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REVOSax - Recht und Vorschriftenverwaltung Sachsen

Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs des Freistaates Sachsen

Vollzitat: Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs des Freistaates Sachsen vom 25. Januar 2024 (SächsGVBl. S. 277)

Entscheidung
des Verfassungsgerichtshofs des Freistaates Sachsen

Aus dem Urteil des Verfassungsgerichtshofs des Freistaates Sachsen – Vf. 91-II-19 – vom 25. Januar 2024 in dem Verfahren zur verfassungsrechtlichen Prüfung einzelner Vorschriften des Sächsischen Polizeivollzugsdienstgesetzes, des Sächsischen Polizeibehördengesetzes und des Sächsischen Datenschutz-Umsetzungsgesetzes wird gemäß § 14 Absatz 3 des Sächsischen Verfassungsgerichtshofsgesetzes vom 18. Februar 1993 (SächsGVBl. S. 177, 495), das zuletzt durch Artikel 11 des Gesetzes vom 6. Juli 2023 (SächsGVBl. S. 467) geändert worden ist, nachfolgend der Entscheidungssatz veröffentlicht:

1.
§ 63 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3, § 64 Absatz 1, § 66 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 und 3, § 67 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 Satz 1 sowie § 68 Absatz 1 des Gesetzes über die Aufgaben, Befugnisse, Datenverarbeitung und Organisation des Polizeivollzugsdienstes im Freistaat Sachsen (Sächsisches Polizeivollzugsdienstgesetz – SächsPVDG) in der Fassung des Gesetzes zur Neustrukturierung des Polizeirechtes des Freistaates Sachsen vom 11. Mai 2019 (SächsGVBl. S. 358) verstoßen gegen Artikel 27 Absatz 1 und Artikel 33 SächsVerf und sind nicht mit der Sächsischen Verfassung vereinbar, soweit die in den Vorschriften in Bezug genommenen Straftatbestände Vorbereitungshandlungen und bloße Rechtsgutsgefährdungen erfassen. Im Übrigen sind die Vorschriften mit der Sächsischen Verfassung vereinbar.
2.
§ 74 Absatz 3 Satz 1 Nummer 3 SächsPVDG verstößt gegen Artikel 38 Satz 1 SächsVerf sowie gegen die von der Datenerhebung betroffenen Grundrechte und ist nicht mit der Sächsischen Verfassung vereinbar, soweit die weitere Verwendung des Verdeckten Ermittlers und der V-Person zur Verhinderung von strafbaren Vorbereitungshandlungen und bloßen Rechtsgutsgefährdungen erfolgt. Im Übrigen ist die Vorschrift mit der Sächsischen Verfassung vereinbar.
3.
§ 60 Absatz 2 Nummer 1 und 2 sowie Absatz 3 Nummer 1 und 2 SächsPVDG verstößt gegen Artikel 33 SächsVerf und ist nicht mit der Sächsischen Verfassung vereinbar, soweit die in der Vorschrift in Bezug genommenen Straftatbestände Vorbereitungshandlungen und bloße Rechtsgutsgefährdungen erfassen. Im Übrigen ist die Vorschrift mit der Sächsischen Verfassung vereinbar.
4.
§ 15 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 und 7, § 87 Absatz 1 Satz 3 in Verbindung mit § 15 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 und 7 sowie § 58 Absatz 1 Nummer 4 und Absatz 3 Satz 5 Alternative 2 SächsPVDG sind mit der Sächsischen Verfassung vereinbar.
5.
§ 30 Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 2 des Gesetzes über die Aufgaben, Organisation, Befugnisse und Datenverarbeitung der Polizeibehörden im Freistaat Sachsen (Sächsisches Polizeibehördengesetz – SächsPBG) in der Fassung des Gesetzes zur Neustrukturierung des Polizeirechtes des Freistaates Sachsen vom 11. Mai 2019 (SächsGVBl. S. 358) ist mit der Sächsischen Verfassung vereinbar. § 30 Absatz 1 Nummer 2 SächsPBG verstößt gegen Artikel 33 SächsVerf und ist nicht mit der Sächsischen Verfassung vereinbar.
6.
§ 80 Absatz 1 in Verbindung mit § 79 SächsPVDG ist mit der Sächsischen Verfassung vereinbar. § 80 Absatz 2 SächsPVDG verstößt gegen Artikel 27 Absatz 1 und Artikel 33 SächsVerf und ist nicht mit der Sächsischen Verfassung vereinbar.
7.
§ 17 Absatz 4 des Sächsischen Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 (Sächsisches Datenschutz-Umsetzungsgesetz – SächsDSUG) in der Fassung des Gesetzes zur Neustrukturierung des Polizeirechtes des Freistaates Sachsen vom 11. Mai 2019 (SächsGVBl. S. 358) ist mit der Sächsischen Verfassung vereinbar.
8.
§ 21 Absatz 2 Alternative 1 SächsPVDG (Aufenthaltsgebot) verstößt gegen Artikel 16 Absatz 1 Satz 2 SächsVerf, § 21 Absatz 2 Alternative 2 SächsPVDG (Aufenthaltsverbot) gegen Artikel 15 SächsVerf und § 21 Absatz 3 SächsPVDG gegen Artikel 15 in Verbindung mit Artikel 14 Absatz 1 Satz 1 SächsVerf. Diese Vorschriften sind nicht mit der Sächsischen Verfassung vereinbar, soweit die in ihnen in Bezug genommenen Straftatbestände Vorbereitungshandlungen und bloße Rechtsgutsgefährdungen erfassen.
9.
§ 61 Absatz 1 und 2 sowie Absatz 3 Satz 1 Alternative 1 und Satz 7 Nummer 1 SächsPVDG verstößt gegen Artikel 15 in Verbindung mit Artikel 14 Absatz 1 Satz 1 und Artikel 33 SächsVerf und ist nicht mit der Sächsischen Verfassung vereinbar, soweit die in der Vorschrift in Bezug genommenen Straftatbestände Vorbereitungshandlungen und bloße Rechtsgutsgefährdungen erfassen.
10.
§ 40 Absatz 4 Satz 3 und § 46 SächsPVDG sind mit der Sächsischen Verfassung vereinbar.

[…]

12.
Bis zu einer Neuregelung, längstens jedoch bis zum 30. Juni 2026, gelten die für mit der Sächsischen Verfassung für unvereinbar erklärten Vorschriften mit den folgenden Maßgaben fort:
§ 63 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3, § 64 Absatz 1, § 66 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 und 3, § 67 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 Satz 1 sowie § 68 Absatz 1 SächsPVDG dürfen nur dann zur Verhinderung der Verwirklichung von Straftatbeständen, die Vorbereitungshandlungen oder bloße Rechtsgutsgefährdungen erfassen, angewendet werden, wenn ein bedeutendes Rechtsgut im Sinne der jeweiligen Vorschrift zumindest konkretisiert gefährdet ist.
Die Benachrichtigung darf nach § 74 Absatz 3 Satz 1 Nummer 3 SächsPVDG nur dann zur Verhinderung der Verwirklichung von Straftatbeständen, die Vorbereitungshandlungen oder bloße Rechtsgutsgefährdungen erfassen, zurückgestellt werden, wenn zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Zurückstellung ein bedeutendes Rechtsgut im Sinne von § 64 Absatz 1 in Verbindung mit § 63 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 SächsPVDG zumindest konkretisiert gefährdet ist.
§ 60 Absatz 2 Nummer 1 und 2 sowie Absatz 3 Nummer 1 und 2 SächsPVDG darf nur dann zur Verhinderung der Verwirklichung von Straftatbeständen, die Vorbereitungshandlungen oder bloße Rechtsgutsgefährdungen erfassen, angewendet werden, wenn ein bedeutendes Rechtsgut im Sinne der Vorschrift zumindest konkretisiert gefährdet ist.
Die Datenerhebung nach § 30 Absatz 1 Nummer 2 SächsPBG darf nur an oder in Objekten im Sinne des § 15 Absatz 1 Nummer 3 SächsPVDG oder in deren unmittelbaren Nähe vorgenommen werden, soweit Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dort künftig Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten begangen werden, durch die Personen, Sach- oder Vermögenswerte gefährdet werden.
Die Weiterverarbeitung personenbezogener Daten nach § 80 Absatz 2 SächsPVDG darf nur nach Maßgabe des § 79 Absatz 2 bis 5 SächsPVDG erfolgen.
§ 21 Absatz 2 und 3 sowie § 61 Absatz 1, Absatz 2 und Absatz 3 Satz 1 Alternative 1 und Satz 7 Nummer 1 SächsPVDG dürfen nur dann zur Verhinderung der Verwirklichung von Straftatbeständen, die Vorbereitungshandlungen oder bloße Rechtsgutsgefährdungen erfassen, angewendet werden, wenn ein bedeutendes Rechtsgut im Sinne der jeweiligen Vorschrift zumindest konkretisiert gefährdet ist.
Der vorstehende Entscheidungssatz hat gemäß § 14 Absatz 2 Satz 1 des Sächsischen Verfassungsgerichtshofsgesetzes Gesetzeskraft.

Dresden, den 6. Februar 2024

Die Staatsministerin der Justiz und für Demokratie, Europa und Gleichstellung
Katja Meier

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Verweis auf Bundesgesetze

    Fundstelle und systematische Gliederungsnummer

    SächsGVBl. 2024 Nr. 3, S. 277
    Fsn-Nr.: 22

    Gültigkeitszeitraum

    Fassung gültig ab: 25. Januar 2024