Historische Fassung war gültig vom 13.05.1995 bis 20.02.2004

Verordnung
der Sächsischen Staatsregierung
über die Voraussetzungen der Anerkennung als Kur- oder Erholungsort im Freistaat Sachsen
(ANVO SächsKurG)

Vom 24. April 1995

Aufgrund von § 6 Abs. 1 und 2 des Sächsischen Kurortegesetzes (SächsKurG) vom 9. Juni 1994 (SächsGVBl. S. 1022) wird nach Anhörung des Landesbeirates für Kur- und Erholungsorte verordnet:

§ 1
Anerkennung von Kur- und Erholungsorten

Gemeinden oder Gemeindeteilen werden die in § 2 Abs. 1 SächsKurG genannten Artbezeichnungen auf Antrag verliehen, wenn die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind. Eine Übersicht über die dem Antrag beizufügenden Unterlagen wird vom Sächsischen Staatsministerium für Wirtschaft und Arbeit im Amtsblatt veröffentlicht.

§ 2
Allgemeine Voraussetzungen

(1) Der Ortscharakter der Gemeinden oder Gemeindeteile hat den spezifischen Belangen von Kur oder Erholung Rechnung zu tragen. Er muß in der Bauleitplanung angemessen berücksichtigt sein. Die bioklimatischen Bedingungen müssen geeignet sein, die therapeutischen Möglichkeiten in ihrer Wirkung zu unterstützen und den Erholungswert zu steigern.

(2) Der Charakter eines Kur- oder Erholungsortes ist durch folgende Merkmale gekennzeichnet:

1.
ein hoher Standard der hygienischen Verhältnisse im Ort, der Belastungen oder Belästigungen der Kurpatienten und Erholungssuchenden durch Schadstoffe im Wasser, im Boden oder in der Luft oder durch Lärm oder Gerüche ausschließt;
2.
ein leistungsfähiges, für die Gegend charakteristisches Hotel-, Pensions- und Gaststättengewerbe;
3.
ein ausreichendes Angebot zur sportlichen und kulturellen Betätigung sowie zur Unterhaltung der Kur- und Erholungsgäste wie insbesondere ein Frei- oder Hallenbad am Ort oder in angemessener Entfernung, Sport- und Spielplätze sowie Liegewiesen;
4.
eine als örtliche Kurverwaltung oder Verkehrsamt tätige Stelle, die Auskünfte erteilt, Zimmer nachweist und auf Wunsch vermittelt sowie ein auf die Kur- und Erholungsfunktion bezogenes Veranstaltungsprogramm anbietet und
5.
Einrichtungen, öffentliche Gebäude und Anlagen, die den spezifischen Ansprüchen von Behinderten, alten Menschen und Kindern genügen.

(3) Kurorte nach §§ 3 bis 8 müssen zusätzlich aufweisen:

1.
wissenschaftlich anerkannte und aus Erfahrung bewährte natürliche Heilmittel des Bodens wie Heilwässer, Heilgase und Peloide, ein therapeutisch nutzbares Klima oder wissenschaftlich anerkannte hydrotherapeutische Verfahren, die durch kurmedizinische Informationen erläutert werden und allgemein zugänglich sind;
2.
leistungsfähige Einrichtungen für die Durchführung von Kuren zur Vorbeugung, Heilung und Linderung von Krankheiten;
3.
kurortmedizinische Betreuung durch mindestens einen ortsansässigen Arzt, der die Zusatzbezeichnung „Arzt für Balneologie und Medizinische Klimatologie“ oder die Bezeichnung „Badearzt“ oder „Kurarzt“ führen darf sowie weiteres medizinisches Fachpersonal;
4.
ein entsprechendes Angebot an kurgerechter Verpflegung einschließlich Diätkost in Kurhotels, Kurpensionen und Gaststätten sowie Fachpersonal zur Diätberatung und
5.
ein Angebot gesundheitsfördernder Maßnahmen, das jedem Kurgast zugänglich ist.

§ 3
Heilbad

Die Verleihung der Artbezeichnung Heilbad oder Mineral-, Thermal-, Sole-, Peloid- oder Moorheilbad setzt voraus, daß

1.
die kurortmedizinische Anwendung eines ortsgebundenen natürlichen, staatlich anerkannten Heilwassers, Heilgases oder die Anwendung von Peloiden im Rahmen einer ambulanten und stationären Kur gewährleistet ist;
2.
die Gesundheit fördernde klimatische, bioklimatische und lufthygienische Bedingungen gegeben sind, die periodisch nach den allgemeinen Grundsätzen des Kur- und Bäderwesens überprüft werden und
3.
dem Indikationsgebiet entsprechende leistungsfähige Kureinrichtungen zur Anwendung der Heilmittel und
4.
ein Kurpark sowie vom Verkehr ungestörte weitere Grün- und Waldanlagen und markierte Wander- und Terrainkurwege

vorhanden sind.

§ 4
Ort mit Heilquellen-, Sole-, Peloid- oder Moorkurbetrieb

Die Verleihung der Artbezeichnung Ort mit Heilquellen-, Sole-, Peloid- oder Moorkurbetrieb setzt voraus, daß

1.
die kurortmedizinische Anwendung eines ortsgebundenen natürlichen, staatlich anerkannten Heilwassers, Heilgases oder die Anwendung von Peloiden gewährleistet ist;
2.
die Gesundheit fördernde klimatische, bioklimatische und lufthygienische Bedingungen gegeben und
3.
zweckmäßige und ausreichende Kureinrichtungen zur Anwendung der Heilmittel sowie
4.
Park- und Grünanlagen in unmittelbarer Umgebung der Kureinrichtungen und markierte Wanderwege

vorhanden sind.

§ 5
Kneippheilbad

Die Verleihung der Artbezeichnung Kneippheilbad setzt voraus, daß

1.
eine mindestens zehnjährige, von den Krankenkassen und Rentenversicherern unbeanstandete Durchführung der Kneipptherapie in wenigstens drei Kneippkurbetrieben mit allen zur Durchführung der Kneipptherapie erforderlichen Einrichtungen nachweisbar ist;
2.
ein für die Gesundheitsförderung geeignetes therapeutisch nutzbares Klima sowie eine entsprechende Luftqualität gegeben sind, die periodisch nach den allgemeinen Grundsätzen des Kur- und Bäderwesens überprüft werden;
3.
Wassertretstellen und Armbadeanlagen, auch im Freien;
4.
Fachpersonal für die Kneipptherapie und
5.
ein Kurpark sowie weitere vom Verkehr ungestörte Grün- und Waldanlagen und markierte Wander- und Terrainkurwege

vorhanden sind.

§ 6
Kneippkurort

Die Verleihung der Artbezeichnung Kneippkurort setzt voraus, daß

1.
wenigstens drei Kneippkurbetriebe mit allen zur Durchführung der Kneipptherapie erforderlichen Einrichtungen nachweisbar sind;
2.
ein für die Gesundheitsförderung geeignetes therapeutisch nutzbares Klima sowie eine entsprechende Luftqualität gegeben sind, die periodisch nach den allgemeinen Grundsätzen des Kur- und Bäderwesens überprüft werden;
3.
Fachpersonal für die Kneipptherapie und
4.
ein Kurpark sowie weitere vom Verkehr ungestörte Grün- und Waldanlagen und markierte Wander- und Terrainkurwege

vorhanden sind.

§ 7
Heilklimatischer Kurort

Die Verleihung der Artbezeichnung Heilklimatischer Kurort setzt voraus, daß

1.
ein Klima, dessen besondere Eignung für die therapeutische Anwendung wissenschaftlich anerkannt ist, sowie eine entsprechende Luftqualität vorhanden sind;
2.
die laufende Überwachung der klimatischen Eigenschaften durch eine örtliche Klimastation und eine periodische Überprüfung der Luftqualität nach den allgemeinen Grundsätzen des Kur- und Bäderwesens gewährleistet sind;
3.
die ärztliche Betreuung durch mindestens einen mit der Klimatherapie vertrauten niedergelassenen Arzt gewährleistet ist;
4.
verschiedenartige leistungsfähige Einrichtungen, die eine ortsspezifische therapeutische Anwendung des Klimas anbieten, insbesondere ein geeignetes räumliches Zentrum zur Anwendung der Klimatherapie in landschaftlich bevorzugter Lage sowie physikalische Therapiestätten und
5.
ein Kurpark sowie vom Verkehr ungestörte, ausgedehnte Park- und Waldanlagen und markierte, klimatherapeutisch nutzbare Wander- und Terrainkurwege

vorhanden sind.

§ 8
Luftkurort

Die Verleihung der Artbezeichnung Luftkurort setzt voraus, daß

1.
ein Klima, dessen besondere Eignung für die therapeutische Anwendung wissenschaftlich anerkannt ist, und eine entsprechende Luftqualität vorhanden sind, die periodisch nach den allgemeinen Grundsätzen des Kur- und Bäderwesens überprüft werden sowie
2.
geeignete Einrichtungen zur Durchführung einer Klimakur, insbesondere Gymnastik- und Liegewiesen und markierte, klimatherapeutisch nutzbare Wanderwege sowie ausgedehnte Park- und Waldanlagen vorhanden sind und
3.
die ärztliche Betreuung durch mindestens einen mit der Klimatherapie vertrauten niedergelassenen Arzt gewährleistet ist.

§ 9
Erholungsort

Die Verleihung der Artbezeichnung Erholungsort setzt voraus, daß

1.
eine landschaftlich bevorzugte und bioklimatisch begünstigte Lage gegeben ist;
2.
die durchschnittliche Aufenthaltsdauer der Gäste in der Regel mindestens fünf Tage beträgt und
3.
für die Erholung geeignete Einrichtungen sowie
4.
markierte Wanderwege und für die Erholung erschlossene Freiflächen

vorhanden sind.

§ 10
Übergangsbestimmungen

Gemeinden oder Gemeindeteile können frühere Anerkennungen nach § 9 Abs. 1 SächsKurG fortführen, wenn sie binnen zwei Jahren nach Inkrafttreten dieser Verordnung einen Antrag nach § 3 Abs. 1 SächsKurG gestellt haben. Frühere Anerkennungen erlöschen erst mit der Verleihung einer Artbezeichnung nach § 2 Abs. 1 SächsKurG, spätestens jedoch zehn Jahre nach Inkrafttreten dieser Verordnung.

§ 11
Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am Tage nach ihrer Verkündung in Kraft.

Dresden, den 24. April 1995

Der Ministerpräsident
Prof. Dr. Kurt Biedenkopf

Der Staatsminister
für Wirtschaft und Arbeit
Dr. Kajo Schommer