Historische Fassung war gültig vom 01.01.2006 bis 31.12.2019

Verwaltungsvorschrift
des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz
für Geschäftsprüfungen bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften des Freistaates Sachsen
(VwV Geschäftsprüfungen)

Vom 21. Dezember 2001

[Geändert durch VwV vom 24. November 2005 (SächsJMBl. S. 122) mit Wirkung vom 1. Januar 2006]

A.
Allgemeine Geschäftsprüfungen

I.    Funktion und zeitliche Prüfungspflicht

Im Interesse einer geordneten und effektiven Rechtspflege sollen die äußere Ordnung und die Geschäftsabläufe bei den Gerichten sowie bei den Staatsanwaltschaften in Abständen von höchstens fünf Jahren regelmäßig geprüft werden. Diese Geschäftsprüfungen dienen nicht der Beurteilung einzelner Richter, Staatsanwälte und Rechtspfleger. Sie dürfen die richterliche Unabhängigkeit gemäß Artikel 97 Abs. 1 des Grundgesetzes , §§ 25, 26 des Deutschen Richtergesetzes, Artikel 77 Abs. 2 der Verfassung des Freistaates Sachsen, § 1 des Richtergesetzes des Freistaates Sachsen ( SächsRiG ) und die sachliche Unabhängigkeit der Rechtspfleger gemäß § 9 des Rechtspflegergesetzes ( RPflG) nicht beeinträchtigen.

II.    Prüfungszuständigkeit

1.
Die Prüfungen bei den Landgerichten und Präsidialamtsgerichten werden von dem Präsidenten des Oberlandesgerichts, bei den übrigen Amtsgerichten von den Präsidenten der Landgerichte durchgeführt. Der Präsident des Oberverwaltungsgerichts prüft die Verwaltungsgerichte, der Präsident des Landessozialgerichts die Sozialgerichte und der Präsident des Landesarbeitsgerichts die Arbeitsgerichte. Die Prüfungen bei den Staatsanwaltschaften werden von dem Generalstaatsanwalt durchgeführt. Die Präsidenten der Obergerichte und der Generalstaatsanwalt prüfen ihre eigenen Behörden.
2.
Die Behördenleiter können die Vornahme der Prüfungen auf Beauftragte übertragen. Richterliche Tätigkeiten dürfen nur von einem Richter, staatsanwaltliche Tätigkeiten nur von einem Staatsanwalt und rechtspflegerische Tätigkeiten nur von Beschäftigten des gehobenen oder höheren Justizdienstes überprüft werden.

III.    Geschäftsprüfungsbericht

1.
Über jede Geschäftsprüfung ist eine Niederschrift anzufertigen, in der die wesentlichen Ergebnisse der Prüfung festzuhalten und festgestellte Mängel aufzuführen sind. Die Präsidenten der Obergerichte und der Generalstaatsanwalt erstellen jeweils für ihren Geschäftsbereich einen Prüfungskatalog, der die bei einer Geschäftsprüfung besonders zu beachtenden Vorschriften für die Abwicklung der Dienstgeschäfte der Gerichte und Staatsanwaltschaften enthalten soll und zugleich die Erstellung einer Niederschrift über die Geschäftsprüfung erleichtert. Dabei sollen insbesondere folgende Prüfungspunkte Erwähnung finden:
 
a)
Vorbemerkungen
 
 
aa)
Angabe des Zeitpunkts der vorangegangenen Prüfung,
 
 
bb)
Angabe des Zeitpunkts der gegenwärtigen Prüfung und des geprüften Zeitraums,
 
 
cc)
namentliche Benennung der Prüfungspersonen mit ihrem jeweiligen Prüfungsgebiet;
 
b)
Allgemeine Feststellungen
 
 
aa)
Zustand des Dienstgebäudes und der Diensträume, allgemeine und informationstechnologische Ausstattung, Sicherheitsmaßnahmen,
 
 
bb)
Personalsituation,
 
 
cc)
Organisation des Geschäftsbetriebs, Verwaltungsangelegenheiten und Rationalisierungsmöglichkeiten,
 
 
dd)
Haushaltsführung;
 
c)
Feststellungen zu den einzelnen Dezernaten, Referaten, Kammern, Senaten und Abteilungen
 
 
aa)
Besetzung,
 
 
bb)
Geschäftsanfall,
 
 
cc)
Sachbehandlung durch die Richter, Staatsanwälte, Rechtspfleger, Urkundsbeamten der Geschäftsstellen und sonstiges Personal; insbesondere ist auf Altverfahren, Verfahrensdauer und Arbeitsweise im Allgemeinen einzugehen. Namensnennungen dürfen nicht erfolgen.
2.
Die Präsidenten der Obergerichte und der Generalstaatsanwalt berichten dem Staatsministerium der Justiz spätestens bis zum 30. Juni des der Prüfung folgenden Jahres jeweils zusammenfassend über das Ergebnis der in ihrem Geschäftsbereich durchgeführten Geschäftsprüfungen und über das auf Grund der Ergebnisse der Prüfungen Veranlasste. Dabei ist insbesondere auf die räumliche Unterbringung sowie auf die personelle und technische Ausstattung der Gerichte und Staatsanwaltschaften einzugehen.

B.
Behördeninterne Geschäftsstellenprüfungen

Die Geschäftsstellen der Gerichte und Staatsanwaltschaften sollen in dem Zeitraum zwischen zwei allgemeinen Geschäftsprüfungen zusätzlich mindestens einmal geprüft werden. Die Prüfung soll sich auf die Tätigkeit der Geschäftsstellenbediensteten und Schreibkräfte erstrecken. Weitere Prüfungsvorschriften bleiben unberührt.

C.
Besondere Geschäftsprüfungen in Vormundschafts- und Nachlasssachen

Im Abstand von zwei Jahren prüfen die Präsidenten der Landgerichte und die Präsidenten der Amtsgerichte im Rahmen ihrer Dienstaufsicht die Vormundschaften, Pflegschaften, Betreuungen, Beistandschaften, Nachlasspflegschaften und Nachlass-verwaltungen, bei denen ein Vermögen von mehr als 150 000 EUR verwaltet wird. Bei der Feststellung des Vermögenswertes bleiben Verbindlichkeiten unberücksichtigt. Grundstücke sind mit ihrem Verkehrswert anzusetzen. Ist der Verkehrswert ohne größere Ermittlungen nicht feststellbar, ist je nach den örtlichen Verhältnissen von einem Mehrfachen des Einheitswertes auszugehen.

D.
Weitere Prüfungen

Die Präsidenten der Obergerichte und der Generalstaatsanwalt können in ihrem Geschäftsbereich zusätzliche Prüfungen anordnen.

E
In-Kraft-Treten und Außer-Kraft-Treten

Diese Verwaltungsvorschrift tritt am 1. Januar 2002 in Kraft. Gleichzeitig tritt die Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz für Geschäftsprüfungen bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften des Freistaates Sachsen (VwV Geschäftsprüfungen) vom 19. Dezember 1996 (SächsJMBl. 1997 S. 2), zuletzt geändert durch Verwaltungsvorschrift vom 20. August 1999 (SächsJMBl. S. 150), außer Kraft.

Dresden, den 21. Dezember 2001

Der Staatsminister der Justiz
Manfred Kolbe