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REVOSax - Recht und Vorschriftenverwaltung Sachsen

Sächsisches Architektengesetz

Vollzitat: Sächsisches Architektengesetz vom 19. April 1994 (SächsGVBl. S. 765), das durch Artikel 11 des Gesetzes vom 10. Dezember 1998 (SächsGVBl. S. 662) geändert worden ist

Sächsisches Architektengesetz
(SächsArchG)

Vom 19. April 1994

Rechtsbereinigt mit Stand vom 1. Januar 1999

Der Sächsische Landtag hat am 17. März 1994 das folgende Gesetz beschlossen:

Erster Abschnitt
Schutz der Berufsbezeichnungen, Berufsaufgaben

§ 1
Berufsaufgaben

(1) Berufsaufgabe des Architekten ist die gestaltende, baukünstlerische, technische, wirtschaftliche, ökologische und soziale Planung von Bauwerken.

(2) Berufsaufgabe des Innenarchitekten ist die gestaltende, baukünstlerische, technische, wirtschaftliche, ökologische und soziale Planung von Innenräumen und die damit verbundene bauliche Änderung von Gebäuden.

(3) Berufsaufgabe des Garten- und Landschaftsarchitekten ist die gestaltende, baukünstlerische, technische, wirtschaftliche, ökologische und soziale Planung von Gärten, Parks, Landschaften und Freianlagen.

(4) Berufsaufgabe des Stadtplaners ist die gestaltende, technische, wirtschaftliche, ökologische und soziale Stadt- und Raumplanung, insbesondere die Erarbeitung städtebaulicher Pläne.

(5) Zu den Berufsaufgaben der in Absatz 1 bis 4 Genannten gehören auch die Beratung, Betreuung und Vertretung des Auftraggebers in allen mit der Planung und Durchführung eines Vorhabens zusammenhängenden Fragen, insbesondere die Überwachung der Ausführung sowie die Beratung zur effektiven Bauweise.

(6) Zu den Berufsaufgaben der Architekten, der Garten- und Landschaftsarchitekten und der Stadtplaner gehört im Rahmen ihrer Berufsaufgaben nach den Absätzen 1, 3 und 4 auch die Ausarbeitung von Plänen und Gutachten im Rahmen der städtebaulichen Planung, der Landes- und Regionalentwicklung sowie Umweltverträglichkeitsstudien.

§ 2
Berufsbezeichnung

(1) Die Berufsbezeichnung Architekt, Innenarchitekt sowie Garten- und Landschaftsarchitekt darf nur führen, wer unter dieser Bezeichnung in die Architektenliste eingetragen oder zur Führung der Berufsbezeichnung nach § 9 berechtigt ist.

(2) Die Berufsbezeichnung Stadtplaner darf nur führen, wer unter dieser Bezeichnung in die Stadtplanerliste eingetragen oder zur Führung der Berufsbezeichnung nach § 9 berechtigt ist.

(3) Die Berufsbezeichnung „Freier Architekt“ und „Freier Stadtplaner“ darf nur führen, wer unter dieser Tätigkeitsart in die Architekten- oder die Stadtplanerliste eingetragen ist.

(4) Wortverbindungen mit der Berufsbezeichnung nach den Absätzen 1 bis 3 dürfen nur Personen verwenden, die die entsprechende Berufsbezeichnung zu führen berechtigt sind.

(5) Frauen können die Berufsbezeichnung in der weiblichen Sprachform führen.

(6) Das Recht zur Führung akademischer Grade bleibt unberührt.

(7) Soweit in diesem Gesetz der Begriff „Architekt“ verwandt wird, gelten diese Bestimmungen vorbehaltlich einer anderweitigen Regelung auch für die Innen- sowie die Garten- und Landschaftsarchitekten.

§ 3
Berufsausübung

(1) Architekten und Stadtplaner können ihren Beruf in den Tätigkeitsarten „frei“, „baugewerblich“, „angestellt“ oder „im öffentlichen Dienst tätig“ ausüben.

(2) Frei tätig ist, wer seinen Beruf eigenverantwortlich und unabhängig ausübt. Eigenverantwortlich ist, wer selbständig auf eigene Rechnung tätig ist. Unabhängig ist, wer weder eigene Produktions-, Handels- oder Lieferinteressen hat, noch fremde Interessen dieser Art vertritt oder zu vertreten verpflichtet ist, die unmittelbar oder mittelbar im Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit stehen.

(3) Baugewerblich tätig ist, wer einen Baubetrieb führt, leitet oder daran beteiligt ist.

(4) Angestellt tätig ist, wer ausschließlich oder überwiegend als Arbeitnehmer beschäftigt ist.

(5) Im öffentlichen Dienst tätig ist, wer überwiegend oder ausschließlich im öffentlichen Dienst beschäftigt ist.

§ 4
Berufspflichten

(1) Der Architekt und der Stadtplaner sind verpflichtet, ihren Beruf gewissenhaft auszuüben und sich bei ihrem Verhalten der Achtung und des Vertrauens würdig zu zeigen, das ihr Beruf erfordert.

(2) Sie haben insbesondere

1.
bei der Ausübung ihres Berufes darauf zu achten, daß Leben und Gesundheit Dritter, Umwelt und Sachwerte nicht gefährdet werden,
2.
die berechtigten Interessen des Auftraggebers, insbesondere dessen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse zu wahren,
3.
Handlungen zu Zwecken des Wettbewerbs, die gegen die guten Sitten verstoßen, zu unterlassen, insbesondere jede aufdringliche und unlautere Werbung,
4.
sich beruflich fortzubilden und sich dabei über die für ihre Berufsausübung geltenden Bestimmungen zu unterrichten,
5.
im Falle der eigenverantwortlichen Tätigkeit sich gegen Haftpflichtgefahren entsprechend dem Umfang und der Art der ausgeübten Berufstätigkeit ausreichend zu versichern,
6.
sich gegenüber allen Berufsangehörigen und in der Zusammenarbeit mit Angehörigen anderer Berufe, insbesondere den im Bauwesen tätigen Ingenieuren kollegial zu verhalten,
7.

sich an Architekturwettbewerben nur zu beteiligen, wenn

durch die Verfahrensbedingungen gemäß den geltenden Vorschriften ein fairer und lauterer Leistungsvergleich sichergestellt ist und in ausgewogener Weise den partnerschaftlichen Belangen von Auslober und Teilnehmer Rechnung getragen wird,

8.
neben ihrer beruflichen Tätigkeit keine gewerbliche Tätigkeit auszuüben, die in einem Zusammenhang mit ihren Berufsaufgaben steht,
9.
in Ausübung ihres Berufs keine Provisionen, Rabatte oder sonstige Vergünstigungen für sich, ihre Angehörigen oder Mitarbeiter von Dritten, die nicht Auftraggeber sind, zu fordern oder anzunehmen,
10.
bei Honorarvereinbarungen die Verordnung über die Honorare für Leistungen der Architekten und Ingenieure in der jeweils geltenden Fassung sowie sonstige einschlägige preisrechtliche Bestimmungen zu beachten.

(3) Ein Verhalten, welches außerhalb des Berufes liegt, stellt dann eine Pflichtverletzung dar, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, Achtung und Vertrauen in einer für die Ausübung der Berufstätigkeit oder für das Ansehen des Berufsstandes bedeutenden Weise zu beeinträchtigen.

§ 5
Architektenliste, Stadtplanerliste

(1) Die Architekten- und die Stadtplanerliste sowie das Verzeichnis der auswärtigen Architekten und Stadtplaner werden von der Architektenkammer Sachsen geführt. Aus den Listen muß neben der Fachrichtung des Eingetragenen ersichtlich sein, ob er freiberuflich, baugewerblich, angestellt oder im öffentlichen Dienst tätig ist.

(2) In der Architekten- und der Stadtplanerliste sind Zeitpunkt der Eintragung, Mitgliedsnummer, Familienname, Vorname, Geburtsdatum, akademische Grade sowie Anschrift der Hauptwohnung und der Niederlassung zu vermerken. Eine Änderung dieser Daten hat der Architekt oder der Stadtplaner der Architektenkammer unverzüglich mitzuteilen. Mit Einwilligung der Betroffenen können weitere Daten, wie etwa die Eigenschaft als Sachverständiger, in die Listen aufgenommen werden.

(3) Jeder hat das Recht, Auskunft aus den Listen oder dem Verzeichnis der auswärtigen Architekten und Stadtplaner über Familiennamen, Vornamen, akademische Grade, Anschriften, Fachrichtungen und Tätigkeitsarten zu verlangen. Diese Angaben dürfen auch veröffentlicht oder an Dritte zum Zweck der Veröffentlichung weitergeleitet werden, sofern der Betroffene nicht widerspricht.

(4) Die in der Architekten- und der Stadtplanerliste Eingetragenen erhalten eine Urkunde mit ihrer Mitgliedsnummer.

(5) Auswärtigen Architekten und auswärtigen Stadtplanern wird eine Bescheinigung über die Eintragung in das Verzeichnis gemäß Absatz 1 sowie über ihre Befugnis zum Führen der Berufsbezeichnung mit oder ohne den Zusatz „frei“ ausgestellt, die auf fünf Jahre befristet ist. Die Bescheinigung ist auf Antrag jeweils um fünf Jahre zu verlängern.

§ 6
Voraussetzung für die Eintragung

(1) In die Architektenliste der jeweiligen Fachrichtung und die Stadtplanerliste ist auf Antrag einzutragen, wer

1.
seinen Wohnsitz, seine Niederlassung oder seinen Dienst- oder Beschäftigungsort im Freistaat Sachsen hat,
2.
als Architekt einen erfolgreichen Abschluß in seiner Fachrichtung an einer deutschen Universität, Hochschule, Fachhochschule oder gleichrangigen deutschen Lehranstalt, Ingenieurschule oder Werkkunstschule der alten Bundesländer mit Prüfungszeugnis vor dem 1. Januar 1973 oder Fachschule des Beitrittsgebietes nachweist, der für alle Fachrichtungen ein technisches Grundstudium einschließen muß,
3.
als Stadtplaner in den in Nummer 2 genannten Lehranstalten den erfolgreichen Abschluß eines eigenständigen Studiums der Stadtplanung, eines Studiums der Architektur oder der Raumplanung mit Schwerpunkt im Städtebau oder eines anderen gleichwertigen Studiums mit Schwerpunkt im Städtebau nachweist,
4.
nach Abschluß seiner Ausbildung eine praktische Tätigkeit in den wesentlichen Berufsaufgaben seiner Fachrichtung von mindestens zwei Jahren ausgeübt hat und
5.
keinen Versagungstatbestand nach § 7 erfüllt.

(2) Als Bewerber, der die Voraussetzungen nach Absatz 1 nicht erfüllt, ist in die Liste einzutragen, wer

1.
durch Vorlage eigener Planungsunterlagen und Arbeitsbescheinigungen nachweist, daß er in einer der Architekturfachrichtungen oder der Stadtplanung bei einem Architekten oder Stadtplaner eine mindestens zehnjährige praktische Tätigkeit ausgeübt hat,
2.
die berufserforderlichen Kenntnisse nachweist, die einer mit Erfolg abgeschlossenen Ausbildung gemäß Absatz 1 Nr. 2 und 3 entsprechen oder
3.
wer sich ausnahmsweise durch besonders herausragende Leistungen auf dem Gebiet der Architektur ausgezeichnet hat.

(3) Ein Staatsangehöriger eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, der die Voraussetzungen der Absätze 1 oder 2 nicht erfüllt, besitzt die Berufsbefähigung

1.
als Architekt nach § 1 Abs. 1, wenn er ein Diplom, Prüfungszeugnis oder einen sonstigen Befähigungsnachweis nach Artikel 5, 7, 11 oder 12 der Richtlinie 85/384/EWG des Rates vom 10. Juni 1985 (ABl. EG Nr. L 223 S. 15), nach Artikel 1 der Richtlinie 85/614/EWG des Rates vom 20. Dezember 1985 (ABl. EG Nr. L 376 S. 1) und nach Artikel 1 der Richtlinie 86/17/EWG des Rates vom 27. Januar 1986 (ABl. EG Nr. L 27 S. 17 und ABl. EG Nr. L 87 S. 36) vorlegt und eine nachfolgende praktische Tätigkeit von mindestens zwei Jahren in dem in § 1 Abs. 1 genannten Aufgabenbereich nachweist;
2.
als Innenarchitekt, Garten- und Landschaftsarchitekt oder Stadtplaner, wenn er
 
a)
aufgrund eines Diploms im Sinne des Artikels 1 Buchst. a der Richtlinie 89/48/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 (ABl. EG Nr. L 19/1989 S. 16) in einem anderen Mitgliedstaat oder Vertragsstaat über die beruflichen Voraussetzungen für den unmittelbaren Zugang zum Beruf des Innenarchitekten, Garten- und Landschaftsarchitekten oder Stadtplaners oder für die Ausübung dieses Berufs verfügt, oder
 
b)
über Ausbildungsnachweise im Sinne des Artikels 3 Buchst. b der Richtlinie 89/48/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 verfügt und er diesen Beruf in einem anderen Mitgliedstaat oder Vertragsstaat vollzeitlich mindestens zwei Jahre in den vorhergehenden zehn Jahren vor der Antragstellung ausgeübt hat.

Die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 2 können durch eine Bescheinigung nach Artikel 8 Abs. 1 der Richtlinie 89/48/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 nachgewiesen werden.

(4) Ein Bewerber mit einem außerhalb der Europäischen Union und des Europäischen Wirtschaftsraumes erworbenen Ausbildungsabschluß ist unter den Voraussetzungen des § 9 in die Architekten- oder die Stadtplanerliste einzutragen, wenn er über einen dem deutschen Architektur- oder Stadtplanerabschluß gleichwertigen Ausbildungsabschluß verfügt. Ist der Bewerber weder Deutscher im Sinne des Artikels 116 des Grundgesetzes noch Staatsangehöriger eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines Vertragsstaates außerhalb des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum, so gilt Satz 1 nur, wenn für die Führung der Berufsbezeichnung die Gegenseitigkeit der Anerkennung gewährleistet ist. In Ausnahmefällen kann vom Erfordernis der Gegenseitigkeit befreit werden.

§ 7
Versagung der Eintragung

(1) Die Eintragung in die Architekten- oder Stadtplanerliste ist einem Bewerber zu versagen,

1.
solange ihm nach § 70 des Strafgesetzbuches , nach § 132 a der Strafprozeßordnung oder nach den Vorschriften der Gewerbeordnung die Ausübung einer der in § 1 bezeichneten Tätigkeiten verboten, vorläufig verboten oder untersagt ist;
2.
wenn er wegen eines Verbrechens oder Vergehens rechtskräftig zu einer Strafe verurteilt ist und sich aus dem der Verurteilung zugrundeliegenden Sachverhalt ergibt, daß er zur Erfüllung der Berufsaufgaben nach § 1 nicht geeignet ist;
3.
solange er wegen einer psychischen Krankheit oder einer geistigen oder seelischen Behinderung einzelne Angelegenheiten, die auch die Berufsausübung betreffen, ganz oder teilweise nicht besorgen kann.

(2) Die Eintragung kann einem Bewerber versagt werden, wenn er innerhalb der letzten drei Jahre vor Stellung des Eintragungsantrags eine eidesstattliche Versicherung nach § 807 der Zivilprozeßordnung abgegeben hat, ein Konkurs-, Gesamtvollstreckungs- oder Insolvenzverfahren über sein Vermögen eröffnet oder die Eröffnung mangels Masse abgelehnt worden ist. 1

§ 8
Löschung der Eintragung

(1) Die Eintragung ist zu löschen, wenn

1.
der Eingetragene verstorben ist;
2.
der Eingetragene schriftlich auf die Eintragung verzichtet;
3.
der Eingetragene über die Eintragungsvoraussetzungen gemäß § 6 getäuscht hat;
4.
nach der Eintragung Tatsachen des § 7 Abs. 1 eingetreten oder bekanntgeworden sind;
5.
der Eingetragene im Freistaat Sachsen weder einen Wohnsitz noch eine Niederlassung oder seinen Dienst- oder Beschäftigungsort hat.

(2) Die Eintragung kann gelöscht werden, wenn nachträglich Tatsachen gemäß § 7 Abs. 2 bekanntgeworden sind oder die Handlung nach Absatz 1 Nr. 3 fahrlässig begangen wurde.

(3) Die Eintragung als „Freier Architekt“ oder „Freier Stadtplaner“ ist zu löschen, wenn der Eingetragene nicht mehr frei tätig ist.

(4) Nach Löschung der Eintragung ist die Urkunde über die Eintragung zurückzugeben.

(5) Bei einem Wechsel der Tätigkeitsarten ist die jeweilige Eintragung in der Liste von Amts wegen zu berichtigen. Das gleiche gilt für die Urkunde gemäß § 5 Abs. 4.

§ 9
Auswärtige Architekten und Stadtplaner

(1) Wer im Freistaat Sachsen weder seinen Wohnsitz noch seine Niederlassung oder seinen Dienst- oder Beschäftigungsort hat, darf die Berufsbezeichnung „Architekt“ oder „Stadtplaner“ nach § 2 allein, in einer Wortverbindung oder die Berufsbezeichnungen „Freier Architekt“, „Freier Stadtplaner“ ohne Eintragung in die Architektenliste nur führen, wenn

1.
er zur Führung dieser oder einer vergleichbaren Berufsbezeichnung und zur Berufsausübung nach dem Recht des Staates seines Wohnsitzes, seiner Niederlassung oder seines Dienst- oder Beschäftigungsortes berechtigt ist oder
2.
im Staat seines Wohnsitzes, seiner Niederlassung oder seines Dienst- oder Beschäftigungsortes eine vergleichbare gesetzliche Regelung nicht besteht, er jedoch die Voraussetzungen des § 6 erfüllt und Versagungsgründe nach § 7 nicht vorliegen.

(2) Auswärtige Architekten und Stadtplaner unterliegen bei einer Tätigkeit im Freistaat Sachsen den Berufspflichten nach diesem Gesetz.

(3) Die nicht in eine andere Architekten- oder Stadtplanerliste im Geltungsbereich des Grundgesetzes eingetragenen auswärtigen Architekten oder Stadtplaner nach Absatz 1 haben die erstmalige Erbringung von Leistungen im Freistaat Sachsen zuvor der Architektenkammer anzuzeigen und dabei Nachweise nach Absatz 1 Nr. 1 oder 2 vorzulegen. Sie sind in jeweils einem besonderen Verzeichnis zu führen, für dessen Inhalt § 5 Abs. 2 entsprechend gilt.

(4) Für Architekten oder Stadtplaner, die weder Deutsche im Sinne des Artikels 116 des Grundgesetzes noch Staatsangehörige der Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder eines Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum sind, ist das Führen der Berufsbezeichnung zu untersagen, wenn die Gegenseitigkeit nicht gewährleistet ist. In Ausnahmefällen kann vom Erfordernis der Gegenseitigkeit befreit werden.

(5) Über die Berechtigung zum Führen der Berufsbezeichnung nach den Absätzen l, 3 und 4 entscheidet auf Antrag des Betroffenen oder der Architektenkammer der Eintragungssausschuß.

Zweiter Abschnitt
Architektenkammer Sachsen

§ 10
Errichtung der Kammer

(1) Im Freistaat Sachsen wird eine Architektenkammer als Berufsvertretung der Architektenschaft errichtet. Sie führt die Bezeichnung „Architektenkammer Sachsen“.

(2) Die Kammer ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Sie führt ein Dienstsiegel.

(3) Sitz der Kammer ist Dresden.

(4) Die Kammer kann durch Satzung Untergliederungen bilden.

§ 11
Mitglieder der Kammer

(1) Mitglieder der Kammer sind alle in die Architekten- und die Stadtplanerliste eingetragenen Architekten und Stadtplaner.

(2) Die Mitgliedschaft endet mit der Löschung der Eintragung gemäß § 8.

(3) Die Mitgliedschaft in mehreren Architektenkammern ist möglich.

§ 12
Aufgaben der Kammer

(1) Aufgabe der Kammer ist es,

1.
das Bauwesen, insbesondere die Baukultur, die Baukunst, den Städtebau und die Landschaftsgestaltung zu pflegen, zu fördern und wirksam zu unterstützen,
2.
die beruflichen Belange der Gesamtheit der Kammermitglieder und das Ansehen des Berufsstandes zu wahren und zu fördern,
3.
die Erfüllung der Berufspflichten gemäß § 4 bei ihren Mitgliedern und bei den auswärtigen Architekten zu überwachen,
4.
die berufliche Aus-, Fort- und Weiterbildung in Zusammenarbeit mit den Fachverbänden; Hochschulen und Weiterbildungseinrichtungen zu unterstützen und die Architekten und Stadtplaner in Fragen der Berufsausübung zu beraten,
5.
die Architekten- und die 5tadtplanerliste sowie das in § 9 Abs. 3 Satz 2 genannte Verzeichnis zu führen,
6.
die für die Ausübung des Berufs erforderlichen Urkunden und Bescheinigungen auszustellen,
7.
auf die Beilegung von Streitigkeiten, die sich aus der Berufsausübung zwischen Architekten der verschiedenen Fachrichtungen und Stadtplanern oder zwischen diesen und Dritten ergeben, hinzuwirken,
8.
in Angelegenheiten des Bauwesens und der Architektur gegenüber Behörden und Gerichten Stellung zu nehmen, Vorschläge zu unterbreiten und Gutachten zu erstellen,
9.
bei der Bestellung von Sachverständigen für das Bauwesen mitzuwirken,
10.
die Durchführung von Wettbewerben zu fördern und bei deren Regelung mitzuwirken.

(2) Das Staatsministerium des Innern wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung der Architektenkammer weitere Aufgaben zu übertragen. Die Aufgabenübertragung erfolgt im Benehmen mit der Architektenkammer.

§ 13
Satzung

(1) Die Kammer gibt sich eine Satzung.

(2) Die Satzung muß insbesondere Bestimmungen enthalten über

1.
die Rechte und Pflichten der Kammermitglieder,
2.
die Geschäftsführung, die Vertretung und die Verwaltungseinrichtungen der Kammer,
3.
die Untergliederungen der Kammer,
4.
die Zusammensetzung der Vertreterversammlung und des Vorstandes,
5.
die Bildung von Ausschüssen,
6.
die Einberufung und die Geschäftsordnung der Vertreterversammlung,
7.
die Entschädigung für die Tätigkeit in den Organen, 8. die Art und Form der Bekanntmachungen.

(3) Die Satzung ist so auszugestalten, daß die Belange der Angehörigen aller Fachrichtungen und Tätigkeitsarten, insbesondere bei der Wahl zur Vertreterversammlung, gewahrt sind.

§ 14
Organe der Kammer

(1) Organe der Kammer sind

1.
die Vertreterversammlung,
2.
der Vorstand,
3.
der Eintragungsausschuß,
4.
der Ehrenausschuß.

(2) Den Organen der Kammer können nur Mitglieder angehören. Dies gilt nicht für den Vorsitzenden des Eintragungsausschusses und des Ehrenausschusses sowie deren Vertreter. Die in die Organe der Kammer berufenen Mitglieder sind zur Annahme und Ausübung ihres Amtes verpflichtet, soweit nicht ein wichtiger Grund entgegensteht. Die Pflicht zur Amtsausübung dauert über die Amtszeit hinaus bis zum Amtsantritt des Nachfolgers fort.

(3) Scheidet ein in ein Kammerorgan berufenes Mitglied während seiner Amtszeit aus der Kammer aus, so erlischt gleichzeitig auch sein Amt. Wird ein Mitglied eines Kammerorgans nach Absatz 1 Nr. 2 bis 4 in ein anderes Kammerorgan dieses Bereiches gewählt, so scheidet es aus seinem ersten Amt aus. Für den Rest seiner Amtszeit wird von der Vertreterversammlung ein Nachfolger gewählt.

(4) Die Mitglieder der Organe sind ehrenamtlich tätig. Sie haben Anspruch auf Entschädigung für die Auslagen und Zeitversäumnisse, deren Höhe durch die von der Vertreterversammlung zu beschließende Entschädigungsordnung festzusetzen ist. Die Tätigkeit des Vorsitzenden des Eintragungs- und des Ehrenausschusses ist zu vergüten.

(5) Über die in diesem Gesetz und der Satzung festgelegten Ausschüsse hinaus kann die Kammer neben den Organen aus dem Kreise ihrer Mitglieder Ausschüsse bilden, die der Erfüllung der Aufgaben der Kammer dienen. Die Vorsitzenden der Ausschüsse sollen der Vertreterversammlung angehören.

(6) Als Mitglied des Vorstandes, der Ausschüsse und als sonstiger Mitarbeiter der Kammer darf für diese nicht tätig werden, wer

1.
gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder der Rechtsstaatlichkeit verstoßen hat, insbesondere die im internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte vom 19. Dezember 1966 gewährleisteten Menschenrechte oder die in der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte vom 10. Dezember 1948 enthaltenen Grundsätze verletzt hat oder
2.
für das frühere Ministerium für Staatssicherheit (MfS)/Amt für Nationale Sicherheit tätig war und dessen Mitgliedschaft oder Beschäftigung deshalb unzumutbar erscheint.

Die Kammer veranlaßt für alle in Satz 1 genannten Personen eine Überprüfung beim Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik. Auf Grund des Ergebnisses der Überprüfung stellt der Vorstand die Beendigung des Kammeramtes ohne die Möglichkeit der Wiederwahl oder erneuten Bestellung fest oder spricht die Kündigung aus. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Präsidenten, im Falle seiner Verhinderung die Stimme des ihn vertretenden Vizepräsidenten. Bei Mitgliedern des Vorstandes und des Eintragungsausschusses entscheidet die Aufsichtsbehörde nach Anhörung des Vorstandes. Die § § 17 Abs. 2 Satz 2, 18 Abs. 6 Satz 3 und 19 Abs. 3 Satz 2 sind entsprechend anzuwenden. Die Kammer hat die Aufsichtsbehörde über die Ergebnisse der Überprüfung und die getroffene Entscheidung unverzüglich zu unterrichten.

§ 15
Vertreterversammlung

(1) Die Mitglieder der Vertreterversammlung werden auf die Dauer von vier Jahren in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl nach Maßgabe der Wahlordnung von den Mitgliedern der Kammer gewählt.

(2) Die Satzung muß Bestimmungen über die Wahl für die Vertreterversammlung enthalten. Insbesondere soll sie regeln

1.
für wieviele Mitglieder der Kammer je ein Mitglied der Vertreterversammlung zu wählen ist,
2.
wieviel Mitglieder jeder Fachrichtung der Vertreterversammlung mindestens angehören müssen,
3.
wie häufig die Vertreterversammlung einzuberufen ist,
4.
die vorzeitige Beendigung der Mitgliedschaft zur Vertreterversammlung.

(3) Die Wahlordnung regelt das Nähere über die Ausübung des Wahlrechts und die Durchführung der Wahl.

(4) Die Vertreterversammlung ist mindestens einmal jährlich einzuberufen. Außerordentliche Vertreterversammlungen sind binnen einer Frist von einem Monat einzuberufen, wenn dies der Vorstand beschließt oder mindestens ein Drittel der Mitglieder der Vertreterversammlung es unter Angabe des Besprechungsgegenstandes schriftlich beantragt.

§ 16
Aufgaben der Vertreterversammlung

(1) Die Vertreterversammlung beschließt über

1.
die Satzung und ihre Änderungen,
2.
die Wahl-, Beitrags-, Gebühren-, Haushalts-, Ehren-, Kassen- und Schlichtungsordnung,
3.
die Wahl, die Entlastung und die Abberufung der Mitglieder des Vorstandes, der Ausschußvorsitzenden und -mitglieder,
4.
die Bildung von Ausschüssen sowie die Wahl und die Abberufung ihrer Mitglieder, mit Ausnahme des Vorsitzenden und der weiteren Mitglieder des Eintragungsausschusses,
5.
den Haushaltsplan und die Haushaltsrechnung,
6.
die Wahl des Rechnungsprüfers,
7.
den Erwerb und die Veräußerung von Grundstücken,
8.
die Aufnahme von Darlehen,
9.
die Höhe der Entschädigung von Mitgliedern der Organe und Ausschüsse sowie die Höhe der Vergütung der Vorsitzenden des Eintragungs- und des Ehrenausschusses,
10.
die Bildung von Fürsorge- und Versorgungseinrichtungen.

(2) Die Vertreterversammlung ist beschlußfähig, wenn mehr als die Hälfte der Mitglieder anwesend ist. Ist eine Angelegenheit wegen Beschlußunfähigkeit der Vertreterversammlung zurückgestellt worden und tritt die Vertreterversammlung zur Verhandlung über den Gegenstand zum zweiten Mal zusammen, so ist sie ohne Rücksicht auf die Zahl der Erschienenen beschlußfähig. In der Ladung zur Sitzung ist darauf ausdrücklich hinzuweisen.

(3) Bei Beschlüssen entscheidet die Mehrheit der abgegebenen Stimmen, soweit nachfolgend nichts anderes bestimmt ist. Bei Stimmengleichheit ist der Antrag abgelehnt. Stimmenthaltung und ungültige Stimmen bleiben bei der Ermittlung der Mehrheit außer Betracht. Stimmrechtsübertragungen sind ausgeschlossen.

(4) Beschlüsse nach Absatz 1 Nr. 1 bis 3, 5 und 10 sowie die vorzeitige Abberufung von Mitgliedern des Vorstandes bedürfen der Mehrheit von zwei Dritteln der anwesenden Mitglieder der Vertreterversammlung.

(5) Beschlüsse nach Absatz 1 Nr. 1 und 2 sind in der durch die Satzung bestimmten Form bekanntzumachen.

(6) Beschlüsse nach Absatz 1 Nr. l, 2, 5 und 6 bedürfen der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde. § 24 Abs. 3 bleibt unberührt.

§ 17
Vorstand

(1) Die Vertreterversammlung wählt aus ihrer Mitte den Vorstand. Dieser besteht aus dem Präsidenten, zwei Vizepräsidenten und einer in der Satzung bestimmten Zahl weiterer Vorstandsmitglieder. Das Nähere regelt die Satzung.

(2) Die Amtszeit der Vorstandsmitglieder beträgt vier Jahre. Scheidet ein Mitglied des Vorstandes vorzeitig aus, so wird in der nächsten Vertreterversammlung für den Rest seiner Amtszeit ein neues Mitglied gewählt.

(3) Der Vorstand führt die Geschäfte der Architektenkammer. Er kann einen oder mehrere Geschäftsführer bestellen.

(4) Der Präsident, im Falle seiner Verhinderung der von ihm bestimmte Vizepräsident, vertritt die Architektenkammer gerichtlich und außergerichtlich. Er beruft die Vorstandssitzung ein und führt den Vorsitz. Erklärungen, welche die Architektenkammer vermögensrechtlich verpflichten und nicht von lediglich untergeordneter Bedeutung sind, bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Sie sind vom Präsidenten und einem weiteren Vorstandsmitglied zu unterschreiben.

§ 18
Eintragungsausschuß

(1) Bei der Kammer werden ein oder mehrere Eintragungsausschüsse gebildet. Diese entscheiden über die Eintragung in die Architekten- und die Stadtplanerliste und über die Löschung.

(2) Ein Eintragungsausschuß besteht aus dem Vorsitzenden, seinem Stellvertreter und einer in der Satzung festgelegten Anzahl von Beisitzern. Die Namen aller Beisitzer und ihrer Fachrichtungen werden in einer Liste erfaßt. Er entscheidet in der Besetzung mit dem Vorsitzenden und vier Beisitzern, von denen mindestens zwei Beisitzer der beantragten Fachrichtung des Antragstellers angehören müssen.

(3) Der Eintragungsausschuß ist unabhängig und an Weisungen nicht gebunden. Er entscheidet nach seiner freien, aus dem Gang des Verfahrens gewonnenen Überzeugung mit Stimmenmehrheit. Seine Sitzungen sind nicht öffentlich.

(4) Der Vorsitzende und sein Stellvertreter müssen die Befähigung zum Richteramt oder zum höheren Verwaltungsdienst oder einen Abschluß als Diplomjurist haben.

(5) Die Mitglieder des Eintragungsausschusses dürfen nicht Angestellte der Kammer oder der Aufsichtsbehörde sein.

(6) Der Vorsitzende, sein Stellvertreter und die Beisitzer werden nach Anhörung der Vertreterversammlung auf Vorschlag des Vorstandes der Architektenkammer auf die Dauer von vier Jahren von der Aufsichtsbehörde bestellt. Eine Wiederbestellung ist zulässig. Scheidet ein Mitglied des Eintragungsausschusses vorzeitig aus, so bestellt die Aufsichtsbehörde für den Rest seiner Amtszeit ein neues Mitglied.

(7) Ein Mitglied des Eintragungsausschusses ist in den Fällen an der Mitwirkung gehindert, in denen ein Richter von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen wäre oder wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden könnte. Die § § 41 und 42 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend.

(8) Vor Versagung einer Eintragung, der teilweisen Ablehnung eines Antrages oder vor einer Löschung ist der Betroffene zu hören. Er hat auf Verlangen des Eintragungsausschusses persönlich zu erscheinen und kann auf seine Kosten einen Beistand hinzuziehen. Bescheide über die Versagung einer Eintragung, die nur teilweise Ablehnung eines Antrages oder die Löschung sind zu begründen und mit einer Rechtsmittelbelehrung zu versehen. Gegen die Entscheidung des Eintragungsausschusses kann der Betroffene unmittelbar Klage beim Verwaltungsgericht erheben.

(9) Wird eine Entscheidung des Eintragungsausschusses angefochten, so wird die Kammer im verwaltungsgerichtlichen Verfahren durch den Vorsitzenden des Eintragungsausschusses vertreten.

§ 19
Schlichtungsausschuß

(1) Zur gütlichen Beilegung von Streitigkeiten, die sich aus der Berufsausübung zwischen Kammermitgliedern sowie zwischen diesen und auswärtigen Architekten oder Stadtplanern und Dritten ergeben, wird bei der Kammer mindestens ein Schlichtungsausschuß gebildet.

(2) Der Schlichtungsausschuß entscheidet in der Besetzung mit drei Mitgliedern, von denen zwei Kammermitglieder sein müssen. Das Nähere regelt die Schlichtungsordnung.

(3) Die Mitglieder des Schlichtungsausschusses und ihre Vertreter werden von der Vertreterversammlung auf die Dauer von vier Jahren gewählt. Scheidet ein Mitglied vorzeitig aus, so wird in der nächsten Vertreterversammlung für den Rest seiner Amtszeit ein neues Mitglied gewählt.

(4) Der Schlichtungsausschuß hat auf Antrag der Beteiligten oder des Vorstandes einen Schlichtungsversuch zu unternehmen. Ist ein Dritter beteiligt, so kann der Schlichtungsausschuß nur mit dessen Einverständnis tätig werden.

Dritter Abschnitt
Ahndung von Berufsvergehen

§ 20
Ehrenverfahren

(1) Die Mitglieder der Kammer und die in das Verzeichnis nach § 9 Abs. 3 und 4 eingetragenen Architekten und Stadtplaner haben sich bis zur Schaffung von Berufsgerichten wegen berufsunwürdigen Verhaltens in einem Ehrenverfahren zu verantworten. Berufsunwürdig verhält sich insbesondere, wer die Pflichten nach § 4 Abs. 2 verletzt. Politische, religiöse, wissenschaftliche und künstlerische Ansichten und Handlungen oder Stellungnahmen zu wirtschaftlichen Berufsangelegenheiten können nicht Gegenstand eines Ehrenverfahrens sein.

(2) Das Ehrenverfahren findet vor dem von der Architektenkammer gebildeten Ehrenausschuß statt.

(3) Auf Antrag eines Mitgliedes, des Vorstandes, der Aufsichtsbehörde oder eines in ein Verzeichnis nach § 9 Abs. 3 und 4 Eingetragenen muß ein Ehrenverfahren durchgeführt werden.

(4) Ist wegen desselben Sachverhaltes die öffentliche Klage im strafgerichtlichen Verfahren erhoben worden, kann ein Ehrenverfahren zwar eingeleitet werden; es muß aber bis zur Beendigung des Strafverfahrens ausgesetzt werden. Das gleiche gilt, wenn während des Ehrenverfahrens die öffentliche Klage erhoben wird. Die tatsächlichen Feststellungen des Urteils im strafgerichtlichen Verfahren sind für das Ehrenverfahren bindend.

(5) Ist das Mitglied oder der in ein Verzeichnis nach § 9 Abs. 3 und 4 Eingetragene in einem strafgerichtlichen Verfahren freigesprochen worden, kann wegen des Sachverhaltes, der Gegenstand der gerichtlichen Entscheidung war, ein Ehrenverfahren nur eingeleitet oder fortgesetzt werden, wenn dieser Sachverhalt, ohne einen Straftatbestand zu erfüllen, eine Verletzung von Berufspflichten darstellt.

(6) Kammermitglieder im öffentlichen Dienst unterliegen hinsichtlich ihrer dienstlichen Tätigkeit nur dann dem Ehrenverfahren, wenn es sich um eine Berufspflichtverletzung handelt, die im dienstrechtlichen Verfahren nicht geahndet werden kann.

§ 21
Ehrenausschuß

(1) Dem Ehrenausschuß gehören der Vorsitzende, sein Stellvertreter und eine durch die Satzung festzulegende Anzahl von Beisitzern an.

(2) Der Vorsitzende und sein Stellvertreter müssen die Befähigung zum Richteramt oder zum höheren Verwaltungsdienst oder einen Abschluß als Diplomjurist haben. Der Vorsitzende, sein Stellvertreter und die Beisitzer dürfen nicht Angestellte der Kammer oder der Aufsichtsbehörde sein.

(3) Der Vorsitzende, sein Stellvertreter und die Beisitzer werden von der Vertreterversammlung auf die Dauer von vier Jahren gewählt. Die Wiederwahl ist zulässig.

(4) Der Ehrenausschuß entscheidet in der Besetzung mit dem Vorsitzenden und zwei Beisitzern, von denen mindestens einer nach seiner Tätigkeitsart oder Fachrichtung derjenigen des Betroffenen angehören muß. Das Verfahren ist nicht öffentlich. § 18 Abs. 8 findet entsprechende Anwendung.

(5) Ein Mitglied des Ehrenausschusses ist in den Fällen an der Mitwirkung gehindert, in denen ein Richter von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen wäre oder wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden könnte. Die § § 22 und 24 der Strafprozeßordnung gelten entsprechend.

(6) Das Nähere regelt die Ehrenordnung.

§ 22
Maßnahmen im Ehrenverfahren

(1) Im Ehrenverfahren kann erkannt werden auf

1.
Verweis,
2.
Verwarnungsgeld bis zu 20 000 DM,
3.
Aberkennung der Mitgliedschaft in Organen oder Ausschüssen der Kammer,
4.
Aberkennung des Wahlrechts oder der Wählbarkeit zu den Organen der Kammer bis zur Dauer von vier Jahren.

(2) Die in Absatz 1 Nr. 2 bis 4 genannten Maßnahmen können nebeneinander verhängt werden.

(3) Die Verfolgung einer Verletzung von Berufspflichten verjährt in vier Jahren. Für den Beginn, das Ruhen und die Unterbrechung der Verjährung gelten die § § 78a Satz 1, 78b und 78c Abs. 1 bis 4 des Strafgesetzbuches entsprechend. Verstößt ein Verhalten auch gegen ein Strafgesetz, so verjährt die Verfolgung der Verletzung von Berufspflichten zugleich mit der Strafverfolgung.

(4) Verwarnungsgelder fließen der Kammer zu.

Vierter Abschnitt
Allgemeine Vorschriften

§ 23
Finanzwesen der Kammer

(1) Die Kammer erhebt zur Deckung ihres sachlichen und personellen Aufwandes Beiträge von den Mitgliedern, soweit dieser Aufwand nicht anderweitig gedeckt ist. Die Beiträge sind nach der Höhe des Einkommens der Mitglieder zu staffeln. Das Nähere regelt die Beitragsordnung.

(2) Der Vorstand der Kammer stellt für jedes Rechnungsjahr einen Haushaltsplan auf und legt ihn der Vertreterversammlung zur Beschlußfassung vor. Der Haushaltsplan muß den Grundsätzen einer sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung entsprechen. Die Haushaltsrechnung ist durch einen Wirtschaftsprüfer oder einen vereidigten Buchprüfer zu prüfen.

(3) Die Kammer ist berechtigt, eine Haushalts- und Kassenordnung zu erlassen, die nähere Festlegungen über die Aufstellung und Durchführung des Haushaltsplanes, die Kassen- und Buchführung und die Rechnungslegung und -prüfung enthalten.

(4) Für die Inanspruchnahme von Kammereinrichtungen, insbesondere für das Eintragungs-, Ehren- und Schlichtungsverfahren können Gebühren und Auslagen erhoben werden. Das Nähere regelt die Gebührenordnung.

(5) Die Kammer ist befugt, für die Vollstreckung von Beitrags-, Gebühren- und Kostenforderungen einschließlich des Verwarnungsgeldes Vollstreckungsanordnungen zu erteilen und zu diesem Zweck die Vollstreckungsklausel auf eine Ausfertigung des Leistungsbescheides oder des Rückstandsverzeichnisses zu setzen. Die Vollstreckung richtet sich nach dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz für den Freistaat Sachsen.

§ 24
Versorgungswerk

(1) Die Kammer kann durch Satzung für ihre Mitglieder und deren Familien ein Versorgungswerk schaffen und ihre Mitglieder verpflichten, dort Mitglied zu werden. Mitglieder, die nach beamtenrechtlichen Vorschriften Anspruch auf Versorgung haben, sind von der Pflichtteilnahme am Versorgungswerk ausgenommen.

(2) Die Satzung muß Bestimmungen enthalten über

1.
versicherungspflichtige Mitglieder,
2.
Art und Höhe der Versorgungsleistungen,
3.
Höhe der Beiträge,
4.
Beginn und Ende der Teilnahme,
5.
Befreiung von der Teilnahme,
6.
freiwillige Teilnahme,
7.
Bildung, Zusammensetzung, Wahl, Amtsdauer und Aufgaben besonderer Organe für das Versorgungswerk.

Die Satzung muß eine selbständige Verwaltung des Versorgungswerkes durch eigene Organe, insbesondere Vorstand und Vertreterversammlung, vorsehen.

(3) Die Satzung wird nach den Vorschriften des § 16 Abs. 4 erlassen und geändert. Die Satzung und ihre Änderung bedürfen der Genehmigung der Aufsichtsbehörde und der Versicherungsaufsicht.

(4) Das Vermögen des Versorgungswerkes ist vom übrigen Vermögen der Kammer getrennt zu verwalten. Die Mittel des Versorgungswerkes dürfen nur zur Bestreitung der satzungsgemäßen Leistungen und der notwendigen Verwaltungskosten sowie zur Bildung der erforderlichen Rückstellungen und Rücklagen verwendet werden und sind unter Beachtung der § § 54 und 54a des Versicherungsaufsichtsgesetzes anzulegen.

(5) Die Kammer kann die Mitglieder anderer Architektenkammern in das Versorgungswerk aufnehmen. Sie kann sich einer Versorgungs- oder Versicherungseinrichtung im Geltungsbereich des Grundgesetzes anschließen oder zusammen mit einer oder mehreren Versorgungs- oder Versicherungseinrichtungen eine gemeinsame Versorgungseinrichtung schaffen.

(6) Für die Errichtung eines Versorgungswerkes ist die Zustimmung von zwei Dritteln der eingegangenen Stimmen der Kammermitglieder, auf die die Pflichtmitgliedschaft erstreckt werden soll, erforderlich. Ein Anschluß an eine andere Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung oder der Zusammenschluß mit einer solchen bedarf der Zustimmung von zwei Dritteln der Mitglieder der Vertreterversammlung des Versorgungswerkes.

§ 25
Aufsicht

(1) Die Aufsicht über die Kammer führt das Staatsministerium des Innern (Aufsichtsbehörde). Die Aufsicht beschränkt sich auf die Rechtsaufsicht, soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt.

(2) Das Versorgungswerk nach § 24 unterliegt der Versicherungsaufsicht (Fachaufsicht) durch das Staatsministerium für Wirtschaft und Arbeit oder der von ihm bestimmten nachgeordneten Behörde. Die Bestimmungen der § § 13, 14, 54d, 55 bis 59, 81, 81a, 82 bis 84, 86, 89 und 101 des Versicherungsaufsichtsgesetzes gelten entsprechend.

(3) Die Aufsichtsbehörde kann zur Erfüllung ihrer Aufgaben Auskünfte, Berichte und die Vorlage von Akten und sonstigen Unterlagen verlangen oder diese Unterlagen an Ort und Stelle einsehen. Die Versicherungsaufsicht kann die Geschäfts- und Kassenführung des Versorgungswerkes prüfen.

(4) Die Aufsichtsbehörde kann Beschlüsse und andere Maßnahmen, die gegen Gesetze oder andere Vorschriften verstoßen, beanstanden oder ihre Aufhebung oder Änderung verlangen. Hilft die Kammer der Beanstandung nicht ab, so kann die Aufsichtsbehörde den Beschluß oder die Maßnahme aufheben.

(5) Die Aufsichtsbehörde ist zu den Sitzungen der Vertreterversammlung sowie auf Verlangen auch zu den Sitzungen anderer Organe und Ausschüsse einzuladen. Den Vertretern der Aufsichtsbehörde ist auf Verlangen jederzeit das Wort zu erteilen. Die Aufsichtsbehörde kann die Einberufung von Vorstandssitzungen und Vertreterversammlungen sowie die Aufnahme bestimmter Punkte in die Tagesordnung verlangen. Dasselbe gilt für die Versicherungsaufsicht, soweit das Versorgungswerk betroffen ist.

(6) Erfüllt die Kammer die ihr obliegenden Pflichten oder Aufgaben nicht, so kann die Aufsichtsbehörde verlangen, daß die Kammer innerhalb einer angemessenen Frist das Erforderliche veranlaßt. Kommt diese dem Verlangen nicht nach, so kann die Aufsichtsbehörde an ihrer Stelle tätig werden.

§ 26
Schweigepflicht

Die Mitglieder der Kammerorgane, der weiteren Ausschüsse und die Mitarbeiter der Geschäftsstelle sind zu Verschwiegenheit über Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, personenbezogene Daten sowie alle Angelegenheiten verpflichtet, die ihnen im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit bekanntgeworden sind. Die Pflicht zur Verschwiegenheit besteht auch nach Beendigung ihrer Tätigkeit fort.

Fünfter Abschnitt
Ordnungswidrigkeiten

§ 27

(1) Ordnungswidrig handelt, wer

1.
unbefugt eine der in § 2 Abs. 1, 2 und 3 genannten Berufsbezeichnungen oder
2.
entgegen § 2 Abs. 4 eine Wortverbindung mit den Berufsbezeichnungen nach § 2 Abs. 1, 2 und 3 oder eine ähnliche Bezeichnung führt oder
3.
als auswärtiger Architekt oder Stadtplaner gegen die Anzeigepflicht nach § 9 Abs. 3 Satz 1 verstößt.

(2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu 20 000 DM geahndet werden.

(3) Zuständige Verwaltungsbehörde im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten ist die Architektenkammer.

Sechster Abschnitt
Übergangs- und Schlußbestimmungen

§ 28
Ausführungsvorschriften

Das Staatsministerium des Innern wird ermächtigt, die zur Ausführung dieses Gesetzes erforderlichen Verwaltungsvorschriften zu erlassen.

§ 29
Übergangsvorschriften

(1) Mit Inkrafttreten dieses Gesetzes tritt das Gesetz zum Schutz der Berufsbezeichnung Architekt und zur Vorbereitung der Errichtung von Architektenkammern in den künftigen Ländern der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik – Architektengesetz – vom 19. Juli 1990 (GBl. DDR I Nr. 50 S. 921) außer Kraft.

(2) Die auf der Grundlage bisheriger Rechtsvorschriften erfolgten Eintragungen in die Architektenliste und das damit verbundene Recht der Titelführung behalten ihre Gültigkeit.

(3) Bei Inkrafttreten dieses Gesetzes laufende Verfahren vor dem Eintragungs- oder Ehrenausschuß werden nach den bisher gültigen Rechtsvorschriften abgeschlossen. Dies gilt nicht für bereits eingelegte Widersprüche.

§ 30
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft.

Das vorstehende Gesetz wird hiermit ausgefertigt und ist zu verkünden.

Dresden, den 19. April 1994

Der Landtagspräsident
Erich Iltgen

Der Ministerpräsident
Prof. Dr. Kurt Biedenkopf

Der Staatsminister des Innern
Heinz Eggert

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Verweis auf Bundesgesetze

    Fundstelle und systematische Gliederungsnummer

    SächsGVBl. 1994 Nr. 23, S. 765

    Gültigkeitszeitraum

    Fassung gültig ab: 1. Januar 1999

    Fassung gültig bis: 26. Juli 2002