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REVOSax - Recht und Vorschriftenverwaltung Sachsen

Sächsisches Verfahrensausführungsgesetz

Vollzitat: Sächsisches Verfahrensausführungsgesetz vom 24. Mai 1994 (SächsGVBl. S. 1009, 1011)

Gesetz
zur Ausführung von Verfahrensgesetzen
(Sächsisches Verfahrensausführungsgesetz – SächsVerfAG)

erlassen als Artikel 2 des Gesetzes zur Organisation der Gerichte und Staatsanwaltschaften im Freistaat Sachsen sowie zur Ausführung von Verfahrensgesetzen

Vom 24. Mai 1994

Erster Abschnitt 
Allgemeine Vorschriften

§ 1
Zahl der Spruchkörper

Die Zahl der Senate bei dem Oberlandesgericht, dem Sächsischen Oberverwaltungsgericht, dem Sächsischen Landessozialgericht und dem Sächsischen Finanzgericht, die Zahl der Kammern bei den Landgerichten, bei den Verwaltungsgerichten und bei den Sozialgerichten sowie die Zahl der von einem weiteren aufsichtsführenden Richter geleiteten Abteilungen bei den Amtsgerichten bestimmt das Staatsministerium der Justiz. Diese Befugnis kann auf nachgeordnete Stellen übertragen werden.

§ 2
Amtstracht

(1) Rechtsanwälte tragen in den zur Verhandlung oder zur Ver-kündung einer Entscheidung bestimmten Sitzungen eine Amts-tracht, sofern nicht im Einzelfall nach Auffassung des Gerichts eine andere Regelung angemessen ist.

(2) Das Staatsministerium der Justiz kann die Gestaltung der Amtstracht durch Rechtsverordnung bestimmen.

Zweiter Abschnitt 
Bestimmungen zur Ausführung des Gerichtsverfassungsgesetzes und von Verfahrensgesetzen der ordentlichen Gerichtsbarkeit

§ 3
Ernennung der Handelsrichter

(1) Die Handelsrichter werden vom Staatsministerium der Justiz ernannt. Sie erhalten eine Ernennungsurkunde.

(2) Das Staatsministerium der Justiz kann die Zuständigkeit zur Ernennung durch Rechtsverordnung auf eine nachgeordnete Stelle übertragen.

§ 4
Dienstaufsicht

(1) Die Dienstaufsicht üben aus:

1.
Das Staatsministerium der Justiz über die Gerichte der ordentlichen Gerichtsbarkeit und über die Staatsanwaltschaften,
2.
Der Präsident des Oberlandesgerichts und die Präsidenten der Landgerichte über die Gerichte ihrer Bezirke,
3.
Die Präsidenten und die Direktoren der Amtsgerichte über das jeweilige Amtsgericht,
4.
Der Generalstaatsanwalt des Freistaates Sachsen über die Staatsanwaltschaften,
5.
Die Leitenden Oberstaatsanwälte über die jeweilige Staatsanwaltschaft.

(2) Wer nach Absatz 1 die Dienstaufsicht ausübt, ist Dienstvorgesetzter der Richter, Beamten, Angestellten und Arbeiter sowie der zur Ausbildung zugewiesenen Personen der seiner Dienstaufsicht unterstellten Gerichte und Behörden. Dem Präsidenten des Landgerichts steht die Dienstaufsicht über ein mit einem Präsidenten besetztes Amtsgericht nicht zu. Dem Direktor des Amtsgerichts steht die Dienstaufsicht über die Richter des Amtsgerichts nicht zu. Wer unmittelbarer und wer weiterer Dienstvorgesetzter ist, bestimmt sich nach dem Aufbau der Gerichte und Behörden.

(3) Über Dienstaufsichtsbeschwerden in Angelegenheiten der Justizverwaltung wird im Dienstaufsichtswege entschieden, soweit in anderen Gesetzen nichts Abweichendes bestimmt ist.

(4) Besondere Vorschriften für die Dienstaufsicht über Beamte im Vorbereitungsdienst bleiben unberührt.

§ 5
Zuständigkeit der Landgerichte

(1) Für Ansprüche gegen den Staat oder eine Körperschaft des öffentlichen Rechts wegen Verfügungen der Verwaltungsbehörden sind die Landgerichte ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes ausschließlich zuständig.

(2) Für die am Tag des Inkrafttretens dieser Vorschrift bei den Amtsgerichten anhängigen Verfahren gilt § 506 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

§ 6
Gleichzeitige Anwaltszulassung beim Landgericht und bei dem Oberlandesgericht

Der bei einem Landgericht zugelassene Rechtsanwalt kann auf seinen Antrag zugleich bei dem Oberlandesgericht zugelassen werden, sofern die Voraussetzungen nach den maßgebenden bundesrechtlichen Bestimmungen dafür vorliegen.

§ 7
Gerichtsvollzieher

(1) Die Gerichtsvollzieher sind auch zuständig,

1.
Wechsel- und Scheckproteste aufzunehmen,
2.
Siegelungen und Entsiegelungen im Auftrag des Gerichts vorzunehmen,
3.
Vermögensverzeichnisse und Inventare im Auftrag des Gerichts aufzunehmen,
4.
Freiwillige Versteigerungen von beweglichen Sachen und von Früchten, die vom Boden nicht getrennt sind, durchzuführen,
5.
Das tatsächliche Angebot einer Leistung zu beurkunden oder die geschuldete Leistung tatsächlich anzubieten,
6.
Gerichtliche Anordnungen nach § 33 Abs. 2 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit zu vollstrecken.

(2) Gerichtsvollzieher können Aufträge zur freiwilligen Versteigerung nach ihrem Ermessen ablehnen.

(3) § 155 des Gerichtsverfassungsgesetzes gilt entsprechend.

§ 8
Legalisation

Der Präsident des Landgerichts ist für die gerichtliche Beglaubigung amtlicher Unterschriften zum Zwecke der Legalisation im diplomatischen Weg zuständig.

§ 9
Gesamtvollstreckung in das Vermögen juristischer Personen des öffentlichen Rechts

(1) Ein Verfahren nach der Gesamtvollstreckungsordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Mai 1991 (BGBl. I S. 1185) über das Vermögen juristischer Personen des öffentlichen Rechts, die der Aufsicht des Freistaates Sachsen unterstehen, findet nicht statt.

(2) Absatz 1 gilt nicht für öffentlich-rechtliche Versicherungsunternehmen und für öffentlich-rechtliche Bank- und Kreditinstitute, es sei denn, es besteht die unbeschränkte Haftung einer Gebietskörperschaft oder eines kommunalen Zweckverbandes als Gewährsträger.

§ 10
Aufgebotsverfahren

(1) Soweit die Bestimmungen der Zivilprozeßordnung und des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung dies zulassen und sonstige bundesrechtliche Vorschriften dem nicht entgegenstehen, werden Aufgebote, vorgeschriebene Bekanntmachungen und, soweit angeordnet, der wesentliche Inhalt von Ausschlußurteilen, durch Anheftung an die Gerichtstafel und durch Veröffentlichung in dem für die Bekanntmachungen des Gerichts bestimmten Blatt öffentlich bekanntgemacht. Wenn dies dem Zweck des Aufgebots dienlich ist, kann das Gericht eine Einrückung in den Bundesanzeiger oder die Bekanntmachung in weiteren Blättern anordnen.

(2) Die Aufgebotsfrist in den Fällen des Absatzes 1 muß mindestens drei Monate betragen. Die Frist beginnt mit dem Tag der ersten Veröffentlichung.

§ 11
Amtsanwälte

Das Staatsministerium der Justiz kann Beamte des gehobenen Dienstes zu Amtsanwälten ernennen.

Dritter Abschnitt 
Bestimmungen zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung

§ 12
Vertrauensleute

(1) Die Vertrauensleute und ihre Vertreter werden auf die Dauer von vier Jahren gewählt. Eine Ersatzwahl gilt nur für den Rest der Wahlperiode der bereits gewählten Vertrauensleute.

(2) Für die Entbindung der Vertrauensleute und ihrer Vertreter von ihrem Amt gilt § 24 der Verwaltungsgerichtsordnung entsprechend.

§ 13
Dienstaufsicht

Das Staatsministerium der Justiz übt die Dienstaufsicht über den Präsidenten des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts aus.

§ 14
Normenkontrollverfahren

(1) Das Sächsische Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit von Rechtsvorschriften, die im Rang unter dem Landesgesetz ste-hen.

(2) In Normenkontrollverfahren entscheidet das Sächsische Oberverwaltungsgericht in der Besetzung mit fünf Berufsrichtern.

§ 15
Zuständigkeit des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts im ersten Rechtszug

In den Fällen des § 48 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichts-ordnung entscheidet das Sächsische Oberverwaltungsgericht auch über Streitigkeiten, die vorzeitige Besitzeinweisungen betreffen.

§ 16
Widerspruchsbehörde bei Verwaltungsakten einer  Polizeidienststelle

Nächsthöhere Behörde im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung ist bei Verwaltungsakten des Polizeivollzugsdienstes in Fällen, in denen ein sofortiges Tätigwerden erforderlich erscheint, die unterste zur Fachaufsicht zuständige allgemeine Polizeibehörde. Im übrigen entscheidet über den Widerspruch gegen einen Verwaltungsakt einer dem Polizeipräsidium nachgeordneten Polizeidienststelle das Polizeipräsidium.

§ 17
Widerspruchsbehörde bei Verwaltungsakten einer Gemeinde, eines Verwaltungsverbandes oder eines Zweckverbandes

(1) Den Bescheid über den Widerspruch gegen den Verwaltungsakt einer Gemeinde, die der Rechtsaufsicht des Landratsamtes untersteht, erläßt in Selbstverwaltungsangelegenheiten das Landratsamt als Rechtsaufsichtsbehörde. Die Nachprüfung des Verwaltungsakts unter dem Gesichtspunkt der Zweckmäßigkeit bleibt der Gemeinde vorbehalten.

(2) Für den Widerspruch gegen den Verwaltungsakt eines Verwaltungsverbandes oder eines Zweckverbandes, der der Rechtsaufsicht des Landratsamtes untersteht, gilt Absatz 1 entsprechend.

Vierter Abschnitt 
Bestimmungen auf dem Gebiet der Arbeitsgerichtsbarkeit

§ 18
Oberste Landesbehörde

Zuständige oberste Landesbehörde im Sinne des Arbeitsgerichtsgesetzes ist das Staatsministerium der Justiz.

Fünfter Abschnitt 
Bestimmungen zur Ausführung des Sozialgerichtsgesetzes

§ 19
Vollstreckung zugunsten der öffentlichen Hand

Das zuständige Staatsministerium bestimmt die Vollstreckungsbehörden gemäß § 200 Abs. 2 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes durch Rechtsverordnung.

Sechster Abschnitt 
Bestimmungen zur Ausführung der Finanzgerichtsordnung

§ 20
Vertrauensleute

(1) Die Vertrauensleute und ihre Stellvertreter werden auf die Dauer von vier Jahren gewählt. Eine Ersatzwahl gilt nur für den Rest der Wahlperiode der bereits gewählten Vertrauensleute.

(2) Für die Entbindung der Vertrauensleute und ihrer Stellvertreter von ihrem Amt gilt § 21 der Finanzgerichtsordnung entsprechend.

§ 21
Dienstaufsicht

Das Staatsministerium der Justiz übt die Dienstaufsicht über den Präsidenten des Sächsischen Finanzgerichts aus.

§ 22
Finanzrechtsweg

Der Finanzrechtsweg ist auch gegeben für öffentlich-rechtliche Streitigkeiten

1.
Über Abgabenangelegenheiten, soweit diese Abgaben der Gesetzgebung des Bundes nicht unterliegen und durch Landesfinanzbehörden nach den Vorschriften der Abgabenordnung verwaltet werden,
2.
Über landesrechtlich geregelte Kosten (Gebühren und Auslagen), soweit der Finanzrechtsweg für die Hauptsache eröffnet ist,
3.
Über Umlageangelegenheiten der Kirchen und Religionsgemeinschaften, insbesondere über Kirchensteuern und Kirchgeld.

§ 23
Beiladung der Kirchen und der Religionsgemeinschaften

Das Sächsische Finanzgericht lädt in Umlageangelegenheiten die Kirchen und die Religionsgemeinschaften bei, deren rechtliche Interessen als Abgabenberechtigte durch die Entscheidung unmittelbar berührt werden.

Marginalspalte

Verweis auf Bundesgesetze

    Fundstelle und systematische Gliederungsnummer

    SächsGVBl. 1994 Nr. 33, S. 1009, 1011

    Gültigkeitszeitraum

    Fassung gültig ab: 1. August 1994

    Fassung gültig bis: 31. Dezember 1997