Historische Fassung war gültig vom 18.11.2012 bis 30.12.2013

Gesetz
über die staatliche Anerkennung von Absolventen mit Diplom oder Bachelor in den Fachgebieten des Sozialwesens oder der Heilpädagogik im Freistaat Sachsen
(SächsSozAnerkG) 1

Vom 13. Dezember 1996

Rechtsbereinigt mit Stand vom 18. November 2012

Der Sächsische Landtag hat am 12. Dezember 1996 das folgende Gesetz beschlossen:

§ 1
Staatliche Anerkennung

(1) Die staatliche Anerkennung als Sozialarbeiter, Sozialpädagoge oder Heilpädagoge erhält auf Antrag, wer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Fachhochschule oder der Berufsakademie Sachsen das Diplom oder den Bachelor in den Fachgebieten des Sozialwesens oder der Heilpädagogik erworben hat und über die zur Ausübung des Berufs erforderliche persönliche Eignung sowie die für die Ausübung der Berufstätigkeit erforderlichen Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt.

(2) Voraussetzung der staatlichen Anerkennung ist ein Berufspraktikum, das nach einem Ausbildungsplan unter Anleitung einer Fachkraft an geeigneten Praktikumsstellen abgeleistet und mit einem Abschlusskolloquium beendet worden ist. Das Berufspraktikum umfasst bei Erwerb des Diploms zwei praktische Studiensemester und bei Erwerb des Bachelors studienintegrierte oder postgraduale Praktika im Gesamtumfang von mindestens 100 Tagen. Über die Eignung der Praktikumsstellen entscheidet die Fachhochschule oder die Berufsakademie Sachsen.

(3) Ein Berufspraktikum nach Absatz 2 ist nicht erforderlich, wenn das Diplom oder der Bachelor in einem berufsbegleitenden Studiengang erworben wird oder wenn an einer Hochschule eine Externenabschlussprüfung nach dem Gesetz über die Freiheit der Hochschulen im Freistaat Sachsen (Sächsisches Hochschulfreiheitsgesetz – SächsHSFG) vom 10. Dezember 2008 (SächsGVBl. S. 900), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 18. Oktober 2012 (SächsGVBl. S. 568), in der jeweils geltenden Fassung, abgelegt worden ist und eine mindestens zweijährige entsprechende Tätigkeit nachgewiesen wird.

(4) Die staatliche Anerkennung berechtigt zur Führung der Berufsbezeichnung „Staatlich anerkannter Sozialarbeiter“, „Staatlich anerkannter Sozialpädagoge“ oder „Staatlich anerkannter Heilpädagoge“. Die Berufsbezeichnung ist in der weiblichen oder männlichen Form zu führen. Über die staatliche Anerkennung wird eine Urkunde ausgefertigt. 2

§ 2
Staatliche Anerkennung bei vergleichbaren Ausbildungen

(1) Wurde das Diplom in den Fachgebieten des Sozialwesens oder der Heilpädagogik an einer Fachhochschule in einem anderen Land der Bundesrepublik Deutschland erworben, ohne daß die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 vorliegen, wird auf Antrag staatlich anerkannt, wer ein Berufspraktikum mit einer Dauer von einem Jahr abgeleistet und ein Abschlußkolloquium am Fachbereich Sozialwesen an einer staatlichen Fachhochschule im Freistaat Sachsen abgelegt hat sowie persönlich geeignet ist. § 1 Abs. 2 Sätze 1 und 2 gelten entsprechend.

(2) Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder eines Vertragsstaates, dem Deutschland und die Europäische Gemeinschaft oder Deutschland und die Europäische Union vertraglich einen entsprechenden Rechtsanspruch eingeräumt haben (europäische Staaten), mit einem fachbezogenen Diplom, einem Prüfungszeugnis oder einem sonstigen fachlichen Befähigungsnachweis in den Fachgebieten des Sozialwesens oder der Heilpädagogik erhalten auf Antrag die entsprechende Anerkennung nach § 1 Abs. 1, wenn die in einem der genannten Staaten absolvierte Ausbildung gleichwertig ist.

(3) Staatsangehörige eines europäischen Staates mit einer abgeschlossenen Ausbildung in den Fachgebieten des Sozialwesens oder der Heilpädagogik, deren Dauer mindestens ein Jahr unter der in diesem Gesetz festgelegten Ausbildungszeit liegt oder deren Ausbildungsinhalte sich wesentlich von der in diesem Gesetz bestimmten Ausbildung unterscheiden, haben als Ausgleichsmaßnahme einen Anpassungslehrgang im Sinne von Artikel 3 Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (ABl. EU Nr. L 255 S. 22, 2007 Nr. L 271 S. 18, 2008 Nr. L 93 S. 28), die zuletzt durch Verordnung (EG) Nr. 1430/2007 der Kommission vom 5. Dezember 2007 (ABl. EU Nr. L 320 S. 3) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, zu absolvieren oder eine Eignungsprüfung im Sinne von Artikel 3 Abs. 1 Buchst. h der Richtlinie 2005/36/EG abzulegen, sofern die kürzere Dauer der Ausbildung oder der wesentliche Unterschied nicht durch die Berufspraxis des Antragstellers ganz oder teilweise ausgeglichen ist. Die Antragsteller können zwischen Anpassungslehrgang und Eignungsprüfung wählen. Abweichend von Satz 2 müssen Diplom-Sozialarbeiter eine Eignungsprüfung ablegen. Die Eignungsprüfung muss sich auf die wesentlichen Unterschiede in der Ausbildung, insbesondere auf die für die Berufsausübung erforderlichen Kenntnisse der Rechts- und Verwaltungsvorschriften im Freistaat Sachsen beziehen. Die Sätze 1 bis 4 gelten auch für Staatsangehörige eines europäischen Staates, die in einem Drittland eine Ausbildung abgeschlossen haben, die durch einen anderen europäischen Staat anerkannt worden ist, wenn eine dreijährige Tätigkeit in den Fachgebieten des Sozialwesens oder der Heilpädagogik im Hoheitsgebiet des Staates, der die Ausbildung anerkannt hat, durch diesen bescheinigt wird oder wenn die Anforderungen an die erworbenen Rechte nach Artikel 23 der Richtlinie 2005/36/EG deshalb nicht erfüllt sind, weil die erforderliche Berufspraxis nicht nachgewiesen wird.

(4) Erfüllt die Ausbildung die Kriterien einer gemeinsamen Plattform im Sinne von Artikel 15 Abs. 1 der Richtlinie 2005/36/EG, ist auf eine Eignungsprüfung zu verzichten.

(5) Die nach § 5 Abs. 2 zuständige Behörde bestätigt innerhalb eines Monats den Eingang des Antrages und der Unterlagen und teilt mit, welche Unterlagen noch fehlen. Entscheidungen über die Anerkennung nach den Absätzen 2 und 3 sind spätestens innerhalb von drei Monaten nach Einreichung der vollständigen Antragsunterlagen zu treffen.

(6) Staatsangehörige eines europäischen Staates, denen eine Anerkennung erteilt worden ist, führen als Berufsbezeichnung diejenige Bezeichnung, die im Geltungsbereich dieses Gesetzes der betreffenden staatlichen Anerkennung entspricht.

(7) Die nach § 5 Abs. 1 zuständige Behörde unterrichtet die zuständigen Behörden des Herkunftsmitgliedstaates über das Vorliegen strafrechtlicher Sanktionen, über die Rücknahme und den Widerruf der staatlichen Anerkennung, über die Untersagung der Ausübung der Tätigkeit und über Tatsachen, die eine dieser Sanktionen oder Maßnahmen rechtfertigen würden. Die Vorschriften über den Schutz personenbezogener Daten sind dabei einzuhalten. Erhält die nach § 5 Abs. 1 zuständige Behörde Auskünfte der zuständigen Behörden von Aufnahmemitgliedstaaten, die sich auf die Ausübung der in § 1 Abs. 1 genannten Berufe auswirken können, prüft sie die Richtigkeit der Sachverhalte, befindet über Art und Umfang der durchzuführenden Prüfungen und unterrichtet den Aufnahmemitgliedstaat über die Konsequenzen, die aus den übermittelten Auskünften gezogen werden.

(8) Die nach § 5 Abs. 1 zuständige Behörde teilt der zuständigen Behörde eines anderen europäischen Staates auf Ersuchen die Daten mit, die für die staatliche Anerkennung in diesem Staat erforderlich sind, und bestätigt gegebenenfalls, dass die Mindestanforderungen an die Ausbildung erfüllt sind. Sie holt Auskünfte nach Satz 1 von der zuständigen Behörde eines anderen in Absatz 2 Satz 1 genannten Staates ein, wenn berechtigte Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des Antragstellers vorliegen.

(9) Staatsangehörige anderer als in Absatz 2 genannter Staaten, die außerhalb der Bundesrepublik Deutschland eine entsprechende Ausbildung abgeschlossen haben, können die entsprechende Anerkennung nach § 1 Abs. 1 erhalten, wenn die Ausbildung gleichwertig ist. 3

§ 3
Persönliche Eignung, Rücknahme und Widerruf
der staatlichen Anerkennung

(1) Persönlich geeignet ist, wer die für eine Tätigkeit in dem angestrebten Beruf erforderliche Zuverlässigkeit besitzt.

(2) Die staatliche Anerkennung ist zurückzunehmen, wenn nachträglich bekannt wird, daß die Voraussetzungen für ihre Erteilung nicht vorgelegen haben. Sie ist zu widerrufen, wenn das Fehlen der Eignung nach Absatz 1 nachträglich eintritt.

(3) Wird die staatliche Anerkennung zurückgenommen oder widerrufen, ist die Anerkennungsurkunde einzuziehen.

§ 4
Ordnungswidrigkeiten

(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich

1.
durch falsche Angaben die Erteilung der staatlichen Anerkennung herbeiführt,
2.
eine in diesem Gesetz geregelte Berufsbezeichnung führt, ohne daß ihm die entsprechende staatliche Anerkennung erteilt worden ist, oder
3.
eine in diesem Gesetz geregelte Berufsbezeichnung trotz Rücknahme oder Widerruf der staatlichen Anerkennung weiterführt.

(2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu 2 500 EUR geahndet werden. 4

§ 5
Zuständigkeit

(1) Zuständig für die staatliche Anerkennung und für die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten ist die Landesdirektion Sachsen.

(2) Zuständig für das Berufspraktikum und das Kolloquium nach § 2 Abs. 1, die Feststellung der Gleichwertigkeit der Ausbildung nach § 2 Abs. 2 und die Durchführung der Eignungsprüfung nach § 2 Abs. 3 ist die Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig (FH). 5

§ 6
Durchführungsvorschriften

Das Staatsministerium für Kultus wird ermächtigt, durch Rechtsverordnungen im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst Näheres über

1.
die Voraussetzungen und das Verfahren der Erteilung der staatlichen Anerkennung,
2.
die Anforderungen an das Berufspraktikum nach § 1 Abs. 2, § 2 Abs. 1 und das dabei zu beachtende Verfahren,
3.
Gegenstand, Ablauf und Verfahren des Abschlußkolloquiums nach § 1 Abs. 2 und § 2 Abs. 1 und
4.
das Verfahren der Eignungsprüfung nach § 2 Abs. 3 des Gesetzes

zu regeln. 6

§ 7
Überleitungsvorschriften

Staatliche Anerkennungen als Sozialarbeiter, Sozialpädagoge oder Heilpädagoge, die nach einer entsprechenden Ausbildung in einem anderen Land der Bundesrepublik Deutschland nach dessen Rechts- oder Verwaltungsvorschriften von der zuständigen Behörde oder Stelle erteilt wurden, sind der staatlichen Anerkennung nach diesem Gesetz gleichgestellt. 7

§ 7a
Einheitliche Stelle und Verwaltungsverfahren

(1) Verwaltungsverfahren nach diesem Gesetz können über eine einheitliche Stelle im Sinne des § 1 des Gesetzes zur Regelung des Verwaltungsverfahrens- und des Verwaltungszustellungsrechts für den Freistaat Sachsen ( SächsVwVfZG ) vom 19. Mai 2010 (SächsGVBl. S. 142), in der jeweils geltenden Fassung, in Verbindung mit den §§ 71a bis 71e des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Januar 2003 (BGBl. I S. 102), das zuletzt durch Artikel 2 Abs. 1 des Gesetzes vom 14. August 2009 (BGBl. I S. 2827, 2839) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, abgewickelt werden.

(2) In Verfahren nach Absatz 1 richtet sich die Anerkennung der Zeugnisse, Bescheinigungen und sonstigen Dokumente eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft oder eines Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum nach Artikel 5 der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt (ABl. EU Nr. L 376 S. 36). 8

§ 8
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt mit Ausnahme von § 4 mit Wirkung vom 1. Januar 1996 in Kraft. § 4 tritt am Tag nach der Verkündung dieses Gesetzes in Kraft.

Das vorstehende Gesetz wird hiermit ausgefertigt und ist zu verkünden.

Dresden, den 13. Dezember 1996

Der Landtagspräsident
Erich Iltgen

Der Ministerpräsident
Prof. Dr. Kurt Biedenkopf

Der Staatsminister
für Soziales, Gesundheit und Familie
Dr. Hans Geisler