Verordnung
des Sächsischen Staatsministeriums des Innern
über die Anerkennung als Prüf-, Überwachungs- und Zertifizierungsstelle nach Bauordnungsrecht
(PÜZ-Anerkennungsverordnung – PÜZAV)
Vom 24. April 1996
Aufgrund von § 82 Abs. 6 Nr. 2 der Sächsischen Bauordnung (SächsBO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. Juli 1994 (SächsGVBl. S. 1401), geändert durch Artikel 1 des Gesetzes zur Änderung der Sächsischen Bauordnung vom 29. März 1996 (SächsGVBl. S. 122) wird verordnet:
§ 1
Anerkennung
(1) Eine Person, eine Stelle oder eine Überwachungsgemeinschaft kann auf Antrag anerkannt werden als
- 1.
- Prüfstelle für die Erteilung allgemeiner bauaufsichtlicher Prüfzeugnisse (§ 21a Abs. 2 SächsBO),
- 2.
- Prüfstelle für die Überprüfung von Bauprodukten vor Bestätigung der Übereinstimmung (§ 24a Abs. 2 SächsBO),
- 3.
- Zertifizierungsstelle (§ 24b Abs. 1 SächsBO),
- 4.
- Überwachungsstelle für die Fremdüberwachung (§ 24b Abs. 2 SächsBO) oder
- 5.
- Überwachungsstelle für die Überwachung nach § 20 Abs. 6 SächsBO,
wenn sie die Voraussetzungen nach § 2 erfüllt.
(2) Die Anerkennung als Prüf-, Überwachungs- oder Zertifizierungsstelle (PÜZ-Stelle) erfolgt für einzelne Bauprodukte. Eine PÜZ-Stelle kann für mehrere Bauprodukte anerkannt werden.
(3) Eine PÜZ-Stelle kann zugleich als Prüf-, Überwachungs- und Zertifizierungsstelle, auch für das gleiche Bauprodukt, anerkannt werden, wenn sie die jeweiligen Anerkennungsvoraussetzungen erfüllt.
(4) Die Anerkennung kann befristet werden. Die Frist soll höchstens fünf Jahre betragen. Die Anerkennung kann auf Antrag verlängert werden; § 72 Abs. 2 Satz 2 SächsBO gilt entsprechend.
§ 2
Anerkennungsvoraussetzungen
(1) Die PÜZ-Stelle muß über eine ausreichende Zahl an Beschäftigten mit der für die Erfüllung ihrer Aufgaben notwendigen Ausbildung und beruflichen Erfahrung verfügen und einen Leiter haben, dem die Aufsicht über alle Beschäftigten obliegt. Der Leiter muß ein für den Tätigkeitsbereich der PÜZ-Stelle geeignetes technisches oder naturwissenschaftliches Studium an einer Fachhochschule oder Universität/Technischen Hochschule abgeschlossen haben und
- 1.
- für Prüfstellen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 eine mindestens fünfjährige Berufserfahrung im Bereich der Prüfung, Überwachung oder Zertifizierung von Bauprodukten,
- 2.
- für Prüfstellen nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 eine mindestens dreijährige Berufserfahrung im Bereich der Prüfung von Bauprodukten,
- 3.
- für Zertifizierungsstellen nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 eine insgesamt mindestens dreijährige Berufserfahrung im Bereich der Prüfung, Überwachung oder Zertifizierung von Bauprodukten oder vergleichbaren Tätigkeiten,
- 4.
- für die Überwachungsstellen nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 und 5 eine mindestens dreijährige Berufserfahrung im Bereich der Überwachung von Bauprodukten
nachweisen. Der Leiter einer Prüfstelle muß diese Aufgabe hauptberuflich ausüben. Satz 3 gilt nicht, wenn ein hauptberuflicher Stellvertreter, der die für den Leiter maßgebenden Anforderungen erfüllt, bestellt ist. Für Prüfstellen kann ein hauptberuflicher Stellvertreter des Leiters, der die für den Leiter maßgebenden Anforderungen zu erfüllen hat, verlangt werden, wenn dies nach Art und Umfang der Tätigkeiten erforderlich ist. Ist der Leiter nach Satz 5 nicht hauptberuflich tätig, kann ein zweiter hauptberuflicher Stellvertreter verlangt werden.
(2) Der Leiter der PÜZ-Stelle
- 1.
- darf zum Zeitpunkt der Antragstellung das 65. Lebensjahr nicht vollendet haben,
- 2.
- darf die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter nicht verloren haben,
- 3.
- darf durch gerichtliche Anordnung nicht in der Verfügung über sein Vermögen beschränkt sein,
- 4.
- muß die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen,
- 5.
- muß die Gewähr dafür bieten, daß er neben seinen Leitungsaufgaben andere Tätigkeiten nur in solchem Umfang ausüben wird, daß die ordnungsgemäße Erfüllung seiner Pflichten als Leiter gewährleistet ist.
(3) Die PÜZ-Stelle muß ferner verfügen über
- 1.
- die erforderlichen Räumlichkeiten und die erforderliche technische Ausstattung,
- 2.
- schriftliche Anweisungen für die Durchführung ihrer Aufgaben und für die Benutzung und Wartung der erforderlichen Prüfvorrichtungen,
- 3.
- ein System zur Aufzeichnung und Dokumentation ihrer Tätigkeit.
(4) Die PÜZ-Stelle muß die Gewähr dafür bieten, daß sie, insbesondere der Leiter und sein Stellvertreter, unparteiisch ist.
(5) Die Überwachungsgemeinschaft als PÜZ-Stelle hat für ihren jeweiligen Anerkennungsbereich einen Fachausschuß einzurichten. Er unterstützt den Leiter der PÜZ-Stelle in allen Prüf-, Überwachungs- oder Zertifizierungsvorgängen, insbesondere bei der Bewertung der Prüf-, Überwachungs- und Zertifizierungsergebnisse, und spricht hierfür Empfehlungen aus. Dem Fachausschuß müssen mindestens drei Produkthersteller sowie der Leiter der PÜZ-Stelle angehören. Die Anerkennungsbehörde kann die Berufung weiterer von Produktherstellern unabhängiger Personen verlangen.
(6) Die Stelle nach § 1 Abs. 1 Nr. 1, 2, 4 und 5 darf Unteraufträge für bestimmte Aufgaben nur an gleichfalls dafür anerkannte PÜZ-Stellen oder an solche Stellen, die in das Anerkennungsverfahren einbezogen waren, erteilen.
§ 3
Antrag und Antragsunterlagen
(1) Die Anerkennung ist schriftlich bei der Anerkennungsbehörde zu beantragen. Anerkennungsbehörde ist die oberste Bauaufsichtsbehörde oder die von ihr bestimmte Behörde.
(2) Mit der Antragstellung sind folgende Unterlagen einzureichen:
- 1.
- die Angabe, auf welche Tätigkeit im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 sich die Anerkennung beziehen soll,
- 2.
- Angaben zum Bauprodukt, für das eine Anerkennung beantragt wird; dabei kann auf nach der SächsBO bekanntgemachte technische Regeln Bezug genommen werden,
- 3.
- Angaben zur Person und Qualifikation des Leiters und seines Stellvertreters, zum leitenden und sachbearbeitenden Personal und zu dessen Berufserfahrung,
- 4.
- Angaben über wirtschaftliche und rechtliche Verbindungen der PÜZ-Stelle, ihres Leiters und der bei ihr Beschäftigten zu einzelnen Herstellern,
- 5.
- Angaben zu den Räumlichkeiten und zur technischen Ausstattung der PÜZ-Stelle,
- 6.
- die Angabe des Geburtsdatums des Leiters,
- 7.
- Angaben zu Unterauftragnehmern.
(3) Die Anerkennungsbehörde kann Gutachten über die Erfüllung einzelner Anerkennungsvoraussetzungen einholen.
§ 4
Allgemeine Pflichten der PÜZ-Stellen
Die PÜZ-Stellen müssen
- 1.
- im Rahmen ihrer Anerkennung und Kapazitäten von allen Herstellern der Bauprodukte in Anspruch genommen werden können,
- 2.
- die Vertraulichkeit auf allen ihren Organisationsebenen sicherstellen,
- 3.
- der Anerkennungsbehörde auf Verlangen Gelegenheit zur Überprüfung geben,
- 4.
- regelmäßig an einem von der Anerkennungsbehörde vorgeschriebenen Erfahrungsaustausch der für das Bauprodukt anerkannten PÜZ-Stellen teilnehmen,
- 5.
- ihr technisches Personal hinsichtlich neuer Entwicklungen im Bereich der Anerkennung fortbilden und die technische Ausstattung warten und so erneuern und ergänzen, daß die Anerkennungsvoraussetzungen während des gesamten Anerkennungszeitraumes erfüllt sind,
- 6.
- Aufzeichnungen über die einschlägigen Qualifikationen, die Fortbildung und die berufliche Erfahrung ihrer Beschäftigten führen und fortschreiben,
- 7.
- Anweisungen erstellen und fortschreiben, aus denen sich die Pflichten und Verantwortlichkeiten der Beschäftigten ergeben,
- 8.
- die Erfüllung der Pflichten nach den Nummern 4 bis 7 sowie nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 und 3 zusammenfassend dokumentieren und dem Personal zugänglich machen und
- 9.
- einen Wechsel des Leiters oder seines Stellvertreters sowie wesentliche Änderungen in der gerätetechnischen Ausrüstung der Anerkennungsbehörde unverzüglich anzeigen.
§ 5
Besondere Pflichten der PÜZ-Stellen
(1) Prüfstellen und Überwachungsstellen dürfen nur Prüfgeräte verwenden, die nach allgemein anerkannten Regeln der Technik geprüft sind; sie müssen sich hierzu an den von der Anerkennungsbehörde geforderten Vergleichsuntersuchungen beteiligen.
(2) Die PÜZ-Stellen haben Berichte über ihre Prüf-, Überwachungs- und Zertifizierungstätigkeiten anzufertigen und zu dokumentieren. Die Berichte müssen mindestens Angaben zum Gegenstand, zum beteiligten Personal, zu den angewandten Verfahren entsprechend den technischen Anforderungen, zu den Ergebnissen und zum Herstellwerk enthalten. Die Berichte haben ferner Angaben zum Prüfdatum, zum Zertifizierungsdatum oder zum Überwachungszeitraum zu enthalten.
Die Berichte sind vom Leiter der PÜZ-Stelle zu unterzeichnen. Sie sind fünf Jahre aufzubewahren und der Anerkennungsbehörde oder der von ihr bestimmten Stelle auf Verlangen vorzulegen.
§ 6
Erlöschen und Widerruf der Anerkennung
(1) Die Anerkennung erlischt
- 1.
- durch schriftlichen Verzicht gegenüber der anerkennenden Behörde,
- 2.
- durch Fristablauf oder
- 3.
- wenn der Leiter das 68. Lebensjahr vollendet hat.
(2) Die Anerkennung ist zu widerrufen, wenn
- 1.
- nachträgliche Gründe eintreten, die eine Versagung der Anerkennung gerechtfertigt hätten,
- 2.
- der Leiter infolge geistiger oder körperlicher Gebrechen nicht mehr in der Lage ist, seine Tätigkeit ordnungsgemäß auszuüben oder
- 3.
- die Stelle gegen die ihr obliegenden Pflichten wiederholt oder grob verstoßen hat.
Liegen bei einer Person, Stelle oder Überwachungsgemeinschaft die Widerrufsgründe nach Satz 1 hinsichtlich des Leiters vor, kann von einem Widerruf der Anerkennung abgesehen werden, wenn innerhalb von sechs Monaten nach Eintreten der Widerrufsgründe ein Wechsel des Leiters stattgefunden hat.
(3) Die Anerkennung kann widerrufen werden, wenn
- 1.
- die anerkannte PÜZ-Stelle ihre Tätigkeit zwei Jahre nicht ausgeübt hat oder
- 2.
- die anerkannte PÜZ-Stelle nicht regelmäßig an dem Erfahrungsaustausch gemäß § 4 Satz 1 Nr. 4 teilnimmt oder sich nicht an den Vergleichsuntersuchungen gemäß § 5 Abs. 1 beteiligt.
§ 7
Übergangsvorschrift
Personen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung Leiter einer nach bisherigem Recht anerkannten Prüfstelle oder Überwachungsgemeinschaft sind, sind für die entsprechenden Bauprodukte von der Forderung des § 2 Abs. 1 Satz 2 befreit.
§ 8
Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt am Tage nach ihrer Verkündung in Kraft.
Dresden, den 24. April 1996
Der Staatsminister des Innern
Klaus Hardraht