Gemeinsame Verwaltungsvorschrift
des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz
und für Demokratie, Europa und Gleichstellung
sowie des Sächsischen Staatsministeriums des Innern
über die Unterrichtung der Öffentlichkeit im Bereich der Strafverfolgung
(VwV Öffentlichkeitsunterrichtung – VwVÖffUnt)

Vom 24. Juli 2024

1.
Diese Verwaltungsvorschrift gilt für die Unterrichtung der Öffentlichkeit im Bereich der Strafverfolgung. Mitteilungen, die überwiegend der vorbeugenden Kriminalitätsbekämpfung dienen, und die Befugnis zur Veröffentlichung von Tages- und Wochenberichten durch die Polizei bleiben hiervon unberührt.
2.
Die Unterrichtung der Öffentlichkeit in Ermittlungsverfahren obliegt der Staatsanwaltschaft, soweit nachfolgend nichts anderes bestimmt ist. Die Unterrichtung erfolgt im Benehmen mit der ermittelnden Polizeidienststelle. Zu Pressekonferenzen der Staatsanwaltschaft soll die Leiterin oder der Leiter der ermittelnden Polizeidienststelle hinzugezogen werden.
3.
In Ermittlungsverfahren, die sich auf nicht schwerwiegende und nicht überörtlich bedeutsame Straftaten beziehen, kann die Unterrichtung der Öffentlichkeit auch durch die ermittelnde Polizeidienststelle erfolgen.
4.
Abweichend von Nummer 2 unterrichtet die ermittelnde Polizeidienststelle die Öffentlichkeit, wenn
a)
die Staatsanwaltschaft ihre vorherige Zustimmung erteilt hat oder
b)
dies im öffentlichen Interesse sofort geboten ist und die Einholung der vorherigen Zustimmung der Staatsanwaltschaft nicht möglich ist.
5.
Die Unterrichtung der Öffentlichkeit obliegt ausschließlich der Staatsanwaltschaft in Verfahren, die wegen der Persönlichkeit oder der Stellung beteiligter Personen voraussichtlich Gegenstand von Erörterungen in den Medien sein werden. Dies betrifft insbesondere Verfahren gegen Personen aus dem politischen Leben, Amtsträgerinnen und Amtsträgern in leitender Funktion oder Personen in leitender Funktion in regional oder überregional bekannten Unternehmen, juristischen Personen oder Personenvereinigungen.
6.
Über die in Nummer 9 bezeichneten Informationen erfolgt die Unterrichtung der Öffentlichkeit ausschließlich durch die Staatsanwaltschaft oder mit deren vorheriger Zustimmung.
7.
Die Unterrichtung der Öffentlichkeit aufgrund des Verdachts einer Straftat kommt in Betracht, wenn diese die Öffentlichkeit wesentlich berührt. Hierfür können insbesondere ein hoher Unrechtsgehalt der vorgeworfenen Straftat sowie andere Straftaten und Geschehnisse mit Bezug zu dem Tatvorwurf sprechen, die bereits Gegenstand der öffentlichen Diskussion sind. Die Unterrichtung der Öffentlichkeit erfolgt nicht, wenn die zu erwartenden Nachteile für die schutzwürdigen Interessen der durch die Unterrichtung betroffenen Personen, insbesondere aufgrund der öffentlichen Erörterung von Umständen aus dem privaten Lebensbereich, gegenüber dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit überwiegen. Hiervon ist in der Regel auszugehen, wenn im Falle der Unterrichtung der Öffentlichkeit Umstände aus dem persönlichen Lebensbereich jugendlicher Beschuldigter zu offenbaren wären und die vorgeworfene Straftat nicht auch im Einzelfall schwerwiegt.
8.
Hatte eine Beschuldigte oder ein Beschuldigter noch nicht die Gelegenheit, sich zu dem Tatvorwurf zu äußern, soll sie oder er vor der Unterrichtung der Öffentlichkeit unter der Mitteilung des Inhalts der beabsichtigten Unterrichtung angehört werden, soweit sie oder er hiervon betroffen ist.
9.
Die Nennung des Namens von Beschuldigten oder von Umständen, aufgrund derer diese eindeutig zu identifizieren sind, darf nur bei dem Verdacht von zur Zeitgeschichte gehörenden Straftaten oder in anderen Fällen, in denen ein herausragendes Informationsinteresse der Allgemeinheit besteht, erfolgen.
10.
Andere Informationen, die Rückschlüsse auf die beteiligten Personen und deren Verhältnisse ermöglichen, dürfen nur veröffentlich werden, soweit dies gesetzlich zulässig ist und soweit besondere Gründe vorliegen, die ein öffentliches Interesse hieran begründen. Andere Informationen können insbesondere Angaben zu Namen nicht beschuldigter Personen, Berufen, Adressen, zur gewerblichen Nutzung von Objekten, zu geschäftlichen Beziehungen und zu besonders markanten Einzelheiten sein.
11.
Bei der Unterrichtung der Öffentlichkeit ist alles zu unterlassen, was zu einer nicht durch den Zweck des Verfahrens bedingten Bloßstellung von Beteiligten oder zu einer Beeinträchtigung des Rechts der beschuldigten Person auf ein faires Verfahren führen kann. Die Schilderung von Straftaten hat frei von Werturteilen und ohne die Erörterung der Schuldfrage zu erfolgen. Es ist darauf zu achten, dass nicht weitere Personen, insbesondere Kinder und Jugendliche, zur Begehung weiterer rechtswidriger Taten verleitet werden.
12.
Diese Verwaltungsvorschrift tritt am Tag nach der Veröffentlichung in Kraft. Gleichzeitig tritt die Gemeinsame Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz und des Sächsischen Staatsministeriums des Innern über die Unterrichtung der Öffentlichkeit in Strafverfolgungssachen vom 29. Januar 1992 (SächsABl. S. 204), zuletzt enthalten in der Verwaltungsvorschrift vom 9. Dezember 2021 (SächsABl. SDr. S. S 199), außer Kraft.

Dresden, den 24. Juli 2024

Die Staatsministerin der Justiz und für Demokratie, Europa und Gleichstellung
Katja Meier

Der Staatsminister des Innern
Armin Schuster

Änderungsvorschriften