Verordnung
des Regierungspräsidiums Dresden
zur Bestimmung des Europäischen Vogelschutzgebietes
„Neißetal“

Vom 19. Oktober 2006

Auf Grund von § 22a Abs. 6 des Sächsischen Gesetzes über Naturschutz und Landschaftspflege (Sächsisches Naturschutzgesetz – SächsNatSchG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. Oktober 1994 (SächsGVBl. S. 1601, 1995 S. 106), das zuletzt durch Gesetz vom 9. September 2005 (SächsGVBl. S. 259) geändert worden ist, und zur Umsetzung der Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wild lebenden Vogelarten 1 (ABl. EG Nr. L 103 S. 1, 1996 Nr. L 59 S. 61), die zuletzt durch Verordnung (EG) Nr. 807/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. April 2003 (ABl. EU Nr. L 122 S. 36) geändert worden ist, wird verordnet:

§ 1
Bestimmung als Vogelschutzgebiet

Die in § 2 näher bezeichneten Flächen auf dem Gebiet der Städte Zittau und Ostritz sowie der Gemeinde Hirschfelde im Landkreis Löbau-Zittau, der kreisfreien Stadt Görlitz sowie der Städte Rothenburg/O.L. und Bad Muskau und der Gemeinden Neißeaue und Krauschwitz im Niederschlesischen Oberlausitzkreis werden zum Europäischen Vogelschutzgebiet bestimmt. Das Europäische Vogelschutzgebiet führt die Bezeichnung „Neißetal“.

§ 2
Schutzgegenstand

(1) Das Europäische Vogelschutzgebiet hat eine Größe von circa 2373 ha.

(2) Das Europäische Vogelschutzgebiet besteht aus vier Teilgebieten,  deren Lage im Folgenden grob beschrieben wird. Das erste Teilgebiet liegt an der Neiße, nördlich von Zittau. Es liegt zwischen der Bahnlinie Zittau-Görlitz im Westen und der Staatsgrenze zur Republik Polen im Osten. Südlich wird es vom Gewerbegebiet Weinau begrenzt, nach Norden erstreckt es sich bis nördlich von Drausendorf.
Das zweite Teilgebiet erstreckt sich entlang der Neiße zwischen Zittau und Görlitz. Es liegt zwischen der Bundesstraße B 99 im Westen, der Staatsgrenze zur Republik Polen im Osten sowie Rosenthal im Süden. Die nördliche Grenze des Teilgebietes bildet die Eisenbahnbrücke über die Neiße in Görlitz.
Das dritte Teilgebiet erstreckt sich entlang der Neiße zwischen Görlitz und Bad Muskau. Es liegt zwischen der Staatsstraße S 27 im Westen und der Staatsgrenze zur Republik Polen im Osten. Die südliche Grenze des Teilgebietes liegt an der Kläranlage der Stadt Görlitz, die nördliche Grenze bei Keula.
Das vierte Teilgebiet erstreckt sich entlang der Neiße bei Bad Muskau. Es liegt zwischen der Bundesstraße B 115 und Bad Muskau im Westen und der Staatsgrenze zur Republik Polen im Osten. Die südliche Grenze dieses Teilgebietes liegt an der Gemeindegrenze zu Krauschwitz, während die Nordgrenze durch die Landesgrenze zu Brandenburg gebildet wird.

(3) Öffentliche Straßen, Eisenbahnanlagen, öffentliche Hochwasserschutzanlagen (Deiche einschließlich Deichschutzstreifen, Hochwasserschutzmauern und sonstige Anlagen gemäß § 99 Abs. 4 Satz 1 Sächsisches Wassergesetz [ SächsWG] in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. Oktober 2004 [SächsGVBl. S. 482], das durch Artikel 3 des Gesetzes vom 1. Juni 2006 [SächsGVBl. S. 146, 149] geändert worden ist) und Absperrbauwerke von Stauanlagen innerhalb der Grenzen des Vogelschutzgebietes gelten nicht als Bestandteil des Vogelschutzgebietes.

(4) Das Vogelschutzgebiet ist in drei Übersichtskarten des Regierungspräsidiums Dresden vom 19. Oktober 2006 im Maßstab 1 : 100 000 und in zehn Teilkarten des Regierungspräsidiums Dresden vom 19. Oktober 2006 im Maßstab 1 : 25 000 als hellrote Fläche, begrenzt mit einer roten Linie, eingetragen. Maßgebend für die Bestimmung des räumlichen Geltungsbereichs ist die Grenzlinie in den Teilkarten. Die Karten sind Bestandteil dieser Verordnung.

(5) Die Verordnung mit den Karten wird bei folgenden Stellen auf die Dauer von zwei Wochen nach der Verkündung dieser Verordnung im Sächsischen Amtsblatt zur kostenlosen Einsicht durch jedermann während der Sprechzeiten öffentlich ausgelegt:

  • Regierungspräsidium Dresden, 01099 Dresden, Stauffenbergallee 2, Raum 3087,
  • Landratsamt Löbau-Zittau, 02763 Zittau, Hochwaldstraße 29, Raum 2302,
  • Landratsamt des Niederschlesischen Oberlausitzkreises, 02906 Niesky, Robert-Koch-Straße 1, Haus 1 C, Raum 106,
  • Stadt Görlitz, 02826 Görlitz, Hugo-Keller-Straße 14, Raum 107.

(6) Die Verordnung mit den Karten ist nach Ablauf der Auslegungsfrist beim Regierungspräsidium Dresden zur kostenlosen Einsicht durch jedermann während der Sprechzeiten niedergelegt.

§ 3
Erhaltungsziele

(1) Im Vogelschutzgebiet „Neißetal“ kommen folgende Brutvogelarten nach Anhang I der Europäischen Vogelschutzrichtlinie und der Kategorien 1 und 2 der „Roten Liste Wirbeltiere“ des Freistaates Sachsen (Stand 1999) vor:

Baumfalke (Falco subbuteo) , Eisvogel (Alcedo atthis) , Flußuferläufer (Actitis hypoleucos) , Grauammer (Miliaria calandra) , Grauspecht (Picus canus) , Heidelerche (Lullula arborea) , Kiebitz (Vanellus vanellus) , Mittelspecht (Dendrocopus medius) , Neuntöter (Lanius collurio) , Ortolan (Emberiza hortulana) , Raubwürger (Lanius excubitor) , Rohrweihe (Circus aeruginosus) , Rotmilan (Milvus milvus) , Schwarzmilan (Milvus migrans) , Schwarzspecht (Dryocopus martius) , Sperbergrasmücke (Sylvia nisoria) , Wachtelkönig (Crex crex) , Weißstorch (Ciconia ciconia) ,Wendehals (Jynx torquilla) und Wespenbussard (Pernis apivorus) .

(2) Vorrangig zu beachten sind die folgenden Vogelarten, für die das Vogelschutzgebiet eines der bedeutendsten Brutgebiete im Freistaat Sachsen ist: Eisvogel, Flussuferläufer, Mittelspecht und Ortolan.

(3) Daneben ist das Gebiet auch für einen repräsentativen Mindestbestand der folgenden Brutvogelarten im Freistaat Sachsen besonders bedeutsam: Baumfalke, Grauspecht, Heidelerche, Kiebitz, Neuntöter, Rohrweihe, Rotmilan, Schwarzmilan, Schwarzspecht und Wespenbussard. Das Gebiet hat eine herausragende Funktion als Wasservogellebensraum.

(4) Ziel ist es, in dem strukturreichen Flusstal mit seinem weitgehend naturbelassenen Flusslauf, Steilhängen mit naturnahen Laubmischwäldern, mit einer überwiegend unverbauten Aue mit Altwässern und Resten des Weichholz-Auenwaldes und aufgelichtetem Hartholz-Auenwald, mit verschiedenen Grünlandausprägungen und Uferstaudenfluren, einen günstigen Erhaltungszustand der genannten Vogelarten und damit eine ausreichende Vielfalt, Ausstattung und Flächengröße ihrer Lebensräume und Lebensstätten innerhalb des Gebietes zu gewährleisten oder diesen wiederherzustellen, wobei bestehende funktionale Zusammengehörigkeiten zu berücksichtigen sind.
Lebensräume und Lebensstätten der genannten Vogelarten im Gebiet sind insbesondere die vegetationsarmen Uferbereiche, die mit Auenwaldresten bestockten Grünlandbereiche, die infolge der weitgehend intakten Fließgewässerdynamik entstehenden Steiluferabbrüche, Sand- und Schotterbänke, die Ufergehölze, Baumgruppen und -reihen, Hecken und Gebüsche, Altwässer und stehende Kleingewässer, naturnahe Fließgewässer, Horstbäume, höhlenreiche Einzelbäume sowie stehendes und liegendes Totholz.

§ 4
Nutzungen

(1) Weiter zulässig sind:

1.
die ordnungsgemäße land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Nutzung,
2.
die Unterhaltung der Gewässer,
3.
der Betrieb und die Nutzung, Unterhaltung und Instandsetzung von Wasserversorgungs- und Abwasserbehandlungsanlagen, Versorgungs- und Fernmeldeleitungen, Talsperren, Wasserspeichern und Hochwasserrückhaltebecken sowie von bestehenden Gebäuden und sonstigen Einrichtungen,
4.
die Unterhaltung und Instandsetzung von öffentlichen Straßen und Eisenbahnstrecken,
5.
die sonstige bisherige Nutzung der Grundstücke,

soweit hierdurch nicht das Gebiet in seinen für die Erhaltungsziele maßgeblichen Bestandteilen erheblich beeinträchtigt werden kann oder soweit nicht anderweitige Rechtsvorschriften entgegenstehen. Ist eine erhebliche Beeinträchtigung des Gebietes in seinen für die Erhaltungsziele maßgeblichen Bestandteilen zu befürchten, prüft die Naturschutzbehörde, ob die Erhaltungsziele durch vertragliche Vereinbarungen erreicht werden können.
Wenn eine einvernehmliche Lösung innerhalb angemessener Frist nicht zu erreichen ist, kann die Naturschutzbehörde die erforderlichen Anordnungen treffen (§ 15 Abs. 6 in Verbindung mit § 22a Abs. 4 SächsNatSchG).

(2) Zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses, insbesondere des Hochwasserschutzes sind zu beachten (Artikel 6 Abs. 4 der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wild lebenden Tiere und Pflanzen 2 [ABl. EG Nr. L 206 S. 7, 1996 Nr. L 59 S. 63], die zuletzt durch Verordnung [EG] Nr. 1882/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. September 2003 [ABl. EU Nr. L 284 S. 1] geändert worden ist).

§ 5
Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am Tage nach Ablauf der Auslegungsfrist gemäß § 2 Abs. 5 in Kraft.

Dresden, den 19. Oktober 2006

Regierungspräsidium Dresden
Dr. Hasenpflug
Regierungspräsident

Anlage

Übersichtskarte

Karte 2

Karte 3