Sowjetrepubliken – UdSSR) resultiert aus Nummer 4 des Notenwechsels vom 23. Juli 1971 zum deutsch-sowjetischen Konsularvertrag vom 25. April 1958 (BGBl. 1959 II S. 232) i. V. m. der Bekanntmachung des Auswärtigen Amtes vom 18. Januar 1993 (BGBl. 1993 II S. 169);
2.
Aserbaidschan – siehe Nummer 1, jedoch i. V. m. der Bekanntmachung des Auswärtigen Amtes vom 13. August 1996 (BGBl. 1996 II S. 2471);
3.
Bahamas – Die Mitteilungspflicht gegenüber den früher zum britischen Hoheitsgebiet gehörenden Staaten beruht auf der Weitergeltung des Artikels 18 Abs. 1 deutsch-britischen Konsularvertrages vom 30. Juli 1956 (BGBl. 1957 II S. 284, 1958 II S. 17);
4.
Belarus (Weissrussland) – siehe Nummer 1, jedoch i. V. m. der Bekanntmachung des Auswärtigen Amtes vom 5. September 1994 (BGBl. 1994 II S. 2533);
5.
Dominica – siehe Nummer 3;
6.
Fidschi – siehe Nummer 3 i. V. m. der Bekanntmachung des Auswärtigen Amtes vom 22. Oktober 1975 (BGBl. 1975 II S. 1739);
7.
Georgien – siehe Nummer 1, jedoch i. V. m. der Bekanntmachung des Auswärtigen Amtes vom 21. Oktober 1992 (BGBl. 1992 II S. 1128);
8.
Grenada – siehe Nummer 3 i. V. m. der Bekanntmachung des Auswärtigen Amtes vom 12. März 1975 (BGBl. 1975 II S. 366);
9.
Griechenland – Artikel 3 Abs. 3 des deutsch-griechischen Niederlassungs- und Schifffahrtsvertrages vom 18. März 1960 (BGBl. 1962 II S. 1505, 1963 II S. 912);
10.
Großbritannien und Nordirland siehe Nummer 35;
11.
Italien – Artikel 4 Abs. 4 des deutsch-italienischen Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsvertrages vom 21. November 1957 (BGBl. 1959 II S. 949);
12.
Jamaika – siehe Nummer 3 i. V. m. der Bekanntmachung des Auswärtigen Amtes vom 22. Dezember 1972 (BGBl. 1973 II S. 49);
13.
Kasachstan – siehe Nummer 1, jedoch i. V. m. der Bekanntmachung des Auswärtigen Amtes vom 19. Oktober 1992 (BGBl. 1992 II S. 1120);
14.
Kenia – siehe Nummer 3;
15.
Kirgisistan – siehe Nummer 1, jedoch i. V. m. der Bekanntmachung des Auswärtigen Amtes vom 14. August 1992 (BGBl. 1992 II S. 1015);
16.
Lesotho – siehe Nummer 3;
17.
Malawi – siehe Nummer 3 i. V. m. der Bekanntmachung des Auswärtigen Amtes vom 13. Februar 1967 (BGBl. II S. 936);
18.
Malta – siehe Nummer 3;
19.
Mauritius – siehe Nummer 3 i. V. m. der Bekanntmachung des Auswärtigen Amtes vom 27. Dezember 1972 (BGBl. 1973 II S. 50);
20.
Moldau, Republik – siehe Nummer 1, jedoch i. V. m. der Bekanntmachung des Auswärtigen Amtes vom 12. April 1996 (BGBl. 1996 II S. 768);
21.
Monaco – Artikel 16 des deutsch-monegassischen Rechtshilfevertrages vom 21. Mai 1962 (BGBl. II S. 97, 1306; 1965 II S. 405); die Mitteilung ist an die Direktion der Justizdienste des Fürstentums Monaco, Monaco-Ville, Palais de Justice, zu richten;
22.
Russische Föderation – siehe Nummer 1, jedoch i. V. m. der Bekanntmachung des Auswärtigen Amtes vom 14. August 1992 (BGBl. 1992 II S. 1016);
23.
Seychellen – siehe Nummer 3;
24.
Spanien – Artikel 5 Buchst. d des deutsch-spanischen Niederlassungsvertrages vom 23. April 1970 (BGBl. 1972 II S. 1041, 1557); eine Mitteilung ist von Amts wegen nur dann zu bewirken, wenn der spanische Staatsangehörige nicht in der Lage ist, die Benachrichtigung der nächsten konsularischen Vertretung zu verlangen;
25.
St. Kitts und Nevis – siehe Nummer 3;
26.
St. Lucia – siehe Nummer 3;
27.
St. Vincent und die Grenadinen – siehe Nummer 3;
28.
Swasiland – siehe Nummer 3;
29.
Tadschikistan – siehe Nummer 1, jedoch i. V. m. der Bekanntmachung des Auswärtigen Amtes vom 3. März 1995 (BGBl. 1995 II S. 255);
30.
Trinidad und Tobago – siehe Nummer 3;
31.
Tunesien – Artikel 36 des deutsch-tunesischen Vertrages über die Auslieferung und die Rechtshilfe in Strafsachen vom 19. Juli 1966 (BGBl. 1969 II S. 1158, 1970 II S. 127); zu unterrichten ist die Botschaft der tunesischen Republik oder das nächstgelegene tunesische Konsulat;
32.
Uganda – siehe Nummer 3;
33.
Ukraine – siehe Nummer 1, jedoch i. V. m. der Bekanntmachung des Auswärtigen Amtes vom 30. Juni 1993 (BGBl. 1993 II S. 1189);
34.
Usbekistan – siehe Nummer 1, jedoch i. V. m. der Bekanntmachung des Auswärtigen Amtes vom 26. Oktober 1993 (BGBl. 1993 II S. 2038);
35.
Vereinigtes Königreich – Artikel 18 Abs. 1 des deutsch-britischen Konsularvertrages vom 30. Juli 1956 (BGBl. 1957 II S. 284; 1958 II S. 17; 1976 II S. 1848); einschließlich Anguilla, Bermuda, Britische Jungferninseln, Falklandinseln, Gibraltar, Isle of Man, Kaiman-Inseln, Kanalinseln, Pitcairn, St. Helena (mit Ascension und Tristan da Cunha) Turks- und Caicos-Inseln;
36.
Zypern – siehe Nummer 3.