Geschäftsordnung
des Verfassungsgerichtshofes des Freistaates Sachsen
Vom 14. Februar 2025
Aufgrund des § 10 Absatz 2 des Sächsischen Verfassungsgerichtshofsgesetzes vom 18. Februar 1993 (SächsGVBl. S. 177, 495) in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. Juli 2024 (SächsGVBl. S. 616) hat der Verfassungsgerichtshof seine Geschäftsordnung neu gefasst:
Erster Teil
Organisation und Verwaltung des Verfassungsgerichtshofes
§ 1
Sitz des Verfassungsgerichtshofes
Der Verfassungsgerichtshof hat seinen Sitz in Leipzig und befindet sich im Gebäude des Landgerichts Leipzig.
§ 2
Verwaltung und Außenvertretung
(1) 1Der Verfassungsgerichtshof berät und beschließt über Angelegenheiten von grundsätzlicher Bedeutung, die seine Stellung und seine Arbeitsbedingungen betreffen. 2Wird über eine die allgemeine Stellung der Stellvertreter berührende Frage beschlossen, so nehmen diese mit beratender Stimme an der Sitzung teil.
(2) 1Der Präsident vertritt den Verfassungsgerichtshof nach außen und führt die Verwaltung. 2Er wird durch den Vizepräsidenten vertreten, wenn auch dieser verhindert ist, durch das dienstälteste berufsrichterliche Mitglied. 3Das Dienstalter bestimmt sich nach der Dauer der ununterbrochenen Mitgliedschaft beim Verfassungsgerichtshof, bei gleichem Dienstalter entscheidet das Lebensalter.
(3) Der Präsident unterrichtet die Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes und die Stellvertreter über alle wichtigen Vorgänge, die sie oder den Verfassungsgerichtshof berühren.
(4) Der Präsident wird durch den Referenten des Verfassungsgerichtshofes unterstützt.
§ 3
Amtstracht
1Die Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes tragen in den zur mündlichen Verhandlung und zur Verkündung bestimmten Sitzungen eine Robe aus grünem Stoff mit dunkelgrünem Samtbesatz. 2Diese Regelung gilt entsprechend für den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle.
§ 4
Amtssiegel
1Der Verfassungsgerichtshof führt ein Siegel mit dem kleinen Landeswappen und der Unterschrift „Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen“. 2Soweit es sich nicht um Aufgaben der Rechtsprechung handelt, führt der Verfassungsgerichtshof ein Siegel mit dem kleinen Landeswappen und der Unterschrift „Der Präsident des Verfassungsgerichtshofes“.
§ 5
Geschäftsstelle
Bei dem Verfassungsgerichtshof wird eine Geschäftsstelle eingerichtet.
§ 6
Öffentlichkeitsarbeit
1Dem Präsidenten obliegt die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. 2Diese Aufgaben kann er dem Pressesprecher übertragen. 3Pressemitteilungen über ergangene Entscheidungen sollen im Einvernehmen mit dem Berichterstatter abgefasst werden.
§ 7
Veröffentlichung von Entscheidungen
1Dem Präsidenten obliegt die Veröffentlichung der Entscheidungen in der Entscheidungssammlung des Sächsischen Verfassungsgerichtshofes, in sonstigen Entscheidungssammlungen und in der Fachpresse. 2Zum Zweck der Veröffentlichung können der Entscheidung Leitsätze beigefügt werden. 3Sie sind nicht Bestandteil der Entscheidung. 4Die Leitsätze werden vom Plenum beschlossen.
§ 8
Wissenschaftliche Mitarbeiter
Der Verfassungsgerichtshof wird durch wissenschaftliche Mitarbeiter unterstützt.
Zweiter Teil
Besetzung des Verfassungsgerichtshofes/
Mitwirkung der Richter
§ 9
Vorrangregelung
Die Tätigkeit als Richter des Verfassungsgerichtshofes geht jeder anderen Tätigkeit vor.
§ 10
Ablehnung eines Verfassungsrichters
Wird ein Mitglied einer Kammer wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt, so entscheidet der Verfassungsgerichtshof.
§ 11
Verschwiegenheit
1Die Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes sind zu Verschwiegenheit verpflichtet. 2Sie haben die ihnen während eines Verfahrens zugehenden Dokumente vertraulich zu behandeln.
§ 12
Berichterstatter
(1) Jedes Mitglied des Verfassungsgerichtshofes kann zum Berichterstatter bestellt werden.
(2) 1Verfassungsbeschwerden werden fortlaufend auf die Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes in deren alphabetischer Reihenfolge als Berichterstatter verteilt; der Geschäftsverteilungsplan regelt, inwieweit der Präsident in die Verteilung der Berichterstattungen einbezogen wird. 2Von der alphabetischen Reihenfolge kann im Einvernehmen mit dem abgebenden und dem aufnehmenden Berichterstatter, der derselben Kammer angehört, abgewichen werden, wenn dies für einen geordneten Verfahrensgang erforderlich ist. 3Der Präsident stellt den Berichterstatter fest. 4Wird die Entscheidung der Kammer übertragen, entscheidet die Kammer, der der Berichterstatter angehört. 5Im Übrigen bestimmt der Präsident den Berichterstatter in Abstimmung mit diesem. 6Bei Bedarf kann ein Mitberichterstatter bestimmt werden.
§ 12a
Beschwerdekammer
(1) Den Vorsitz der Beschwerdekammer führt das dienstälteste Kammermitglied.
(2) Für ein ausscheidendes Kammermitglied rückt das dienstälteste, bei gleichem Dienstalter das lebensältere Mitglied des Verfassungsgerichtshofes nach.
(3) 1Die Mitglieder der Beschwerdekammer werden durch die übrigen Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes in der Reihenfolge ihres Dienstalters vertreten. 2Bei mehreren Mitgliedern mit gleichem Dienstalter entscheidet das Lebensalter.
(4) Für die Bestimmung des Dienstalters gilt § 2 Absatz 2 Satz 3.
§ 13
Verhinderung
(1) Die ordentlichen Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes unterrichten den Präsidenten, falls sie durch Urlaub, Krankheit oder aus anderen wichtigen Gründen an der Mitwirkung im Verfassungsgerichtshof gehindert sein werden.
(2) Der Präsident stellt die Verhinderung aus anderen wichtigen Gründen im Sinne des Absatzes 1 förmlich fest.
Dritter Teil
Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof
§ 14
Zustellungen und Ladungen
Zugestellt und geladen wird von Amts wegen entsprechend der Verwaltungsgerichtsordnung in ihrer jeweils geltenden Fassung.
§ 15
Akteneinsicht
(1) Vorbereitende Schriftstücke der Richter sind nicht Bestandteil der Verfahrensakten und von der Akteneinsicht ausgeschlossen.
(2) Anderen Personen als den Beteiligten kann in besonderen Fällen ausnahmsweise Akteneinsicht gewährt werden, wenn sie ein berechtigtes Interesse glaubhaft machen und die Belange der Beteiligten, Dritter, des Staates oder die Erfordernisse des Verfahrens nicht entgegenstehen.
(3) Über die Bewilligung von Akteneinsicht entscheidet der Präsident.
§ 16
Mündliche Verhandlung
(1) Den Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt der Präsident.
(2) 1Zur mündlichen Verhandlung sind die Beteiligten von Amts wegen mit einer Frist von zwei Wochen zu laden. 2In dringenden Fällen kann der Präsident die Frist abkürzen.
(3) 1Die Niederschrift über die mündliche Verhandlung wird durch einen von dem Präsidenten zu bestimmenden Urkundsbeamten der Geschäftsstelle aufgenommen. 2Sie wird von dem Präsidenten und dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle unterzeichnet.
§ 17
Beratung und Abstimmung; Umlaufverfahren
(1) 1Der Berichterstatter legt dem Vorsitzenden ein schriftliches Votum vor. 2Der Vorsitzende übermittelt den mitwirkenden Richtern den Vorschlag.
(2) Zwischen der Verteilung des Votums und der Beratung oder der mündlichen Verhandlung sollen mindestens zehn Tage liegen.
(3) Jeder Richter, der an der Entscheidung mitgewirkt hat, kann bis zu deren Verkündung oder bis zu deren Ausfertigung zum Zwecke der Zustellung die Fortsetzung der Beratung verlangen, wenn er seine Stimmabgabe ändern will; er kann die Fortsetzung der Beratung beantragen, wenn er bisher nicht erörterte Gesichtspunkte vortragen möchte.
(4) 1Hält der Vorsitzende in Fällen, die keine mündliche Verhandlung erfordern, eine Entscheidung im Wege des Umlaufs für angezeigt, so kann er jedem mitwirkenden Richter einen von ihm unterzeichneten Entscheidungsentwurf übersenden. 2Jeder Richter sendet den ihm übersandten Entwurf mit seiner Unterschrift versehen zurück, wenn er nicht eine Beratung verlangt. 3Der Beschluss kommt mit Eingang der Zustimmung aller Richter zustande.
§ 18
Entscheidung
(1) Entscheidungen, die aufgrund mündlicher Verhandlung ergangen sind, erhalten das Datum des Termins, an dem sie verkündet werden; andere Entscheidungen erhalten das Datum des Tages, an dem sie beschlossen worden, im Fall des Umlaufverfahrens zustande gekommen sind.
(2) Die Richter, die an einer Entscheidung mitgewirkt haben, sind im Rubrum mit ihrem Namen in folgender Reihenfolge aufzuführen: Präsident, Vizepräsident, danach die anderen Mitglieder in alphabetischer Reihenfolge.
(3) 1Die Entscheidung ist schriftlich zu begründen und von den mitwirkenden Richtern zu unterzeichnen. 2Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies unter der Entscheidung vermerkt.
(4) 1In begründeten Ausnahmefällen kann der Präsident nach Anhörung der mitwirkenden Richter gestatten, dass sich das Plenum oder einzelne Mitglieder während der Beratung an verschiedenen Orten aufhalten und dort Verfahrenshandlungen vornehmen. 2Die Beratung wird zeitgleich in Bild und Ton an diese Orte und in den Beratungsraum übertragen.
(5) Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten in der Entscheidung kann der Vorsitzende berichtigen.
Vierter Teil
Register
§ 19
Verfahrensregister
Die Geschäftsstelle des Verfassungsgerichtshofes führt ein Verfahrensregister, in das die Sachen in der Reihenfolge ihres Einganges jahrgangsweise eingetragen werden.
§ 20
Allgemeines Register
(1) 1Anträge und Eingaben an den Verfassungsgerichtshof, die nicht auf eine Rechtsprechungstätigkeit des Verfassungsgerichtshofes gerichtet sind oder ein Anliegen zum Gegenstand haben, für das eine gerichtliche Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes nicht besteht, werden in einem allgemeinen Register erfasst. 2Sie werden vom Präsidenten als Verwaltungsangelegenheiten bearbeitet.
(2) 1Im allgemeinen Register können auch Verfassungsbeschwerden, die offensichtlich unzulässig sind oder unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes offensichtlich keinen Erfolg haben können sowie sonstige offensichtlich unzulässige Verfahrensanträge registriert werden. 2Wird nach Unterrichtung über die Rechtslage weiter eine richterliche Entscheidung begehrt, werden sie in das Verfahrensregister übernommen.
(3) 1Die Entscheidung darüber, ob ein Vorgang in das allgemeine Register einzutragen ist, trifft der Präsident. 2Er kann die Entscheidung dem Referenten übertragen.
Fünfter Teil
Schlussvorschriften
§ 21
Änderung der Geschäftsordnung
(1) Über eine Änderung der Geschäftsordnung beschließt der Verfassungsgerichtshof mit der Mehrheit der mitwirkenden Mitglieder (§ 8 Absatz 2 des Sächsischen Verfassungsgerichtshofsgesetzes).
(2) 1Jedes Mitglied kann die Änderung der Geschäftsordnung beantragen. 2Der Antrag soll schriftlich gestellt werden, einen Formulierungsvorschlag und eine Begründung enthalten.
§ 22
Inkrafttreten der Geschäftsordnung
1Diese Geschäftsordnung tritt am Tage nach der Veröffentlichung im Sächsischen Gesetz- und Verordnungsblatt in Kraft. 2Gleichzeitig tritt die Geschäftsordnung vom 18. Februar 1993 (SächsGVBl. S. 177), zuletzt geändert am 26. April 2013 (SächsGVBl. S. 327), außer Kraft.
Leipzig, den 14. Februar 2025
Grünberg
Wahl
Herberger
Hoven
Jäger
Kirst
Schurig
Strewe
Uhle