Richtlinie
des Sächsischen Staatsministeriums
für Wirtschaft und Arbeit
zur Ermittlung und Beseitigung von Gefahrenstellen des Altbergbaues und sonstiger der ordnungsbehördlichen Aufsicht der Bergbehörden unterstehender Objekte
(Richtlinie Bergsicherung)
Vom 7. Juni 1993
Teil I
Allgemeines
- 1.1
- Geltungsbereich
Die Richtlinie gilt für die Tätigkeit des Oberbergamtes und der Bergämter zur Ermittlung und Beseitigung von Gefahrenstellen des Altbergbaues.. Sie gilt auch für Gefahren, die von sonstigen der ordnungsbehördlichen Aufsicht der Bergbehörden unterstehenden Objekten ohne Rechtsnachfolge (Halden, Restlöcher, unterirdische Hohlräume nichtbergbaulichen Ursprungs) ausgehen (nachfolgend Gefahrenstellen genannt).
- 1.2
- Ziel
Ziel der Richtlinie ist die Regelung des Verfahrens bei
- der Sicherung und Sanierung von im Zusammenhang mit Objekten im Geltungsbereich plötzlich entstandenen Gefahrenstellen, welche die öffentliche Sicherheit und Ordnung unmittelbar beeinträchtigen;
- der Sanierung von bekannten und aus bergschadenkundlichen Analysen ermittelten Gefahrenstellen, von denen eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgeht.
- 1.3
- Grundsätze und Zuständigkeiten
Die Ermittlung, Erkundung, Überwachung, Sicherung und Sanierung von Gefahrenstellen aus den dieser Richtlinie unterworfenen Objekten fällt in den Zuständigkeitsbereich der Bergbehörden. Die Bergbehörden bedienen sich dazu fachkundiger Unternehmen. Die Arbeiten werden im Rahmen der verfügbaren Mittel auf der Basis der geltenden Rechtsvorschriften ausgeschrieben, durch Verträge vergeben und überwacht. Das Oberbergamt kann Aufgaben, die im Rahmen dieser Richtlinie dem Bergamt zugewiesen werden, jederzeit selbst wahrnehmen.
- 1.4
- Begriffsbestimmung
Eine Gefahrenstelle im Sinne dieser Richtlinie ist der Abschnitt der Tagesoberfläche, an dem durch die Einwirkung von Altbergbau, Halden, Restlöchern oder unterirdischen Hohlräumen nichtbergbaulichen Ursprungs eine Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu befürchten (das heißt mit Wahrscheinlichkeit zu erwarten) oder bereits eingetreten ist.
Die Sicherung von Gefahrenstellen im Sinne dieser Richtlinie umfasst die Summe aller Maßnahmen, die der Abwehr der unmittelbaren Gefährdung des Lebens und der Gesundheit von Personen dienen, ohne aber die Schaden- bzw. Gefahrenstelle an sich zu beseitigen.
Die Sanierung von Gefahrenstellen im Sinne dieser Richtlinie umfasst die Summe aller Maßnahmen, die der dauerhaften Gefahrenabwehr dienen und letztlich zur Beseitigung der Gefahrenstelle führen.
Eine Gefährdungsabschätzung im Sinne dieser Richtlinie beinhaltet die Prüfung des Gefährdungsgrades auf der Basis vorhandener Unterlagen und Kenntnisse aus Befahrungen und Analogieschlüssen; eine Gefährdungsanalyse beinhaltet darüber hinaus Aussagen zum Ausmaß des zu erwartenden Schadens im Schadensfall.
Teil II
Vorbeugende Schutzmaßnahmen bei potentieller Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung
- 2.1
- Gefährdungsanalyse, Ermittlung von Gefahrenstellen, Klassifizierung
- 2.1.1
- Von den Bergämtern ist auf der Grundlage von vorhandenen oder zu erarbeitenden bergschadenkundlichen Analysen und der Kenntnis von Gefahrenstellen eine „Liste von Gefahrenstellen“zu führen. Mit den zu erarbeitenden bergschadenkundlichen Analysen kann das Oberbergamt Dritte beauftragen.
- 2.1.2
- In der Liste sind die einzelnen Gefahrenstellen auf der Basis einer Gefährdungsabschätzung zu klassifizieren und den Kategorien zuzuordnen:
Gefahrenstellen mit dringendem Sanierungserfordernis (1)
Gefahrenstellen mit gegebenen Sanierungsbedarf (2)
Gefahrenstellen ohne derzeitigen Sanierungsbedarf (3) - 2.1.3
- Die Objekte der Kategorie (1) sind auf der Grundlage einer Gefahrenanalyse durch das Bergamt in eine Rang- und Reihenfolge zu bringen und jährlich bis zum 30. Juni des jeweiligen Jahres dem Oberbergamt zu benennen. Dabei sind der Sanierungsumfang und, wenn möglich, die voraussichtlichen Kosten des Sanierungsaufwandes mit anzugeben.
- 2.1.4
- Die Aufstellung der Gefahrenstellenliste für den Freistaat Sachsen erfolgt durch das Oberbergamt auf der grundlage der übergebenen Listen von Gefahrenstellen in einer Gefahrenstellen-Kartei, die mit einer Rang- und Reihenfolge zu versehen ist.
- 2.1.5
- Das Oberbergamt legt auf der Grundlage der geschätzten Leistungsumfänge und der ausgewiesenen Haushaltsmittel die im laufenden Jahr neu zu beginnenden Sanierungsobjekte fest.
- 2.2
- Vergabe von Aufträgen zur Sicherung und Sanierung von Gefahrenstellen
- 2.2.1
- Das Oberbergamt übergibt den Bergämtern unter Berücksichtigung einer Mittelreserve für unvorhergesehene Ereignisse für das Folgejahr eine Aufstellung, welche Gefahrenstellen zu erkunden bzw. zu sanieren sind.
- 2.2.2
- Für die planmäßig neu beginnenden Sanierungsarbeiten sind durch die Bergämter die für eine Ausschreibung erforderlichen Leistungsumfänge zu ermitteln und dem Oberbergamt zu übergeben.
Das Oberbergamt kann damit auch Dritte beauftragen. - 2.2.3
- Die Ausschreibung nach VOB/A bzw. VOL/A und die Vergabe der Sanierungsobjekte auf der Grundlage der Angebote der beteiligten Unternehmen erfolgt durch das Oberbergamt.
- 2.2.4
- Werden Selbstkostenpreise gemäß VO PR-Nr. 30/53 für sonstige Leistungen bzw. PR-Nr. 1/72 für Bauleistungen vereinbart, so sind diese auf ihre Angemessenheit zu überprüfen.
- 2.2.5
- Über die Sanierung ist durch das Oberbergamt mit dem Unternehmen ein Vertrag abzuschließen, der die Möglichkeit der nachträglichen Präzisierung des Leistungsumfanges und damit des Vereinbarungspreises enthält (VOL/B § 2 bzw. VOB/B § 2 Nr. 5 und 6).
- 2.2.6
- Übersteigt die Veränderung der Kosten 50 Prozent des ursprünglichen Angebots, ist ein neuer Vertrag abzuschließen.
- 2.2.7
- Für Sanierungsprojekte, bei denen eine erste Abschätzung des Leistungsumfangs nicht möglich ist, sind die Arbeiten zweistufig zu konzipieren, indem der eigentlichen Sanierungsphase eine Erkundungsphase vorgeschaltet wird.
Für beide Stufen ist nach Punkt 2.2.1 bis 2.2.5 zu fahren. - 2.2.8
- Ziel der Erkundung muss neben der bergtechnischen Zustandsanalyse die Ermittlung einer vom Bergamt überprüften Leistungsbeschreibung sein. Diese Leistungsbeschreibung bildet die Grundlage für die Ausschreibung der eigentlichen Sanierung, wobei eine freihändige Vergabe an den Erkundungsbetrieb nach Maßgabe der VOL/A und der VOB/A möglich ist.
- 2.2.9
- Gefahrenstellen der Kategorien (2) und (3), bei denen die öffentliche Sicherheit und Ordnung durch Absperrmaßnahmen gewährleistet wird, sind regelmäßig nach einem von dem zuständigen Bergamt zu erstellenden Plan zu kontrollieren. Das Oberbergamt kann damit auch vertraulich gebundene Dritte beauftragen.
- 2.3
- Durchführung und Überwachung/Abnahme von vergebenen Aufträgen
- 2.3.1
- Die Durchführung der Arbeiten hat nach einem vom Bergamt zugelassenen Plan zu erfolgen; die Sanierungsarbeiten sind nach Abschluss in einer Dokumentation darzustellen.
- 2.3.2
- Die Abschlussdokumentation hat den bergtechnischen Zustand vor und nach den Sanierungsmaßnahmen sowie Art, Umfang und Qualitätsparameter der abgeschlossenen Sanierung zu dokumentieren und zu bewerten.
- 2.3.3
- Das Bergamt hat im Rahmen seiner Aufsichtspflicht an den Sanierungsobjekten Nachweise über die erbrachten Leistungen zu fordern und zu kontrollieren. Die Abrechnung dieser Leistungen erfolgt monatlich gegenüber dem Bergamt zur sachlichen Richtigzeichnung und zur Weiterleitung an das Oberbergamt.
- 2.3.4
- Die Überwachung und Kontrolle der Gefahrenstelle obliegt dem Bergamt. Bei Fremdkontrollen sind die Abrechnung der Kontrolle und der schriftliche Kontrollnachweise über durchgeführte Arbeiten des Auftragnehmers über das Bergamt dem Oberbergamt zu übergeben.
- 2.4
- Dokumentation und Endabrechnung
- 2.4.1
- Nach Abschluss der Erkundungs- bzw. Sanierungsarbeiten ist vor Legung der Abschlussrechnung durch das Bergamt eine Abnahme der Baustelle durchzuführen.
Dabei ist zu kontrollieren, ob die Festlegungen des vom Bergamt zugelassenen Planes bzw. des Auftrages erfüllt sind. Gegebenenfalls sind Nachbesserungen zu veranlassen. - 2.4.2
- Das zuständige Bergamt prüft die eingereichten Dokumente vor der sachlichen Richtigzeichnung der Rechnung des beauftragten Unternehmens auf Vollständigkeit.
Teil III
Schutzmaßnahmen bei bereits eingetretener Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung
- 3.1
- Sicherung
- 3.1.1
- Gefahrenstellen, von denen eine unmittelbare Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgeht, sind unverzüglich, das heißt ungeachtet des unter Teil II vorgeschriebenen Verfahrenswegs, zu sichern.
- 3.1.2
- Das Oberbergamt schließt dazu mit fachlich geeigneten Unternehmen auf der Basis vereinbarter Verrechnungssätze Rahmenverträge ab, die diese verpflichten, notwendige Sicherungsarbeiten auf Anforderung des Bergamts unverzüglich zu beginnen.
- 3.1.3
- Der jeweilige Auftrag wird durch das Bergamt direkt an eines der vertraglich gebundenen Unternehmen erteilt.
Die Abrechnung erfolgt auf der Basis der erbrachten Leistungen gegenüber dem Bergamt zur Prüfung, sachlichen Richtigzeichnung und Weiterleitung an das Oberbergamt. - 3.1.4
- Über die Sicherungsarbeiten sind die allgemeinen Ordnungsbehörden zu informieren.
- 3.2
- Sanierungsarbeiten
- 3.2.1
- Nach der Sicherung entscheidet das Oberbergamt über eine Forderung der Arbeiten bis zur Sanierung oder eine Einstellung der Arbeiten und Einordnung des Objektes in die Liste der Gefahrenstellen.
- 3.2.2
- Im Falle der Weiterführung der Arbeiten ist durch das Bergamt der Leistungsumfang analog Punkt 2.2.2 zu ermitteln. Das Oberbergamt schließt auf der Basis einer freihändigen Vergabe einen Vertrag gemäß Punkt 2.2.5 ab.
Teil IV
Schlussbestimmungen
- 4.1
- Einführungsbestimmungen
Einführungsbestimmungen zu dieser Richtlinie erlässt das Oberbergamt.
- 4.2
- Inkrafttreten
Die Richtlinie tritt am Tag nach ihrer Verkündung in Kraft.
Dresden, den 7. Juni 1993
Sächsisches Staatsministerium
für Wirtschaft und Arbeit
Dr. Rüdiger Thiele
Staatssekretär für Wirtschaft