Verwaltungsvorschrift
des Sächsischen Staatsministeriums
für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten
für den Vollzug der Verordnung über die Grundsätze der guten fachlichen Praxis beim Düngen
(VwVDüngeVO)

Vom 29. September 1997

Gliederung

1.
Vorbemerkung
2.
Zuständigkeiten
3.
Einzelregelungen zu den Bestimmungen der Düngeverordnung
4.
Kontrolle

Anhang: Kriterien für wissenschaftlich anerkannte Methoden der Bodenuntersuchung

1
Vorbemerkung

Die Verordnung über die Grundsätze der guten fachlichen Praxis beim Düngen (Düngeverordnung) vom 26. Januar 1996 (BGBl. I S. 118), geändert durch die Zweite Verordnung zur Änderung düngemittelrechtlicher Vorschriften vom 16. Juli 1997 (BGBl. I S. 1835) dient sowohl der Konkretisierung des § 1a Düngemittelgesetz, der die Anwendung von Düngemitteln nach guter fachlicher Praxis vorschreibt, als auch der Umsetzung der Nitratrichtlinie der Europäischen Union (91/676/EWG) in nationales Recht. Hierzu enthält sie Regelungen für die pflanzenbaulich sachgerechte Düngemittelanwendung unter Berücksichtigung des Umweltschutzes und gibt der landwirtschaftlichen Praxis die erforderliche Rechtssicherheit bei der Durchführung von Düngemaßnahmen.
Sie enthält jedoch an vielen Stellen unbestimmte Rechtsbegriffe, die teilweise der fachlichen Erläuterung bedürfen, um den einheitlichen Verwaltungsvollzug zwischen den Bundesländern zu gewährleisten sowie Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden. Daneben gehört es zu den Aufgaben der fachlich für die Beratung der Betriebe zuständigen Staatlichen Ämter für Landwirtschaft, den landwirtschaftlichen und gartenbaulichen Betrieben – den Adressaten der Verordnung – praktische Hinweise für eine ordnungsgemäße Düngebedarfsermittlung und – soweit erforderlich – für die vorgeschriebenen Nährstoffvergleiche an die Hand zu geben.
Die vorliegende Verwaltungsvorschrift verfolgt das Ziel, den zuständigen Behörden (Staatliche Ämter für Landwirtschaft und Sächsische Landesanstalt für Landwirtschaft) einen Leitfaden für den Vollzug der Einzelregelungen im Rahmen des geltenden Rechts zu geben. Dabei wird mit den Erläuterungen und Maßgaben der Ermessensspielraum vorgegeben, innerhalb dessen sich die fachlichen Beurteilungen und gegebenenfalls Anordnungen oder Zulassungen von Ausnahmen auf Grund der gesetzlichen Ermächtigungen in der Düngeverordnung bewegen sollen.
Für den Vollzug der Verordnung kommt nach § 7 das Recht der Ordnungswidrigkeiten zur Anwendung. Ebenso sind die in der Verordnung normierten Pflichten durch Maßnahmen des Verwaltungsvollzugs durchsetzbar. Für die Entscheidung, ob und gegebenenfalls welche Maßnahme in Betracht kommt, gilt das allgemeine und besondere Verwaltungsrecht.
Vor der Durchführung von Maßnahmen der Verwaltungsvollstreckung soll im Wege der Beratung auf eine Befolgung der Verordnung hingewirkt werden. Auch ist zu prüfen, ob eine Anwendung des § 8 (Übergangsvorschriften) angezeigt ist.
Bei der Bemessung von Bußgeldern können neben den in § 17 und § 18 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) genannten Merkmalen unvorhersehbare Besonderheiten der betrieblichen Situation des einzelnen Betroffenen Berücksichtigung finden.

2
Zuständigkeiten
2.1
Die Staatlichen Ämter für Landwirtschaft sind zuständige Behörde oder Stellen im Sinne von § 2 Abs. 3, § 3 Abs. 4, § 4 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 Nr. 1b, Nr. 3, Abs. 4, Abs. 5 Nr. 2 und § 8 Düngeverordnung.
2.2
Die Sächsische Landesanstalt für Landwirtschaft ist nach § 7 Nr. 1 der Verordnung der Sächsischen Staatsregierung über Zuständigkeiten nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (OWiZuVO) vom 2. Juli 1993 (SächsGVBl. S. 561) für die Ahndung von Ordnungswidrigkeiten nach dem Düngemittelgesetz zuständig.
2.3
Das Staatliche Amt für Landwirtschaft ist für die landwirtschaftliche Beratung zuständig.
2.4
Für Maßnahmen der Überwachung nach § 8 Abs. 1 des Düngemittelgesetzes, insbesondere für die Feststellung einer amtlich anerkannten Untersuchungseinrichtung im Sinne von § 3 Abs. 6 der Düngeverordnung, ist die Sächsische Landesanstalt für Landwirtschaft nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 der Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten zur Bestimmung von Zuständigkeiten im Bereich der Land- und Forstwirtschaft sowie der Ernährung (SächsZuLuFV) vom 13. Juni 1996 (SächsGVBl. S. 258) zuständig.
3
Einzelregelungen zu den Bestimmungen der Düngeverordnung
3.1
Sachlicher Geltungsbereich (zu § 1)
Der Anwendungsbereich erstreckt sich auf Ackerland, Dauergrünland, Obst- und Hopfenanlagen, Baumschulen, Rebland und Weihnachtsbaumkulturen. Er schließt den Gartenbau ein. Ausgenommen sind Haus- und Nutzgärten, Kleingärten, Sportanlagen, Forstflächen und öffentliche Anlagen.
Anbauflächen unter Glas sind nur dann vom Geltungsbereich der Verordnung ausgenommen, wenn Nährstoffausträge systembedingt bei geschlossenen, bodenunabhängigen Kulturverfahren ausgeschlossen werden können.
3.2
Grundsätze der Düngemittelanwendung (zu § 2)
3.2.1
Bedarfsorientierte Stickstoffdüngung (zu § 2 Abs. 1)
Für die Beurteilung der bedarfsorientierten Stickstoffdüngung im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 2 ist vorrangig die Menge des leicht pflanzenverfügbaren Stickstoffs im jeweiligen Düngemittel und im Boden heranzuziehen (Nitrat- und Ammoniumstickstoff) und mit dem zu erwartenden Pflanzenbedarf zu vergleichen. Organisch gebundener Stickstoff soll mit der voraussichtlich während der Wachstumsphase der Kultur zu erwartenden mineralisierten Stickstoffmenge angerechnet werden.
3.2.2
Ausbringungstechnik (zu § 2 Abs. 2)
Alle Geräte zum Ausbringen von organischen und mineralischen Düngemitteln müssen den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechen. Diese werden in der Verordnung insofern konkretisiert, als die Geräte
  • eine sachgerechte Mengenbemessung ermöglichen,
  • eine sachgerechte Verteilung erlauben und
  • eine verlustarme Ausbringung gewährleisten müssen.
Allgemein anerkannte Regeln der Technik sind schriftlich fixierte oder mündlich überlieferte technische Festlegungen für Verfahren, Einrichtungen und Betriebsweisen. Sie sind nach herrschender Auffassung der beteiligten Fachkreise zur Erreichung des gesetzlich vorgegebenen Zieles geeignet und sind in der praktischen Anwendung erprobt. Wirtschaftliche Gesichtspunkte sind im Rahmen der gesetzlichen Zielvorgabe als Teil der Verhältnismäßigkeitserwägungen zu berücksichtigen. Aus diesem Begriff ergibt sich, daß hier nicht nur die Technik selbst betroffen ist, sondern auch, wie die Technik eingesetzt wird (Betriebsweise).
Geräte, die auch bei sorgfältiger Einstellung nicht geeignet sind, die beschriebenen Anforderungen zu erfüllen oder sich in der Praxis nicht bewährt haben, entsprechen nicht den allgemein anerkannten Regeln der Technik. Zu diesen Geräten zählen insbesondere
  • Festmiststreuer ohne gesteuerte Mistzufuhr zum Verteiler,
  • Güllewagen mit freiem Auslauf auf den Verteiler,
  • Güllewagen mit senkrecht angeordneter, offener Schleuderscheibe als Verteiler,
  • zentrale Prallverteiler, bei denen der Wirtschaftsdünger steil nach oben abgestrahlt wird und
  • Drehstrahlregner zur Verregnung von unverdünnter Gülle.
Andere zur Düngerverteilung eingesetzte Geräte erfüllen derzeit die beschriebenen Anforderungen, wenn sie sorgfältig eingestellt, technisch in Ordnung, leistungsmäßig nicht überfordert und unter Beachtung der genannten Einschränkungen eingesetzt werden.
Die Düngeverordnung sieht hinsichtlich der Anforderungen in § 2 Abs. 2 keine Ahndung von Verstößen als Ordnungswidrigkeit vor. Die Nichteinhaltung bedeutet jedoch grundsätzlich eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit, der ordnungsrechtlich begegnet werden kann.
3.2.3
Vermeidung des Eintrages von Düngemitteln in Gewässer (zu § 2 Abs. 3)
Die Beurteilung der Frage, ob bei der Bemessung des ausreichenden Abstandes zu Oberflächengewässern die Gefahr der Abschwemmung angemessen berücksichtigt wurde, kann nur im Einzelfall erfolgen. Dabei sind insbesondere Hangneigung, Bodenart, Bewuchs sowie außergewöhnliche Witterungsbedingungen zu berücksichtigen.
Unbeschadet der Regelungen in § 50 Abs. 2 Sächsisches Wassergesetz (5 m Gewässerrandstreifen) kann nach § 2 Abs. 3 Düngeverordnung das Staatliche Amt für Landwirtschaft im Einzelfall einen größeren Abstand festlegen, wenn dies zur Vermeidung eines direkten Eintrages in Oberflächengewässer erforderlich ist.
Hinweis:
Die oberste Wasserbehörde setzt nach den wasserrechtlichen Vorschriften die betroffenen Gewässer fest. Zuständige Behörde zur Kontrolle und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten bei Verstößen gegen die wasserrechtlichen Vorschriften ist ausschließlich die Umweltverwaltung.
3.2.4
Ausbringung stickstoffhaltiger Düngemittel (zu § 2 Abs. 4)
Düngemittel im Sinne des § 2 Abs. 4 Satz 1 sind alle stickstoffhaltigen Stoffe, die auf einer Fläche im Geltungsbereich der Düngeverordnung ausgebracht werden.
Ein Boden ist grundsätzlich dann aufnahmefähig für stickstoffhaltige Düngemittel, wenn sein Wassergehalt deutlich unter seiner Feld- bzw. Wasserkapazität (maximales Wasserhaltevermögen) liegt und er weder gefroren noch schneebedeckt ist.
Ein Boden gilt als wassergesättigt, wenn die Feld- beziehungsweise Wasserkapazität, bezogen auf die Ackerkrume, erreicht oder überschritten wird. Dies ist unter anderem daran erkennbar, daß auf freier, ebener Fläche Wasserlachen sichtbar sind oder die Befahrbarkeit bei frostfreiem Boden stark eingeschränkt ist.
Bei Vorhandensein von gefrorenem Boden oder Schneebedeckung, insbesondere wenn beides zutrifft, ist von einer eingeschränkten Aufnahmefähigkeit des Bodens auszugehen. Eine Ausbringung sollte dann nur in Ausnahmefällen nach gründlicher Prüfung unter Wahrung der Belange des Boden- und Wasserschutzes erfolgen.
Ein Boden gilt als tief gefroren, wenn der Frost im Mittel tiefer als 15 cm (gemessen von der Oberfläche aus) in den Boden eingedrungen ist. Ist die Bodenoberfläche aufgetaut, obgleich der Boden darunter noch gefroren ist, kann eine Aufnahmefähigkeit für stickstoffhaltige Düngemittel allerdings unter Berücksichtigung der Jahreszeit, des aktuellen und des zu erwartenden Witterungsverlaufs, der Standortbedingungen, der Hangneigung des Schlages, des langjährigen Vegetationsbeginnes, der angebauten Fruchtart und der Vegetationsentwicklung schon gegeben sein. Eine Düngung zu diesem Zeitpunkt ist zulässig, wenn Art und Menge angepaßt sind, um Abschwemmungen – vor allem bei nachfolgenden Niederschlägen – zu vermeiden und Beeinträchtigungen der Beschaffenheit und Funktionen des Bodens nicht zu besorgen sind.
Ein Boden gilt als stark schneebedeckt, wenn die Schneehöhe im Mittel mehr als 15 cm beträgt. Bei einer Schneehöhe zwischen 5 und 15 cm sind die Schneekonsistenz, die Witterung (Anfang bzw. Ende einer Schnee-/Kälteperiode) und der Bodenzustand zu berücksichtigen. Ein Abschwemmen der aufgebrachten Düngemittel ist zu vermeiden.
3.3
Besondere Grundsätze für die Anwendung von Wirtschaftsdüngern tierischer Herkunft und von Sekundärrohstoffdüngern (zu § 3)
3.3.1
Ausbringung flüssiger Wirtschaftsdünger und von stickstoffhaltigen flüssigen Sekundärrohstoffdüngern (zu § 3 Abs. 2)
„Unverzügliche Einarbeitung“ bedeutet, daß die Einarbeitung ohne schuldhafte Verzögerung durchgeführt werden muß. Für die Beurteilung der Unverzüglichkeit sind der Zeitpunkt der Ausbringung, die tolerierbaren Verluste, das angewandte Ausbringverfahren und die aktuelle Witterung zu berücksichtigen. Um die Verlustraten so gering wie möglich zu halten, ist grundsätzlich eine Einarbeitung am Tag der Ausbringung erforderlich.
Bei der Ausbringung am Abend hat die Einarbeitung spätestens am folgenden Vormittag zu erfolgen. Werden die betroffenen Wirtschaftsdünger tierischer Herkunft und stickstoffhaltigen Sekundärrohstoffdüngern bei einer aus fachlicher Sicht ungünstigen – weil emissions- und damit verlustträchtigen – Witterung ausgebracht, ist die sofortige Einarbeitung (Gülledrill oder paralleles Arbeitsverfahren) erforderlich, um die Nährstoffverluste im Sinne der Verordnung so gering wie möglich zu halten. Zur Einarbeitung können alle Bodenbearbeitungsgeräte herangezogen werden, die eine ausreichende Einmischung in den Boden bewirken.
3.3.2
Ausbringung flüssiger Wirtschaftsdünger und stickstoffhaltiger flüssiger Sekundärrohstoffdünger nach Ernte der Hauptfrucht (zu § 3 Abs. 3)
Die mit flüssigen Wirtschaftsdüngern tierischer Herkunft zulässigen Stickstoffgaben nach Ernte der Hauptfrucht berechnen sich nach Abzug der ansetzbaren Lagerungs- und Ausbringungsverluste. Die Prozentabzüge sind nicht zu addieren, sondern müssen in Einzelschritten berechnet werden. Diese Regelung gilt ebenfalls für § 3 Abs. 7.
Bei der Verwendung der Gehaltsangaben für gelagerte Wirtschaftsdünger ist darauf zu achten, daß bei diesen Werten die Lagerungsverluste bereits berücksichtigt sind.
3.3.3
Ausbringungsverbote (zu § 3 Abs. 4)
Ausnahmen nach § 3 Abs. 4 Satz 2 von der in § 3 Abs. 4 Satz 1 angeordneten Sperrfrist (15. November bis 15. Januar) sind nur aufgrund besonderer pflanzenbaulicher, agrarmeteorologischer oder standortbedingter Verhältnisse im Einzelfall zulässig. Dabei sind die Vorschriften des Umweltrechtes, insbesondere des Wasser-, Abfall-, Naturschutz- und Bodenrechtes, zu beachten. Ausnahmen von der Sperrfrist bedürfen in jedem Einzelfall einer besonderen Begründung.
Für die Zulassung von Ausnahmen nach den Vorgaben der Düngeverordnung kann ein Betrieb oder eine Reihe von Betrieben bei dem zuständigen Staatlichen Amt für Landwirtschaft einen entsprechenden Antrag mit Begründung der Ausnahme unter Beachtung der Vorgaben der guten fachlichen Praxis bei der Düngung stellen. Dieser Antrag ist von dem Staatlichen Amt für Landwirtschaft so zu bescheiden, daß die Wahrung der übrigen Vorgaben der Düngeverordnung auch innerhalb der Sperrfrist sichergestellt ist. Diese Bescheide können mit Auflagen und Bedingungen versehen sein.
Unter Berücksichtigung der oben genannten fachlichen Prüfkriterien kann das Staatliche Amt für Landwirtschaft in Abstimmung mit dem Regierungspräsidium Chemnitz, Abteilung Landwirtschaft, und mit Zustimmung des Sächsischen Staatsministeriums für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten eine entsprechende Allgemeinverfügung erlassen, wenn für eine Reihe von Betrieben beziehungsweise Betriebsflächen gleiche Voraussetzungen hinsichtlich Standort, Anbau, Witterungsbedingungen und Wirtschaftsdünger vorliegen. Durch die Berücksichtigung dieser Prüfkriterien ist eine kurzfristige Anpassung und eine jährliche Neuregelung immer erforderlich.
Eine pauschale Verlängerung der Sperrfrist ist wegen der oben genannten Prüfkriterien durch diese Anordnungsermächtigung im Rahmen des Düngemittelgesetzes nicht abgedeckt.
3.3.4
Ausbringung auf sehr hoch versorgte Böden (zu § 3 Abs. 6)
Die landwirtschaftliche Fachberatung hat im Hinblick auf eine pflanzenbedarfsgerechte Düngung weiterhin auf die Einhaltung der vom Verband der landwirtschaftlichen Untersuchungs- und Forschungsanstalten (VDLUFA) sowie Landeseinrichtungen erarbeiteten Düngungsempfehlungen hinzuwirken.
Um Wirtschaftsdünger tierischer Herkunft als pflanzenbaulich und wirtschaftlich wertvolle Mehrnährstoffdünger hinreichend nutzen zu können, läßt die Düngeverordnung die Ausbringung dieser bis in Höhe des Phosphor- und Kaliumentzuges des Pflanzenbestandes auf „sehr hoch“ mit Phosphor beziehungsweise Kalium versorgten Böden zu, wenn dadurch schädliche Auswirkungen auf Gewässer nicht zu erwarten sind.
Die Bezeichnung „sehr hoch versorgt“ stellt somit keinen pflanzenbaulichen Richtwert, sondern eine ordnungsrechtliche Obergrenze dar. Sofern sie erreicht wird, schreibt die Verordnung als verbindliche Rechtsfolge eine Begrenzung der Ausbringung von Wirtschaftsdüngern tierischer Herkunft in Höhe des Netto-Entzugs vor.
Bei Überschreitung der mit „sehr hoch versorgt“ beschriebenen Grenze kann nach § 7 Nr. 6 Düngeverordnung eine Ausbringungsmenge über dem Netto-Entzug als Ordnungswidrigkeit geahndet werden. Ebenso kann im Wege des Verwaltungsvollzugs die Einhaltung dieser Grenze durchgesetzt werden.
Im Interesse eines einheitlichen, den Landwirten Rechtssicherheit bietenden Vollzugs dieser Vorschrift wurden länderübergreifend nachfolgende Werte festgelegt, deren Überschreitung auf eine sehr hohe Versorgung der jeweiligen Böden schließen läßt:
Sehr hoch mit Phoshor versorgt im Sinne von § 3 Abs. 6 Düngeverordnung sind die Böden, die
mehr als 50 mg P₂O₅ (22 mg P) pro 100 g Boden,
gemessen nach der CAL- oder DL-Methode, enthalten.
Sehr hoch mit Kalium versorgt im Sinne § 3 Abs. 6 Düngeverordnung sind die Böden, die
Versorgung Böden mit Kalium
Art Versorgung mit Kalium
als leichter Boden (S, Sl, lS) mehr als 45 mg K₂O
(37 mg K),
als mittlerer Boden (SL, sL) mehr als 55 mg K₂O
(46 mg K),
als schwerer Boden (L, lT, T) mehr als 65 mg K₂O
(54 mg K)
 
pro 100 g Boden, gemessen nach der CAL- oder DL-Methode, enthalten.
Werden andere anerkannte Methoden angewandt, muß eine entsprechende Umrechnung erfolgen. In Zweifelsfällen kann eine Nachuntersuchung nach der CAL- oder DL-Methode erforderlich sein.
Die amtliche Überprüfung und Anerkennung der Untersuchungseinrichtungen obliegt der Sächsischen Landesanstalt für Landwirtschaft. Andere Untersuchungseinrichtungen, die im Rahmen des Vollzuges der Klärschlammverordnung vom 15. April 1992 (BGBl. I S. 912), geändert durch die Erste Verordnung zur Änderung der Klärschlammverordnung vom 6. März 1997 (BGBl. I S. 446) als Untersuchungsstellen für Bodenproben gemäß § 3 Abs. 4 Klärschlammverordnung anerkannt sind, sind im Rahmen des Vollzuges der Düngeverordnung ebenfalls amtlich anerkannt.
3.3.5
Begrenzung der Stickstoffmengen aus Wirtschaftsdüngern (Zu § 3 Abs. 7)
Die hier genannten Obergrenzen an Gesamtstickstoff stellen Netto-Werte dar, das heißt nach Abzug der zulässigen Lagerungs- und Ausbringungsverluste. Siehe hierzu auch die Regelung zu § 3 Abs. 3. Betriebe, die sowohl Acker- als auch Grünland bewirtschaften, haben getrennte Durchschnittswerte für Acker- und Grünland zu bilden.
3.4
Grundsätze der Düngebedarfsermittlung (zu § 4)
3.4.1
Empfohlene Beratungseinrichtungen im Sinne der §§ 4 und 5
Falls die Düngebedarfsermittlung über die Berechnung der Nährstoffgehalte der angebauten Kulturen erfolgt, können die durch die Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft empfohlenen Werte der Nährstoffgehalte zugrunde gelegt werden. Die Daten sind den Betrieben durch die Staatlichen Ämter für Landwirtschaft in geeigneter Weise zur Verfügung zu stellen. Ansonsten ist bei der Übernahme von Richtwerten und bei der Anwendung von Berechnungs- und Schätzverfahren ausschließlich auf die Empfehlungen der Sächsischen Landesanstalt für Landwirtschaft oder eines Staatlichen Amtes für Landwirtschaft zurückzugreifen. Andere Beratungseinrichtungen gelten dann als von der zuständigen Behörde empfohlen, wenn die Sächsische Landesanstalt für Landwirtschaft ihren Methoden der Düngebedarfsermittlung zugestimmt hat.
3.4.2
Bewirtschaftungseinheit (zu § 4 Abs. 1 Satz 1)
Die Zusammenfassung mehrerer kleiner Schläge zu einer Bewirtschaftungseinheit im Sinne der Verordnung setzt voraus, daß auf allen Einzelflächen bezüglich der Nährstoffnachwirkung gleichwertige Vorfrüchte (zum Beispiel Getreidearten) angebaut wurden. Die hier getroffenen Vereinfachungen gelten ausschließlich im Zusammenhang mit der Düngeverordnung. Andere Vorschriften (zum Beispiel Klärschlammverordnung) bleiben davon unberührt.
3.4.3
Wissenschaftlich anerkannte Methoden (zu § 4 Abs. 1, 2, 3)
Wissenschaftlich anerkannte Methoden im Sinne der Düngeverordnung sind die Methoden, die die im Anhang dargestellten Kriterien des Verbandes Deutscher Landwirtschaftlicher Untersuchungs- und Forschungsanstalten (VDLUFA) erfüllen. Darüber hinaus kann die Sächsische Landesanstalt für Landwirtschaft in Abstimmung mit dem Sächsischen Staatsministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten Methoden zulassen, sofern diese von anderen Wissenschaftlern anerkannt sind und sich langjährig in der Praxis bewährt haben.
3.4.4
Nährstoffermittlung in Wirtschaftsdüngern (zu § 4 Abs. 5)
Die Staatlichen Ämter für Landwirtschaft wirken in der Beratung darauf hin, daß die Betriebe den Nährstoffgehalt ihrer Wirtschaftsdünger untersuchen lassen. Dabei weisen sie durch geeignete Maßnahmen auf die ordnungsgemäße Probenahme und -behandlung (zum Beispiel auf von der Sächsischen Landesanstalt für Landwirtschaft verfaßte Merkblätter, Veröffentlichungen und Artikel in der Fachpresse) sowie darauf hin, daß der landwirtschaftliche Betrieb Aufzeichnungen hierüber anfertigt und aufbewahrt, insbesondere zum Zweck des Nährstoffvergleichs.
3.5
Nährstoffvergleiche (zu § 5)
Für die Erstellung der Nährstoffvergleiche sind die unter 3.4.1 genannten Werte verbindlich. Abweichungen von diesen Zahlen sind nur dann möglich, wenn dadurch den besonderen regionalen Anbau- und Ertragsbedingungen beziehungsweise den Verhältnissen des Einzelbetriebs besser Rechnung getragen wird. Nährstoffvergleiche können als Hoftor-, Feld-Stall- oder Schlagbilanz berechnet werden.
Für den Freistaat Sachsen werden schlagbezogene Nährstoffvergleiche empfohlen. Die Nutzung der Sächsischen Schlagkarte ist hierfür ebenfalls ein geeignetes Hilfsmittel. Des weiteren können geeignete EDV-Programme genutzt werden.
Die Staatlichen Ämter für Landwirtschaft stellen den Betrieben die dafür notwendigen Tabellen und Formulare zur Verfügung. Die Nährstoffvergleiche für den Gesamtbetrieb sind am Betriebssitz zu kontrollieren.
3.5.1
Verpflichtung zum Nährstoffvergleich (zu § 5 Abs. 1)
Die Pflicht zur Erstellung der Nährstoffvergleiche gilt grundsätzlich für alle Betriebe mit mehr als 10 Hektar landwirtschaftlich genutzter Fläche sowie für solche, die in der Summe mehr als 1 ha Gemüse, Hopfen, Reben, Erdbeeren, Gehölze (außer Baumschulen sowie nicht im Ertrag stehende Dauerkulturflächen des Wein- und Obstbaus) oder Tabak anbauen.
3.5.2
Ausnahmen vom Nährstoffvergleich (zu § 5 Abs. 2)
Für den unter § 5 Abs. 2 Nr. 1 genannten Ausschluß von Betrieben von der Verpflichtung zum Nährstoffvergleich müssen alle drei genannten Voraussetzungen gleichzeitig vorliegen. Die Nachweispflicht obliegt dem Betrieb. Auf die Auskunftspflichten des § 8 Düngemittelgesetz wird verwiesen.
Die aus der betriebseigenen Viehhaltung anfallenden Stickstoffmengen sind als Netto-Werte anzusetzen, wobei nur die Lagerungsverluste angerechnet werden dürfen.
3.5.3
Bestandsveränderungen (zu § 5 Abs. 3 Nr. 1)
Analog der Regelungen für die Abfuhr unter Nummer 2 sind auch bei der Zufuhr unter Nummer 1 Bestandsveränderungen zu berücksichtigen.
3.6
Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten (zu § 6)
3.6.1
Aufzeichnungen der Betriebe des ökologischen Landbaus (zu § 6 Abs. 3)
Alle Aufzeichnungen, die den Vorgaben des § 6 Abs. 1 entsprechen, werden als Aufzeichnung im Sinne der Verordnung anerkannt.
3.7
Übergangsvorschriften (zu § 8)
Für die Zulassung von Ausnahmen nach den Vorgaben der Düngeverordnung muß der Betrieb bei dem zuständigen Staatlichen Amt für Landwirtschaft in Form eines schriftlichen Antrags die unbillige Härte zur Begründung der Ausnahmesituation vorlegen.
Um den Betrieben eine zeitnahe Anpassung an die Vorgaben der Düngeverordnung zu ermöglichen, sind Ausnahmen nach § 8 in geeigneter Weise mit Bedingungen beziehungsweise Befristungen zu versehen. Die individuelle betriebliche Situation ist zu berücksichtigen. Zweifelsfälle sind mit dem Regierungspräsidium Chemnitz, Abteilung Landwirtschaft, zu klären.
4
Kontrolle

Die Staatlichen Ämter für Landwirtschaft kontrollieren die Einhaltung der Bestimmungen der Düngeverordnung jährlich bei mindestens 5 vom Hundert der landwirtschaftlichen und gartenbaulichen Betriebe. Die Auswahl dieser zu kontrollierenden Betriebe obliegt den Staatlichen Ämtern für Landwirtschaft.
Zusätzlich sind alle Betriebe zu kontrollieren, die zuvor eine Ausnahmegenehmigung für die Ausbringung von flüssigen Wirtschaftsdüngern tierischer Herkunft nach § 3 Abs. 4 beantragt haben.
Schwerpunkte der Kontrolle sind die Einhaltung der Bestimmungen, die laut § 7 mit Ordnungswidrigkeiten belegt sind, insbesondere die Bestimmungen des § 3.
Über die Ergebnisse der Kontrollen fertigen die Staatlichen Ämter für Landwirtschaft jährlich zum 1. Juli einen Bericht an, den sie über das Regierungspräsidium Chemnitz, Abteilung Landwirtschaft, dem Sächsischen Staatsministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten vorlegen.

Dresden, den 29. September 1997

Der Staatsminister
für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten
Dr. Rolf Jähnichen

Anhang

Kriterien für „wissenschaftlich anerkannte Methoden“ der Bodenuntersuchung im Sinne der Düngeverordnung

Stellungnahme des VDLUFA vom 22. März 1996

1.
Methode muß exakt beschrieben und in einer jedermann zugänglichen Methodensammlung hinterlegt sein.
Die Methode muß von der Probenahme, dem Probentransport, der Probenlagerung, der Probenaufbereitung bis zur analytischen Bestimmung und Ergebnisberechnung exakt beschrieben sein.
Methodensammlungen können sein: das Methodenbuch des VDLUFA (die mit „V“ gekennzeichneten Verbandsmethoden) oder DIN-, CEN- und ISO-Normen in ihrer jeweils gültigen Fassung.
2.
Die Methode muß eine zuverlässige Wiederhol- und Vergleichspräzision aufweisen.
Die Methode muß vom Fachpersonal eines (agro-)chemischen Labors ohne weiteres nachvollziehbar sein. Die Methode muß mittels regelmäßig durchzuführender Ringanalysen nachweisen, daß sie bei Anwendung in verschiedenen Laboratorien zu vergleichbaren Ergebnissen führt. Die Zahl der an solchen Ringanalysen beteiligten Laboratorien sollte, um eine wissenschaftlich vertretbare Auswertung zu gewährleisten, gemäß DIN/ISO 5725 nicht unter acht Teilnehmern liegen.
3.
Die Methode muß den Ansprüchen an den Untersuchungsumfang der Düngeverordnung genügen und für die Durchführung von Serienanalysen geeignet sein.
Die in der Düngeverordnung geforderte Bodenuntersuchung hat den Charakter einer routinemäßigen Serienuntersuchung. Deshalb soll die Methode möglichst einfach, schnell, kostengünstig und automatisierbar sein. Bei der Durchführung der Bodenuntersuchung gelten die Grundsätze der Analysen-Qualitätssicherung (AQS).
4.
Die Ergebnisse der Bodenuntersuchungen sollen die Pflanzenverfügbarkeit der Nährstoffe im Boden widerspiegeln und die Ableitung fachlich fundierter Düngungsempfehlungen gewährleisten.
Die Ergebnisse müssen mehrjährig an regional- und standortspezifischen Eichversuchen geprüft sein. Im Rahmen der Methodenpflege sollen die Ergebnisse mittels Eichversuchen präzisiert werden.

Anzustreben ist eine Vereinheitlichung der Bodenuntersuchungsmethoden für das gesamte Bundesgebiet mit dem Ziel, die Ergebnisse bundesweit miteinander vergleichen und bewerten zu können.