Verwaltungsvorschrift
des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz
über den Einsatz von Datenverarbeitungsverfahren im Büro des Gerichtsvollziehers
(VwV DVGV)
Vom 6. März 1996
Erster Teil
Zustimmungsverfahren
- 1.
- Allgemeines
Über die Einführung von Datenverarbeitungsverfahren in seinem Büro entscheidet der Gerichtsvollzieher in eigener Verantwortung; sie darf die ordnungsgemäße Abwicklung der Geschäfte nicht beeinträchtigen.
- 2.
- Anzeige der Verfahrenseinführung
Der Gerichtsvollzieher zeigt unter Angabe des Einsatzbeginns und der zu verwendenden Datenverarbeitungsgeräte und Programme einschließlich etwaiger Programmversionen die geplante Verfahrenseinführung auf dem Dienstweg dem Präsidenten des Oberlandesgerichts an.
- 3.
- Zustimmung
- a)
- Soweit ein Datenverarbeitungssystem im Freistaat Sachsen erstmals eingesetzt werden soll, ist die Zustimmung des Staatsministeriums der Justiz herbeizuführen.
- b)
- Der Einsatz geänderter Programmversionen ist dem Präsidenten des Oberlandesgerichts anzuzeigen. Programmänderungen, durch die Funktionen des Verfahrens geändert werden, bedürfen zum erstmaligen Einsatz im Freistaat Sachsen der Zustimmung des Staatsministeriums der Justiz.
- 4.
- Anzeige der Verfahrensbeendigung
Der Gerichtsvollzieher teilt dem Präsidenten des Oberlandesgerichts auch mit, wenn er zur herkömmlichen Bearbeitungsweise zurückkehren will.
Zweiter Teil
Führung der Geschäftsbücher,
Vordruckverwendung
- 5.
- Grundsatz
Die Anwendungsprogramme müssen der Gerichtsvollzieherordnung (GVO), der Geschäftsanweisung für Gerichtsvollzieher (GVGA) und den dazu erlassenen Ergänzungsvorschriften entsprechen, soweit nicht nachfolgend Ausnahmen zugelassen sind.
- 6.
- Ausnahmen
- a)
- Abweichend von den Bestimmungen der §§ 63, 64, 65, 69 in Verbindung mit § 107 GVO sowie von § 8 der Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz zur Ergänzung der Gerichtsvollzieherordnung (ErgGVO) vom 8. Dezember 1994 (SächsJMBl. S. 136) können die Geschäftsbücher mit Hilfe von Datenverarbeitungsausdrucken in Loseblattform geführt werden. Buchungen im Dienstregister und in den Kassenbüchern I und II sind jeweils noch vor Abschluß des Buchungsprogrammes täglich auszudrucken. Es ist nicht zulässig, Buchungen zu speichern und erst zu einem späteren Zeitpunkt auszudrucken.
- b)
- Die Ausdrucke der Geschäftsbücher müssen inhaltlich den vorgeschriebenen Mustern entsprechen. Im übrigen dürfen Abweichungen die Übersichtlichkeit nicht beeinträchtigen.
- c)
- Das Namenverzeichnis (§ 62 Nr. 1 c, § 66 GVO) kann unter Einsatz des Datenverarbeitungssystems geführt werden. In diesem Fall ist der Gerichtsvollzieher verpflichtet, das Namenverzeichnis auf Verlangen der Dienstaufsicht oder des örtlichen Prüfungsbeamten in dem geforderten Umfang sowie am Ende eines Geschäftsjahres vollständig auszudrucken.
- 7.
- Kassenbücher
- a)
- Die Kassenbücher I und II sind für die vorgeschriebenen Zeitabschnitte in Loseblattform zu führen und entsprechend abzuschließen. Die Speicherung der Daten ohne Papierausdruck ist unzulässig. Nach jeder abgeschlossenen Buchung dürfen Änderungen des Datenbestandes bezüglich der Eintragungen in den Spalten 1, 2 und 4 des Kassenbuches I sowie in den Spalten 1 bis 13 des Kassenbuches II nicht mehr möglich sein. Für das Kassenbuch II ist sicherzustellen, daß eine Buchung nur dann abgeschlossen werden kann, wenn der eingezahlte Betrag (Spalte 4) mit der Summe der in den Spalten 5 bis 11 eingestellten Beträge übereinstimmt. Die Ausdrucke für das Kassenbuch I müssen die Einzahlungen und Verwendungen chronologisch und nachvollziehbar wiedergeben.
- b)
- Die Einzelausdrucke für die Kassenbücher I und II sind möglichst in verschiedenen Ordnern in zeitlicher Reihenfolge abzulegen. Hat das Kassenbuch I nur einen geringen Umfang, können die Einzelausdrucke der Kassenbücher I und II in einem einheitlichen Ordner mit einem besonderen Trennblatt abgelegt werden. Ausdrucke für das Kassenbuch I, die durch spätere, auf Verwendungsbuchungen zurückzuführende Ausdrucke überholt sind, brauchen nicht aufbewahrt zu werden. Beim Kassenbuch I sind Prüfungsvermerke auf einem Vorblatt anzubringen. Nach Abschluß der Kassenbücher sind die Ausdrucke in einem Ordner oder in sonstiger Weise geheftet aufzubewahren; dabei ist das Kassenbuch II einschließlich der Schlußzusammenstellung aufzubewahren. Eine Verbindung der Einzelausdrucke mit Schnur und Siegel gemäß § 63 Nr. 2 Satz 1 GVO ist nicht erforderlich.
- c)
- Die Bescheinigung nach § 63 Nr. 2 Satz 2 GVO entfällt.
- d)
- Die Richtigkeit der Schlußzusammenstellung ist gemäß § 77 Nr. 2 GVO vom Geschäftsleiter des Amtsgerichts oder dem hierfür bestellten Beamten zu überprüfen und zu bescheinigen.
- 8.
- Vordrucke
Soweit die Benutzung amtlich festgestellter Vordrucke vorgeschrieben ist, sind sie auch im automatisierten Verfahren zu verwenden. Dabei sind geringfügige Abweichungen in der Gestaltung der Vordrucke, die durch technische Gegebenheiten bedingt sind, zulässig. Das gilt auch, soweit die Vordrucke im automatisierten Verfahren lediglich die den Empfänger individuell betreffenden Textteile der amtlich festgestellten Vordrucke enthalten.
- 9.
- Überweisungsnachweis
Auf den bei Benutzung von Scheck- und Überweisungsheften notwendigen Nachweis (§ 73 Nr. 11 GVO) kann verzichtet werden, wenn er auf andere Art durch das angewendete Programm ersetzt wird, zum Beispiel durch eine Überweisungsliste.
- 10.
- Kennzeichnung abzusetzender Beträge
In Geschäftsbüchern sind in Geldspalten abzusetzende Beträge durch ein Minuszeichen zu kennzeichnen.
- 11.
- Ausschluß von Manipulationsmöglichkeiten
Jeder Ausdruck für die Geschäftsbücher muß mit einer vom Programm generierten, verfahrensspezifischen Kennzeichnung versehen sein. Dienstregister- und Kassenbuchnummern, Seitenzahlen des Dienstregisters und der Kassenbücher I und II, die Nummern der Überweisungen sowie die Überträge der Spaltensummen müssen vom Datenverarbeitungsverfahren ebenfalls so verwaltet werden, daß sie nicht geändert werden können.
- 12.
- Einsatzbeginn des Datenverarbeitungsverfahrens
Mit dem Einsatz des Datenverarbeitungsverfahrens darf nur zum 1. eines Quartals begonnen werden. Dies gilt entsprechend, wenn der Gerichtsvollzieher wieder zur herkömmlichen Verfahrensweise zurückkehren oder ein anderes Datenverarbeitungsverfahren einsetzen will. Geschäftsbücher, die für einen längeren Zeitraum als für ein Vierteljahr zu führen sind, etwa das Dienstregister und das Kassenbuch I, sind abzuschließen, sobald ein Datenverarbeitungsverfahren eingeführt wird.
- 13.
- Sammelüberweisungen
Abweichend von § 73 Nr. 10 Satz 1 GVO können die über ein Datenverarbeitungssystem veranlaßten Überweisungen in Form einer Sammelüberweisung ausgeführt werden, sofern die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:
- a)
- Für jeden einzelnen Überweisungsauftrag ist von dem Datenverarbeitungssystem ein Überweisungsträger mit Durchschrift zu fertigen, der alle für die Überweisung erforderlichen Daten enthält. Die Durchschrift ist zu den Sonderakten des Gerichtsvollziehers zu nehmen. Werden Sonderakten nicht geführt, so ist die Durchschrift dem veranlassenden Schriftstück beizufügen.
- b)
- Nach Fertigung der Überweisungsträger ist vom Datenverarbeitungssystem eine Sammelliste mit den Daten der einzelnen Überweisungen in dreifacher Ausfertigung zu erstellen und auszudrucken. Die Sammellisten sind von dem System fortlaufend zu numerieren. Der Gerichtsvollzieher nimmt eine Ausfertigung der Sammelliste zu den Sammelakten. Sie dient, solange die Überweisung noch nicht ausgeführt ist, dem Nachweis der noch nicht abgebuchten Aufträge.
- c)
- Die Überweisungsträger und zwei Ausfertigungen der Sammelliste sind mit dem Überweisungsauftrag dem Kreditinstitut mit der Auflage zu übersenden, mit dem Dienstkontoauszug eine Ausfertigung der Sammelliste zurückzugeben und hierauf die Ausführung der einzelnen Überweisungen zu bescheinigen. Diese quittierte Ausfertigung der Sammelliste ist als Anlage zum Kontoauszug durch den Gerichtsvollzieher abzuheften.
- d)
- Auf der Durchschrift des Überweisungsträgers (Buchstabe a) und auf der bei den Sammelakten befindlichen Ausfertigung der Sammelliste der Überweisungen hat der Gerichtsvollzieher nachträglich das Datum und die Nummer des Dienstkontoauszugs, auf dem die Abbuchung nachgewiesen ist, zu vermerken.
- e)
- Sammelüberweisungen können auch ohne Überweisungsträger durch Datenträgeraustausch gemäß den Voraussetzungen der Buchstaben a bis d mit der Maßgabe ausgeführt werden, daß vom Datenverarbeitungssystem für jede einzelne Überweisung anstelle eines Überweisungsträgers mit Durchschrift ein Überweisungsbeleg zu fertigen ist, der die Daten der Überweisung enthält. Für diesen Überweisungsbeleg gelten die Regelungen zur Durchschrift des Überweisungsträgers entsprechend.
Dritter Teil
Allgemeine Abwicklung
- 14.
- Datensicherung
Für den Ausdruck der Geschäftsbücher sind dokumentenechte Druckmittel zu verwenden. Der Gerichtsvollzieher hat regelmäßig alle extern gespeicherten Daten, zum Beispiel Daten auf Diskette, Platten, durch Überspielen auf einen anderen maschinenlesbaren Datenträger, etwa auf Disketten oder Bänder, zu sichern.
- 15.
- Programmpflege
Stellt der Gerichtsvollzieher Programmfehler fest, so veranlaßt er unverzüglich ihre Berichtigung durch den Programmhersteller. Die Mängel und die getroffenen Maßnahmen sind unverzüglich dem Präsidenten des Oberlandesgerichts Dresden mitzuteilen, der, falls erforderlich, die anderen Programmanwender unterrichtet. Bei Änderungen der Dienstvorschriften oder bei Einführung und Änderung amtlicher Vordrucke hat der Gerichtsvollzieher rechtzeitig eine entsprechende Programmänderung zu veranlassen.
- 16.
- Geschäftsprüfung
Bei der Geschäftsprüfung ist auf die ordnungsgemäße Verwendung von Datenverarbeitungsausdrucken, auf die eingesetzten Programmversionen und auf die Einhaltung der einschlägigen datenschutzrechtlichen Bestimmungen zu achten. Auf dem Dienstweg ist dem Staatsministerium der Justiz zu berichten, wenn festgestellt wird, daß in den Datenverarbeitungsverfahren von Dienstvorschriften abgewichen wird. Bei festgestellten Verstößen kann die Benutzung von Datenverarbeitungsverfahren untersagt werden.
Vierter Teil
Datenschutz und Beschaffungshinweise
- 17.
- Beachtung datenschutzrechtlicher Bestimmungen
Der Gerichtsvollzieher hat beim Einsatz des Datenverarbeitungsverfahrens für die Einhaltung der einschlägigen datenschutzrechtlichen Bestimmungen zu sorgen. Auf das Gesetz zum Schutz der informationellen Selbstbestimmung im Freistaat Sachsen (Sächsisches Datenschutzgesetz – SächsDSG) vom 11. Dezember 1991 (SächsGVBl. S. 401), insbesondere auf § 9, wird verwiesen.
- 18.
- Empfehlungen zur Beschaffung des Datenverarbeitungssystems
Der Programmhersteller sollte vertraglich verpflichtet werden, bei Änderung der Dienstvorschriften oder bei Einführung und Änderung amtlicher Vordrucke umgehend die erforderlichen Programmänderungen vorzunehmen und bereitzustellen. Ferner sollten vertragliche Vereinbarungen zur regelmäßigen Wartung und Behebung von Störungen der Datenverarbeitungsanlage sowie zur Pflege der Programme getroffen werden.
Fünfter Teil
Inkrafttreten, Außerkrafttreten
Diese Verwaltungsvorschrift tritt am 1. April 1996 in Kraft.
Gleichzeitig werden die mit Justizministerialschreiben vom 28. September 1992, geändert durch Justizministerialschreiben vom 3. Januar 1994, getroffenen Regelungen aufgehoben.
Dresden, den 6. März 1996
Der Staatsminister der Justiz
Steffen Heitmann