Historische Fassung war gültig vom 28.05.2002 bis 20.10.2009

Verordnung
des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz
zur Ausführung der Bundesnotarordnung
(BNotOVO)

Vom 16. Dezember 1998

Rechtsbereinigt mit Stand vom 28. Mai 2002

Es wird verordnet aufgrund von

1.
§ 6 Abs. 3 Satz 4, § 7 Abs. 5 Satz 2, § 9 Abs. 1 Satz 2 und § 25 Abs. 2 Satz 1 der Bundesnotarordnung (BNotO) in der im Bundesgesetzblatt III, Gliederungsnummer 303-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 31. August 1998 (BGBl. I S. 2585),
2.
Artikel 13 Abs. 8 des Dritten Gesetzes zur Änderung der Bundesnotarordnung und anderer Gesetze vom 31. August 1998 (BGBl. I S. 2585),
3.
§ 1 Abs. 1 Nr. 24 und 25 der Verordnung der Sächsischen Staatsregierung über die Übertragung von Zuständigkeiten zum Erlaß von Rechtsverordnungen im Bereich der Rechtspflege auf das Sächsische Staatsministerium der Justiz (Zuständigkeitsübertragungsverordnung Justiz – ZustÜVJu) vom 29. Juni 1994 (SächsGVBl. S. 1241), zuletzt geändert durch Verordnung vom 24. November 1998 (SächsGVBl. S. 610):

Erster Abschnitt
Die Angelegenheiten der Notarassessoren

§ 1
Ziel des Anwärterdienstes

Ziel des Anwärterdienstes ist es, den Notarassessor auf die Aufgaben des Notars als unabhängiger Träger eines öffentlichen Amtes auf dem Gebiet der vorsorgenden Rechtspflege vorzubereiten.

§ 2
Inhalt der Ausbildung

(1) Der Notarassessor soll in alle Arten notarieller Tätigkeit eingewiesen werden. Er soll unter Anleitung, Betreuung und Überwachung durch fortschreitend selbständige Tätigkeit lernen, das Amt des Notars eigenverantwortlich zu führen. Schwerpunkte der Ausbildung sind:

1.
Belehrungs-, Beratungs- und Betreuungspflichten;
2.
Vorbereitung und Abwicklung von Urkundsgeschäften;
3.
Zusammenarbeit mit Gerichten, Grundbuchämtern und Behörden;
4.
Grundzüge des Steuer- und Kostenwesens;
5.
Organisation der Notarstelle und Personalführung.

(2) Der Notarassessor ist über das Standesrecht der Notare und die Pflichten eines Notars gegenüber der Notarkammer Sachsen (Notarkammer) und der Ländernotarkasse zu unterrichten. Der Präsident der Notarkammer kann den Notarassessor verpflichten, Gutachten zu erstatten und Vorträge in Kammerversammlungen sowie bei Fortbildungsveranstaltungen zu halten.

(3) Mit fortschreitender Ausbildungszeit soll der Notarassessor in vermehrtem Umfang zur Tätigkeit als Notarvertreter oder Notariatsverwalter herangezogen werden.

(4) Der Notarassessor muss ohne Rücksicht auf die personelle Besetzung der Notarstelle des Ausbildungsnotars auf Anforderung des Präsidenten der Notarkammer zu anderweitigen Tätigkeiten zur Verfügung stehen.

§ 3
Durchführung der Ausbildung

(1) Der Notarassessor soll mindestens 18 Monate des Anwärterdienstes bei Notaren oder als Notarvertreter oder Notariatsverwalter ableisten. In den ersten zwei Jahren des Anwärterdienstes soll er mindestens zwei Notaren überwiesen werden, deren Amtssitze sich nicht am selben Ort befinden und deren Ämter unterschiedliche Aufgabenbereiche und Organisationsstrukturen aufweisen sollen. Der Notarassessor hat von Standesorganisationen durchgeführte oder benannte Fortbildungsveranstaltungen zu besuchen.

(2) Einem Notar soll nur ein Notarassessor zur Ausbildung überwiesen werden. Die Überweisung erfolgt schriftlich. Hierbei ist der Notarassessor darauf hinzuweisen, dass er der Dienstaufsicht und der Disziplinargerichtsbarkeit nach §§ 92 bis 110a BNotO untersteht. Die Notarkammer benachrichtigt den zuständigen Präsidenten des Landgerichts von der Überweisung und einem Wechsel in einen anderen Landgerichtsbezirk.

(3) Der Notarassessor kann während des Anwärterdienstes auch an eine Standesorganisation der Notare, an eine sonstige Einrichtung einer Standesorganisation der Notare oder an eine oberste Landesbehörde, die eine dem Zweck des Anwärterdienstes entsprechende Beschäftigung des Notarassessors gewährleistet, abgeordnet werden. Absatz 1 Satz 1 bleibt unberührt. 1

(4) Bis zu sechs Monate des Anwärterdienstes können durch ein Praktikum bei einem ausländischen Notar abgeleistet werden.

§ 4
Anrechnungszeiten

(1) Auf die Dauer des Anwärterdienstes werden angerechnet:

1.
Wehr- und Ersatzdienstzeiten bis zu der für den Bewerber bei Antritt dieses Dienstes maßgeblichen gesetzlichen Dauer des Grundwehrdienstes;
2.
Zeiten eines Beschäftigungsverbotes nach Mutterschutzvorschriften während des Anwärterdienstes;
3.
Erziehungs- und Betreuungszeiten entsprechend § 6 Abs. 4 Satz 1 bis 3 der Verordnung der Sächsischen Staatsregierung über die Laufbahnen der Beamten und Richter im Freistaat Sachsen (Sächsische Laufbahnverordnung – SächsLVO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. November 1996 (SächsGVBl. S. 457), geändert durch Verordnung vom 27. Mai 1998 (SächsGVBl. S. 240).

(2) Voraussetzung für die Anrechnung ist, dass der Bewerber bei Ablauf der Bewerbungsfrist um eine ausgeschriebene Notarstelle mindestens drei Jahre Anwärterdienst geleistet hat und nach Ablauf dieser Zeit mit der abschließenden Feststellung „als Notar geeignet“ beurteilt worden ist.

§ 5
Dienstunfähigkeit

(1) Wird ein Notarassessor dienstunfähig, hat er dies dem Ausbildungsnotar unverzüglich anzuzeigen. Ist er als Notarvertreter oder als Notariatsverwalter tätig, unterrichtet er, unbeschadet des § 38 Satz 1 BNotO, die Notarkammer unverzüglich über Beginn und Ende der Dienstunfähigkeit. Der bei einer Standesorganisation beschäftigte Notarassessor unterrichtet diese.

(2) Im Falle des Absatzes 1 Satz 1 unterrichtet der Notar bei mehr als dreitägiger Dauer der Dienstunfähigkeit die Notarkammer; er zeigt ihr in diesem Fall auch die Wiederaufnahme des Dienstes an.

(3) Der Ausbildungsnotar, die Ländernotarkasse oder die Notarkammer können zum Nachweis einer Dienstunfähigkeit wegen Krankheit von dem Notarassessor die Vorlage einer ärztlichen oder einer amtsärztlichen Bescheinigung verlangen.

(4) Dienstunterbrechungen infolge Dienstunfähigkeit wegen Krankheit werden bis zu 30 Tagen jährlich auf den Anwärterdienst angerechnet; dies gilt nicht, wenn der Notarassessor den Nachweis nach Absatz 3 nicht erbracht hat. Über eine weitergehende Anrechnung entscheidet der Präsident der Notarkammer unter Berücksichtigung von Art und Dauer der Krankheit im Rahmen der Beurteilung gemäß § 7 oder auf Antrag des Notarassessors. Der Antrag des Notarassessors kann frühestens nach Ablauf des dreijährigen Anwärterdienstes gestellt werden.

§ 6
Urlaub

(1) Der Notarassessor erhält Erholungsurlaub und Urlaub aus anderen Anlässen entsprechend den für Beamte auf Probe des Freistaates Sachsen geltenden Bestimmungen der Verordnung der Sächsischen Staatsregierung über den Urlaub der Beamten und Richter im Freistaat Sachsen (Sächsische Urlaubsverordnung – SächsUrlVO) vom 1. Februar 1993 (SächsGVBl. S. 123), geändert durch Verordnung vom 15. Dezember 1995 (SächsGVBl. S. 57). Die Notarkammer erteilt den Urlaub auf Gesuch des Notarassessors nach Anhörung des ausbildenden Notars oder der Standesorganisation, bei der der Notarassessor tätig ist.

(2) Urlaub, der nicht Erholungsurlaub ist, wird bis zu 14 Tagen jährlich auf den Anwärterdienst angerechnet. Über eine weitergehende Anrechnung entscheidet der Präsident der Notarkammer.

§ 7
Beurteilung

(1) Der Notarassessor ist zu beurteilen

1.
auf Anforderung der Landesjustizverwaltung,
2.
bei der ersten Bewerbung um eine freie Notarstelle nach Ableistung des in der Regel dreijährigen Anwärterdienstes.

(2) Die Beurteilung erteilt der Präsident der Notarkammer. Jeder Notar, bei dem der Notarassessor länger als drei Monate beschäftigt war, erstellt bei Ablauf der Überweisung oder Abordnung einen schriftlichen Beurteilungsbeitrag. War der Notarassessor bei der Ländernotarkasse länger als drei Monate tätig, erstellt auch deren Präsident einen Beurteilungsbeitrag.

(3) Die Beurteilungsbeiträge sollen die Leistungen des Notarassessors im Vergleich zu anderen Notarassessoren objektiv darstellen und von seiner Eignung, Befähigung und Leistung ein zutreffendes Bild geben.

(4) Der Beurteilung ist eine Beschreibung der Aufgaben, die der Notarassessor im Beurteilungszeitraum wahrgenommen hat, voranzustellen. In der Beurteilung sind die fachlichen Leistungen (dienstliche Tätigkeit und Arbeitsergebnisse) sowie die Befähigung (im dienstlichen Umgang gezeigte Fähigkeiten und Kenntnisse) zu bewerten. Die Beurteilung durch den Präsidenten der Notarkammer schließt mit der Feststellung darüber, ob sich der Notarassessor bewährt hat und er für die Bestellung zum Notar geeignet, noch nicht geeignet oder nicht geeignet ist. Die Beurteilung wird der Landesjustizverwaltung übersandt. Vor ihrer Übersendung ist sie dem Notarassessor bekannt zu geben.

Zweiter Abschnitt
Die Angelegenheiten der Notare

§ 8
Anrechnungszeiten bei erneuter Bestellung

Zeiten einer vorübergehenden Amtsniederlegung nach § 48 b BNotO sind höchstens bis zur Hälfte der aktiven Dienstzeit als Notar auf die Zeiten gemäß § 6 Abs. 3 Satz 3 BNotO anzurechnen.

§ 9
Soziierung

Der Notar darf sich nur mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde nach Anhörung der Notarkammer mit am selben Amtssitz bestellten Notaren zur gemeinsamen Berufsausübung verbinden oder mit ihnen gemeinsame Geschäftsräume haben. Die Genehmigung kann mit Auflagen verbunden oder befristet werden.

§ 10
Beschäftigung von Mitarbeitern

(1) Der Notar darf Mitarbeiter mit Befähigung zum Richteramt, Laufbahnprüfung für das Amt des Bezirksnotars oder Abschlußs als Diplom-Jurist nur mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde nach Anhörung der Notarkammer beschäftigen. Die Genehmigung kann mit Auflagen verbunden oder befristet werden.

(2) Notare, die am Tage der Verkündung dieser Verordnung Mitarbeiter mit Befähigung zum Richteramt, Laufbahnprüfung für das Amt des Bezirksnotars oder Abschluß als Diplomjurist beschäftigen, haben das Bestehen und den wesentlichen Inhalt dieser Beschäftigungsverhältnisse innerhalb von drei Monaten ab Verkündung dieser Verordnung dem Präsidenten des Oberlandesgerichts schriftlich anzuzeigen.

Dritter Abschnitt
Übergangs- und Schlussbestimmungen

§ 11
Übernahme der Notaranwärter

(1) Notaranwärter, die am 8. September 1998 in einem Anstellungsverhältnis zur Notarkammer standen, das bis zum In-Kraft-Treten dieser Verordnung ungekündigt ist, werden unter Verzicht auf ein Auswahlverfahren nach § 7 Abs. 2 BNotO mit Wirkung zum 1. Januar 1999 in ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis zum Freistaat Sachsen übernommen. Die Ernennung zum Notarassessor erfolgt durch das Staatsministerium der Justiz. Die Ernennungsurkunde wird durch den Präsidenten der Notarkammer ausgehändigt.

(2) Der in einem Anstellungsverhältnis zur Notarkammer abgeleistete Anwärterdienst eines nach Absatz 1 übernommenen Notaranwärters wird auf den Anwärterdienst gemäß § 7 BNotO vollständig angerechnet. § 4 gilt entsprechend.

§ 12
In-Kraft-Treten und Außer-Kraft-Treten

(1) §§ 1 bis 7 und 11 dieser Verordnung treten am 1. Januar 1999 in Kraft. Im Übrigen tritt diese Verordnung am Tage nach ihrer Verkündung in Kraft.

(2) Die Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz zur Übertragung von Befugnissen nach der Verordnung über die Tätigkeit von Notaren in eigener Praxis (SächsNotZustV) vom 8. Dezember 1992 (SächsGVBl. S. 611), zuletzt geändert durch Verordnung vom 27. April 1995 (SächsGVBl. S. 160), tritt mit Ablauf des 31. Januar 1999 außer Kraft.

Dresden, den 16. Dezember 1998

Der Staatsminister der Justiz
Steffen Heitmann