Historische Fassung war gültig vom 10.06.1994 bis 31.12.1998

Gesetz
über Berufsausübung, Berufsvertretungen und Berufsgerichtsbarkeit der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte und Apotheker im Freistaat Sachsen
(Sächsisches Heilberufekammergesetz – SächsHKaG)

Vom 24. Mai 1994

Der Sächsische Landtag hat am 27. April 1994 das folgende Gesetz beschlossen:

Erster Abschnitt
Berufsvertretungen

§ 1
Kammern

(1) Im Freistaat Sachsen sind öffentliche Berufsvertretungen der

1.
Ärzte die Sächsische Landesärztekammer,
2.
Zahnärzte die Landeszahnärztekammer Sachsen,
3.
Tierärzte die Sächsische Landestierärztekammer und
4.
Apotheker die Sächsische Landesapothekerkammer.

(2) Die Kammern sind Körperschaften des öffentlichen Rechts. Eine Gesamtvollstreckung in ihr Vermögen findet nicht statt. Sie führen ein Dienstsiegel mit dem Sächsischen Staatswappen.

(3) Die Kammern können durch Satzung Bezirksstellen und Kreisstellen als rechtlich unselbständige Untergliederungen errichten.

(4) Die Kammern haben ihren Sitz in Dresden.

§ 2
Mitgliedschaft

(1) Einer Kammer gehören als Pflichtmitglieder alle aufgrund einer Berufserlaubnis oder Approbation zur Berufsausübung berechtigten Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte und Apotheker an, die im Freistaat Sachsen ihren Beruf ausüben oder, falls sie ihren Beruf nicht ausüben, ihre Hauptwohnung dort haben.

(2) Personen, die sich in der praktischen pharmazeutischen Ausbildung nach § 4 der Approbationsordnung für Apotheker (AAppO) vom 19. Juli 1989 (BGBl. I S. 1489), zuletzt geändert durch Verordnung vom 19. Juni 1991 (BGBl. I S. 1343), befinden, steht der Beitritt zur Landesapothekerkammer offen.

(3) Mitglieder, die gelegentlich oder vorübergehend in einem anderen Bundesland ihren Beruf ausüben, können von der Mitgliedschaft entbunden werden, wenn sie der dort zuständigen Kammer angehören. Diejenigen, deren Mitgliedschaft bei der dortigen Kammer wegen gelegentlicher oder vorübergehender heilberuflicher Tätigkeit im Freistaat Sachsen erlischt, werden Mitglieder der Kammer in Sachsen.

(4) Mitglieder, die ihre heilberufliche Tätigkeit ins Ausland verlegen und dort ihre Hauptwohnung nehmen, können freiwillige Mitglieder ihrer Kammer bleiben, sofern deren Satzung dies vorsieht.

(5) Die Mitgliedschaft ruht bei Ruhen der Approbation oder der Berufserlaubnis und bei Anordnung eines Berufsverbots gemäß § 70 des Strafgesetzbuches (StGB). Das Ruhen der Mitgliedschaft endet mit Aufhebung der Ruhensanordnung, im Fall des § 70 StGB mit Ablauf der Dauer des Berufsverbots und im Falle des § 70a StGB mit der Aussetzung des Berufsverbots.

§ 3
Melde‑ und Informationspflicht

(1) Das Mitglied hat sich innerhalb eines Monats nach Beginn der Pflichtmitgliedschaft bei der Kammer zu melden. Die Frist zur Abgabe der Meldung beginnt mit der Aufnahme der beruflichen Tätigkeit oder der Begründung der Hauptwohnung im Freistaat Sachsen. Soweit das Mitglied den Beruf selbständig ausübt, bleibt die Anzeigepflicht nach § 10 Abs. 1 des Gesetzes über den öffentlichen Gesundheitsdienst im Freistaat Sachsen (SächsGDG) vom 18. Dezember 1991 (SächsGVBl. S. 413) unberührt.

(2) Die Kammer kann in einer Meldeordnung das Nähere über das Meldeverfahren regeln und die zur Überwachung der Berufspflichten erforderlichen Angaben und Nachweise, die Gegenstand der Meldung sein sollen, festlegen.

(3) Die Kammer wird über die Erteilung, das Erlöschen, die Zurücknahme und den Widerruf von Approbationen, Berufserlaubnissen und von Erlaubnissen zum Betrieb einer Apotheke oder Zweigapotheke von der jeweils zuständigen Behörde unterrichtet. Die zuständige Behörde informiert darüber hinaus die Kammer über ihr bekanntgewordene Tatsachen, die Anlaß zur Überprüfung der Weiterbildungsbefugnis oder der Zulassung als Weiterbildungsstätte geben. Sofern der Kammer Tatsachen bekannt werden, die Maßnahmen nach Satz 1 oder 2 zur Folge haben können, informiert sie die zuständige Behörde hierüber.

§ 4
Dienstleistungserbringer

(1) Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte und Apotheker, die Staatsangehörige eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind, in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben und im Geltungsbereich dieses Gesetzes ihren Beruf gelegentlich oder vorübergehend nach dem Recht der Europäischen Union ausüben (Dienstleistungserbringer), sind von der Mitgliedschaft befreit.

(2) Die Dienstleistungserbringer sind verpflichtet, der jeweiligen Kammer die beabsichtigte Ausübung des Berufs anzuzeigen, wenn sie sich nicht nur gelegentlich zur Ausübung ihres Berufs im Geltungsbereich dieses Gesetzes aufhalten. In dringenden Fällen kann die Anzeige unverzüglich nachträglich erfolgen.

(3) Auf die Dienstleistungserbringer findet dieses Gesetz mit Ausnahme der übrigen Vorschriften dieses Abschnitts und mit Ausnahme des Dritten und des Vierten Abschnitts entsprechende Anwendung.

§ 5
Aufgaben der Kammern

(1) Aufgabe der Kammern ist es,

1.
im Sinne des jeweiligen Berufsauftrages unter Beachtung des Wohls der Allgemeinheit die beruflichen Belange aller Mitglieder wahrzunehmen und zu vertreten sowie für ein hohes Ansehen des Berufsstandes zu sorgen,
2.
die Erfüllung der berufsrechtlichen und berufsethischen Pflichten der Mitglieder zu überwachen, soweit nicht für die Überwachung der im öffentlichen Dienst tätigen Mitglieder der Dienstherr zuständig ist,
3.
die Qualität der Berufsausübung zu sichern,
4.
geeignete Maßnahmen zur Gestaltung und Förderung der Fort- und Weiterbildung der Mitglieder zu treffen,
5.
auf ein gedeihliches Verhältnis der Mitglieder zueinander hinzuwirken,
6.
bei berufsbezogenen Streitigkeiten unter den Mitgliedern und bei die Berufsausübung betreffenden Streitigkeiten zwischen Mitgliedern und Dritten auf Antrag eines Beteiligten zu vermitteln,
7.
die ihnen in der Berufsbildung nach dem Berufsbildungsgesetz obliegenden Aufgaben wahrzunehmen,
8.
den öffentlichen Gesundheitsdienst bei der Erfüllung seiner Aufgaben zu unterstützen,
9.
soweit es erforderlich ist, Versorgungswerke und sonstige soziale Einrichtungen für die Mitglieder und deren Angehörige zu schaffen,
10.
auf Verlangen der zuständigen Behörden zu Gesetz- und Verordnungsentwürfen Stellung zu nehmen und in allen sonstigen die Aufgaben des Berufsstandes betreffenden Fragen Gutachten zu erstatten und Sachverständige zur Erstattung von Gutachten vorzuschlagen,
11.
die ihnen durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes zugewiesenen Aufgaben wahrzunehmen.

(2) Der Kammer können durch Rechtsverordnung mit ihrer Zustimmung weitere Aufgaben übertragen werden. Für die Rechtsverordnung eines Staatsministeriums, das nicht nach § 37 Aufsichtsbehörde ist, ist das Einvernehmen der Aufsichtsbehörde erforderlich. Soweit durch die Übertragung einer fremdnützigen Aufgabe Kosten entstehen, ist in der Rechtsverordnung auch die Erstattung der Kosten zu regeln.

(3) Die Kammern sind berechtigt, im Rahmen ihres Aufgabenbereiches Anfragen und Anregungen an die zuständigen Behörden und Stellen zu richten. Diese sollen die Kammern vor der Regelung wichtiger Angelegenheiten, die den jeweiligen Berufsstand betreffen, hören. Auf Anfragen sind den Kammern Auskünfte zu erteilen, soweit dienstliche Gründe nicht entgegenstehen.

(4) Die Kammern sind berechtigt, sich zur Wahrnehmung der den Berufsstand gemeinsam berührenden Berufs- und Standesinteressen mit den entsprechenden Organisationen anderer Bundesländer zu Arbeitsgemeinschaften zusammenzuschließen.

§ 6
Versorgungswerk

(1) Die Kammern können durch Satzung zur Versorgung ihrer Mitglieder und deren Familienangehörigen ein Versorgungswerk errichten. Die Satzung über das Versorgungswerk kann von der Aufsichtsbehörde nur genehmigt werden, wenn die Satzung die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch für diejenigen Mitglieder erfüllt, die nach dieser Vorschrift von der gesetzlichen Rentenversicherung befreit sind oder befreit werden können. Die Mitglieder der Kammern sind Mitglieder des Versorgungswerkes nach Maßgabe der Satzung.

(2) Mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde kann das Versorgungswerk als rechtlich selbständige Einrichtung geführt werden; in diesem Falle gilt § 1 Abs. 2 und 3 für das Versorgungswerk entsprechend.

(3) Die Satzung trifft Regelungen über

1.
die Aufgaben, Bildung, Zusammensetzung, Wahl und Amtsdauer von Organen des Versorgungswerkes sowie dessen gerichtliche und außergerichtliche Vertretung, soweit dies nicht bereits in gesetzlichen Vorschriften geregelt ist,
2.
den Beginn und das Ende der Pflichtmitgliedschaft sowie die Voraussetzungen, unter denen Ausnahmen und Befreiungen von der Pflichtmitgliedschaft zulässig sind,
3.
die Voraussetzungen, unter denen, insbesondere im Anschluß an eine beendete Mitgliedschaft in der Kammer, eine freiwillige Mitgliedschaft zulässig ist,
4.
die Voraussetzungen, nach denen Anwartschaften nach erfolgtem Versorgungsausgleich aufgestockt werden können,
5.
die Voraussetzungen für eine Nachversicherung,
6.
die Mitwirkungspflicht der Mitglieder, Beginn und Ende der Beitragspflicht, das Beitragsfestsetzungsverfahren sowie die Fälligkeit der Beiträge,
7.
die Höhe von Beitragsermäßigungen und Beitragsbefreiungen, die in besonderen Lebenssituationen gewährt werden können,
8.
die Voraussetzungen und die Höhe eventueller Säumniszuschläge für fällige Beiträge,
9.
die Voraussetzungen, unter denen Beiträge oder Säumniszuschläge gestundet, erlassen oder niedergeschlagen werden können,
10.
die Voraussetzungen, unter denen ein Mitglied seine an das Versorgungswerk geleisteten Beiträge auf ein anderes berufsständisches Versorgungswerk überleiten lassen kann,
11.
die Voraussetzungen und Höhe eines Anspruchs auf Rückerstattung geleisteter Beiträge, wenn die Mitgliedschaft endet,
12.
die Voraussetzungen für die Gewährung und die Höhe der Leistungen, des Altersruhegeldes, des Ruhegeldes bei Berufsunfähigkeit und der Hinterbliebenenversorgung,
13.
Voraussetzungen und Höhe eventueller weiterer Leistungen, wie insbesondere solche der Rehabilitation.

(4) Die Aufsichtsbehörde nach § 37 übt die Rechtsaufsicht über das Versorgungswerk aus. Die Versicherungsaufsicht wird vom Sächsischen Staatsministerium für Wirtschaft und Arbeit oder der von ihm bestimmten nachgeordneten Behörde ausgeübt; die §§ 3, 5 bis 8, 13, 14, 53 c, 54, 54 a, 54 d, 55 Abs. 1, 4, 6, 7, §§ 56, 57, 58, 59, 77, 81, 81 a, 81 b, 82, 83, 84, 86, 87, 89 und 101 des Gesetzes über die Beaufsichtigung der Versicherungsunternehmen (Versicherungsaufsichtsgesetz – VAG) in der Neufassung vom 17. Dezember 1992 (BGBl. 1993 I S. 2) gelten entsprechend. Vor der Genehmigung der Satzung des Versorgungswerkes hat die Aufsichtsbehörde das Einvernehmen mit dem Sächsischen Staatsministerium für Wirtschaft und Arbeit herzustellen.

(5) Das Vermögen des Versorgungswerkes ist vom übrigen Vermögen der Kammer getrennt zu verwalten. Das Vermögen darf nur für gesetzlich zugelassene Zwecke unter Einschluß des Ausgleichs der notwendigen Verwaltungskosten verwendet werden.

(6) Ansprüche aus dem Rechtsverhältnis zwischen dem Versorgungswerk und dem Mitglied sowie dessen leistungsberechtigten Hinterbliebenen verjähren in vier Jahren. Die Verjährung beginnt mit dem Ende des Jahres, in dem der Anspruch fällig wird. Für die Hemmung, die Unterbrechung und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches sinngemäß.

(7) Anwartschaften und Ansprüche auf Leistungen kann der Berechtigte weder abtreten noch verpfänden. Das Versorgungswerk kann auf Antrag des Berechtigten durch schriftlichen Bescheid Ausnahmen zulassen, wenn dessen Versorgung dadurch nicht ernsthaft gefährdet wird.

(8) Die Kammern können Mitglieder einer anderen in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Kammer desselben oder eines anderen Berufes in ihre Versorgungseinrichtung aufnehmen, sofern die andere Kammer einverstanden ist. Die Kammern können mit einer anderen in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Versorgungseinrichtung eine gemeinsame Versorgungseinrichtung schaffen. Das Nähere ist durch Satzung zu regeln. In ihr sind vor allem Regelungen über die Einzelheiten des Zusammengehens und über die Beteiligung an den Organen des gemeinsamen Versorgungswerkes zu treffen. Die Kammern können ihre Mitglieder verpflichten, Mitglieder dieses Versorgungswerkes zu werden. Die Absätze 1 bis 7 gelten entsprechend.

§ 7
Organe der Kammern

Organe der Kammern sind:

1.
die Kammerversammlung,
2.
der Vorstand.

§ 8
Kammerversammlung

(1) Die Kammerversammlung

1.
der Sächsischen Landesärztekammer besteht aus 101 gewählten Mitgliedern,
2.
der Landeszahnärztekammer Sachsen besteht aus 72 gewählten Mitgliedern,
3.
der Sächsischen Landestierärztekammer besteht aus 33 gewählten Mitgliedern,
4.
der Sächsischen Landesapothekerkammer besteht aus 45 gewählten Mitgliedern.

(2) Der Kammerversammlung gehört außerdem je ein der Kammer angehörendes Mitglied des Lehrkörpers der für die Ausbildung der Berufsangehörigen jeweils bestehenden Fakultäten der Hochschulen im Freistaat Sachsen an.

(3) Die Kammerversammlung beschließt über die grundsätzlichen Angelegenheiten der Kammer. Vor allem beschließt sie

1.
die Hauptsatzung
2.
weitere Satzungen einschließlich einer Wahl-, Beitrags-, Gebühren-, Berufs-, Weiterbildungs- und Meldeordnung,
3.
die Feststellung des Haushaltsplanes,
4.
die Errichtung von Versorgungswerken und sonstigen sozialen Einrichtungen,
5.
die Entlastung des Vorstandes aufgrund des von ihm vorgelegten Jahresberichts und der Jahresrechnung,
6.
die Vorschläge der Kammer für die Besetzung der Berufsgerichte,
7.
die Einrichtung von Bezirks- und Kreisstellen,
8.
über die Wahrnehmung aller ihr sonst durch dieses Gesetz oder durch Satzung zugewiesenen Aufgaben.

(4) Zur Vorbereitung ihrer Sitzungen und zur Beratung des Vorstandes kann die Kammerversammlung Ausschüsse bilden.

(5) Die Kammerversammlung wählt nach Maßgabe der Satzung Delegierte der Kammer zu den Beschlußorganen der in § 5 Abs. 4 genannten Arbeitsgemeinschaften.

(6) Die Kammerversammlung faßt ihre Beschlüsse, soweit nicht durch Satzung eine Zweidrittelmehrheit vorgesehen ist, mit einfacher Stimmenmehrheit bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte ihrer Mitglieder.

(7) Die Kammerversammlung tritt jährlich mindestens einmal zusammen. Sie ist vom Vorstand einzuberufen und zu leiten. Außerdem hat sie der Vorstand auf Anordnung der Aufsichtsbehörde oder auf Antrag von mindestens einem Drittel der Mitglieder der Kammerversammlung einzuberufen.

§ 9
Wahl

(1) Die Wahlberechtigten wählen die Mitglieder der Kammerversammlung durch Briefwahl nach den Grundsätzen der unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahl auf die Dauer von höchstens fünf Jahren. Die Amtsperiode endet mit dem Zusammentritt der neuen Kammerversammlung.

(2) In einer Wahlordnung legt die Kammer die Einzelheiten des Wahlverfahrens und den Schlüssel für die Verteilung der Sitze der Kammerversammlung auf die einzelnen Wahlkreise fest.

§ 10
Wahlrecht und Wählbarkeit

(1) Wahlberechtigt und wählbar sind vorbehaltlich der nachfolgenden Bestimmungen alle Mitglieder der Kammer.

(2) Nicht wahlberechtigt sind Mitglieder, solange ihnen aufgrund rechtskräftigen Urteils das allgemeine Wahlrecht oder das Wahlrecht zur Kammerversammlung aberkannt ist.

(3) Nicht wählbar sind Mitglieder,

1.
solange ihnen aufgrund rechtskräftigen Urteils das Wahlrecht zur Kammerversammlung, die allgemeine Wählbarkeit oder die Wählbarkeit zur Kammerversammlung oder die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter aberkannt ist
2.
die gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit verstoßen haben, insbesondere die im Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte vom 19. Dezember 1966 gewährleisteten Menschenrechte oder die in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte vom 10. Dezember 1948 enthaltenen Grundsätze verletzt haben oder für das frühere Ministerium für Staatssicherheit/Amt für nationale Sicherheit tätig waren und deren Mitgliedschaft in der Kammerversammlung deshalb unzumutbar erscheint,
3.
die hauptberuflich bei der Kammer beschäftigt oder als Bedienstete der Aufsichtsbehörde unmittelbar mit Angelegenheiten der Aufsicht über die Kammer befaßt sind.

(4) Das Wahlrecht und die Wählbarkeit ruhen, solange

1.
dem Mitglied zur Besorgung aller seiner Angelegenheiten ein Betreuer nicht nur durch einstweilige Anordnung bestellt ist; dies gilt auch, wenn der Aufgabenkreis des Betreuers die in § 1896 Abs. 4 und § 1905 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Angelegenheiten nicht erfaßt
2.
die in § 2 Abs. 4 genannten Voraussetzungen vorliegen,
3.
sich das Mitglied in Untersuchungs- oder Strafhaft befindet oder
4.
das Mitglied mit der Beitragsleistung für mehr als zwei Jahre im Rückstand ist, ohne daß die Beiträge gestundet sind.

(5) Das Fehlen der Wahlberechtigung oder der Wählbarkeit sowie ihr Ruhen werden vom Vorstand festgestellt. Zur Feststellung der Wählbarkeit veranlaßt der Vorstand hinsichtlich der zur Wahl stehenden sowie der bereits in ein Organ der Kammer gewählten Mitglieder eine Überprüfung beim Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik. Auf der Grundlage des Ergebnisses dieser Überprüfung stellt der Vorstand entweder die Wählbarkeit oder die fehlende Wählbarkeit und gegebenenfalls die Beendigung der Mitgliedschaft in dem Organ der Kammer ohne die Möglichkeit der Wiederwahl fest. Bei Mitgliedern des Vorstandes entscheidet die Aufsichtsbehörde nach Anhörung des Vorstandes. Die Kammer hat die Aufsichtsbehörde über das Ergebnis der Überprüfung und über die getroffene Entscheidung unverzüglich zu unterrichten.

§ 11
Verlust des Sitzes, Ruhen des Mandats

(1) Ein Mitglied verliert seinen Sitz in der Kammerversammlung

1.
durch Verzicht, sofern er dem Vorstand der Kammer gegenüber schriftlich und unwiderruflich erklärt wurde
2.
bei nachträglicher Feststellung oder nachträglichem Eintritt seiner Nichtwählbarkeit,
3.
mit der Beendigung der Mitgliedschaft bei der Kammer,
4.
durch ein Urteil, durch das auf eine Maßnahme nach § 55 Abs. 1 Nr. 3 bis 6 erkannt wird.

(2) Der Verlust des Sitzes wird im Falle des Absatzes 1 Nr. 1 mit Zugang der Verzichtserklärung beim Vorstand, im Falle des Absatzes 1 Nr. 2 mit Zustellung des Beschlusses des Vorstandes, im Falle des Absatzes 1 Nr. 3 mit dem Tage der Beendigung der Mitgliedschaft und im Falle des Absatzes 1 Nr. 4 mit Rechtskraft des Urteils wirksam.

(3) Im Falle des Absatzes 1 oder nach dem Tod eines Mitglieds der Kammerversammlung ist das nach der Wahlordnung (Satzung) nachrückende Mitglied der Kammerversammlung schriftlich zu bestätigen.

(4) Das Mandat eines Mitglieds der Kammerversammlung ruht, soweit seine Wählbarkeit nach § 10 Abs. 4 ruht. Das Ruhen des Mandats wird wirksam, wenn der Vorstand das Ruhen festgestellt und die Mitteilung darüber dem Betroffenen zugestellt hat.

§ 12
Rechtstellung der Mitglieder der Kammerversammlung

(1) Die Mitglieder der Kammerversammlung sind zur gewissenhaften Ausübung ihres Amtes verpflichtet. Sie sind Vertreter der Gesamtheit der Kammermitglieder und nicht an Aufträge oder Weisungen gebunden.

(2) Die Mitglieder der Kammerversammlung haben über die ihnen im Rahmen ihres Mandats bekanntgewordenen Tatsachen Verschwiegenheit zu wahren; dies gilt nicht hinsichtlich solcher Tatsachen, die offenkundig sind.

§ 13
Vorstand

(1) Der Vorstand besteht aus höchstens 15 Mitgliedern einschließlich des Präsidenten und höchstens zweier Vizepräsidenten. Die Amtsdauer des Vorstands entspricht der Wahlperiode der Kammerversammlung.

(2) Die Kammerversammlung wählt den Vorstand aus ihrer Mitte. Sie ist insoweit nur beschlußfähig, wenn mindestens die Hälfte ihrer Mitglieder anwesend ist. Die Wahl ist in geheimen und getrennten Wahlgängen durchzuführen. Sie findet spätestens zwei Monate nach dem erstmaligen Zusammentritt der Kammerversammlung statt. Näheres über das Wahlverfahren regelt die Hauptsatzung.

(3) Der Vorstand führt die Beschlüsse der Kammerversammlung aus, erledigt die Angelegenheiten der laufenden Verwaltung und die ihm durch Gesetz und Satzung zugewiesenen sonstigen Aufgaben. Er kann sich eine Geschäftsordnung geben.

(4) Der Vorstand hat einem Beschluß der Kammerversammlung zu widersprechen, wenn er der Auffassung ist, daß er rechtswidrig ist; er kann ihm widersprechen, wenn er der Auffassung ist, daß er für die Kammer nachteilig ist. Der Widerspruch hat aufschiebende Wirkung. Der Widerspruch muß unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von zwei Wochen nach Beschlußfassung den Mitgliedern der Kammerversammlung mitgeteilt werden. Der Vorstand hat sicherzustellen, daß die Kammerversammlung in angemessener Frist in der Angelegenheit neu beschließen kann. Ist nach Ansicht des Vorstandes auch der neue Beschluß rechtswidrig, muß er ihm erneut widersprechen und bei der Aufsichtsbehörde unverzüglich um eine Entscheidung über die Rechtmäßigkeit nachsuchen.

(5) Der Präsident, im Falle seiner Verhinderung ein Vizepräsident oder ein nach Maßgabe der Satzung benannter Vertreter, vertritt die Kammer.

(6) Ein Vorstandsmitglied verliert sein Amt mit dem Verlust des Sitzes in der Kammerversammlung. Es kann sein Amt außerdem durch Abwahl durch die Kammerversammlung verlieren. Das Nähere über die Abwahl regelt die Hauptsatzung.

§ 14
Beiträge, Kosten

(1) Die Kammern sind berechtigt, zur Erfüllung ihrer Aufgaben von allen Mitgliedern Beiträge zu erheben. In einer Beitragsordnung wird das Nähere festgelegt.

(2) Die Kammern können von den Mitgliedern alle zur Beitragsfestsetzung erforderlichen Auskünfte und Nachweise verlangen.

(3) Die Kammern sind berechtigt, für die Inanspruchnahme von Kammereinrichtungen und für Leistungen und Tätigkeiten, die sie in Wahrnehmung ihrer Aufgaben erbringen, Kosten (Gebühren und Auslagen) zu erheben. Die Gebühren sind nach dem Verwaltungsaufwand und der Bedeutung der Angelegenheit zu bemessen. Näheres regelt eine Gebührenordnung.

(4) Die Vorschriften des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für den Freistaat Sachsen (SächsVwVG) vom 17. Juli 1992 (SächsGVBl. S. 327) sind auf Leistungsbescheide mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, daß Vollstreckungsbehörde das zuständige Finanzamt ist.

§ 15
Haushaltsplan

(1) Der Vorstand der Kammer stellt für jedes Kalenderjahr einen Haushaltsplan auf. Dieser muß den Grundsätzen einer sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung entsprechen. Er darf keine höheren Gesamtausgaben enthalten, als durch die Einnahmen und Rückstellungen gedeckt sind.

(2) Die Haushaltsrechnung ist durch einen Wirtschaftsprüfer oder einen vereidigten Buchprüfer zu prüfen.

Zweiter Abschnitt
Berufsausübung

§ 16
Berufspflichten

(1) Die Mitglieder sind verpflichtet, ihren Beruf gewissenhaft auszuüben und dem ihnen im Zusammenhang mit ihrem Beruf entgegengebrachten Vertrauen zu entsprechen.

(2) Die Mitglieder, die ihren Beruf ausüben, haben insbesondere die Pflicht,

1.
sich im fachlichen Rahmen ihrer Berufsausübung beruflich fortzubilden und sich über die für ihre Berufsausübung geltenden Bestimmungen zu unterrichten
2.
über die in Ausübung ihres Berufes gemachten Feststellungen und getroffenen Maßnahmen die erforderlichen Aufzeichnungen zu fertigen,
3.
die Schweigepflicht sowie die sonstigen für die Berufsausübung geltenden Rechtsvorschriften einzuhalten,
4.
soweit sie als Ärzte, Zahnärzte oder Tierärzte in eigener Praxis oder in Einrichtungen der ambulanten Versorgung tätig sind, am Notfall- und Bereitschaftsdienst teilzunehmen.

(3) Das Nähere zu Absatz 2 regelt die Berufsordnung. Sie hat zu Absatz 2 Nr. 4 vorzusehen, daß die Kammer von der Teilnahmeverpflichtung nur aus wichtigem Grund, insbesondere wegen körperlicher Behinderungen, besonders belastender familiärer Pflichten oder wegen der Teilnahme an einem klinischen Bereitschaftsdienst mit Notfallversorgung oder am Rettungsdienst, auf Antrag ganz, teilweise oder vorübergehend befreien kann.

(4) Es ist nicht statthaft, eine ärztliche, zahnärztliche oder tierärztliche Praxis in der Rechtsform einer juristischen Person des privaten Rechts zu führen.

§ 17
Berufsordnung

(1) Die Berufsordnung kann weitere Regelungen über Berufspflichten enthalten, vor allem hinsichtlich

  1.
der Einhaltung der Schweigepflicht und der sonst für die Berufsausübung geltenden Rechtsvorschriften
  2.
der Beteiligung an Maßnahmen der Qualitätssicherung,
  3.
der Ausstellung von Gutachten und Zeugnissen,
  4.
der Praxis- und Apothekenankündigung,
  5.
der Praxiseinrichtung,
  6.
der Durchführung von Sprechstunden und Hausbesuchen,
  7.
der gemeinsamen Ausübung der Berufstätigkeit mit anderen Berufsangehörigen,
  8.
der Angemessenheit und Nachprüfbarkeit des Honorars,
  9.
des Abschlusses einer Haftpflichtversicherung,
10.
der nach dem Wesen des jeweiligen Heilberufes gebotenen Zurückhaltung in der Werbung unter Einschluß von Werbebeschränkungen und -verboten,
11.
der Verordnung und Empfehlung von Heil- und Hilfsmitteln,
12.
des beruflichen Verhaltens gegenüber anderen Berufsangehörigen und der Zusammenarbeit zwischen Berufsangehörigen und Angehörigen anderer Berufe,
13.
der Beschäftigung von Vertretern, Assistenten und sonstigen Mitarbeitern,
14.
der Ausbildung von Personal,
15.
der Aufbewahrung der Aufzeichnungen,
16.
der Beratung der Mitglieder in berufsethischen und berufsrechtlichen Fragen, insbesondere vor klinischen Versuchen am Menschen, vor epidemiologischen Forschungsvorhaben mit personenbezogenen Daten und vor der Forschung mit vitalen menschlichen Gameten und Embryonen,
17.
des ärztlichen Verhaltens bei der Behandlung menschlicher Sterilität, bei Maßnahmen künstlicher Befruchtung und bei medizinischen Maßnahmen zur Herbeiführung menschlicher Sterilität.

(2) Die Berufsordnung soll auch regeln, daß die Anwendung bestimmter Untersuchungs- und Behandlungsmethoden den Erwerb besonderer Kenntnisse und Fertigkeiten und einen Nachweis hierüber voraussetzt, soweit dies zum Schutz der Patienten erforderlich ist.

(3) Über die Berufspflichten von Apothekern bestehende Sondervorschriften bleiben unberührt.

Dritter Abschnitt
Weiterbildung

Erster Unterabschnitt
Allgemeines

§ 18
Führen von Weiterbildungsbezeichnungen

(1) Die Mitglieder können nach Maßgabe dieses Abschnitts neben ihrer Berufsbezeichnung weitere Bezeichnungen führen, die auf besondere Kenntnisse und Fertigkeiten in einem bestimmten fachlichen Gebiet (Gebietsbezeichnung), in einem Teilgebiet (Teilgebietsbezeichnung) oder auf in bestimmten Bereichen zusätzlich erworbene Kenntnisse und Fertigkeiten (Zusatzbezeichnung) hinweisen. Der Kammer steht es frei, anstelle der Bezeichnung „Teilgebiet“ die Bezeichnung „Schwerpunkt“ zu verwenden.

(2) Die Kammer bestimmt unter Berücksichtigung der Erfordernisse der wissenschaftlichen Entwicklung und einer angemessenen medizinischen Versorgung, welche Bezeichnungen geführt werden können.

(3) Die Bestimmung von Bezeichnungen ist aufzuheben, wenn die in Absatz 2 genannten Voraussetzungen nicht mehr gegeben sind und Recht der Europäischen Union der Aufhebung nicht entgegensteht.

§ 19
Anerkennung zum Führen der Bezeichnungen

(1) Eine Bezeichnung nach § 18 darf führen, wer die entsprechende Anerkennung erhalten hat. Die Anerkennung erhält das Mitglied, das die Weiterbildung erfolgreich abgeschlossen hat.

(2) Mehrere Gebietsbezeichnungen dürfen nebeneinander nur nach Maßgabe der Weiterbildungsordnung geführt werden.

(3) Eine Teilgebietsbezeichnung darf nur zusammen mit der Bezeichnung des Gebiets geführt werden, dem das Teilgebiet zugehört.

§ 20
Anerkennungsverfahren

(1) Die Anerkennung ist bei der Kammer zu beantragen. Die Kammer entscheidet nach einer Prüfung der vorgelegten Zeugnisse über den Erfolg der in dem gewählten Gebiet, Teilgebiet oder Bereich abgeschlossenen Weiterbildung. Die Anerkennung für ein Gebiet oder Teilgebiet setzt außerdem die erfolgreiche Teilnahme an einer Prüfung oder einem Prüfungsgespräch über die erworbenen besonderen oder zusätzlichen Kenntnisse und Fertigkeiten voraus. Die Weiterbildungsordnung kann auch für die Anerkennung eines Abschlusses in Bereichen (Zusatzbezeichnung) Prüfungsgespräche vorsehen.

(2) Die Prüfung oder das Prüfungsgespräch wird von einer bei der Kammer zu bildenden Kommission durchgeführt. Bei Bedarf sind mehrere Prüfungskommissionen zu bilden. Jeder Kommission gehören mindestens drei von der Kammer zu bestimmende Mitglieder an. Die Aufsichtsbehörde kann ein weiteres Mitglied bestellen. Die Prüfung kann auch bei Abwesenheit dieses Mitglieds durchgeführt werden.

(3) Wird die Prüfung nicht erfolgreich abgeschlossen, kann die Kommission die vorgeschriebene Weiterbildungszeit verlängern und dabei besondere Anforderungen an die Weiterbildung stellen. Die Prüfung kann mehrmals wiederholt werden.

(4) Das Nähere über die Prüfung bestimmt die Kammer in der Weiterbildungsordnung.

(5) Wer in einem von § 22 abweichenden Weiterbildungsgang eine Weiterbildung abgeschlossen hat, erhält auf Antrag die Anerkennung, wenn die Weiterbildung gleichwertig ist. Eine bei Inkrafttreten dieses Gesetzes noch nicht abgeschlossene Weiterbildung kann unter vollständiger oder partieller Anrechnung der bisher abgeleisteten Weiterbildungszeiten nach den Vorschriften dieses Gesetzes abgeschlossen werden. Über die Anrechnung entscheidet die Kammer.

(6) Wer als Staatsangehöriger eines Mitgliedsstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ein fachbezogenes Diplom, ein Prüfungszeugnis oder einen sonstigen fachlichen Weiterbildungsnachweis besitzt, die nach dem Recht der Europäischen Union gegenseitig anerkannt werden, erhält auf Antrag die entsprechende Anerkennung nach § 19 Abs. 1.

§ 21
Pflichten beim Führen der Bezeichnungen

(1) Eine Gebietsbezeichnung darf grundsätzlich nur führen, wer in dem entsprechenden Gebiet tätig ist, eine Teilgebietsbezeichnung darf nur führen, wer auch in dem Teilgebiet tätig ist, dessen Bezeichnung er führt. Wer als Arzt eine Gebietsbezeichnung führt, darf grundsätzlich nur in dem Gebiet, wer eine Teilgebietsbezeichnung führt, muß auch in diesem Teilgebiet tätig sein.

(2) Mitglieder, die eine Gebietsbezeichnung führen, sollen sich in der Berufsausübung nur durch Berufsangehörige vertreten lassen, die dieselbe Gebietsbezeichnung führen.

§ 22
Inhalt und Durchführung der Weiterbildung

(1) Die Weiterbildung in den Gebieten und Teilgebieten erfolgt in praktischer Berufstätigkeit und theoretischer Unterweisung. Sie umfaßt vor allem die für den Erwerb der jeweiligen Bezeichnung erforderliche Vertiefung der Kenntnisse und Fähigkeiten.

(2) Die Dauer der Weiterbildung in den Gebieten darf drei Jahre nicht unterschreiten und soll in der Regel sechs Jahre nicht überschreiten.

(3) Die Weiterbildung in den Gebieten und Teilgebieten ist ganztägig und in hauptberuflicher Stellung abzuleisten. Die Tierärztekammer und die Apothekerkammer können hiervon in ihren Weiterbildungsordnungen abweichende Bestimmungen treffen, soweit dies mit den Zielen der Weiterbildung vereinbar ist. Während der vorgeschriebenen Weiterbildungszeit sollen die Weiterbildungsstätte oder der Weiterbildende wenigstens einmal gewechselt werden. Zeiten unter sechs Monaten in einer Weiterbildungsstätte und bei einem Weiterbildenden werden nur berücksichtigt, wenn entweder die Weiterbildungsordnung kürzere Weiterbildungsabschnitte als sechs Monate vorschreibt oder die Kammer dies im Einzelfall zuläßt.

(4) Die Weiterbildung in den Teilgebieten kann ganz oder teilweise im Rahmen der Weiterbildung in dem Gebiet durchgeführt werden, dem die Teilgebiete zugehören.

(5) Eine Weiterbildung kann bei Vorliegen wichtiger Gründe mit Zustimmung der Kammer in Teilzeittätigkeit abgeleistet werden. Sie muß mindestens die Hälfte der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit in Anspruch nehmen und zeitlich und inhaltlich den Anforderungen an eine ganztägige Weiterbildung entsprechen.

(6) Das Nähere, insbesondere die fachlichen Inhalte und die Dauer der Weiterbildung, bestimmt die Kammer in der Weiterbildungsordnung.

§ 23
Befugnis zur Weiterbildung

(1) Wer andere weiterbilden will, bedarf hierzu einer Befugnis. Die Befugnis wird auf Antrag von der Kammer erteilt.

(2) Die Befugnis kann einem Mitglied nur erteilt werden, wenn es fachlich und persönlich geeignet ist. Sie kann dem Mitglied nur für das Gebiet oder Teilgebiet erteilt werden, dessen Bezeichnung es führt; sie kann in der Weise erteilt werden, daß mehrere Mitglieder nur zu gemeinsamer Weiterbildung befugt sein sollen.

(3) Das zur Weiterbildung befugte Mitglied ist verpflichtet, die Weiterbildung nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Gesetzes und der Weiterbildungsordnung persönlich zu leiten. Über die Weiterbildung ist ein Zeugnis auszustellen.

(4) Die Kammer führt ein aktuelles Verzeichnis der zur Weiterbildung befugten Mitglieder, aus dem hervorgeht, in welchem Umfang sie zur Weiterbildung befugt sind.

(5) Mit der Beendigung der Tätigkeit eines zur Weiterbildung befugten Mitgliedes an der Weiterbildungsstätte erlischt seine Befugnis zur Weiterbildung.

§ 24
Weiterbildungsstätten

(1) Die Weiterbildung in den Gebieten und Teilgebieten findet unter verantwortlicher Leitung befugter Mitglieder in den hierfür vorgesehenen Weiterbildungsstätten statt.

(2) Weiterbildungsstätten sind in der Regel Einrichtungen der medizinischen Versorgung. Als Weiterbildungsstätten kommen insbesondere in Betracht

1.
Einrichtungen der Hochschulen und des öffentlichen Gesundheitsdienstes
2.
Fachkrankenhäuser, Allgemeinkrankenhäuser und ihre Untergliederungen,
3.
Praxen und Apotheken niedergelassener Mitglieder.

Einer besonderen Zulassung der in Satz 2 Nr. 1 bezeichneten Einrichtungen bedarf es nicht. Die in Satz 2 Nr. 2 bezeichneten Weiterbildungsstätten bedürfen einer Zulassung durch die Aufsichtsbehörde. Die in Satz 2 Nr. 3 bezeichneten und andere in Satz 2 nicht aufgeführte Einrichtungen bedürfen der Zulassung durch die Kammer. Die Zulassung von Praxen niedergelassener Mitglieder als Weiterbildungsstätte erfolgt zusammen mit der Erteilung der Befugnis zur Weiterbildung gemäß § 23. Die Zulassung bedarf eines Antrages.

§ 25
Weiterbildungsordnung

Jede Kammer erläßt eine Weiterbildungsordnung, in der insbesondere zu regeln sind

1.
der Inhalt und Umfang der Gebiete, Teilgebiete und Bereiche, auf die sich die Bezeichnungen nach § 18 Abs. 1 beziehen
2.
die Bestimmung und die Aufhebung von Bezeichnungen nach § 18 Abs. 2 und 3,
3.
die Voraussetzungen, unter denen Bezeichnungen nebeneinander geführt werden dürfen,
4.
der Inhalt, die Durchführung und Mindestdauer der Weiterbildung nach § 22, vor allem Inhalt, Dauer und Reihenfolge der einzelnen Weiterbildungsabschnitte, die Bezeichnung der einzelnen Teilgebiete, bei denen die Weiterbildung nach § 22 Abs. 4 ganz oder teilweise in dem Gebiet durchgeführt werden kann, dem die einzelnen Teilgebiete zugehören, und unter welchen Voraussetzungen nach § 20 Abs. 5 eine Anerkennung für einen Weiterbildungsgang erteilt werden kann, auch wenn er von der Regelweiterbildung des § 22 abweicht,
5.
die Voraussetzungen für die Befugnis zur Weiterbildung nach § 23 Abs. 2 und die Zulassung von Einrichtungen nach § 24 Abs. 2 Satz 5,
6.
die Anforderungen, die an das Zeugnis nach § 23 Abs. 3 Satz 2 zu stellen sind,
7.
das Verfahren zur Erteilung der Anerkennung nach § 20 Abs. 1 und das Nähere über die Prüfung nach § 20 Abs. 4,
8.
die nach dem Recht der Europäischen Union oder nach dem Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum für die Staatsangehörigen der Mitglieds- oder Vertragsstaaten gebotenen besonderen Weiterbildungs- und Anerkennungsvoraussetzungen und -verfahren,
9.
besondere Vorbildungsvoraussetzungen für die Weiterbildung in berufsübergreifenden Gebieten.

§ 26
Geltung anderer Anerkennungen

(1) Eine in anderen Bundesländern erteilte Anerkennung zum Führen einer auch nach der sächsischen Weiterbildungsordnung bestehenden Bezeichnung gilt auch im Freistaat Sachsen. Ist die in der Anerkennung des anderen Bundeslandes gewählte Bezeichnung in der sächsischen Weiterbildungsordnung nicht vorgesehen, entscheidet die Kammer im Einzelfall, welche nach der Weiterbildungsordnung vorgesehene verwandte Bezeichnung geführt werden kann und ob hierfür gegebenenfalls noch weitere Voraussetzungen erfüllt werden müssen.

(2) Die im Beitrittsgebiet bis zum 3. Oktober 1990 erteilten Anerkennungen gelten als Anerkennungen nach diesem Gesetz mit der Maßgabe, daß die in diesem Gesetz und in der Weiterbildungsordnung bestimmten entsprechenden Bezeichnungen zu führen sind. Gibt es in der Weiterbildungsordnung keine entsprechende Bezeichnung, darf die bisherige Bezeichnung weitergeführt werden. Welche Bezeichnung zu führen ist, entscheidet auf Antrag die Kammer.

(3) Mitglieder, die sich bei Inkrafttreten dieses Gesetzes in der Weiterbildung befinden, können diese nach den bisher geltenden Bestimmungen abschließen. Absatz 2 Satz 2 ist auf die zu führende Bezeichnung entsprechend anzuwenden.

Zweiter Unterabschnitt
Weiterbildung der Ärzte

§ 27
Fachrichtungen der ärztlichen Weiterbildung

(1) Fachrichtungen, für die die Kammer nach § 18 Abs. 2 Bezeichnungen bestimmen kann, sind

1.
Konservative Medizin
2.
Operative Medizin,
3.
Nervenheilkundliche Medizin,
4.
Theoretische Medizin,
5.
Ökologische Medizin,
6.
Methodisch-technische Medizin,
7.
Verbindungen dieser Fachrichtungen.

(2) Daneben bestehen die Bezeichnungen „Allgemeinmedizin“ und „Öffentliches Gesundheitswesen“ als Gebietsbezeichnungen.

(3) Soweit es im Hinblick auf die medizinische Entwicklung und eine angemessene ärztliche Versorgung erforderlich ist, können in der Weiterbildungsordnung weitere Befähigungen in der Form des Erwerbs

1.
zusätzlicher Kenntnisse und Fertigkeiten im jeweiligen Gebiet (zusätzliche Weiterbildung im Gebiet) oder
2.
von Fachkunde in ärztlichen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die ihrer Eigenart nach besondere Kenntnisse und Fertigkeiten des Arztes voraussetzen,

vorgesehen werden. Die Anforderungen an den Erwerb dieser Befähigungen sind in der Weiterbildungsordnung zu regeln. Sie können sich dabei nach den Anforderungen richten, die in diesem Abschnitt an die Weiterbildung in den Gebieten und Teilgebieten gestellt werden. Den Erwerb dieser Befähigungen bestätigt die Kammer durch eine Bescheinigung. Die Bescheinigung berechtigt nicht zur Ankündigung dieser Befähigungen.

§ 28
Inhalt und Umfang der ärztlichen Weiterbildung

(1) Die Weiterbildung umfaßt für Ärzte insbesondere die Vertiefung der Kenntnisse und Fertigkeiten in der Verhütung, Erkennung und Behandlung von Krankheiten, Körperschäden und Leiden einschließlich der Wechselbeziehungen zwischen Mensch und Umwelt sowie in den notwendigen Maßnahmen der Rehabilitation.

(2) Die Weiterbildungsordnung kann vorsehen, daß auch die Weiterbildung in Bereichen unter verantwortlicher Leitung entsprechend befugter Ärzte durchgeführt wird. Die Weiterbildung in Gebieten und Teilgebieten kann nach näherer Maßgabe der Weiterbildungsordnung auch bei einem befugten niedergelassenen Arzt durchgeführt werden.

(3) § 23 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 ist für eine in der Weiterbildungsordnung festzulegende angemessene Übergangszeit nicht anzuwenden, wenn die Kammer nach § 18 eine neue Bezeichnung bestimmt. Fachärzte, die weder die Gebietsbezeichnung „Allgemeinmedizin“ führen noch eine Weiterbildungsbefugnis in ihrem Gebiet haben, können bei entsprechender Eignung in ihrem Gebiet zur Weiterbildung mit der Maßgabe befugt werden, daß der bei ihnen absolvierte Weiterbildungsabschnitt nur zur Anrechnung für das Gebiet „Allgemeinmedizin“ anerkannt werden darf.

(4) Die Zulassung einer Weiterbildungsstätte setzt voraus, daß

1.
Patienten in so ausreichender Zahl und Art behandelt werden, daß der weiterzubildende Arzt die Möglichkeit hat, sich mit den typischen Krankheiten des Gebiets, Teilgebiets oder Bereichs, auf das sich die Bezeichnung nach § 18 bezieht, vertraut zu machen
2.
Personal und Ausstattung vorhanden sind, die den Erforder- nissen der medizinischen Entwicklung Rechnung tragen.

(5) Die Aufsichtsbehörde wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung abweichend von den §§ 20 bis 24 Vorschriften über die Weiterbildung und Prüfung für Ärzte im Gebiet „Öffentliches Gesundheitswesen“ zu erlassen und hierbei die Einrichtungen zu bestimmen, in denen die Weiterbildung durchgeführt wird. Dabei sind insbesondere zu regeln

1.
die Voraussetzungen für die Zulassung zur Weiterbildung und die Anrechnung von Zeiten, die dem Zweck der Weiterbildung dienen, auf die Weiterbildung
2.
das Ziel, der Inhalt, die Dauer und die Ausgestaltung der Weiterbildung sowie die Beurteilung der Leistungen während der Weiterbildung,
3.
die Art und die Zahl der Prüfungsleistungen, das Prüfungsverfahren einschließlich der Festlegung des Prüfungsergebnisses unter Berücksichtigung der Leistungen während der Weiterbildung und die Bildung des Prüfungsausschusses,
4.
die Erteilung eines Zeugnisses über das Bestehen der Prüfung als Grundlage der Anerkennung für das Gebiet,
5.
die Möglichkeit, Prüfungsleistungen zu wiederholen.

§ 29
Spezifische Ausbildung in der Allgemeinmedizin
(Praktischer Arzt) nach dem Recht der
 Europäischen Union

(1) Die spezifische Ausbildung in der Allgemeinmedizin nach Titel IV der Richtlinie 93/16/EWG des Rates vom 5. April 1993 (ABl. EG Nr. L 165 S. 1) ist Weiterbildung im Sinne des Gesetzes.

(2) Die spezifische Ausbildung in der Allgemeinmedizin („Praktischer Arzt“) erfolgt in einer mindestens zweijährigen hauptberuflichen ganztägigen Tätigkeit unter der Aufsicht der zuständigen Behörden nach bestandenem Dritten Abschnitt der ärztlichen Prüfung.

(3) Die spezifische Ausbildung erfolgt in praktischer Berufs- tätigkeit und theoretischer Unterweisung. Sie findet unter verantwortlicher Leitung von Ärzten in Einrichtungen der Hochschulen oder in zugelassenen Einrichtungen der medizinischen Versorgung sowie in Praxen niedergelassener Ärzte, die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen sind, statt. Abzuleisten sind

1.
mindestens sechs Monate in zugelassenen Krankenhäusern und
2.
mindestens sechs Monate in Praxen von zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Ärzten für Allgemeinmedizin oder in anderen Praxen, die den Anforderungen an die Ausübung der Allgemeinmedizin entsprechen.

Von der gesamten Ausbildungszeit dürfen höchstens sechs Monate in Gesundheitsämtern, in werksbetriebs- oder versorgungsärztlichen Diensten, in medizinischen Diensten der Krankenversicherung, in Einrichtungen für die Rehabilitation Behinderter, in Sanitätszentren oder ähnlichen Einrichtungen der Bundeswehr, in truppenärztlichen Einrichtungen der Bundeswehr, in Justizvollzugsanstalten mit hauptamtlichem Anstaltsarzt und in geeigneten vergleichbaren Einrichtungen, die auf Antrag zugelassen werden können, abgeleistet werden. Berücksichtigungsfähig sind insbesondere Zeiten in Innerer Medizin, Chirurgie, Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Kinderheilkunde sowie Nervenheilkunde oder Psychiatrie. Für die Gebiete kann eine Höchstdauer der Anrechnung festgelegt werden. Über die Anrechnung entscheidet die Kammer.

(4) Die Teilnehmer an der spezifischen Ausbildung müssen von dem für die Ausbildung verantwortlichen Arzt persönlich zur Mitarbeit herangezogen werden und Mitverantwortung übernehmen.

(5) Über die Ableistung der einzelnen Abschnitte erteilt die jeweilige Ausbildungsstelle eine Bescheinigung. Aus der Bescheinigung über die Ausbildung in Arztpraxen sowie Einrichtungen und Diensten nach Absatz 3 muß hervorgehen, daß sich diese Ausbildung auf die Erkennung und Behandlung von in der Praxis häufig vorkommenden Krankheiten unter Einbeziehung des sozialen Umfeldes, auf die Gesundheitsführung von Patienten, auf Vorsorgemaßnahmen, auf die Früherkennung von Krankheiten und auf die Einleitung von Rehabilitationsmaßnahmen erstreckt hat.

(6) Wer eine spezifische Ausbildung in der Allgemeinmedizin abgeschlossen hat, erhält hierüber von der Kammer auf Antrag eine Bescheinigung, die ihn berechtigt, die Bezeichnung „Praktischer Arzt“ oder „Praktische Ärztin“ zu führen, soweit auch die Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufs im Geltungsbereich der Bundesärzteordnung vorliegt.

(7) Neben der Bezeichnung „Praktischer Arzt“ darf keine Gebietsbezeichnung geführt werden.

§ 30
Anderweitige Ausbildung, Teilzeitausbildung und
Ausbildungsunterbrechung

(1) Die spezifische Ausbildung in der Allgemeinmedizin kann auch im Rahmen einer Tätigkeit als Arzt im Praktikum, einer kassenärztlichen Vorbereitungszeit oder einer ärztlichen Weiterbildung im Sinne dieses Gesetzes abgeleistet werden. Soweit sie nicht nach Titel IV der Richtlinie 93/16/EWG in Vollzeittätigkeit erfolgen muß, kann sie als Teilzeitausbildung abgeleistet werden; jedoch darf weder die Gesamtdauer verkürzt werden noch darf die wöchentliche Ausbildungszeit weniger als 60 vom Hundert der Vollzeittätigkeit betragen. Die Teilzeitausbildung muß der Vollzeitausbildung qualitativ entsprechen.

(2) Auf die Dauer der spezifischen Ausbildung in der Allgemeinmedizin werden Unterbrechungen wegen Urlaubs bis zu jährlich sechs Wochen und wegen anderer von dem Teilnehmer an der spezifischen Ausbildung nicht zu vertretender Gründe, insbesondere Krankheit, bis zur Gesamtdauer von vier Wochen angerechnet. Bei Ärztinnen werden auch Unterbrechungen wegen Schwangerschaft bis zur Gesamtdauer von vier Wochen angerechnet.

§ 31
Ausbildung in anderen Ländern der Europäischen Union oder im Europäischen Wirtschaftsraum

(1) Wer nach dem Recht, das in einem der übrigen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zur Ausführung des Titels IV der Richtlinie 93/16/EWG gilt, ein Diplom, Prüfungszeugnis oder einen sonstigen Befähigungsnachweis über eine abgeleistete spezifische Ausbildung in der Allgemeinmedizin erworben hat, erhält auf Antrag ein Zeugnis nach § 29 Abs. 6.

(2) Auf Antrag werden ferner in einem der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zurückgelegte Ausbildungszeiten in der spezifischen Ausbildung in der Allgemeinmedizin auf den Ausbildungsgang nach § 29 Abs. 3 angerechnet, wenn eine Bescheinigung der zuständigen Behörde des Mitglieds- oder Vertragsstaates vorgelegt wird, aus der sich neben der Ausbildungsdauer und der Art der Ausbildungseinrichtung ergibt, daß die Ausbildung nach dem Recht des Mitgliedsstaates oder Vertragsstaates zur Ausführung von Artikel 31 Abs. 1 Buchst. c Satz 2 der Richtlinie 93/16/EWG erfolgt ist.

§ 32
Überleitungs‑ und Vollzugsvorschrift

(1) Wer sich vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes rechtmäßig als „Praktischer Arzt“ oder „Praktische Ärztin“ niedergelassen hat, darf diese Bezeichnung weiterführen, auch wenn die Voraussetzungen der §§ 29 bis 31 nicht erfüllt sind.

(2) Zuständige Behörde für den Vollzug der §§ 29 bis 31 ist die Kammer.

Dritter Unterabschnitt
Weiterbildung der Zahnärzte

§ 33
Fachrichtungen der zahnärztlichen Weiterbildung

(1) Zahnärzte dürfen neben ihrer Berufsbezeichnung weitere Bezeichnungen führen, die auf besondere Kenntnisse und Fertigkeiten in einem bestimmten Gebiet der Zahnheilkunde (Gebietsbezeichnung) hinweisen.

(2) Fachrichtungen, für die die Kammer nach § 18 Abs. 2 Gebietsbezeichnungen bestimmen kann, sind

1.
Konservative Zahnheilkunde
2.
Operative Zahnheilkunde,
3.
Präventive Zahnheilkunde,
4.
Verbindungen dieser Fachrichtungen.

(3) Daneben besteht die Bezeichnung „Öffentliches Gesundheitswesen“ als Gebietsbezeichnung.

§ 34
Inhalt und Umfang der zahnärztlichen Weiterbildung

(1) Die Weiterbildung umfaßt für Zahnärzte in den jeweiligen Gebieten die Vertiefung der Kenntnisse und Fertigkeiten bei der Behandlung von Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten.

(2) Die Zulassung einer Weiterbildungsstätte setzt voraus, daß

1.
Patienten in so ausreichender Zahl und Art behandelt werden, daß der weiterzubildende Zahnarzt die Möglichkeit hat, sich mit der Feststellung und Behandlung der für das Gebiet typischen Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten vertraut zu machen
2.
Personal und Ausstattung vorhanden sind, die den Erfordernissen der Entwicklung der Zahnheilkunde entsprechen.

(3) Im Gebiet „Öffentliches Gesundheitswesen“ wird der erfolgreiche Abschluß der Weiterbildung durch das Bestehen der Prüfung an einer Akademie für das Öffentliche Gesundheitswesen nachgewiesen. Die Anerkennung wird erst erteilt, wenn die vorgeschriebene Weiterbildungszeit abgeleistet ist.

Vierter Unterabschnitt
Weiterbildung der Tierärzte

§ 35
Fachrichtungen sowie Inhalt und Umfang der
tierärztlichen Weiterbildung

(1) Fachrichtungen, für die die Kammer nach § 18 Abs. 2 Bezeichnungen bestimmen kann, sind

1.
Theoretische Veterinärmedizin,
2.
Tierhaltung und Tierschutz,
3.
Lebensmittelüberwachung und Fleischhygiene,
4.
Klinische Veterinärmedizin,
5.
Tierzucht und Zuchthygiene,
6.
Ökologische Veterinärmedizin und Tierhygiene,
7.
Verbindungen der genannten Fachrichtungen.

(2) Daneben bestehen die Bezeichnungen „Tierärztliche Allgemeinpraxis“ und „Öffentliches Veterinärwesen“ als Gebietsbezeichnungen.

(3) Die Bezeichnung „Tierärztliche Allgemeinpraxis“ darf nicht neben der Bezeichnung „Praktischer Tierarzt“ geführt werden. Neben der Bezeichnung „Praktischer Tierarzt“ dürfen nicht mehr als zwei Gebietsbezeichnungen geführt werden.

(4) Die Aufsichtsbehörde wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung abweichend von § 20 bis § 24 Vorschriften über die Weiterbildung und Prüfung für Tierärzte im Gebiet „Öffentliches Veterinärwesen“ zu erlassen und hierbei die Einrichtungen zu bestimmen, in denen die Weiterbildung durchgeführt wird. Dabei sind insbesondere zu regeln

1.
die Voraussetzungen für die Zulassung zur Weiterbildung und die Anrechnung von Zeiten, die dem Zweck der Weiterbildung dienen, auf die Weiterbildung,
2.
das Ziel, der Inhalt, die Dauer und die Ausgestaltung der Weiterbildung sowie die Beurteilung der Leistungen während der Weiterbildung,
3.
die Art und die Zahl der Prüfungsleistungen, das Prüfungsverfahren einschließlich der Festlegung des Prüfungsergebnisses unter Berücksichtigung der Leistungen während der Weiterbildung und die Bildung des Prüfungsausschusses,
4.
die Erteilung eines Zeugnisses über das Bestehen der Prüfung als Grundlage der Anerkennung für das Gebiet,
5.
die Möglichkeit, Prüfungsleistungen zu wiederholen.

(5) Die Zulassung einer Weiterbildungsstätte setzt voraus, daß

1.
Tiere in so ausreichender Zahl und Art behandelt werden, daß der weiterzubildende Tierarzt die Möglichkeit hat, sich mit den typischen Krankheiten des Gebiets oder Teilgebiets, auf das sich die Bezeichnung bezieht, vertraut zu machen,
2.
Personal und Ausstattung vorhanden sind, die den Erfordernissen der veterinärmedizinischen Entwicklung Rechnung tragen.

Fünfter Unterabschnitt
Weiterbildung der Apotheker

§ 36
Fachrichtungen sowie Inhalt und Umfang der
Apothekerweiterbildung

(1) Fachrichtungen, für die die Kammer nach § 18 Abs. 2 Bezeichnungen bestimmen kann, sind

1.
Arzneimittelversorgung,
2.
Arzneimittelentwicklung, -produktion und -kontrolle,
3.
Theoretische Pharmazie,
4.
Ökologische Pharmazie,
5.
Verbindungen dieser Fachrichtungen.

(2) Daneben besteht die Bezeichnung „Öffentliches Gesundheitswesen“ als Gebietsbezeichnung.

(3) Die Weiterbildung umfaßt insbesondere die Vertiefung der Kenntnisse und Fertigkeiten bei der Entwicklung, Herstellung, Prüfung, Begutachtung und Abgabe von Arzneimitteln sowie bei der Information und Beratung über Arzneimittel. Sie erstreckt sich auch auf die Ermittlung von Kenntnissen über die Wechselbeziehungen zwischen Mensch und Umwelt, insbesondere über die Risiken und Nebenwirkungen von Arzneimitteln sowie über die Auswirkungen von Giften und anderen gesundheitsschädlichen Stoffen, auf die Vertiefung der Kenntnisse und Fertigkeiten zu deren Nachweis, auf die notwendigen Maßnahmen zu ihrer Beseitigung und auf die Verhütung der von ihnen ausgehenden Gefahren.

(4) Die Aufsichtsbehörde wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung abweichend von § 20 bis § 24 Vorschriften über die Weiterbildung und Prüfung für das Gebiet „Öffentliches Gesundheitswesen“ zu erlassen und hierbei die Einrichtungen zu bestimmen, in denen die Weiterbildung durchgeführt wird. Dabei sind insbesondere zu regeln

1.
die Voraussetzungen für die Zulassung zur Weiterbildung und die Anrechnung von Zeiten, die dem Zweck der Weiterbildung dienen, auf die Weiterbildung,
2.
das Ziel, der Inhalt, die Dauer und die Ausgestaltung der Weiterbildung sowie die Beurteilung der Leistungen während der Weiterbildung,
3.
die Art und die Zahl der Prüfungsleistungen, das Prüfungsverfahren einschließlich der Festlegung des Prüfungsergebnisses unter Berücksichtigung der Leistungen während der Weiterbildung und die Bildung des Prüfungsausschusses,
4.
die Erteilung eines Zeugnisses über das Bestehen der Prüfung als Grundlage der Anerkennung für das Gebiet,
5.
die Möglichkeit, Prüfungsleistungen zu wiederholen,
6.
die Voraussetzungen für die Anerkennung zum Führen der Gebietsbezeichnung für diejenigen Apotheker, die Tätigkeiten im Gebiet vor Einführung dieser Bezeichnung nachweisen können.

(5) Die Weiterbildung der Apotheker in Gebieten und Teilgebieten erfolgt nach der Natur der jeweiligen Fachrichtung unter verantwortlicher Leitung hierzu befugter Apotheker in entsprechenden Einrichtungen der wissenschaftlichen Hochschulen und von der Kammer zugelassenen anderen Weiterbildungsstätten (Apotheken, Krankenhausapotheken, Arzneimittelherstellungsbetrieben, pharmazeutischen Instituten und anderen geeigneten pharmazeutischen Einrichtungen). Die Weiterbildungsordnung kann vorsehen, daß die Weiterbildung in Bereichen unter verantwortlicher Leitung eines für diesen Bereich befugten Apothekers durchgeführt wird. Die Zulassung einer Apotheke, einer Krankenhausapotheke oder eines Betriebes der pharmazeutischen Industrie als Weiterbildungsstätte setzt voraus, daß

1.
die dort zu verrichtenden Tätigkeiten nach Inhalt und Umfang dem weiterzubildenden Apotheker die Möglichkeit geben, die beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten des Gebiets oder Teilgebiets zu erwerben, auf das sich die Bezeichnung nach § 18 bezieht;
2.
Personal und Ausstattung vorhanden sind, die den Erfordernissen der Entwicklung in der Pharmazie entsprechen.

Vierter Abschnitt
Aufsicht

§ 37
Inhalt und Grenzen der Aufsicht

(1) Die Aufsicht über die Tierärztekammer führt das für das Veterinärwesen zuständige Staatsministerium; die Aufsicht über die anderen Kammern führt das für das Gesundheitswesen zuständige Staatsministerium.

(2) Die Kammern unterstehen der Fachaufsicht der Aufsichtsbehörde nur, wenn dies durch Gesetz oder Rechtsverordnung besonders bestimmt ist; im übrigen beschränkt sich die staatliche Aufsicht auf die Rechtsaufsicht.

(3) Die Aufsichtsbehörde ist zu den Sitzungen der Kammerversammlung rechtzeitig einzuladen. In der Kammerversammlung ist ihren Vertretern auf Verlangen jederzeit das Wort zu erteilen. Die Aufsichtsbehörde kann zur Erfüllung ihrer Aufgaben Auskünfte, Berichte und die Vorlage von Akten und sonstigen Unterlagen verlangen oder diese an Ort und Stelle einsehen.

(4) Die Aufsichtsbehörde kann rechtswidrige Beschlüsse der Kammer beanstanden und verlangen, daß sie von der Kammer binnen einer angemessenen Frist abgeändert oder aufgehoben werden. Sie kann ferner verlangen, daß Maßnahmen, die aufgrund derartiger Beschlüsse getroffen wurden, rückgängig gemacht werden. Die Beanstandung hat aufschiebende Wirkung.

(5) Die Aufsichtsbehörde kann verlangen, daß der Vollzug eines Beschlusses einstweilen ausgesetzt wird, wenn sie Bedenken gegen seine Rechtmäßigkeit hat und eine Entscheidung nach Absatz 4 nicht sofort treffen kann.

(6) Im übrigen sind die Vorschriften der Gemeindeordnung für den Freistaat Sachsen (SächsGemO) vom 21. April 1993 (SächsGVBl. S. 301) über das Anordnungsrecht (§ 115) sowie über das Recht der Ersatzvornahme (§ 116) entsprechend anzuwenden.

§ 38
Genehmigungspflicht für Satzungen

(1) Folgende Satzungen und deren Änderungen bedürfen der Genehmigung der Aufsichtsbehörde:

1.
Hauptsatzung;
2.
Wahlordnung;
3.
Beitrags-, Gebühren- und Leistungsordnungen;
4.
Berufsordnung;
5.
Weiterbildungsordnung;
6.
Satzungen nach § 6.

(2) Die genehmigten Satzungen sind in den amtlichen Mitteilungen der Kammern bekannt zu machen.

Fünfter Abschnitt
Vermittlungsverfahren

§ 39
Beilegung berufsbezogener Streitigkeiten

(1) Berufsbezogene Streitigkeiten, die nicht bereits Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sind, sollen nach Möglichkeit in einem Vermittlungsverfahren beigelegt werden. Zu diesem Zweck bestellen die Kammern einen oder mehrere Vermittler.

(2) Beteiligte im Vermittlungsverfahren können Mitglieder und Dritte sein. Der Vermittler unternimmt auf Antrag eines Beteiligten einen Vermittlungsversuch. Erhebt ein Beteiligter vor Beginn des Vermittlungsversuches Widerspruch, entfällt die Tätigkeit des Vermittlers.

(3) Ist ein Dritter beteiligt, so kann der Vermittler nur bei Zustimmung aller Beteiligten tätig werden.

(4) Der Vermittler hat innerhalb von vier Wochen nach Anrufung tätig zu werden. Er kann von den Beteiligten Auskunft verlangen, soweit nicht das Berufsgeheimnis oder eine dienstliche Verpflichtung zur Verschwiegenheit entgegenstehen, und deren persönliches Erscheinen veranlassen.

(5) Kommt ein Ausgleich nicht zustande, ist die Tätigkeit des Vermittlers beendet.

(6) Der Rechtsweg wird durch das Vermittlungsverfahren nicht ausgeschlossen.

Sechster Abschnitt
Rügeverfahren und Berufsgerichtsbarkeit

§ 40
Verhältnis von Rügeverfahren zur Berufsgerichtsbarkeit

Ist der Vorstand der Kammer der Ansicht, daß ein Mitglied die ihm obliegende Berufspflicht verletzt hat, kann er entweder ein Rügeverfahren durchführen oder ein berufsgerichtliches Verfahren einleiten. Der Vorstand beschränkt sich auf das Rügeverfahren, wenn ihm die Schuld des Mitglieds gering und deshalb die Einleitung eines berufsgerichtlichen Verfahrens nicht erforderlich erscheint.

§ 41
Rügeverfahren

(1) Das Rügeverfahren wird vom Vorstand durchgeführt.

(2) Auf Mitglieder, die einer Disziplinarordnung unterliegen, ist das Rügeverfahren nicht anzuwenden.

(3) Sobald wegen derselben Berufspflichtverletzung ein berufsgerichtliches Verfahren eingeleitet ist, kann das Rügerecht nicht mehr ausgeübt werden, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.

(4) Vor Erteilung der Rüge ist das Mitglied zu hören. Die Erteilung der Rüge erfolgt durch Bescheid. Der Bescheid ist zu begründen und dem Mitglied mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zuzustellen. Eine Zweitschrift ist der Aufsichtsbehörde zu übersenden.

(5) Gegen den Bescheid kann das Mitglied innerhalb eines Monats nach Zustellung Beschwerde bei der Kammer erheben. Über die Beschwerde entscheidet der Vorstand der Kammer; Absatz 4 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

§ 42
Antrag auf gerichtliche Entscheidung

(1) Wird die Beschwerde gegen den Rügebescheid ganz oder teilweise zurückgewiesen, kann das Mitglied innerhalb eines Monats und, wenn neue Tatsachen oder Beweismittel bekannt werden, innerhalb eines Jahres nach Zustellung des Beschwerdebescheides Antrag auf gerichtliche Entscheidung stellen. Der Antrag kann bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung zurückgenommen werden.

(2) Das Berufsgericht bestätigt den Beschwerdebescheid, soweit es eine Berufspflichtverletzung für nachgewiesen hält, andernfalls hebt es den Beschwerde- und den Rügebescheid auf. Das Gericht entscheidet durch Urteil; das Urteil ist unanfechtbar.

§ 43
Berufsgerichtliches Verfahren

(1) Eine Berufspflichtverletzung wird im berufsgerichtlichen Verfahren verfolgt, soweit nicht § 40 Satz 2 zur Anwendung kommt. Es können auch Berufspflichtverletzungen verfolgt werden, die Mitglieder während ihrer Zugehörigkeit zu einer vergleichbaren Berufsvertretung eines anderen Bundeslandes begangen haben. Endet die Mitgliedschaft nach Eröffnung des berufsgerichtlichen Verfahrens, kann dieses fortgesetzt werden, sofern die Berechtigung zur Berufsausübung weiterbesteht.

(2) Die Verfolgung einer Verletzung der Berufspflichten verjährt in drei Jahren. Verstößt die Tat zugleich gegen ein Strafgesetz, so verjährt die Verfolgung nicht früher als die Verfolgung der Straftat. Für den Beginn, die Unterbrechung und das Ruhen der Verjährung gelten die Vorschriften des Strafgesetzbuches entsprechend. Stellt die Kammer den Antrag auf Einleitung eines berufsgerichtlichen Verfahrens nach § 44 Abs. 5 zurück, ruht die Verfolgungsverjährung von der Mitteilung der Zurückstellung an den Beschuldigten bis zum rechtskräftigen Abschluß des anderen Verfahrens.

§ 44
Antragsteller und Beteiligte

(1) Das berufsgerichtliche Verfahren wird durch den Antrag

1.
des Vorstandes der Kammer
2.
der Aufsichtsbehörde oder
3.
eines Mitglieds der Kammer gegen sich selbst

eingeleitet.

(2) Ein Antragsberechtigter nach Absatz 1 Nr. 1 oder 2, der den Antrag auf Einleitung des berufsgerichtlichen Verfahrens nicht gestellt hat, kann dem Verfahren entsprechend §§ 66 und 67 ZPO jederzeit beitreten. Der Beitritt ist schriftlich zu erklären und vom Berufsgericht den übrigen Beteiligten mitzuteilen.

(3) Beteiligte des Verfahrens sind der Antragsteller, das beschuldigte Mitglied und im Falle des Absatzes 2 der Nebenintervenient.

(4) Der Antragsteller hat die Tatsachen anzugeben, auf die er seinen Antrag stützt. Der Antragsteller nach Absatz 1 Nr. 1 oder 2 hat auch die Beweismittel zu bezeichnen und das Ergebnis der Ermittlungen darzustellen.

(5) Unterliegt das beschuldigte Mitglied einer Disziplinarordnung, unterrichtet der Antragsteller den Dienstvorgesetzten über die Einleitung des berufsgerichtlichen Verfahrens.

(6) Liegt wegen derselben Berufspflichtverletzung bei einem Gericht oder einer Behörde bereits ein Antrag auf Einleitung eines Straf-, Bußgeld- oder Disziplinarverfahrens vor, kann der Vorstand den Antrag bis zum rechtskräftigen Abschluß des anderen Verfahrens zurückstellen. Nach Abschluß dieses Verfahrens kann er von dem Antrag absehen, wenn nicht Maßnahmen nach § 55 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 angezeigt sind. Die Entscheidung ist dem Mitglied und der Aufsichtsbehörde mitzuteilen.

§ 45
Verfahrensvoraussetzungen in besonderen Fällen

(1) Die Aufsichtsbehörde kann die Einleitung eines berufsgerichtlichen Verfahrens auch dann beantragen, wenn der Vorstand der Kammer das Rügeverfahren eingeleitet hat. Nach Durchführung des Rügeverfahrens erlischt dieses Recht innerhalb eines Jahres seit Bestandskraft des Rügebescheides.

(2) Der Vorstand kann bei Vorliegen eines bestandskräftigen Rügebescheides innerhalb der gleichen Frist die Einleitung des berufsgerichtlichen Verfahrens beantragen, wenn entweder neue schwerwiegende Tatsachen oder Beweismittel bekanntgeworden sind oder wenn das Mitglied sein beanstandetes Verhalten fortsetzt.

§ 46
Zurückweisung des Antrages auf Eröffnung des
berufsgerichtlichen Verfahrens

(1) Der Vorsitzende stellt dem beschuldigten Mitglied den Antrag mit der Aufforderung zu, sich hierzu innerhalb eines Monats zu äußern. Eine Kopie des Antrages ist auch den übrigen Antragsberechtigten unter Hinweis auf ihr Beitrittsrecht nach §§ 66 und 67 ZPO zu übermitteln.

(2) Kommt der Vorsitzende nach Anhörung der Beteiligten zu dem Ergebnis, daß der Antrag unzulässig ist oder daß eine Berufspflichtverletzung nicht vorliegt, weist er den Antrag zurück. Er kann den Antrag auch zurückweisen, wenn ihm die Durchführung eines Verfahrens wegen der Geringfügigkeit der dem Beschuldigten vorgeworfenen Berufspflichtverletzung nicht erforderlich erscheint. Das gleiche gilt, wenn er eine Rüge zur Ahndung der Berufspflichtverletzung für ausreichend hält; in diesem Falle übersendet er die Akten nach Ablauf der Frist des Absatzes 4 an die für die Durchführung des Rügeverfahrens zuständige Kammer.

(3) Der Vorsitzende kann eine Entscheidung nach Absatz 2 auch ohne Übermittlung des Antrags und ohne Anhörung der Verfahrensbeteiligten treffen, wenn er den Antrag auf Eröffnung des berufsgerichtlichen Verfahrens für offensichtlich unzulässig oder unbegründet hält oder wenn er die Zurückweisung wegen Geringfügigkeit schon vor Anhörung der Beteiligten für gerechtfertigt hält.

(4) Die Entscheidung nach Absatz 2 oder 3 ergeht durch Beschluß. Der Antragsteller oder ein Nebenintervenient kann innerhalb von zwei Wochen nach der Zustellung die Beschlußfassung des Berufsgerichts in voller Besetzung beantragen. Die Entscheidung ist unanfechtbar.

§ 47
Untersuchungsverfahren

(1) Hält das Berufsgericht vor Eröffnung des berufsgerichtlichen Verfahrens weitere Ermittlungen für erforderlich, beauftragt es den Untersuchungsführer mit der Durchführung des Untersuchungsverfahrens.

(2) Die Beteiligten sind zu allen Beweiserhebungen zu laden. Der Beschuldigte ist durch den Untersuchungsführer zu vernehmen.

(3) Der Untersuchungsführer hat zu allen Beweiserhebungen einen Schriftführer beizuziehen. Der Schriftführer ist, wenn er kein Beamter ist, entsprechend zu verpflichten.

(4) Nach Abschluß der Beweiserhebungen erstattet der Untersuchungsführer einen schriftlichen Bericht über das wesentliche Ergebnis der Untersuchung.

(5) Das Berufsgericht kann auch nach Abschluß des Untersuchungsverfahrens eine Entscheidung nach § 46 Abs. 2 treffen.

§ 48
Eröffnungsbeschluß

(1) Sieht das Berufsgericht hinreichende Anhaltspunkte für eine Berufspflichtverletzung des Beschuldigten, eröffnet es das berufsgerichtliche Verfahren durch einen Beschluß (Eröffnungsbeschluß), in dem die Verfehlung oder die Verfehlungen, die dem beschuldigten Mitglied zur Last gelegt werden, näher zu bezeichnen sind.

(2) Der Eröffnungsbeschluß ist den Beteiligten zuzustellen; den übrigen Antragsberechtigten ist er mitzuteilen.

§ 49
Berufsgerichtliches Verfahren und Strafverfahren

(1) Solange gegen das beschuldigte Mitglied wegen derselben Tat ein Straf- oder Bußgeldverfahren anhängig ist, ist ein berufsgerichtliches Verfahren auszusetzen.

(2) Wegen derselben Tat, die Gegenstand einer Entscheidung in einem Straf- oder Bußgeldverfahren war, darf ein berufsgerichtliches Verfahren nur noch durchgeführt werden, wenn diese Entscheidung den Unrechtsgehalt der Berufspflichtverletzung nicht abgegolten hat.

(3) Die tatsächlichen Feststellungen einer rechtskräftigen Entscheidung im Straf- oder Bußgeldverfahren sind für das Berufsgericht bindend. Sie können nur dann zum Nachteil des Beschuldigten verwendet werden, wenn dieser zuvor zu den Feststellungen im berufsgerichtlichen Verfahren gehört worden ist.

§ 50
Berufsgerichtliches Verfahren gegen Beamte

(1) Wird gegen das beschuldigte Mitglied wegen derselben Tat ein beamtenrechtliches Disziplinarverfahren anhängig, gilt § 49 entsprechend.

(2) Nach Beendigung des Disziplinarverfahrens kann das berufsgerichtliche Verfahren fortgesetzt werden, wenn

1.
die Berufspflichtverletzung nicht als Dienstvergehen mit einer Disziplinarmaßnahme geahndet worden ist
2.
die Disziplinarentscheidung den Unrechtsgehalt der Berufspflichtverletzung nicht abgegolten hat und eine Maßnahme nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 und 2 zusätzlich erforderlich ist, um das beschuldigte Mitglied zur Erfüllung seiner Berufspflichten anzuhalten und das Ansehen des Berufsstandes zu wahren, oder
3.
wegen der Schwere der Berufspflichtverletzung neben der Disziplinarmaßnahme Maßnahmen nach § 55 Abs. 1 Nr. 3 bis 6 in Frage kommen.

§ 51
Hauptverhandlung

(1) Der Termin der Hauptverhandlung wird vom Vorsitzenden bestimmt.

(2) Den Beteiligten und dem Verteidiger ist die Ladung mindestens zwei Wochen vor der Hauptverhandlung zuzustellen.

(3) Gegen ein beschuldigtes Mitglied, das nicht erschienen und nicht durch einen Verteidiger oder Beistand vertreten ist, kann die Hauptverhandlung durchgeführt werden, wenn es ordnungsgemäß geladen und in der Ladung darauf hingewiesen ist, daß in seiner Abwesenheit verhandelt werden kann.

(4) Das beschuldigte Mitglied darf zur Durchführung des berufsgerichtlichen Verfahrens weder vorläufig festgenommen noch verhaftet oder vorgeführt werden. Es kann nicht zur Vorbereitung eines Gutachtens über seinen psychischen Zustand in ein psychiatrisches Krankenhaus gebracht werden.

§ 52
Beschluß über Verlesung von Niederschriften
und Gutachten

(1) Das Berufsgericht kann unbeschadet seiner Aufklärungspflicht beschließen, daß

1.
Niederschriften über die frühere Vernehmung eines Zeugen oder Sachverständigen im berufsgerichtlichen Verfahren oder in einem anderen gesetzlich geregelten Verfahren gegen den Beschuldigten
2.
schriftliche Gutachten eines Sachverständigen

zu verlesen sind. Auf Antrag eines Beteiligten ist der Zeuge oder Sachverständige jedoch in der Hauptverhandlung zu vernehmen, wenn er nicht am Erscheinen verhindert oder ihm das Erscheinen wegen großer Entfernung unzumutbar ist.

(2) Der Beschluß nach Absatz 1 muß das zu verlesende Gutachten oder die zu verlesende Niederschrift bezeichnen. Ergeht er vor der Hauptverhandlung, ist er dem Antragsteller, einem Beigetretenen und dem beschuldigten Mitglied mit dem Hinweis zuzustellen, daß der Antrag, den Zeugen oder Sachverständigen in der Hauptverhandlung zu vernehmen, binnen zwei Wochen beim Berufsgericht zu stellen ist. Nach Ablauf dieser Frist braucht das Gericht dem Antrag nur zu entsprechen, wenn der Antragsteller darlegt, daß die Einvernahme des Zeugen oder Sachverständigen in der Hauptverhandlung zur Sachaufklärung erforderlich ist.

§ 53
Öffentlichkeit, Sitzungspolizei, Gerichtssprache,
Schweigepflicht

(1) Soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist, sind die Vorschriften des Gerichtsverfassungsgesetzes über Öffentlichkeit, Sitzungspolizei und Gerichtssprache auf das berufsgerichtliche Verfahren entsprechend anzuwenden.

(2) Die Öffentlichkeit kann außer aus den im Gerichtsverfassungsgesetz genannten Gründen auch zur Wahrung des Berufsgeheimnisses von der Hauptverhandlung ganz oder zum Teil ausgeschlossen werden.

§ 54
Verfahrenseinstellung

(1) Das Berufsgericht kann das Verfahren nach der Eröffnung wegen Geringfügigkeit der dem beschuldigten Mitglied vorgeworfenen Berufspflichtverletzung oder entsprechend § 46 Abs. 2 Satz 3 einstellen. Die Einstellung wegen Geringgügigkeit kann das Berufsgericht auch mit der Auflage verbinden, daß der Beschuldigte einen Geldbetrag bis zur Höhe von 5 000 Deutsche Mark zugunsten einer sozialen Einrichtung der Kammer zu zahlen hat oder zur Wiedergutmachung des durch die Tat verursachten Schadens verpflichtet wird.

(2) An dem Beschluß haben die ehrenamtlichen Richter mitzuwirken. Ist der Beschluß mit einer Auflage verbunden, kann er durch den Beschuldigten mit der Beschwerde angefochten werden; im übrigen ist er unanfechtbar.

§ 55
Maßnahmen

(1) Im Urteil kann erkannt werden auf

1.
Verweis
2.
Geldbuße bis 100 000 Deutsche Mark,
3.
Aberkennung der Mitgliedschaft in Organen der Kammer,
4.
Aberkennung der Wählbarkeit in Organe der Kammer bis zur Dauer von fünf Jahren,
5.
Aberkennung des Wahlrechts zur Kammerversammlung,
6.
Ausschluß aus der Kammer, wenn die Mitgliedschaft freiwillig ist.

(2) Auf die in Absatz 1 Nr. 2 bis 6 genannten Maßnahmen kann nebeneinander erkannt werden.

(3) Das Berufsgericht kann der zuständigen Kammer gestatten, die Verurteilung auf Kosten des Mitglieds zu veröffentlichen. Die Art der Veröffentlichung und die Frist, innerhalb der die Veröffentlichung erfolgen kann, sind im Urteil zu bestimmen.

(4) Absatz 3 gilt bei einem Freispruch des Mitglieds mit der Maßgabe entsprechend, daß das Mitglied die Entscheidung auf Kosten der Stelle veröffentlichen kann, die die Einleitung des berufsgerichtlichen Verfahrens veranlaßt hat.

§ 56
Urteil

(1) Die Hauptverhandlung endet mit der Verkündung des Urteils.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, die Gegenstand der Hauptverhandlung waren.

§ 57
Bekanntgabe von Entscheidungen

(1) Das Urteil wird durch Verlesen der Urteilsformel und Mitteilung der wesentlichen Urteilsgründe verkündet. Das Urteil ist von dem Vorsitzenden und den Beisitzern zu unterzeichnen. Den Beteiligten und dem Verteidiger ist das Urteil mit Rechtsmittelbelehrung zuzustellen, den übrigen Antragsberechtigten ist es mitzuteilen.

(2) Beschlüsse sind den Beteiligten und dem Verteidiger zuzustellen, den übrigen Antragsberechtigten sind sie mitzuteilen.

(3) Die Aufsichtsbehörde hat der Approbationsbehörde eine rechtskräftige Entscheidung mitzuteilen, die nach Ansicht der Aufsichtsbehörde Anlaß zu der Prüfung gibt, ob die Approbation oder die Berufserlaubnis zu entziehen ist.

§ 58
Berufung, Berufungsverfahren, Berufungsentscheidung

(1) Gegen das Urteil des Berufsgerichts können das beschuldigte Mitglied und der Antragsteller Berufung einlegen.

(2) Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim Berufsgericht schriftlich oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle einzulegen. Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist beim Landesberufsgericht eingeht.

(3) Für das Verfahren vor dem Landesberufsgericht gelten die Vorschriften über das Verfahren vor dem Berufsgericht entsprechend, soweit in diesem Gesetz nicht etwas anderes bestimmt ist.

(4) Das Landesberufsgericht verwirft die Berufung durch einen mit Gründen versehenen Beschluß, wenn sie nicht frist- oder formgerecht eingelegt ist. Der Berufungskläger kann den Beschluß innerhalb eines Monats nach Zustellung anfechten und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragen.

(5) Eine neue Tat kann von dem Landesberufsgericht in die Verhandlung und Entscheidung nur einbezogen werden, wenn das beschuldigte Mitglied zustimmt. In diesem Falle muß das Landesberufsgericht den Eröffnungsbeschluß ergänzen.

(6) Hält das Landesberufsgericht die Berufung für zulässig und begründet, hebt es das Urteil des Berufsgerichts auf und entscheidet in der Sache selbst.

(7) Unbeschadet der nach Absatz 5 möglichen Einbeziehung einer neuen Tat darf das Urteil in Art und Höhe der Rechtsfolgen nicht zum Nachteil des beschuldigten Mitglieds geändert werden, wenn lediglich zu seinen Gunsten Berufung eingelegt wurde.

§ 59
Beschwerderecht

(1) Soweit in diesem Gesetz nicht etwas anderes bestimmt ist, ist gegen Beschlüsse sowie gegen Verfügungen des Vorsitzenden die Beschwerde in sinngemäßer Anwendung der Strafprozeßordnung zulässig. Sie ist innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe der anzufechtenden Entscheidung bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten werden soll.

(2) Hält das Berufsgericht die Beschwerde für begründet, hilft es ihr ab; andernfalls legt es die Beschwerde innerhalb einer Woche dem Landesberufsgericht vor, das durch Beschluß endgültig entscheidet. Über eine beim Landesberufsgericht erhobene Beschwerde entscheidet dieses Gericht endgültig und unanfechtbar. Das Berufsgericht und das Landesberufsgericht entscheiden in der Besetzung nach § 63 Abs. 1 Satz 1 und 2.

§ 60
Folgen der Rechtskraft von Entscheidungen

(1) Entscheidungen nach diesem Abschnitt sind mit Eintritt der Rechtskraft vollstreckbar.

(2) Der Verweis gilt mit Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung als erteilt. Zum gleichen Zeitpunkt werden Maßnahmen nach § 55 Abs. 1 Nr. 3 bis 6 wirksam.

(3) Lag bei einem Verfahren nach § 45 bereits ein Rügebescheid vor, wird er mit Rechtskraft der Entscheidung des Berufsgerichts unwirksam.

(4) Die Rechtskraft der Entscheidung ist den nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 und 2 Antragsberechtigten mitzuteilen.

§ 61
Wiederaufnahme

Ein nach diesem Gesetz durch rechtskräftige Entscheidung beendetes Verfahren kann unter denselben Voraussetzungen wie ein Strafverfahren wieder aufgenommen werden. Die Wiederaufnahme kann das beschuldigte Mitglied oder ein Antragsberechtigter (§ 44 Abs. 1) beantragen.

§ 62
Aufbau und Zuständigkeit der Berufsgerichtsbarkeit

(1) Das berufsgerichtliche Verfahren wird von dem Berufsgericht für die Heilberufe (Berufsgericht) als erster Instanz und von dem Landesberufsgericht für die Heilberufe (Landesberufsgericht) als Rechtsmittelinstanz durchgeführt.

(2) Das Berufsgericht wird beim Landgericht Dresden, das Landesberufsgericht beim Oberlandesgericht Dresden errichtet.

(3) Das Staatsministerium der Justiz führt die Dienstaufsicht über das Berufsgericht und das Landesberufsgericht.

§ 63
Besetzung der Berufsgerichte, Geschäftsstelle

(1) Das Berufsgericht verhandelt und entscheidet in der Besetzung von einem Berufsrichter als Vorsitzendem und zwei ehrenamtlichen Richtern. Das Landesberufsgericht verhandelt und entscheidet in der Besetzung von einem Berufsrichter als Vorsitzendem, einem weiteren Berufsrichter und drei ehrenamtlichen Richtern. Soweit dieses Gesetz nicht etwas anderes bestimmt, wirken die ehrenamtlichen Richter bei Beschlüssen außerhalb der mündlichen Verhandlung nicht mit. Die ehrenamtlichen Richter müssen Mitglied der Kammer sein, der das beschuldigte Mitglied angehört.

(2) Die Aufgaben der Geschäftsstelle nimmt die Geschäftsstelle des Gerichts wahr, bei dem das Berufsgericht oder das Landesberufsgericht errichtet ist.

§ 64
Bestellung der Berufsrichter und der ehrenamtlichen Richter

(1) Das Staatsministerium der Justiz bestellt für die Dauer von fünf Jahren

1.
die Vorsitzenden des Berufsgerichtes und des Landesberufsgerichts und die weiteren berufsrichterlichen Mitglieder des Landesberufsgerichts sowie deren Stellvertreter,
2.
die ehrenamtlichen Richter und deren Stellvertreter,
3.
für das Berufsgericht einen ständigen Untersuchungsführer und einen Stellvertreter.

(2) Die Vorsitzenden bestimmen vor Beginn jedes Geschäftsjahres, nach welchen Grundsätzen und in welcher Reihenfolge die ehrenamtlichen Richter heranzuziehen sind und einander im Verhinderungsfall vertreten.

(3) Die berufsrichterlichen Mitglieder des Berufsgerichts und des Landesberufsgerichts müssen Mitglieder des jeweiligen Gerichts (§ 62 Abs. 2) sein. Der Untersuchungsführer und sein Stellvertreter müssen Richter der ordentlichen Gerichtsbarkeit sein.

(4) Das Staatsministerium der Justiz bestimmt nach Anhörung der Kammer die Zahl der erforderlichen ehrenamtlichen Richter jeder Berufsgruppe. Die ehrenamtlichen Richter werden den Vorschlagslisten entnommen, die die Kammern getrennt nach den Rechtszügen beim Staatsministerium der Justiz einreichen. Die Vorschlagsliste muß mindestens um die Hälfte mehr Mitglieder der Berufsvertretung enthalten, als ehrenamtliche Richter zu bestellen sind. Scheidet ein ehrenamtlicher Richter vor Ablauf der Amtszeit aus, ist für den Rest seiner Amtszeit ein Nachfolger nur zu bestellen, wenn hierfür ein Bedürfnis besteht.

§ 65
Bestimmungen für ehrenamtliche Richter

(1) Zu ehrenamtlichen Richtern können Mitglieder bestellt werden, die das 30. Lebensjahr vollendet haben.

(2) Die Bestellung zum ehrenamtlichen Richter kann nur aus wichtigem Grund abgelehnt werden; als solcher gilt vor allem

1.
Vollendung des 65. Lebensjahres
2.
Krankheit oder Gebrechen,
3.
andere zeitaufwendige ehrenamtliche Tätigkeit oder
4.
Tätigkeit als ehrenamtlicher Richter in den vorhergehenden fünf Jahren.

Ist zweifelhaft, ob die Ablehnung gerechtfertigt ist, entscheidet hierüber das Staatsministerium der Justiz. Es hat vor der Entscheidung die Kammer zu hören.

(3) Zum ehrenamtlichen Richter darf nicht bestellt werden, wer

1.
dem Vorstand einer Kammer angehört,
2.
in einer Kammer bei der Ahndung von Verstößen gegen Berufspflichten mitwirkt,
3.
Bediensteter einer Kammer ist,
4.
der Aufsichtsbehörde angehört,
5.
die Wählbarkeit in Organe der Kammer nicht besitzt,
6.
wegen einer vorsätzlichen Tat zu einer Freiheitsstrafe rechtskräftig verurteilt worden ist, sofern die Eintragung über die Verurteilung im Bundeszentralregister nicht gelöscht ist,
7.
nach Absatz 5 gehindert ist, das Richteramt auszuüben.

(4) Über den Widerruf und die Rücknahme der Bestellung eines ehrenamtlichen Richters entscheidet das Staatsministerium der Justiz.

(5) Ein ehrenamtlicher Richter kann das Richteramt nicht ausüben,

1.
solange seine Approbation, Bestallung oder Erlaubnis zur Berufsausübung ruht
2.
solange gegen ihn ein Berufsverbot besteht,
3.
während der Dauer eines gegen ihn eingeleiteten berufsgerichtlichen Verfahrens,
4.
während der Dauer eines gegen ihn eingeleiteten förmlichen Disziplinarverfahrens, sofern dieses eine Berufsverfehlung im Sinne dieses Gesetzes betrifft,
5.
während der Dauer eines gegen ihn eröffneten Strafverfahrens, sofern das Verfahren ein vorsätzliches Vergehen oder ein Verbrechen zum Gegenstand hat.

In Zweifelsfällen entscheidet das Staatsministerium der Justiz.

§ 66
Ablehnung und Ausschließung von Richtern

Von der Ausübung eines richterlichen Amtes ist ein Richter oder ehrenamtlicher Richter ausgeschlossen, wenn er mit dem Sachverhalt, der Gegenstand eines berufsgerichtlichen Verfahrens ist, in einem anderen Verfahren, vor allem als Mitglied eines Organs einer kassenärztlichen oder kassenzahnärztlichen Vereinigung, befaßt war oder ist. Im übrigen gelten die Bestimmungen der Strafprozeßordnung über Ablehnung und Ausschließung von Gerichtspersonen sinngemäß.

§ 67
Entschädigung der ehrenamtlichen Richter

Die ehrenamtlichen Richter erhalten eine Entschädigung nach Maßgabe des Gesetzes über die Entschädigung der ehrenamtlichen Richter in der jeweils geltenden Fassung.

§ 68
Amts‑ und Rechtshilfe

(1) Alle Gerichte und Behörden sowie alle Körperschaften des öffentlichen Rechts haben dem Berufsgericht, dem Landesberufsgericht und dem Untersuchungsführer Amts- und Rechtshilfe zu leisten.

(2) Akten und sonstige Unterlagen, die personenbezogene Daten enthalten, dürfen nur verwertet werden, soweit der Zweck des berufsgerichtlichen Verfahrens dies erfordert. Sofern in der Hauptverhandlung personenbezogene Daten, die einem besonderen Berufs- oder Amtsgeheimnis unterliegen, erörtert werden, soll dies in anonymisierter Form geschehen.

§ 69
Vereidigung von Zeugen und Sachverständigen

Die Vereidigung von Zeugen und Sachverständigen ist im berufsgerichtlichen Verfahren nur zulässig, wenn es das Berufsgericht zur Herbeiführung einer wahren Aussage für erforderlich hält.

§ 70
Wahl eines Verteidigers, Akteneinsicht

(1) Das beschuldigte Mitglied kann sich zu seiner Verteidigung in jeder Lage des Verfahrens eines Verteidigers oder eines Mitgliedes seiner Kammer bedienen.

(2) Der Beschuldigte und sein Verteidiger und die sonstigen Verfahrensbeteiligten sind berechtigt, die beim Untersuchungsführer oder beim Berufsgericht vorliegenden Akten einzusehen und amtlich verwahrte Beweisstücke zu besichtigen. Dieses Recht darf ihnen nur versagt werden, soweit hierdurch entweder der Zweck der Untersuchung oder der gerichtlichen Beweisaufnahme gefährdet wäre oder ähnliche schwerwiegende Gründe entgegenstehen.

(3) Im übrigen darf Akteneinsicht nur gewährt werden, wenn ein berechtigtes Interesse glaubhaft gemacht ist und vorrangige schutzwürdige Belange des Beschuldigten oder anderer Personen nicht entgegenstehen.

(4) Über die Gewährung der Akteneinsicht entscheidet im Falle eines Untersuchungsverfahrens der Untersuchungsführer und in anderen Fällen das Berufsgericht. Nach Abschluß des berufsgerichtlichen Verfahrens entscheidet hierüber der Präsident des die Akten verwahrenden Gerichts.

§ 71
Verfahrenskosten

(1) Für das berufsgerichtliche Verfahren werden Gebühren nur erhoben, wenn auf eine der in § 55 Abs. 1 genannten Maßnahmen erkannt wird. Die Gebühren hat der Beschuldigte zu tragen. Sie betragen für jede Instanz mindestens 50 Deutsche Mark, höchstens 5 000 Deutsche Mark. Das Gericht bestimmt in der Entscheidung die Höhe der Gebühren unter Berücksichtigung der Schwierigkeit der Sache sowie der persönlichen Verhältnisse des Beschuldigten nach pflichtgemäßem Ermessen.

(2) Hinsichtlich der Kostenentscheidung, der Kostenpflicht der Verfahrensbeteiligten sowie hinsichtlich der Kostenfestsetzung und der Vollstreckung der Kostenentscheidung gelten die §§ 464 bis 469 StPO sinngemäß mit den folgenden Maßgaben:

1.
Soweit nach den Vorschriften der Strafprozeßordnung die Kosten der Staatskasse aufzuerlegen sind, sind sie im Falle eines Antrages nach § 42 Abs. 1 oder § 44 Abs. 1 Nr. 1 der Kammer, im Falle eines Antrages nach § 44 Abs. 1 Nr. 2 der Staatskasse und im Falle eines Antrages nach § 44 Abs. 1 Nr. 3 unter Berücksichtigung der Tatsachen, die den Beschuldigten zu dem Verfahren gegen sich selbst veranlaßt haben, nach Billigkeit entweder der Kammer oder der Staatskasse aufzuerlegen.
2.
der Staatsanwaltschaft im Sinne des § 473 Abs. 2 StPO stehen im berufsgerichtlichen Verfahren die Antragsberechtigten gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 und 2 gleich.
3.
Die berufsgerichtliche Bestätigung des Rügebescheides hat die Kostenpflicht des beschuldigten Mitglieds zur Folge.

§ 72
Anwendung der Strafprozeßordnung

Soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist, finden die Vorschriften der Strafprozeßordnung über die Beweiserhebung sinngemäß Anwendung.

§ 73
Eintragung und Tilgung in den Berufsakten der Kammern

(1) Eintragungen in die bei der Kammer geführten Berufsakten über eine Maßnahme nach § 55 Abs. 1 sind nach zehn Jahren zu tilgen. Die zu den berufsgerichtlichen Maßnahmen entstandenen Vorgänge sind nach dieser Frist aus den Berufsakten zu entfernen und zu vernichten.

(2) Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem das Urteil, in dem auf die Maßnahme erkannt worden ist, rechtskräftig geworden ist.

(3) Der Ablauf der Frist wird gehemmt, solange gegen das verurteilte Mitglied wegen derselben Tat ein Strafverfahren, ein berufsgerichtliches Verfahren oder ein Disziplinarverfahren anhängig ist. Der Fristablauf wird ferner gehemmt, solange die Eintragung hinsichtlich einer anderen Maßnahme noch nicht abgelaufen ist.

(4) Nach Ablauf der Frist dürfen die Berufspflichtverletzung und die Verurteilung des Mitglieds im Rechtsverkehr zu seinem Nachteil nicht mehr berücksichtigt werden.

(5) Die Absätze 1 bis 4 sind auf eine Rüge nach § 41 mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, daß die Tilgungsfrist fünf Jahre beträgt.

§ 74
Kostenerstattung der Berufsgerichtsbarkeit
durch die Kammern

(1) Die Kammern haben dem Freistaat Sachsen die persönlichen und sächlichen Kosten der Berufsgerichtsbarkeit am Ende eines jeden Rechnungsjahres zu erstatten. Maßgeblich für die Erstattungspflicht ist die Anzahl der Berufsgerichtsverfahren, die die Mitglieder der einzelnen Kammer betrafen.

(2) Soweit die Einnahmen des Berufsgerichts an Kosten und Geldbußen die dem Freistaat Sachsen zu erstattenden Kosten übersteigen, sind sie im nächsten Rechnungsjahr in dem in Absatz 1 geregelten Verhältnis den Kammern zur Verwendung für die bei ihnen bestehenden Wohlfahrtseinrichtungen zuzuführen.

(3) Das Staatsministerium der Justiz kann im Benehmen mit den Staatsministerien der Finanzen und der Aufsichtsbehörde mit den Kammern anstelle der in Absatz 1 und 2 vorgesehenen Einzelberechnung Pauschalerstattungen vereinbaren.

Siebter Abschnitt
Übergangs‑ und Schlußbestimmungen

§ 75
Verletzung von Melde‑ oder Anzeigepflichten

(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig entgegen § 3 Abs. 1 Satz 1 oder § 4 Abs. 2 die vorgeschriebenen Meldungen oder Anzeigen nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erstattet.

(2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu 5 000 Deutsche Mark geahndet werden.

(3) Verwaltungsbehörde im Sinne von § 36 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten ist die zuständige Kammer.

§ 76
Inkrafttreten

(1) Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft.

(2) Gleichzeitig tritt das Gesetz über die Berufsvertretungen und die Berufsausübung der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte und Apotheker – Kammergesetz – vom 13. Juli 1990 (GBl. DDR I Nr. 44 S. 711) außer Kraft. Die hierauf beruhenden Satzungen gelten fort, soweit sie nicht diesem Gesetz widersprechen. § 26 bleibt unberührt.

Das vorstehende Gesetz wird hiermit ausgefertigt und ist zu verkünden.

Dresden, den 24. Mai 1994

Der Landtagspräsident
Erich Iltgen

Der Ministerpräsident
Prof. Dr. Kurt Biedenkopf

Der Staatsminister
für Soziales, Gesundheit und Familie
Dr. Hans Geisler