Verordnung
des Sächsischen Staatsministeriums
für Soziales und Verbraucherschutz
über die Berufsausübung von Pflegefachkräften
(Berufsordnung Pflegefachkräfte – PflBO)
Vom 30. November 2012
Aufgrund von § 10a Abs. 2 Satz 1 und 2 Nr. 1 bis 3, 7 bis 10 und 12 des Gesetzes über den öffentlichen Gesundheitsdienst im Freistaat Sachsen (SächsGDG) vom 11. Dezember 1991 (SächsGVBl. S. 413), das zuletzt durch Artikel 52 des Gesetzes vom 27. Januar 2012 (SächsGVBl. S. 130, 147) geändert worden ist, wird verordnet:
§ 1
Geltungsbereich und Begriffsbestimmung
(1) Diese Verordnung gilt für die im Freistaat Sachsen tätigen Pflegefachkräfte.
(2) Pflegefachkräfte im Sinne dieser Verordnung sind:
- 1.
- Personen mit einer Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung
- a)
- Altenpflegerin oder Altenpfleger,
- b)
- Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin oder Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger,
- c)
- Gesundheits- und Krankenpflegerin oder Gesundheits- und Krankenpfleger sowie
- 2.
- Personen gemäß § 1a des Gesetzes über die Berufe in der Altenpflege (Altenpflegegesetz – AltPflG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. August 2003 (BGBl. I S. 1690), das zuletzt durch Artikel 29 des Gesetzes vom 20. Dezember 2011 (BGBl. I S. 2854, 2923) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, oder § 1 Abs. 2 und 3 des Gesetzes über die Berufe in der Krankenpflege (Krankenpflegegesetz – KrPflG) vom 16. Juli 2003 (BGBl. I S. 1442), das zuletzt durch Artikel 35 des Gesetzes vom 6. Dezember 2011 (BGBl. I S. 2515, 2537) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, die die Pflege berufsmäßig ausüben.
§ 2
Ziele
Durch die Festlegung von Berufspflichten der Pflegefachkräfte soll die Qualität der pflegerischen Tätigkeit im Interesse der Gesundheit der Bevölkerung gesichert und berufsunwürdiges Verhalten verhindert werden.
§ 3
Allgemeine Berufsaufgaben
(1) 1Pflegefachkräfte haben die Aufgabe, die Gesundheit der zu pflegenden Person (Pflegeempfänger) zu fördern und wiederherzustellen, Krankheit zu verhüten und Leiden zu lindern. 2Dabei ist das Selbstbestimmungsrecht der Pflegeempfänger zu beachten, insbesondere das Recht auf Ablehnung empfohlener Pflegemaßnahmen. 3Die Pflege ist mit Respekt und ohne Wertung des Alters, der Hautfarbe, des Glaubens, der Kultur, einer Behinderung oder Krankheit, des Geschlechts, der sexuellen Orientierung, der Nationalität, der politischen Einstellung, der ethnischen Zugehörigkeit oder des sozialen Status auszuführen.
(2) Pflegefachkräfte führen die Aufgaben eigenverantwortlich, im Rahmen der Mitwirkung oder interdisziplinär in Zusammenarbeit mit Angehörigen anderer Berufe aus.
- 1.
- Folgende Aufgaben werden insbesondere eigenverantwortlich ausgeführt:
- a)
- Erhebung und Feststellung des Pflegebedarfs, die Planung, Organisation, Durchführung sowie Evaluation der Pflege,
- b)
- Beratung, Anleitung und Unterstützung von Pflegeempfängern und den Personen, die aktuell den Pflegeempfänger versorgen (Bezugspersonen), in der individuellen Auseinandersetzung mit Gesundheit und Krankheit,
- c)
- Sicherung und Entwicklung der Qualität der Pflege,
- d)
- Anleitung, Beratung und Unterstützung von Schülern in einer Ausbildung nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 und Mitarbeitern ohne Berufsabschluss nach § 1,
- e)
- Einleitung lebenserhaltender Sofortmaßnahmen bis zum Eintreffen des Arztes,
- f)
- pflegerische Begleitung Sterbender.
- 2.
- Folgende Aufgaben werden insbesondere im Rahmen der Mitwirkung ausgeführt:
- a)
- eigenständige Durchführung ärztlich veranlasster Maßnahmen,
- b)
- ausgewählte, durch den Arzt definierte Maßnahmen der Prävention, Prophylaxe, medizinischen Diagnostik, Therapie oder Rehabilitation,
- c)
- Maßnahmen in Krisen- und Katastrophensituationen.
- 3.
- Bei der interdisziplinären Zusammenarbeit mit Angehörigen anderer Berufe haben Pflegefachkräfte insbesondere
- a)
- die Pflicht zur Mitwirkung bei multidisziplinären und berufsübergreifenden Lösungen von Gesundheitsproblemen und Arrangements von Pflege,
- b)
- die umfassende Begleitung Sterbender mitzugestalten,
- c)
- ihren Kompetenzbereich einzuhalten und den Kompetenzbereich von Angehörigen anderer Berufe zu achten,
- d)
- sich untereinander und gegenüber Angehörigen anderer Berufe kollegial, rücksichtsvoll und vorurteilsfrei zu verhalten.
§ 4
Allgemeine Berufspflichten
1Pflegefachkräfte sind verpflichtet, ihren Beruf entsprechend dem allgemein anerkannten Stand pflegewissenschaftlicher, medizinischer und weiterer bezugswissenschaftlicher Erkenntnisse auszuüben. 2Sie haben sich über die für die Berufsausübung geltenden Bestimmungen zu unterrichten und diese zu beachten.
§ 5
Auskunft und Beratung zu pflegerischen Inhalten
(1) Pflegefachkräfte sind verpflichtet, Pflegeempfängern und den im Rahmen der Befreiung von der Schweigepflicht benannten Personen in verständlicher und angemessener Weise Auskünfte über die geplanten und durchgeführten Maßnahmen zu erteilen.
(2) Allen weiteren am Behandlungs- und Betreuungsprozess beteiligten Angehörigen anderer Berufe sind die Informationen, die für den konkreten Pflegefall von Bedeutung sind, zugänglich zu machen.
(3) 1Pflegefachkräfte sind gegenüber den Pflegeempfängern sowie deren Bezugspersonen zur Beratung verpflichtet. 2Dazu gehören insbesondere die Information und Aufklärung zu gesundheitsfördernden und gesundheitserhaltenden Maßnahmen, Methoden und Verhaltensweisen sowie differenzierten Möglichkeiten der Pflege, Betreuung und Versorgung.
§ 6
Dokumentation
(1) 1Pflegefachkräfte haben die von ihnen erbrachte Pflegetätigkeit in strukturierter Form zu dokumentieren. 2Die Dokumentationen haben vollständig, nachvollziehbar, zeit- und handlungsnah, leserlich und fälschungssicher signiert zu erfolgen. 3Ein im Arbeitsbereich installiertes Dokumentationssystem ist zu verwenden.
(2) 1Dem Pflegeempfänger und den im Rahmen der Befreiung von der Schweigepflicht benannten Personen ist auf Verlangen Einsicht in die ihn betreffenden Pflegedokumentationen zu gewähren. 2Auf Verlangen sind dem Pflegeempfänger Kopien der Unterlagen gegen Erstattung der Kosten zu überlassen.
§ 7
Schweigepflicht
1Die Pflegefachkräfte sind während und nach ihrer Berufsausübung grundsätzlich zur Verschwiegenheit über alles verpflichtet, was ihnen in Ausübung ihres Berufes anvertraut oder bekannt geworden ist. 2Die Schweigepflicht gilt auch über den Tod des Pflegeempfängers hinaus. 3Die Pflegefachkräfte sind zur Offenbarung befugt, soweit sie von der Schweigepflicht entbunden werden oder soweit die Offenbarung zum Schutze eines höherwertigen Rechtsgutes, insbesondere auch bei dem begründeten Verdacht einer Misshandlung, eines Missbrauchs oder einer schwerwiegenden Vernachlässigung, erforderlich ist. 4Gesetzliche Aussage- und Anzeigepflichten bleiben unberührt.
§ 8
Fort- und Weiterbildung
(1) 1Pflegefachkräfte sind verpflichtet, ihre Kompetenz dem jeweils aktuellen Wissensstand anzupassen. 2Dazu sind neben dem fachlichen Sachverstand kommunikative, soziale und methodische Fähigkeiten sowie ethische Kompetenzen zu vervollkommnen.
(2) 1Der Umfang an kompetenzerhaltenden Maßnahmen soll sich nach Vorgaben der unabhängigen Registrierung für beruflich Pflegende oder trägereigenen Regelungen, die mindestens den Anforderungen der unabhängigen Registrierung entsprechen, richten. 2Es ist auf eine gleichmäßige Förderung unterschiedlicher Kompetenzbereiche zu achten.
(3) Funktions- oder arbeitsfeldbezogene Weiterbildungen richten sich in der Regel nach dem Gesetz über die Weiterbildung in den Gesundheitsfachberufen im Freistaat Sachsen (Weiterbildungsgesetz Gesundheitsfachberufe – SächsGfbWBG) vom 4. November 2002 (SächsGVBl. S. 266), zuletzt geändert durch Artikel 45 des Gesetzes vom 27. Januar 2012 (SächsGVBl. S. 130, 147), in der jeweils geltenden Fassung, in Verbindung mit der Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales über die Weiterbildung in den Gesundheitsfachberufen (Weiterbildungsverordnung Gesundheitsfachberufe – SächsGfbWBVO) vom 22. Mai 2007 (SächsGVBl. S. 209), in der jeweils geltenden Fassung.
(4) Pflegefachkräfte sind verpflichtet, sich an gesetzlich vorgeschriebenen Maßnahmen der Qualitätssicherung in der Pflege zu beteiligen.
§ 9
Belohnungen und Geschenke
1Die Annahme von Belohnungen und Geschenken, insbesondere von Geld, Sachmitteln, Darlehen, oder die unentgeltliche Überlassung von Gegenständen für sich oder für Dritte im Zusammenhang mit der Berufstätigkeit ist untersagt. 2Dies gilt auch für das Annehmen von Leistungen, die testamentarisch verfügt worden sind. 3Ausgenommen hiervon ist die Annahme von geringwertigen Aufmerksamkeiten.
§ 10
Weitere Pflichten bei selbstständiger Tätigkeit
1Selbstständig tätige Pflegefachkräfte sind verpflichtet,
- 1.
- sofern sie über einen Berufssitz verfügen, diesen durch ein Schild zu kennzeichnen, das Namen, Berufsbezeichnung und Beratungszeiten angibt,
- 2.
- die Dokumentationen nach § 6 Abs. 1 mindestens 10 Jahre aufzubewahren,
- 3.
- im Interesse ihrer Pflegeempfänger und ihrer Mitarbeiter eine Berufshaftpflicht in angemessener Schadensregulierungshöhe, die sich an der Anzahl der Vollstellen ihrer angestellten Pflegefachkräfte und weiterer angestellter Personen, die in der Pflege und Betreuung unmittelbar beteiligt sind (pflegerische Hilfskräfte) orientiert, abzuschließen,
- 4.
- berufsunwürdige Werbung, insbesondere anpreisende, irreführende oder vergleichende Werbung, zu unterlassen.
2Mitarbeiter und Schüler der Pflegeberufe nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 sind über die Pflicht zur Verschwiegenheit aufzuklären. 3Die Belehrung ist schriftlich festzuhalten.
§ 11
Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt am Tage nach ihrer Verkündung in Kraft.
Dresden, den 30. November 2012
Die Staatsministerin für Soziales und Verbraucherschutz
Christine Clauß