Verwaltungsvorschrift
des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz
über das Justizpressewesen
Vom 5. Dezember 1994
[Geändert durch VwV vom 3. März 1997 (SächsJMBl. S. 18) mit Wirkung vom 15. April 1997]
§ 1
Bedeutung der Zusammenarbeit der Justizbehörden mit den Medien
Das Verständnis der Bevölkerung für die Rechtspflege wird durch eine konstruktive Zusammenarbeit der Justizbehörden mit Presse, Hörfunk, Film und Fernsehen (im folgenden als „Presse“ bezeichnet) gefördert. Zur allgemeinen Klärung rechtlicher Fragen soll die Öffentlichkeit über gerichtliche Entscheidungen unterrichtet werden. Im Strafrecht kann eine sachliche Gerichtsberichterstattung zur Generalprävention beitragen.
§ 2
Pressestelle des Staatsministeriums der Justiz
Beim Sächsischen Staatsministerium der Justiz besteht eine Pressestelle. Ihr obliegt in erster Linie die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit im Bereich der Rechtspolitik, der Justizverwaltung sowie des Strafvollzugs.
§ 3
Pressereferenten bei Gerichten und Staatsanwaltschaften
(1) Bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften (bei den Amtsgerichten nur im Bedarfsfalle) sind durch die Behördenleiter Pressereferenten zu bestellen. Die Bestellung ist dem Sächsischen Staatsministerium der Justiz mitzuteilen.
(2) Den Pressereferenten der Gerichte und Staatsanwaltschaften obliegt vor allem die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit auf dem Gebiet der Rechtsprechung und der staatsanwaltlichen Ermittlungstätigkeit.
§ 4
Auskünfte an die Presse
(1) Auskünfte an die Presse erteilen nur die Behördenleiter, ihre ständigen Vertreter oder die Pressereferenten. In Ausnahmefällen kann im Einverständnis mit dem Behördenleiter ein mit der Sache befaßter Richter oder Staatsanwalt die Auskunft selbst erteilen.
(2) Auskünfte über Entscheidungen des Gerichts oder der Staatsanwaltschaft sollen erst erteilt werden, wenn die Entscheidung verkündet ist oder davon ausgegangen werden kann, daß sie den Betroffenen zugegangen oder auf andere Weise bekannt gemacht worden ist.
(3) Bei der Auskunftserteilung sind die berechtigten Interessen der Verfahrensbeteiligten an der Wahrung ihrer persönlichen und beruflichen Geheimnisse zu beachten. Auskünfte sind zu verweigern, wenn
- a)
- Vorschriften über die Geheimhaltung und über den Persönlichkeitsschutz entgegenstehen,
- b)
- durch sie die sachgemäße Durchführung eines schwebenden Verfahrens vereitelt, erschwert, verzögert oder gefährdet werden könnte,
- c)
- durch sie ein überwiegendes öffentliches oder ein schutzwürdiges privates Interesse verletzt würde oder
- d)
- ihr Umfang das zumutbare Maß überschreitet.
§ 5
Unterstützung der Presse bei der Berichterstattung
(1) Die Pressereferenten unterstützen insbesondere die Arbeit der Gerichtsberichterstatter. Sie stehen für Auskünfte zur Verfügung und beschaffen sich das hierfür erforderliche Tatsachenmaterial.
(2) Die Pressereferenten erteilen nicht nur auf Anfrage Auskünfte an die Presse, sondern unterrichten auch durch eigene Initiativen über die Tätigkeit der Justizbehörden. Sie bereiten wesentliche Nachrichten aus dem jeweiligen Bereich auf und leiten sie der Presse zu.
(3) Dem allgemeinen Informationsinteresse der Öffentlichkeit wird in der Regel ohne Namensnennung entsprochen werden können.
§ 6
Sonderregelungen für Strafverfahren
(1) Bei den Landgerichten werden nach Möglichkeit am Ende jeder Woche die Sitzungslisten der Strafkammern für die folgende Woche zur Einsichtnahme durch die Gerichtsberichterstatter ausgelegt.
(2) In Schwurgerichtssachen und Strafverfahren, von denen anzunehmen ist, daß sie in der Öffentlichkeit eine besondere Beachtung finden werden, kann den Gerichtsberichterstattern vor der Hauptverhandlung die Anklageschrift zur Einsichtnahme zugänglich gemacht werden, wenn nicht damit zu rechnen ist, daß für die Hauptverhandlung die Öffentlichkeit ausgeschlossen wird. Die Einsichtnahme ist frühestens am Tag des Termins zur Hauptverhandlung statthaft und erstreckt sich nicht auf das wesentliche Ergebnis der Ermittlungen. Den Gerichtsberichterstattern kann auch eine Abschrift des Anklagesatzes überlassen werden. In jedem Fall sind die Namen der Geschädigten, Zeugen, Unbeteiligten und Eltern des Angeklagten unkenntlich zu machen. Auf § 353 d Nr. 3 StGB ist in beiden Fällen hinzuweisen.
(3) Bis einschließlich Anklageerhebung und nach Rechtskraft des Verfahrens ist der Pressereferent der Staatsanwaltschaft für die Auskunftserteilung zuständig.
(4) In Strafverfahren von überörtlicher Bedeutung kann die Information der Presse dem Pressereferenten des Oberlandesgerichts Dresden übertragen werden.
§ 7
Unterrichtung der Pressereferenten
Die Pressereferenten können ihrer Aufgabe nur gerecht werden, wenn sie über alle Vorgänge ihrer Justizbehörde unterrichtet sind, die für die Öffentlichkeit von Bedeutung sind. Richter und Staatsanwälte sollen daher bei allen Verfahren prüfen, ab Anlaß besteht, die Pressereferenten zu unterrichten.
§ 8
Unrichtige Berichte und Gegendarstellungen
(1) Werden in der Presse unrichtige Behauptungen veröffentlicht, die das Ansehen der Rechtspflege gefährden könnten oder im Interesse der Verfahrensbeteiligten nicht unwidersprochen bleiben dürfen, so soll auf eine angemessene Richtigstellung hingewirkt werden.
(2) Das Verlangen nach einer Gegendarstellung gemäß § 10 SächsPresseG soll dann gestellt werden, wenn die Bemühungen um eine angemessene Richtigstellung erfolglos geblieben sind oder von vornherein erfolglos erscheinen und eine Gegendarstellung wegen der Bedeutung und Tragweite der Angelegenheit geboten erscheint. Gegendarstellungen geben die Behördenleiter der betroffenen Justizbehörde ab. In Angelegenheiten von grundlegender Bedeutung wird die Pressestelle des Staatsministeriums der Justiz vorab unterrichtet.
§ 9
Auswertung der Presse
Die Pressestelle des Staatsministeriums der Justiz gibt täglich einen Pressespiegel heraus, in dem allgemein interessierende Veröffentlichungen, insbesondere zu rechtspolitischen Themen und Angelegenheiten der Justizverwaltung, zusammengestellt sind.
§ 10
Geschäftsbehandlung
(1) Pressesachen sind Eilsachen. Dringende Angelegenheiten sind fernmündlich oder fernschriftlich zu erledigen. Der wesentliche Inhalt wichtiger Auskünfte und Stellungnahmen soll schriftlich festgehalten werden.
(2) Auskünfte sind nach Möglichkeit rasch, verständlich und unter Hervorhebung des Wesentlichen zu erteilen.
(3) In Pressesachen verkehren die Pressereferenten der Gerichte und Staatsanwaltschaften unmittelbar mit der Pressestelle des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz. Der Pressereferent der jeweils übergeordneten Behörde und die Pressestelle des Staatsministeriums der Justiz sollen von wichtigen Mitteilungen unterrichtet werden.
§ 11
Inkrafttreten
Die Verwaltungsvorschrift tritt am 1. Januar 1995 in Kraft.
Dresden, den 5. Dezember 1994
Der Staatsminister der Justiz
Steffen Heitmann