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REVOSax - Recht und Vorschriftenverwaltung Sachsen

VwV Kassenkredite

Vollzitat: VwV Kassenkredite vom 6. Februar 1991 (SächsABl. S. 5)

Verwaltungsvorschrift
des Staatsministeriums des Innern
über die Aufnahme von Kassenkrediten durch die Gemeinden und Landkreise
(VwV Kassenkredite)

Vom 6. Februar 1991

Im Einvernehmen mit dem Staatsministerium der Finanzen werden nachstehende Vorschriften und Hinweise erlassen (§ 8 des Vorschaltgesetzes Kommunalfinanzen vom 19. 12. 1990, SGVBI. S. 18):

Inhalt

I.
Geltungsbereich
II.
Hinweise und Empfehlungen
III.
Genehmigung des Höchstbetrages in der Haushaltssatzung
IV.
Übergangsregelung für das Haushaltsjahr 1991
V.
Inkrafttreten

I.
Geltungsbereich

Die Regelungen für die Gemeinden gelten für die Landkreise entsprechend (§ 95 Kommunalverfassung), sofern nicht ausdrücklich eine abweichende Regelung getroffen worden ist. Für die rechtlich selbständigen wirtschaftlichen Unternehmen der Gemeinden und Landkreise (Eigengesellschaften und Beteiligungsunternehmen i. S. von § 57 Abs. 3 Nr. 2 und 3 Kommunalverfassung) gilt die Verwaltungsvorschrift nicht, da auf deren Wirtschaftsführung die Vorschriften der Kommunalverfassung über die Haushaltswirtschaft der Gemeinden keine Anwendung finden.

II.
Hinweise und Empfehlungen

1.
Begriff des Kassenkredits
 
Der Kassenkredit ist ein unter der Verpflichtung zur Rückzahlung
 
von einem Dritten (z. B. Kreditinstitut oder Treuhandvermögen mit Sonderrechnung – § 54 Kommunalverfassung -) oder
 
von einem Sondervermögen mit Sonderrechnung (§ 53 Abs. 1 Nr. 3 und 4 Kommunalverfassung)
 
aufgenommener Kapitalbetrag, der ausschließlich zur vorübergehenden Verstärkung der Betriebsmittel der Gemeindekasse dient, soweit zur Aufrechterhaltung der Zahlungsfähigkeit keine eigenen Mittel, insbesondere keine Mittel der allgemeinen Rücklage, zur Verfügung stehen (§ 20 Abs. 2 GemHVO). Kassenkredite sind keine Finanzierungsmittel zur Deckung von Haushaltsausgaben; sie sind daher weder im Verwaltungs- noch im Vermögenshaushalt der Gemeinde als Einnahmen zu veranschlagen.
2.
Arten des Kassenkredits
2.1
Festbetragskredit
 
Beim Festbetragskredit räumt der Kreditgeber für einen im vor-aus bestimmten Zeitraum vertraglich einen feststehenden Betrag zu einem festen Zinssatz ein und zahlt diesen Betrag an die Gemeinde aus. Der vereinbarte Kreditbetrag ist zu dem festgelegten Zeitpunkt in der Regel auf einmal mit dem Gesamtbetrag zurückzuzahlen. Der Festbetragskredit ist sowohl im Zeitbuch als auch im Sachbuch für haushaltsfremde Vorgänge (ShV) zu buchen (bei der Aufnahme als Einnahme, bei der Rückzahlung als Ausgabe).
2.2
Kontokorrentkredit
 
Beim Kontokorrentkredit wird ebenfalls auf vertraglicher Grundlage der Gemeinde von einem Kreditinstitut das Recht eingeräumt, das bei ihm bestehende Konto für den Zahlungsverkehr (Girokonto) bei Bedarf bis zu einem bestimmten Höchstbetrag zu überziehen (Überziehungskredit). Der Kontokorrentkredit paßt sich somit den jeweiligen Kassenverhältnissen fortlaufend an. Der Kontokorrentkredit wird weder im Zeitbuch noch im Sachbuch gebucht: er erscheint nur in den Tagesabschlüssen der Gerneindekasse als negativer Kassenist- und Kassensollbestand (§ 31 Abs. 1 Nr. 1 und 2 GemKVO).
3.
Höchstbetrag der Kassenkredite
 
Der höchstzulässige Betrag der Kassenkredite ist von der Gemeinde für jedes Haushaltsjahr im voraus in der Haushaltssatzung in eigener Verantwortung festzusetzen (Höchstbetrag der Kassenkredite, § 36 Abs. 2 Nr. 2 Kommunalverfassung). Der Höchstbetrag gilt erforderlichenfalls über das Haushaltsjahr hinaus solange weiter, bis die Haushaltssatzung für das folgende Haushaltsjahr erlassen worden ist (§ 46 Abs. 1 Kommunalverfassung). Der Höchstbetrag kann im Laufe des Haushaltsjahres mehrfach in Anspruch genommen werden. Die Festsetzung des Höchstbetrages in der Haushaltssatzung bedarf grundsätzlich keiner Mitwirkung der Rechtsaufsichtsbehörde. Eine Genehmigung des Höchstbetrages ist nur ausnahmsweise erforderlich, wenn er ein Sechstel der im Verwaltungshaushalt veranschlagten Einnahmen übersteigt (vgl. Abschnitt III Nr. 1).
Der satzungsrechtlich festgelegte Höchstbetrag bindet im übrigen die Gemeinde nur intern bei ihrer Haushaltsführung: die Festlegung hat keine rechtliche Außenwirkung. Ein von der Gemeinde abgeschlossener Kassenkreditvertrag ist auch dann rechtswirksarn, wenn der in der Haushaltssatzung festgelegte Höchstbetragüberschritten wird oder wenn die Haushalts-satzung noch nicht rechtsverbindlich erlassen worden ist. Reicht der in der Haushaltssatzung festgesetzte Höchstbetrag nicht aus, ist eine Nachtragssatzung erforderlich. Bei Eigenbetrieben tritt an die Stelle der Haushaltssatzung der Beschluß über den Wirtschaftsplan (§ 53 Abs. 3 Kommunalverfassung).
4.
Aufnahme von Kassenkrediten
 
Bei der Aufnahme von Kassenkrediten im Rahmen des satzungsrechtlichen Höchstbetrages ist der allgemeine Sparsamkeits- und Wirtschaftlichkeitsgrundsatz zu beachten (§ 34 Abs. 2 Kommunalverfassung). Die Art des Kassenkredites (vgl. Abschnitt II, Nr. 2) ist deshalb so zu wählen, daß die Kreditkosten möglichst nieder gehalten werden. Soweit Kassenkredite nicht bei einem Treuhandvermögen oder bei einem Sondervermögen mit Sonderrechnung aufgenommen werden können (vgl. Nr. 1), sollte bei nur kurzfristigem oder bei stark schwankendem Bedarf dem Kontokorrentkredit der Vorzug gegeben werden. Besteht für einen längeren Zeitraum ein konstanter Kassenmittelbedarf, ist in der Regel die Aufnahme eines Festbetragkredits wirtschaftlicher. Grundsätzlich sollten Kreditangebote bei mehreren Kreditinstituten eingeholt werden.
Von der Gemeinde können jeweils bis zum Höchstbetrag Kassenkreditverträge mit mehreren Kreditinstituten abgeschlossen werden. Die Gemeinde kann dann im Bedarfsfall auswählen, bei welchem Kreditinstitut die tatsächliche Inanspruchnahme im Zeitpunkt der Aufnahme am wirtschaftlichsten ist. Die tatsächliche Inanspruchnahme darf den in der Haushaltssatzung festgesetzten Höchstbetrag allerdings zu keinem Zeitpunkt überschreiten.
Zuständig zur Aufnahme von Kassenkrediten im Rahmen des Höchstbetrages ist der Bürgermeister (§ 27 Abs. 3 Satz 3 i. V. mit § 21 Abs. 3 Kommunalverfassung), bei Eigenbetrieben mit organisatorisch selbständigen Sonderkassen (§ 55 Kommunalverfassung) die Werkleitung.

III.
Genehmigung des Höchstbetrages in der Haushaltssatzung

1.
Formelle Voraussetzungen
 
Der in der Haushaltssatzung festgesetzte Höchstbetrag der Kassenkredite bedarf nur dann der Genehmigung durch die Rechtsaufsichtsbehörde, wenn er ein Sechstel der Einnahmen des Verwaltungshaushalts übersteigt (§ 46 Abs. 2 Kommunalverfassung). Die Rechtsaufsichtsbehörden haben diesen Schwellenwert selbst zu ermitteln und damit die Genehmigungsbedürftigkeit des Höchstbetrags im Rahmen der rechtsaufsichtlichen Überprüfung der Haushaltssatzung (§ 38 Abs. 2 Kommunalverfassung) ohne besonderen Antrag in eigener Verantwortung festzustellen.
2.
Materielle Voraussetzungen
 
Durch die Genehmigungspflicht soll verhindert werden, daß sich die Gemeinde in einem haushaltswirtschaftlich nicht vertretbaren Umfang Kassenkredite verschafft und damit die in §§ 35 Abs. 3 und 44 Abs. 1 Kommunalverfassung gezogenen Grenzen der Kreditfinanzierung umgeht. Die gesetzliche Regelung der Genehmigungspflicht berücksichtigt örtliche Besonderheiten, wie z. B. gemeinsame Kassenführung für Dritte, verzögerter Einnahmeneingang trotz rechtzeitig eingeleiteter Einzugsmaßnahmen, zeitliches Auseinanderfallen des Einnahmeneingangs und des Ausgabenabflusses nicht. Ob solche Besonderheiten vorliegen, ist von der Rechtsaufsichtsbehörde bei der Genehmigung zu prüfen und ggf. zu berücksichtigen. Hiernach ist zu beurteilen, bis zu welcher Höhe auch bei einem sparsamen Haushaltsvollzug und bei einer an der Aufgabenerfüllung orientierten Ausgabenwirtschaft Zahlungsengpässe auftreten können. Ein zu enger Beurteilungsmaßstab muß dabei ausscheiden, denn ohne ausreichenden Spielraum beim kassenmäßigen Vollzug ist eine wirtschaftliche und geordnete Haushaltsführung nicht gewährleistet.
Die Genehmigung ist jedoch insoweit zu versagen, als die Höhe der ständig benötigten Kassenkredite darauf schließen läßt, daß sie in gesetzwidriger Weise
 
ein materielles Ungleichgewicht des Haushalts oder
 
sachlich nicht begründete Zahlungsrückstände bei den Einnahmen
 
ausgleichen sollen, zumal in beiden Fällen auch mit Schwierigkeiten bei der Rückzahlung der Kassenkredite gerechnet werden muß.
Im Rahmen der Genehmigungsvoraussetzungen kann die Genehmigung des Höchstbetrages über den Schwellenwert hinaus auch unter Bedingungen erteilt oder mit Auflagen verbunden werden,
3.
Zuständigkeiten
 
Zuständig für die Genehmigung des Höchstbetrages sind die Rechtsaufsichtsbehörden. Rechtsaufsichtsbehörde ist
 
bei den kreisangehörigen Städten und Gemeinden das Landratsamt,
 
bei den kreisfreien Städten und bei den Landkreisen das Regierungspräsidium.

IV.
Übergangsregelung für das Haushaltsjahr 1991

Da bis zum Erlaß der Haushaltssatzungen für das Jahr 1991 keine Kassenkredithöchstbeträge – auch nicht aus dem Vorjahr -festgesetzt sind, bedarf die Aufnahme von Kassenkrediten insoweit grundsätzlich der Einzelgenehmigung nach § 44 Abs. 6 Kommunalverfassung. Diese Einzelgenehmigung wird hiermit allgemein erteilt, soweit der aufzunehmende Kassenkredit nicht ein Sechstel der nach dem Entwurf der Haushaltssatzung im Verwaltungshaushalt geplanten Einnahmen übersteigt (Allgemeingenehmigung). Übersteigt der aufzunehmende Kassenkredit diese Betragsgrenze, ist die Einzelgenehmigung unter Vorlage

des Entwurfs der Haushaltssatzung einschließlich des Haushaltsplanes und
des zum Abschluß vorgesehenen Kreditvertrages bei der Rechtsaufsichtsbehörde so rechtzeitig zu beantragen und der Bedarf zu begründen, daß die Rechtsaufsichtsbehörde (vgl. Abschnitt III Nr. 3) die Genehmigung ohne Zeitdruck vor Abschluß des Kredit- Kreditvertrags erteilen oder versagen kann. Die Rechtsaufsichts- Rechtsaufsichtsbehörde hat die Genehmigung innerhalb von zwei Wochen nach Antragseingang zu erteilen oder zu versagen. Die Genehmigung kann auch unter Bedingungen oder Auflagen erteilt werden. Die Einzelgenehmigung erlischt mit dem Inkrafttreten der Haushaltssatzung für das Jahr 1991.

V.
Inkrafttreten

Die vorstehende Verwaltungsvorschrift tritt mit sofortiger Wirkung in Kraft.

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Verweis auf Bundesgesetze

    Fundstelle und systematische Gliederungsnummer

    SächsABl. 1991 Nr. 4, S. 5

    Gültigkeitszeitraum

    Fassung gültig ab: 28. Februar 1991

    Fassung gültig bis: 31. Dezember 2003