Vorläufige Regelung
des Sächsischen Staatsministeriums
für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten
über die Berufsausbildung und Prüfung Behinderter im Gartenbau
Vom 1. August 1991
Vorbemerkung
Die nachfolgende Regelung gilt für behinderte Jugendliche. Nach der Entlassung aus der Schule bieten sich folgende Möglichkeiten einer Ausbildung im Gartenbau:
- 1.
- im anerkannten Ausbildungsberuf Gärtner die übliche Ausbildung zu durchlaufen;
- 2.
- im anerkannten Ausbildungsberuf Gärtner die übliche Ausbildung im ausbildenden Gartenbaubetrieb zu durchlaufen und berufsbegleitend eine Klasse für Behinderte in berufsbildenden Schulen zu besuchen;
- 3.
- als besondere Ausbildungsform die Gartenbaufachwerkerausbildung zu durchlaufen, bei der auf die jeweilige Lernfähigkeit besondere Rücksicht genommen wird. Diese Jugendlichen besuchen eine Klasse für Behinderte in berufsbildenden Schulen;
Sind lernbehinderte Jugendliche zum Zeitpunkt der Schulentlassung den Ausbildungsanforderungen noch nicht gewachsen, sollen sie berufsvorbereitende Maßnahmen zur Einführung in eine Ausbildung durchlaufen. Je nach Entwicklungsfortschritt können die Jugendlichen nach Beendigung der berufsvorbereitenden Maßnahmen eine der genannten Ausbildungsmöglichkeiten wählen.
Im Fall der Punkte 1. und 2. durchlaufen die Jugendlichen eine reguläre Ausbildung in dem anerkannten Ausbildungsberuf Gärtner unter Beachtung des § 48 des BBiG.
Die Abschlußprüfung erfolgt unter besonderer Berücksichtigung der §§ 8 (2), 10 (4c), 13 (3) der Prüfungsordnung.
Leistungen, die von dem Behinderten im Rahmen der Prüfung nicht erbracht worden sind, werden im Zeugnis der Abschlußprüfung nicht angeführt.
In diesem Fall entfällt die Gesamtnote. Im Zeugnis wird das Wort „Gesamtnote“ gestrichen. Es erhält unter dem Wort „bestanden“ den Zusatz „Die Abschlußprüfung wurde gemäß § 48 BBiG abgelegt“.
Die nachfolgende Ausbildungsordnung betrifft Jugendliche, die auf Grund ihrer Behinderungen auch bei unterstützenden besonderen Maßnahmen in Betrieb und Berufsschule Ausbildungsabschlüsse in den anerkannten Ausbildungsberufen voraussichtlich nicht erreicht werden. Bei diesen Jugendlichen sind im Einzelfall Art und Umfang der Behinderung, sowie die beruflichen Förderungsmöglichkeiten im Rahmen des Rehabilitationsverfahrens festzustellen, insbesondere:
- –
- Einschränkungen der intellektuellen Leistungsfähigkeit, wie
Beeinträchtigung des gesamten Intelligenzbereichs. Die Folge davon kann u.a. verminderte Lernfähigkeit bzw. eine Verlangsamung des Lerntempos sein.
Ausfälle in einem Einzelbereich, z.B. Störungen der Merkfähigkeit, der Gestaltungswahrnehmung, des Abstraktionsvermögens. - –
- Verzögerung und Beeinträchtigungen in der Entwicklung der Gesamtpersönlichkeit, wie
mangelnde psychische und physische Belastbarkeit, Störungen des Gefühl- und Willenslebens,
geringe Selbständigkeit und Verantwortungsbereitschaft, Mangel an Zielstrebigkeit und Leistungswillen,
neurotische Fehlhaltungen (häufig durch eine ungünstige soziale Umwelt verursacht),
Schwierigkeiten, sich in die Gemeinschaft einzuordnen; - –
- Störungen im psychomotorischer Bereich, wie
Störungen im Bereich der Sinneswahrnehmung;
Störungen im Bereich grob- bzw. feinmotorischer Bewegungsabläufe; - –
- Eignung für eine der genannten Ausbildungsmöglichkeiten im Gartenbau.
Die beruflichen Förderungsmöglichkeiten sind mit dem Klassenlehrer, den Eltern und dem Schüler rechtzeitig zu besprechen und zu beraten.
Die Jugendlichen bedürfen einer gezielten, individuellen betrieblichen und schulischen Betreuung. Deshalb muß der Ausbildende einschlägige Erfahrungen haben, die Ausbildungsstätte entsprechend geeignet sein und für den Auszubildenden der Besuch einer Klasse für Behinderte in berufsbildenden Schulen gewährleistet sein.
Auf Grund von §§ 44,48 und 58 Abs. 2 des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) vom 14. August 1969 (BGBl. I S. 1112) erläßt das Sächsische Staatsministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten im Einvernehmen mit dem Ministerium für Soziales, Gesundheit und Familie folgende vom Berufsbildungsausschuß beschlossene Regelung:
Berufsausbildung Behinderter zum Gartenbaufachwerker
- 1.
- Allgemeines
Diese Regelung gilt für die Berufsausbildung Behinderter im Sinne des § 48 des Berufsbildungsgesetzes, die nach Art und Schwere ihrer Behinderung nicht in einem anerkannten Ausbildungsberuf ausgebildet werden können. Das Erfordernis der Ausbildung nach § 48 BBiG ist anhand von Art und Schwere der Behinderung durch den Berufsberater für Behinderte der Arbeitsämter zu treffen. Dieser zieht zu seiner Feststellung Gutachten der zuständigen Fachdienste (psychologischer und ärztlicher Dienst des Arbeitsamtes) hinzu.
Der Ausbildungsvertrag kann nur nach Vorliegen der schriftlichen Stellungnahme durch den oben Genannten in das Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse eingetragen werden.
- 2.
- Ausbildungsstätte
Die Ausbildung erfolgt in speziell dafür geeigneten anerkannten Ausbildungsstätten.
- 3.
- Ausbildungsdauer
Die Ausbildung zum Gartenbaufachwerker dauert drei Jahre. Sie gliedert sich in eine Grund- und eine Fachstufe. Die Grundstufe dauert ein, die Fachstufe zwei Jahre. Nach dem 1. Ausbildungsjahr ist nochmals zu überprüfen, ob ein Wechsel in die Ausbildung zum Gärtner möglich ist.
- 4.
- Ausbildungsberufsbild
Die Ausbildung erstreckt sich auf die Vermittlung von Fertigkeiten und einfachen Kenntnissen auf folgenden Gebieten:
- 4.1
- Ausbildungsstätte
- –
- Standort,
- –
- Einrichtungen,
- –
- Arbeitsschutz und Unfallverhütung,
- 4.2
- Vorbereitende Arbeit
- –
- Flächenaufteilung,
- –
- Herrichten des Arbeitsplatzes.
- 4.3
- Böden, Erden, Substrate
- –
- Bodenbearbeitung,
- –
- Bodenverbesserung, Entwässerung,
- –
- Aufbereiten, Herrichten von Erden und Substraten.
- 4.4
- Pflanzen
- –
- Pflanzenkenntnisse,
- –
- Aufbau und Lebenserscheinungen,
- –
- Vermehrung,
- –
- Verwendung.
- 4.5
- Kultur- und Pflegemaßnahmen
- –
- Pflege des Standortes,
- –
- Düngung, Bewässerung,
- –
- Arbeiten an der Pflanze,
- –
- Pflanzenschutz,
- –
- Wachstumsregulatoren.
- 4.6
- Maschinen und Geräte
- –
- Einsatz,
- –
- Wartung.
- 4.7
- Werkstoffe und Hilfsmittel
- –
- Materialkunde
- –
- Verwendung.
- 4.8
- Ernte und Vermarktung
- –
- Ernte,
- –
- Aufbereitung (reinigen, sortieren, verpacken),
- –
- Lagerung,
- –
- Absatz.
- 4.9
- Wirtschafts- und Sozialkunde
- –
- Betriebswirtschaft,
- –
- Arbeits- und Materialbedarf,
- –
- Arbeitsrecht und Versicherungswesen.
- 5.
- Ausbildungsrahmenplan
Die Vermittlung der Fertigkeiten und Kenntnisse richtet sich nach dem Ausbildungsrahmenplan.
- 6.
- Ausbildungsplan
Der Ausbildende hat unter Zugrundelegung des Ausbildungsrahmenplanes für den Auszubildenden einen Ausbildungsplan zu erstellen.
- 7.
- Führung des Berichtsheftes
Der Auszubildende hat unter besonderer Berücksichtigung der Behinderung ein einfaches Berichtsheft in Form eines Ausbildungsnachweises zu führen. Der Auszubildende hat das Berichtsheftregelmäßig durchzusehen.
- 8.
- Zwischenprüfung
Nach dem ersten Ausbildungsjahr ist eine formlose Zwischenprüfung im Zusammenwirken mit dem Betrieb nach näherer Bestimmung durch das Regierungspräsidium als zuständige Stelle abzulegen. Die Zwischenprüfung erstreckt sich auf die im Ausbildungsrahmenplan für das erste Ausbildungsjahr aufgeführten einfachen Fertigkeiten und Grundkenntnisse sowie auf den entsprechenden Lehrstoff der Sonderberufsschule, soweit dieser für die Berufsausbildung wesentlich ist.
- 9.
- Abschlußprüfung
- 9.1
- Die Prüfung erstreckt sich auf die im Ausbildungsrahmenplan aufgeführten Fertigkeiten und Kenntnisse sowie auf den im Unterricht der Sonderberufsschule vermittelten Lehrstoff, soweit dieser für die Berufsausbildung wesentlich ist.
- 9.2
- In der Prüfung sollen die besonderen Verhältnisse der Ausbildungsstätte berücksichtigt werden.
- 9.3
- Die Fertigkeitsprüfung dauert höchstens drei Stunden. In ihr sollen mindestens vier Aufgaben aus einem der nachstehend aufgeführten Sachgebiete des Ausbildungsrahmenplanes gestellt werden:
- 9.3.1
- Zierpflanzenbau, einschließlich der Staudengärtnerei
- –
- Vermehrung,
- –
- Arbeiten an der Pflanze,
- –
- Pflege des Standortes,
- –
- Einsatz von Maschinen, Geräten und Einrichtungen
- 9.3.2
- Gemüsebau
- –
- Vermehrung,
- –
- Arbeiten an der Pflanze,
- –
- Aufbereitung,
- –
- Einsatz von Maschinen, Geräten und Einrichtungen
- 9.3.3
- Garten- und Landschaftsbau
- –
- Bodenbearbeitung,
- –
- Verwendung der Pflanzen,
- –
- Arbeiten an der Pflanze,
- –
- Einsatz von Maschinen, Geräten und Werkstoffen
- 9.3.4
- Friedhofsgärtnerei
- –
- Vermehrung,
- –
- Bodenbearbeitung,
- –
- Verwendung der Pflanzen,
- –
- Arbeiten an der Pflanze.
- 9.4
- In der Kenntnisprüfung soll der Prüfling möglichst in programmierter Form in folgenden Gebieten geprüft werden:
- 9.4.1
- Allgemeines Fachwissen
- –
- Pflanzenkenntnisse,
- –
- Bodenkunde,
- –
- Düngung.
- 9.4.2
- Besonderes Fachwissen
- –
- Pflanzen- und Sortenkenntnisse,
- –
- Kultur- und Pflegemaßnahmen,
- –
- Werkstoffe und Hilfsmittel.
- 9.5
- Bei der Ermittlung des Gesamtergebnisses der Prüfung werden die Leistungen in der Fertigkeitsprüfung doppelt, die Leistungen in der Kenntnisprüfung einfach gewertet.
- 10.
- Prüfungsverfahren
Die Durchführung des Prüfungsverfahrens richtet sich nach den Bestimmungen der Prüfungsordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten für die Durchführung von Abschlußprüfungen in den Ausbildungsberufen der Landwirtschaft und der Hauswirtschaft unter besonderer Berücksichtigung des § 13 (3).
- 11.
- Übergangsbestimmungen
Wer eine vergleichbare, mindestens dreijährige Ausbildung vor Inkrafttreten dieser Regelung begonnen hat, kann auch ohne Zwischenprüfung an der Abschlußprüfung teilnehmen. Die Zeiten mit vergleichbarer Ausbildung können bei entsprechendem Ausbildungsstand im vollen Umfang auf die Gesamtausbildungszeit angerechnet werden.
- 12.
- Inkrafttreten
Die Regelung tritt am 1. August 1991 in Kraft.
Dresden, den 1. August 1991
Der Staatsminister für Landwirtschaft,
Ernährung und Forsten
Dr. Rolf Jähnichen