Verwaltungsvorschrift
des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales
zur Gewährung von Leistungen des Integrationsamtes an Arbeitgeber zur Abgeltung außergewöhnlicher Belastungen nach § 27 Schwerbehindertenausgleichsabgabeverordnung (SchwbAV)
Vom 22. November 2002
- 1
- Rechtsgrundlage
- 1.1
- Arbeitgeber können im Rahmen der zur Verfügung stehenden Mittel aus der Ausgleichsabgabe Zuschüsse zur Abgeltung außergewöhnlicher Belastungen nach § 102 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) vom 19. Juni 2001 (BGBl. I S. 1046, 1047), das zuletzt durch Artikel 30 des Gesetzes vom 23. Juli 2002 (BGBl. I S. 2850, 2860) geändert worden ist, in Verbindung mit § 27 der Schwerbehinderten-Ausgleichsabgabeverordnung (SchwbAV) vom 28. März 1988 (BGBl. I S. 484), das zuletzt durch Artikel 25 des Gesetzes vom 13. September 2001 (BGBl. I S. 2376, 2403) geändert worden ist, erhalten.
- 1.2
- Im Übrigen gelten die Rechtsgrundsätze in der begleitenden Hilfe im Arbeitsleben insbesondere § 102 Abs. 4 bis 6 SGB IX sowie § 18 Abs. 1 und 3 SchwbAV.
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- Nachrang der Leistungen
- Die Leistungen sind gegenüber den zweckgleichen Leistungen der Rehabilitationsträger nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 bis 5 SGB IX sowie gegenüber Leistungen, die von anderer Seite für denselben Zweck erbracht werden, grundsätzlich nachrangig. Deshalb kommt vor allem ein Minderleistungsausgleich nach dieser Verwaltungsvorschrift in der Regel nicht in Betracht, wenn ein Eingliederungszuschuss im Sinne von § 34 Abs. 1 Nr. 2 SGB IX durch das Arbeitsamt oder einen anderen Träger erbracht wird.
- 3
- Allgemeine Voraussetzungen
- Leistungen können gewährt werden, wenn:
- 3.1
- ein unbefristetes oder befristetes Arbeitsverhältnis (Mindestdauer: in der Regel drei Monate) auf einem Arbeitsplatz nach § 73 Abs. 1, § 102 Abs. 2 Satz 3 SGB IX besteht und zumindest das tarifliche oder, soweit eine tarifliche Regelung nicht besteht, für die Beschäftigung ortsübliche Arbeitsentgelt gezahlt wird;
- 3.2
- ein vertretbares Austauschverhältnis von Arbeitsleistung und Arbeitsentgelt im Sinne der Erwerbsfähigkeit besteht, das heißt die erbrachte Arbeitsleistung mindestens 50 vom Hundert der dem Arbeitsentgelt zu Grunde liegenden Arbeitsleistung entspricht, oder wenn dieses Austauschverhältnis in einem überschaubaren Zeitraum durch geeignete Maßnahmen erreicht werden kann.
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- Außergewöhnliche Belastungen
- 4.1
- Belastungen im Sinne des § 27 Abs. 2 SchwbAV sind einmalige oder laufende finanzielle Aufwendungen sowie sonstige Belastungen des Arbeitgebers, die insbesondere hervorgerufen werden durch
- 4.1.1
- eine gegenüber der betrieblichen Normalleistung auf einem vergleichbaren Arbeitsplatz nicht nur vorübergehend wesentlich verminderte Arbeitsleistung des schwerbehinderten Menschen (Minderleistung),
- 4.1.2
- eine nicht nur vorübergehend erforderliche personelle Unterstützung durch andere Mitarbeiter/innen des Arbeitgebers im Zusammenhang mit der Arbeitsausführung der/des schwerbehinderten Beschäftigten (personelle Unterstützung).
Eine personelle Unterstützung ist insbesondere gegeben bei - a)
- längerer oder regelmäßig wiederkehrender fachlicher beziehungsweise arbeitspädagogischer Unterweisung und Anleitung (insbesondere bei lern-/geistig behinderten Menschen),
- b)
- regelmäßiger arbeitsbegleitender Betreuung und Motivation zur Arbeitsausführung (insbesondere bei seelisch behinderten Menschen),
- c)
- regelmäßig erforderlichen tätigkeitsbezogenen Handreichungen und Hilfestellungen (zum Beispiel Wege im Betrieb) bei der Arbeitsausführung sowie der Sicherstellung der Kommunikation am Arbeitsplatz (insbesondere für erheblich körperbehinderte und/oder sinnesbehinderte Menschen).
- 4.1.3
- Zeiten der Arbeitsunfähigkeit allein, das heißt ohne zusätzliche über die Lohnkostenzahlung hinausgehende Aufwendungen, stellen keine außergewöhnlichen Belastungen dar.
- 4.2
- Die unter Ziffer 4.1 beschriebenen Aufwendungen sowie sonstige Belastungen müssen im Zusammenhang mit behinderungsbedingten Funktionseinschränkungen und deren Auswirkungen bei den konkreten Arbeitsplatzanforderungen stehen.
- 4.3
- Überdurchschnittlich im Sinne von § 27 Abs. 2 SchwbAV sind die Aufwendungen sowie die sonstigen Belastungen des Arbeitgebers dann, wenn sie die im Beschäftigungsbetrieb/der Beschäftigungsdienststelle üblicherweise für Arbeitnehmer/innen mit vergleichbaren Arbeitsaufgaben anfallenden Kosten deutlich überschreiten. Dies ist in der Regel der Fall bei
- a)
- einer Minderleistung im Sinne der Ziffer 4.1.1, wenn die Arbeitsleistung des schwerbehinderten Menschen um 30 vom Hundert geringer ist als diejenige eines anderen Beschäftigten, der eine vergleichbare Tätigkeit/Funktion im Betrieb/der Dienststelle ausübt,
- b)
- innerbetrieblicher personeller Unterstützung im Sinne der Ziffer 4.1.2, wenn diese arbeitstäglich durchschnittlich mehr als 0,5 Stunden erforderlich ist.
- 4.4
- Die Möglichkeiten, die/den schwerbehinderten Beschäftigten zu einer von fremder Unterstützung unabhängigen und ihrem Arbeitsentgelt entsprechenden Arbeitsleistung zu befähigen, müssen ausgeschöpft sein.
Dazu gehören insbesondere - a)
- die dem Fähigkeitsprofil des schwerbehinderten Menschen entsprechende Auswahl des Arbeitsplatzes,
- b)
- gegebenenfalls die Versetzung auf einen anderen Arbeitsplatz,
- c)
- die behinderungsgerechte Einrichtung und Ausstattung des Arbeitsplatzes einschließlich Arbeitszeitgestaltung und Arbeitsorganisation,
- d)
- die auf die Fähigkeiten abgestimmte berufliche Bildung und Einarbeitung einschließlich innerbetrieblicher Maßnahmen zur beruflichen Qualifizierung.
- 4.5
- Die Übernahme der Kosten der behinderungsbedingten außergewöhnlichen Aufwendungen sowie sonstiger finanziellen Belastungen im Sinne der Ziffern 4.1 bis 4.4 muss für den Arbeitgeber unzumutbar sein.
- 4.5.1
- Das Maß der Unzumutbarkeit orientiert sich insbesondere an der Erfüllung der Beschäftigungspflicht gemäß § 77 Abs. 2 SGB IX. Ferner ist die Möglichkeit des Arbeitgebers zur Mehrfachanrechnung gemäß § 76 SGB IX zu berücksichtigen.
- 4.5.2
- Im Übrigen sind an den Arbeitgeber bezüglich des ihm finanziell Zumutbaren besonders hohe Anforderungen zu stellen, wenn eine ordentliche (Änderungs-) Kündigung arbeitsvertraglich beziehungsweise tarifvertraglich ausgeschlossen ist oder ein Anspruch des schwerbehinderten Menschen auf Verdienstsicherung besteht. Das Gleiche gilt, wenn es sich um eine Beamtin oder Beamten auf Lebenszeit handelt. Dies gilt nicht, wenn Leistungen nach § 27 SchwbAV bereits vor Eintritt der in Satz 1 genannten Bedingungen gewährt worden sind.
- 5
- Berechnung und Höhe der Abgeltung der außergewöhnlichen Belastungen
- 5.1
- Die Ermittlung der Leistungen erfolgt
- a)
- für den Umfang der Minderleistung nach 4.1.1 in drei Bedarfsstufen,
- b)
- für den personellen Unterstützungsbedarf nach 4.1.2 in vier Bedarfsstufen.
- 5.1.1
- Die Bedarfsstufen sind
- a)
- bei Minderleistung
Bedarfsstufen Stufe Leistung Stufe 1: um 30 vom Hundert Stufe 2: um 40 vom Hundert Stufe 3: um 50 vom Hundert - b)
- bei personeller Unterstützung
Bedarfsstufen Stufe Stunden Stufe 1: mehr als 0,5 Stunden Stufe 2: mehr als 1,0 Stunden Stufe 3: mehr als 2,0 Stunden Stufe 4: mehr als 3,0 Stunden - 5.1.2
- Den Bedarfsstufen werden Beträge zugeordnet, die eine branchen-, regional- beziehungsweise länderspezifische Entlohnung des schwerbehinderten Menschen beziehungsweise der Unterstützungsperson sowie die Erfüllung der Beschäftigungspflicht durch den Arbeitgeber berücksichtigen. Die Beträge innerhalb einer Bedarfsstufe orientieren sich an den jeweiligen Löhnen oder Gehältern.
- 5.1.3
- Die monatlichen Zahlbeträge sind
- a)
- bei Minderleistung
Bedarfsstufen Stufe Euro Stufe 1: 180 bis 360 EUR Stufe 2: 230 bis 480 EUR Stufe 3: 280 bis 650 EUR - b)
- bei personeller Unterstützung
Bedarfsstufen Stufe Euro Stufe 1: 120 bis 180 EUR Stufe 2: 180 bis 360 EUR Stufe 3: 250 bis 600 EUR Stufe 4: 320 bis 850 EUR. - Die vorgenannten Zahlbeträge entsprechen einer Vollzeitbeschäftigung und sind bei Teilzeitbeschäftigung anteilmäßig zu kürzen.
- 5.2
- Bei der abschließenden Gesamtbetrachtung soll die Höhe der jährlichen Leistung zur Abgeltung außergewöhnlicher Belastungen des Arbeitgebers (Minderleistung, personelle Unterstützung und auch Kombination von beiden Leistungstatbeständen) 50 vom Hundert des Bruttojahreseinkommens einschließlich Arbeitgeberanteil zum Gesamtsozialversicherungsbeitrag und der gezahlten vermögenswirksamen Leistungen der/des schwerbehinderten Beschäftigten nicht überschreiten.
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- Antragstellung und Dauer der Leistung
- Die Leistungen werden in der Regel für einen Zeitraum von zwei Jahren, beginnend mit dem Monat der Antragstellung, bewilligt. Leistungen können auf Antrag wiederholt erbracht werden.
Leistungen werden auch bei Abwesenheit der/des schwerbehinderten Beschäftigten (insbesondere Urlaub, Arbeitsunfähigkeit) erbracht, solange der Arbeitgeber tatsächlich Lohn-/Gehaltsleistungen erbringt, bei Entgeltfortzahlung längstens jedoch bis zum Ablauf von sechs Wochen.
Sollen Arbeitsverhältnisse beendet werden, entfallen die Leistungsvoraussetzungen in der Regel- mit Erteilung der Zustimmung zur Kündigung durch das Integrationsamt,
- bei Aufhebungsverträgen vom Monat nach Unterzeichnung des Vertrages an.
- 7
- Örtliche Zuständigkeit
- Zuständig für Leistungen nach dieser Verwaltungsvorschrift ist die Zweigstelle des Integrationsamtes, in deren Bereich der Arbeitsplatz liegt.
Bei Telearbeitsverhältnissen ist der Betriebssitz maßgebend.
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- In-Kraft-Treten
- Diese Verwaltungsvorschrift tritt mit Wirkung vom 1. Januar 2003 in Kraft.
Gleichzeitig tritt die Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales, Gesundheit und Familie vom 23. Dezember 1998 (SächsABl. 1999 S. 87) für die Gewährung von Leistungen der Hauptfürsorgestelle an Arbeitgeber zur Abgeltung außergewöhnlicher Belastungen außer Kraft.
Dresden, den 6. Dezember 2002
Sächsisches Staatsministerium
für Soziales
Dr. Wedekind
Ministerialdirigent