Richtlinie
des Sächsischen Oberbergamtes
zur Errichtung, zum Betrieb, zur Änderung, zur Überwachung und zur Stillegung von schwimmenden Geräten
– Richtlinie schwimmende Geräte –

Vom 11. Dezember 1998

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Allgemeines
 
Zur Wahrung der in § 55 Bundesberggesetz (BBergG) vom 13. August 1980 (BGBl. I S. 1310), zuletzt geändert durch Artikel 4 des Gesetzes vom 26. Januar 1998 (BGBl. I S. 164), bezeichneten Rechtsgüter und Belange und zur Konkretisierung der Anforderungen des § 17 Bergverordnung für alle bergbaulichen Bereiche (Allgemeine BundesbergverordnungABBergV) vom 23. Oktober 1995 (BGBl. I S. 1466), geändert durch Artikel 1 der Verordnung vom 10. August 1998 (BGBl. I S. 2093) „Bereitstellung und Benutzung von Arbeitsmitteln“, regelt die folgende Richtlinie Einzelheiten zu den Arbeitsmitteln „schwimmende Geräte“.
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Geltungsbereich
 
Diese Richtlinie gilt im Freistaat Sachsen zur Gewährleistung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Beschäftigten bei der Errichtung, dem Betrieb, der Änderung, der Überwachung und der Stillegung von schwimmenden Geräten in geplanten oder betriebenen Tagebauen, soweit sie dem Anwendungsbereich des Bundesberggesetzes unterfallen. Diese Richtlinie gilt nicht für Verfahren nach anderen Fachgesetzen, auch wenn für deren Vollzug die Bergbehörde des Freistaates Sachsen zuständig ist.
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Begriffsbestimmungen
 
Im Sinne dieser Richtlinie gelten die Begriffsbestimmungen gemäß Anlage 1.
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Betriebsplanpflichtige Maßnahmen
 
Die Errichtung, der Betrieb, die Änderung, die Überwachung und die Stillegung von schwimmenden Geräten haben auf der Grundlage eines zugelassenen Betriebsplanes gemäß §§ 52 und 53 BBergG zu erfolgen. Dieser muß die in den Punkten 3.1 bis 3.5 genannten Bedingungen erfüllen.
3.1
Errichtung und Inbetriebnahme
 
(1) Für die Errichtung und Inbetriebnahme von schwimmenden Geräten ist vom Unternehmer eine Dokumentation zu erarbeiten. Die Dokumentation ist im Rahmen des Betriebsplanverfahrens einzureichen oder anzugeben. Die daraus abgeleiteten Maßnahmen zur Gewährleistung der in §§ 55 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit 48 Abs. 2 BBergG bezeichneten Rechtsgüter sind im jeweiligen Betriebsplan darzustellen.
 
(2) Die Dokumentation hat mindestens zu enthalten:
 
a)
Stabilitätsnachweis (Dieser kann nach Forderung des zuständigen Bergamtes entweder als Schwimmfähigkeits- oder Kentersicherheitsnachweis geführt werden. Nachweise, die erst nach Versuchen am schwimmenden Gerät erstellt werden können, sind nach abgeschlossener Montage unverzüglich nachzuholen.),
 
b)
Übersichtszeichnung in Draufsicht und Seitenansicht mit Koppelbedingungen, Ankerbedingungen und zulässigen Bewegungs- und Arbeitsbereichen,
 
c)
Prinzipzeichnungen Schiffbau (Form und Abmessungen der Schwimmkörper; Blechstärken der Außenhaut (Boden, Seiten) und des Decks; Abstände und Abmessungen der tragenden Längs- und Querverbände im Schwimmkörper; konstruktive Details, wie Kniebleche und ähnliche Versteifungen; Angaben zur Schweißung; Details, aus denen die ordnungsgemäße Einleitung der Kräfte aus den Arbeitsgeräten in den Schwimmkörpern zu erkennen ist.),
 
d)
Pläne der Gesamtanordnung der Maschinenanlagen und Winden sowie Zeichnungen aller prüfpflichtigen Bauteile (Die Zeichnungen müssen alle zur Prüfung der Konstruktion und ihrer Beanspruchung notwendigen Angaben enthalten. Soweit erforderlich, sind Berechnungen für Bauteile und Beschreibungen der Anlage beizufügen.),
 
e)
Prinzipzeichnungen Elektrotechnik (mit Übersichtsschaltplänen, Angaben über Umfang und Art der elektrischen Anlagen einschließlich Einrichtungs- und Kabelplan),
 
f)
Baubeschreibung,
 
g)
Montageablaufplan,
 
h)
Betriebsvorschrift zum Betreiben des Gerätes (zum Beispiel Koppel-, Verhol- und Verankerungsbedingungen, Plan der Instandhaltung, Plan der Überwachung),
 
i)
Angaben über Lage, Gestalt, Beschaffenheit und Einrichtungen des Montageplatzes; Angaben zur Energieversorgung,
 
j)
Angaben über vorgesehene Montagegeräte (zum Beispiel Krane),
 
k)
Angaben über den Beginn und den Zeitplan der Montage,
 
l)
Nachweis der biologischen Abbaubarkeit der eingesetzten Hydrauliköle und Schmierstoffe.
3.2
Betrieb
 
(1) Der Unternehmer hat mindestens die in Anlage 2 angeführten spezifischen Schutzmaßnahmen zu treffen.
 
(2) Für schwimmende Geräte ist eine Geräteakte zu führen. In ihr sind alle Prüfungen, Instandhaltungsarbeiten, Reparaturen und Änderungen festzuhalten. Sie ist wasserdicht an Bord des schwimmenden Gerätes zu lagern und auf Verlangen dem zuständigen Bergamt vorzulegen.
 
(3) Bei höherer Windstärke als im Stabilitätsnachweis zugrundegelegt, ist der Betrieb einzustellen. Diese Grenzwindstärke sowie weitere Bedingungen, unter denen der Betrieb ebenfalls einzustellen ist, sind in der Betriebsvorschrift nach 3.1 Abs. 2 Buchst. h anzugeben.
 
(4) Überschüttungen sind unverzüglich zu beseitigen, insbesondere bei Krängungs- oder Trimmwirkung.
 
(5) Die verschließbaren Luken und Öffnungen in Schwimmkörpern müssen beim Betreiben fest und wasserdicht verschlossen sein.
 
(6) Die Grundberührung oder das Stranden von Schwimmkörpern ist durch entsprechende Maßnahmen zu verhindern. Bei Grundberührung oder Stranden ist das Betreiben des schwimmenden Gerätes bis zur Beseitigung der Ursache einzustellen.
 
(7) Schwimmende Geräte dürfen im eingefrorenen Zustand betreten und repariert werden. Zum Betrieb sind eingefrorene schwimmende Geräte einschließlich Verankerungseinrichtungen soweit eisfrei zu machen, daß alle Schwimmkörper frei schwimmfähig und innerhalb des Verholbereiches manövrierfähig sind.
 
(8) Da Arbeiten zur Entfernung von Eis mit erheblichen Gefahren verbunden sind, dürfen solche nur durch Schwimmer und im Beisein einer weiteren, mit Rettungszubehör ausgerüsteten Person ausgeführt werden. Die Beauftragten haben bei den Eisentfernungsarbeiten Schwimmwesten zu tragen.
3.3
Instandhaltung und Änderungen
 
(1) Instandhaltungsarbeiten an schwimmenden Geräten sind nach einem vom Unternehmer festzulegenden Plan durch fachkundige Personen auszuführen und in der Geräteakte festzuhalten.
 
(2) Nach Änderungsarbeiten hat der Unternehmer das Sicherheits- und Gesundheitsschutzdokument zu überprüfen und gegebenenfalls zu überarbeiten.
3.4
Überwachung
 
Im Betriebsplan sind Prüfart und -fristen anzuzeigen. Über die Durchführung und Ergebnisse der Prüfungen ist in der Geräteakte Nachweis zu führen. Für die Durchführung der Prüfung gelten die Mindestanforderungen aus Anlage 3.
3.5
Stillegung
 
(1) Für die Stillegung von schwimmenden Geräten ist vom Unternehmer eine Dokumentation zu erarbeiten. Die Dokumentation ist im Rahmen des Betriebsplanverfahrens einzureichen oder anzugeben. Die daraus abgeleiteten Maßnahmen zur Gewährleistung der in §§ 55 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit 48 Abs. 2 BBergG bezeichneten Rechtsgüter sind im jeweiligen Betriebsplan darzustellen.
 
(2) Die Dokumentation zur Stillegung hat insbesondere Angaben über
 
a)
den Demontageablauf mit Nachweis der Stabilität bei den Demontageschritten,
 
b)
die Gestalt, Beschaffenheit und Einrichtungen des Demontageplatzes; Angaben zur Energieversorgung,
 
c)
vorgesehene Demontagegeräte, zum Beispiel Krane,
 
d)
den Verbleib der Gerätebestandteile und Betriebsstoffe und
 
e)
den Beginn und den Zeitplan der Demontage
 
zu enthalten.
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Sachverständige für schwimmende Geräte
 
(1) Dokumentationen im Sinne von den Nummern 3.1 und 3.5 dieser Richtlinie, die im Rahmen bergrechtlicher Zulassungsverfahren bei der zuständigen Bergbehörde eingereicht werden, sind auf Forderung der zuständigen Bergbehörde durch einen vom Sächsischen Oberbergamt anerkannten Sachverständigen für schwimmende Geräte prüfen und/oder bestätigen zu lassen, sofern sie nicht bereits durch diesen angefertigt oder bestätigt worden sind.
 
(2) Der Sachverständige für schwimmende Geräte ist verpflichtet, zusätzliche Unterlagen vom auftraggebenden Unternehmen zu fordern, wenn es für die Erstellung einer Dokumentation nach den Nummern 3.1 und 3.5 erforderlich ist.
 
(3) Die Aufgaben, Rechte und Pflichten sowie die Anerkennungsvoraussetzungen der Sachverständigen ergeben sich aus der Richtlinie des Sächsischen Oberbergamtes zur Anerkennung und Tätigkeit von Sachverständigen vom 19. Dezember 1997.
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Inkrafttreten, Außerkrafttreten
 
(1) Diese Richtlinie tritt am Tage nach der Veröffentlichung im Sächsischen Amtsblatt in Kraft.
 
(2) Gleichzeitig tritt die Richtlinie 08/94 zur Errichtung, Änderung, Betrieb und Überwachung von Schwimmbaggern – Richtlinie Schwimmbagger – des Sächsischen Oberbergamtes vom 20. Mai 1994 außer Kraft.

Freiberg, den 11. Dezember 1998

Sächsisches Oberbergamt
Schmidt
Präsident

Anlage 1
zu 2

Begriffsbestimmungen

1.
Errichtung im Sinne dieser Richtlinie ist der Bau, die Montage und das Einschwimmen eines schwimmenden Gerätes auf Bergwerksgelände oder das Einschwimmen eines bereits vorhandenen Gerätes auf das Gewässer, in dem Gewinnung betrieben werden soll.
2.
Inbetriebnahme im Sinne dieser Richtlinie ist das erstmalige Betreiben eines schwimmenden Gerätes zum Zwecke der Gewinnung oder Förderung.
3.
Instandhaltung im Sinne dieser Richtlinie ist die Summe der Instandhaltungsarbeiten an schwimmenden Geräten, die nach einem vom Unternehmer festzulegenden Plan durch fachkundige Personen ausgeführt werden.
4.
Kentersicherheitsnachweis ist der Stabilitätsnachweis für schwimmende Geräte, bei denen in den Ruhe- und Betriebszuständen bedeutende neigende Momente auftreten. Der Kentersicherheitsnachweis enthält den Schwimmfähigkeitsnachweis.
5.
Schwimmende Geräte sind planmäßig begehbare Schwimmkörper oder Schiffskörper mit ständig auf ihnen vorhandenen oder vorübergehend auf sie verbrachten technischen Einrichtungen (zum Beispiel: Hebezeugen, Fördergeräten, Arbeitsmaschinen und Arbeitsbühnen). Sie sind bedeutsame Geräte gemäß § 17 Abs. 3 Satz 3 ABBergV.
6.
Schwimmfähigkeitsnachweis ist der Stabilitätsnachweis für schwimmende Geräte, bei denen in den Ruhe- und Betriebszuständen nur vernachlässigbar kleine neigende Momente auftreten.
7.
Stillegung im Sinne dieser Richtlinie ist das Ausschwimmen und die Demontage eines schwimmenden Gerätes auf dem Bergwerksgelände oder das Ausschwimmen aus dem Gewässer, in dem Gewinnung betrieben wurde mit anschließendem Abtransport in kompletten Zustand.

Anlage 2
zu 3.2 (1)

Spezifische Schutzmaßnahmen

1.
Auf schwimmenden Geräten muß eine ausreichende Anzahl an Rettungsringen mit einer mindestens 25 m langen Wurfleine vorhanden sein. Der Abstand zwischen zwei Rettungsringen darf 50 m nicht überschreiten.
2.
Schwimmende Geräte sind mit einer ausreichenden Anzahl von Nottastern auszurüsten, mit denen im Notfall sämtliche Antriebe der schwimmenden Geräte sofort stillgesetzt werden können. Auf schwimmenden Geräten mit einer elektrischen Einspeisung von Land muß eine Notabschalteinrichtung vorhanden sein, die die landseitige Anlage spannungslos macht.
3.
Tagebaue mit schwimmenden Geräten
 
a)
sind auf den Gewinnungsgeräten mit Signaleinrichtungen auszurüsten, mit denen auch Notrufe oder Notsignale abgegeben werden können,
 
b)
müssen mit einer Windmeßanlage ausgerüstet sein. Sie darf auf einem Gewinnungsgerät oder an der Landankerstelle aufgestellt sein.
 
c)
müssen ein Beiboot am Gewinnungsgerät haben. Bei Abständen des Gewinnungsgerätes über 200 m vom Ufer muß ein zweites Beiboot an der Landankerstelle vorhanden sein.
4.
Der Unternehmer hat dafür zu sorgen, daß Rettungskragen oder Rettungswesten in ausreichender Menge als persönliche Schutzausrüstung unter Beachtung der Einsatzbedingungen an Bord der schwimmenden Geräte griffbereit untergebracht sind.
5.
Rund um die Schwimmkörper sind Greifleinen sicher zu verlegen, so daß eine über Bord gefallene Person sie ergreifen kann.

Anlage 3
zu 3.4

Überwachung von schwimmenden Geräten

Im Betriebsplan sind mindestens folgende Prüfungen vorzusehen:

Überwachung
Nummer  Frist Prüfung
Nr. Frist Prüfung
1 täglich und nach Instandhaltungsarbeiten a) Sichtkontrolle von Luken und Öffnungen in Boots- oder Schwimmkörpern,
b) Tiefgang, Krängung und Trimm der Boots- oder Schwimmkörper
2 monatlich Befestigung der Trossen für Ankerung und Abspannung
3 zweijährlich Haupttragkonstruktion
4 vierjährlich a) Schwimmkörper und Einrichtungen auf Funktionstüchtigkeit, auf technischen Zustand und auf sonstige Anforderungen aus dieser Richtlinie,
b) Isolationswerte der elektrischen Einrichtungen (Megatest)