Verwaltungsvorschrift
des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz
zu dem Übereinkommen vom 20. Juni 1956 über die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Ausland
Vom 27. Dezember 2007
A. Allgemeines
Das Übereinkommen vom 20. Juni 1956 über die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Ausland (Übereinkommen) (BGBl. 1959 II S. 149) ist für die Bundesrepublik Deutschland gemäß Bekanntmachung vom 20. November 1959 (BGBl. II S. 13779) am 19. August 1959 in Kraft getreten. Nach Artikel 2 Abs. 1 des Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 20. Juni 1956 über die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Ausland (UhAnsprAuslÜbkG) in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 319-10, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch Artikel 4 Abs. 8 des Gesetzes vom 17. Dezember 2006 (BGBl. 2006 I S. 3171) geändert worden ist, nimmt die Aufgaben der Übermittlungs- und Empfangsstelle im Sinne des Artikels 2 Abs. 1 und 2 des Übereinkommens das Bundesamt für Justiz wahr. Das Übereinkommen, das UhAnsprAuslÜbkG , ein Verzeichnis der Vertragsstaaten mit den von diesen erklärten Vorbehalten sowie ein Verzeichnis der Empfangsstellen können unter folgender Internetadresse eingesehen werden:
http://www.datenbanken.justiz.nrw.de/ir_htm/index_familienrecht.htm. Ein Verzeichnis der Übermittlungs- und Empfangsstellen ist auf der Internetseite der Haager Konferenz unter http://hcch.e-vision.nl/upload/wop/ny_conv.pdf abrufbar.
B. Gegenstand des Übereinkommens
Das Übereinkommen soll die Rechtsverfolgung von Unterhaltsansprüchen im Ausland erleichtern. Die unterhaltsberechtigte Person kann sich zu diesem Zweck an eine Stelle ihres Aufenthaltsstaates (Übermittlungsstelle) mit einem Gesuch wenden, in dem sie ihren Unterhaltsanspruch gegen die verpflichtete Person, die der Gerichtsbarkeit eines anderen Vertragsstaates untersteht, geltend macht. Die Übermittlungsstelle des jeweiligen Vertragsstaates übersendet das Gesuch der von dem anderen Staat bestimmten Empfangsstelle. Die ausländische Empfangsstelle unternimmt dann in Vertretung der berechtigten Person alle geeigneten Schritte, um den Unterhaltsanspruch durchzusetzen, zum Beispiel dadurch, dass die verpflichtete Person zur Zahlung bewogen, gegen sie ein Vollstreckungstitel erwirkt, aus diesem vollstreckt oder aus einem bereits vorliegenden Titel die Zwangsvollstreckung betrieben wird.
C. Vorbereitung ausgehender Gesuche
I. Zuständigkeiten
- 1.
- Das Bundesamt für Justiz ist im Sinne des Artikels 2 Abs. 1 und 2 des Übereinkommens Übermittlungsstelle.
- 2.
-
Die Amtsgerichte nehmen nach Artikel 3 Abs. 1 UhAnsprAuslÜbkG die Aufgabe der Entgegennahme von Gesuchen wahr. Vorbehaltlich der Zuständigkeit des Rechtspflegers nach § 29 RPflG werden die Geschäfte, die nach dem Übereinkommen den Übermittlungsstellen und nach Artikel 3 Abs. 1 UhAnsprAuslÜbkG den Amtsgerichten obliegen, als Angelegenheiten der Justizverwaltung wahrgenommen. Für die Entgegennahme bei dem Gericht soll nur eine Stelle bestimmt und im Interesse einer einheitlichen Sachbehandlung die Bearbeitung der Gesuche nur einem Rechtspfleger zugewiesen werden.
II. Einreichung, Form und Inhalt des Gesuchs
- 1.
- Das Gesuch kann bei dem Amtsgericht, in dessen Bezirk der Berechtigte seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, oder, falls er unter Vormundschaft, Betreuung oder Pflegschaft steht, bei dem Amtsgericht eingereicht werden, bei dem die Vormundschaft, Betreuung oder Pflegschaft geführt wird. Die Gesuche sind erforderlichenfalls zur Niederschrift entgegenzunehmen.
- 2.
- Das Gesuch muss von der berechtigten Person oder der zu ihrer gesetzlichen Vertretung berechtigten Person oder Stelle unterzeichnet sein. Der Antrag sollte regelmäßig in Anlehnung an Artikel 6 Abs. 1 des Übereinkommens dahin zu fassen sein, dass die Empfangsstelle ‚alle geeigneten Schritte, erforderlichenfalls die Erhebung der Klage’ unternehmen möge, um die Leistung von Unterhalt in der geforderten Höhe herbeizuführen. Der Sachverhalt muss klar, leicht verständlich und erschöpfend dargestellt sein. Lange Sätze und Wendungen, welche die Übersetzung erschweren könnten, sind zu vermeiden. Abkürzungen, insbesondere auch abgekürzte Bezeichnungen deutscher Gesetze, sind nicht zu verwenden. Das Gesuch und seine Anlagen dürfen keine Ausdrücke oder Wendungen enthalten, die von dem ersuchten Staat als Herabsetzung seiner Behörden, Einrichtungen oder Angehörigen empfunden werden könnten. Bezugnahmen auf Anlagen sind nach Möglichkeit zu vermeiden. In dem Gesuch sind die Anlagen nach Zahl und Art anzugeben. Sie sind so anzuschließen, dass ein Verlust oder eine Verwechslung nicht eintreten kann. Auf die äußere Form des für das Ausland bestimmten Gesuches ist besonders zu achten. Das Gesuch soll keine Schreibfehler oder Durchstreichungen enthalten. Das Gesuch ist in dreifacher Fertigung vorzulegen, Anlagen mit Übersetzung sind in einfacher Fertigung beizufügen. Das Gesuch ist an die Empfangsstelle des Staates zu richten, in dem der Unterhaltsanspruch geltend gemacht werden soll. Die Weiterleitung erfolgt über die nach § 9 ZRHO jeweils zuständige Prüfungsstelle an die Übermittlungsstelle.
- 3.
- Der Gesuchsteller hat seinem Gesuch und den Anlagen, soweit nichts Abweichendes bestimmt ist, Übersetzungen in die Sprache des anderen Vertragsstaates beizufügen. Die Übersetzungen sind möglichst durch einen öffentlich bestellten und allgemein beeidigten Übersetzer zu fertigen. Bei Gesuchen in die Niederlande sind Übersetzungen nicht erforderlich.
- 4.
- Das Gesuch muss enthalten (Artikel 3 Abs. 4 des Übereinkommens):
- a)
- die Angaben über die berechtigte Person:
Name und Vornamen, Anschrift, Geburtsdatum und Geburtsort, Staatsangehörigkeit, Beruf oder Beschäftigung, gegebenenfalls Name und Anschrift der zur gesetzlichen Vertretung berechtigten Person oder Stelle; - b)
- die Angaben über die verpflichtete Person:
Name und Vornamen, – soweit möglich – die Anschriften der letzten fünf Jahre, Geburtsdatum und Geburtsort, Staatsangehörigkeit, Beruf oder Beschäftigung; - c)
- die Angaben zum Anspruch:
Grund des Anspruches, Art und Höhe des geforderten Unterhalts, sonstige erhebliche Angaben, zum Beispiel finanzielle und familiäre Verhältnisse der berechtigten und der verpflichteten Person, Bezeichnung der Beweismittel, Umfang und Rechtsgrundlage etwaiger früherer Unterhaltsleistungen; - d)
- die Angaben über die Art der begehrten Rechtsverfolgung: Erklärungen darüber, ob die verpflichtete Person zunächst nur zur freiwilligen Zahlung aufgefordert werden oder ob Klage erhoben und hierfür um Prozesskostenhilfe nachgesucht oder ob der Verpflichtete aufgrund eines vorhandenen Vollstreckungstitels zu Unterhaltsleistungen angehalten werden soll (Artikel 5 Abs. 3 des Übereinkommens);
- e)
- die Angabe des Kontos, auf das die Zahlungen geleistet werden sollen, einschließlich der International Bank Account Number (IBAN) und der internationalen Bankleitzahl, dem Bank Identifier Code (BIC).
- 5.
- Es empfiehlt sich, gegebenenfalls Angaben über die finanziellen und familiären Verhältnisse auch derjenigen Personen aufzunehmen, die vor oder zusammen mit der mit dem Gesuch in Anspruch genommenen Person zur Unterhaltsleistung verpflichtet sind.
- 6.
- Dem Gesuch sind beizufügen (Artikel 3 Abs. 3 des Übereinkommens):
- a)
- Urkunden, die für die Geltendmachung des Anspruchs von Bedeutung sind; hierzu gehören insbesondere
- aa)
- bei ehelichen Kindern: Geburtsurkunde, Heiratsurkunde der Eltern, gegebenenfalls Urteil über die Scheidung, Nichtigerklärung oder Aufhebung der Ehe der Eltern mit Nachweis der Rechtskraft, gegebenenfalls Nachweis über die Vertretungsbefugnis;
- bb)
- bei nichtehelichen Kindern:
Geburtsurkunde, gegebenenfalls die Urkunden über die Anerkennung der Vaterschaft oder andere Urkunden, aus denen auf die Vaterschaft geschlossen werden kann, gegebenenfalls Nachweis über die Vertretungsbefugnis; - cc)
- bei Ehegatten oder früheren Ehegatten: Heiratsurkunde, gegebenenfalls Urteil über die Scheidung, Nichtigerklärung oder Aufhebung der Ehe mit Nachweis der Rechtskraft;
- dd)
- bei allen Berechtigten:
bereits erwirkte Vollstreckungstitel, außergerichtliche Vergleiche oder sonstige Verpflichtungserklärungen. Dynamisierte Unterhaltstitel sollen vorher nach § 790 ZPO beziffert werden; - b)
- eine Vollmachtsurkunde, die dahin zu fassen ist, dass die Empfangsstelle ermächtigt wird, „in Vertretung der berechtigten Person tätig zu werden, insbesondere den geforderten Unterhalt beizutreiben und Zahlungen in Empfang zu nehmen, oder eine andere Person hierfür zu bestellen“. Die üblichen Vordrucke für die Prozessvollmacht sind nicht zu verwenden;
- c)
- je ein Lichtbild der berechtigten Person, bei Kindern auch der Mutter, und – soweit vorhanden – der verpflichteten Person. Die Lichtbilder sind auf einen festen Bogen zu kleben; darunter ist zu vermerken, wer auf den Bildern dargestellt ist. Die Niederlande haben auf die Beifügung von Lichtbildern verzichtet;
- d)
- eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der das Gesuch stellenden Person und gegebenenfalls entsprechende Belege (vergleiche § 117 Abs. 2 ZPO), wenn Prozesskostenhilfe beantragt wird. Die Frage der Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird in der Regel erst dann relevant, wenn die ausländische Empfangsstelle ein Gerichtsverfahren beantragt. Es empfiehlt sich daher, abzuwarten, welche Vordrucke und Belege die ausländische Empfangsstelle für diesen Fall anfordert.
- 7.
- Hinsichtlich der Formerfordernisse ist folgendes zu beachten:
- a)
- Bereits erwirkte deutsche Vollstreckungstitel sind in Ausfertigung, aber nicht in vollstreckbarer Ausfertigung beizufügen. Gegebenenfalls ist die Rechtskraft zu bescheinigen. Dynamisierte Unterhaltstitel sollen vorher nach § 790 ZPO beziffert werden.
- b)
- Sonstige Urkunden sind regelmäßig in beglaubigter Abschrift beizufügen. Die Urschrift soll nur dann übersandt werden, wenn das Gesuch sonst nicht sachgemäß erledigt werden kann; in diesem Fall ist eine Fotokopie der Urkunde zurückzubehalten. Bei handschriftlichen Briefen kann die Beifügung einer beglaubigten Ablichtung zweckmäßig sein.
- c)
- Abschriften von Urkunden, die zu den Akten des Amtsgerichts gehören, die das Gesuch entgegennimmt, sind von dem Amtsgericht – nicht vom Jugendamt oder anderen Stellen – zu beglaubigen.
- 8.
- Welche Unterlagen sonst noch erforderlich sind, richtet sich nach der Lage des Einzelfalles und den Vorschriften des Empfangsstaates über die Voraussetzungen und den Nachweis von Unterhaltsansprüchen. Hierbei sind die vom Generalsekretär der Vereinten Nationen gemäß Artikel 3 Abs. 2 in Verbindung mit Artikel 19 Abs. 1 des Übereinkommens übersandten Regierungsmitteilungen, die im Internet unter http://www.datenbanken.justiz.nrw.de/ir_htm/vertragsstaaten20061956.htm abrufbar sind, zu beachten.
- 9.
- Der Rechtspfleger prüft, ob das Gesuch in der richtigen Form abgefasst und ob es vollständig ist. Er sorgt für notwendige Ergänzungen des Gesuchs. Erscheint das Gesuch mutwillig, ist der Antragsteller auf die eventuellen Folgen hinzuweisen. Der Rechtspfleger leitet das Gesuch mit Anlagen nach § 9 Abs. 2 ZRHO der jeweils zuständigen Prüfungsstelle zu. Dies gilt auch für ein mutwilliges, trotz Belehrung aufrecht erhaltenes Gesuch, weil nur das Bundesamt für Justiz als Übermittlungsstelle berechtigt ist, die Weiterleitung eines solchen Gesuchs an die Empfangsstelle des anderen Vertragsstaates abzulehnen (Art. 4 Abs. 1 des Übereinkommens).
III. Prüfungsstellen
Die Gesuche werden von den Prüfungsstellen daraufhin geprüft, ob sie den Bestimmungen des Übereinkommens und etwa einschlägiger Staatsverträge entsprechen. Die Prüfungsstellen achten vor allem darauf, dass die erforderlichen Übersetzungen vorliegen. Gegebenenfalls sorgen sie für notwendige Änderungen und Ergänzungen. Nach der Prüfung ist das Gesuch mit den Anlagen unmittelbar an die Übermittlungsstelle, das Bundesamt für Justiz, weiterzuleiten.
IV. Geschäftliche Behandlung der Gesuche
- 1.
- Die registermäßige Behandlung bei den Amtsgerichten richtet sich nach § 8 AktO. Die Gesuche sind in Spalte 2 Buchst. a oder b des Allgemeinen Registers (Liste 3 der Anlage II der AktO) einzutragen. In Spalte 7 ist der Tag zu vermerken, an dem der Vorgang der Prüfungsstelle vorgelegt worden ist. In Spalte 8 sind die Gesuche durch die Buchstaben „UA“ zu kennzeichnen.
- 2.
- Für die Entgegennahme und Behandlung der Gesuche werden Gebühren nicht erhoben (Artikel 9 Abs. 3 des Übereinkommens und Artikel 3 Abs. 2 UhAnsprAuslÜbkG).
D. Besondere Bestimmungen für das gerichtliche Verfahren
- 1.
- Für Rechtshilfeersuchen nach Artikel 7 Buchst. a des Übereinkommens kommt weder der diplomatische noch der konsularische Weg in Betracht. Die Vorlegungspflichten nach den Bestimmungen der ZRHO sind zu beachten.
- 2.
- Für die Erledigung von Rechtshilfeersuchen, die mit der Rechtsverfolgung aufgrund des Übereinkommens im Zusammenhang stehen, kann nach Artikel 7 Buchst. d des Übereinkommens die Erstattung von Gebühren und Auslagen nicht verlangt werden.
E. Inkrafttreten und Außerkrafttreten
Diese Verwaltungsvorschrift tritt am 1. Januar 2008 in Kraft. Gleichzeitig tritt die Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz zu dem Übereinkommen vom 20. Juni 1956 über die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Ausland vom 29. November 2000, enthalten in der Verwaltungsvorschrift vom 31. Dezember 2005 (SächsABl. SDr. S. S 780), außer Kraft.
Dresden, den 27. Dezember 2007
Der Staatsminister der Justiz
Geert Mackenroth