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REVOSax - Recht und Vorschriftenverwaltung Sachsen

Historische Fassung war gültig vom 01.06.2018 bis 30.09.2020

Organisationsstatut der Staatsanwaltschaften

Vollzitat: Organisationsstatut der Staatsanwaltschaften vom 12. Januar 1998 (SächsJMBl. S. 18), die zuletzt durch die Verwaltungsvorschrift vom 8. September 2020 (SächsJMBl. S. 87) geändert worden ist, zuletzt enthalten in der Verwaltungsvorschrift vom 9. Dezember 2021 (SächsABl. SDr. S. S 199)

Verwaltungsvorschrift
des Sächsischen Staatsministeriums
der Justiz und für Europa
über die Organisation und den Dienstbetrieb der Staatsanwaltschaften
(Organisationsstatut der Staatsanwaltschaften – VwVOrgStA)

Vom 12. Januar 1998

[zuletzt geändert durch VwV vom 14. Mai 2018 (SächsJMBl. S. 85)
mit Wirkung vom 1. Juni 2018]

I. Abschnitt
Bezeichnung und Gliederung der Staatsanwaltschaften

1.
Sitz und Bezeichnung

(1) Die am Sitz des Oberlandesgerichts bestehende Staatsanwaltschaft führt die Bezeichnung „Generalstaatsanwaltschaft Dresden“. Die am Sitz der Landgerichte bestehenden Staatsanwaltschaften führen die Bezeichnung „Staatsanwaltschaft ... (Ortsbezeichnung)“. Zweigstellen führen die Bezeichnung der übergeordneten Staatsanwaltschaft mit dem Zusatz „Zweigstelle ... (Ortsbezeichnung)“.

(2) Es sind folgende Zweigstellen errichtet:

1.
bei der Staatsanwaltschaft Dresden
 
a)
die Zweigstelle Meißen für die Bezirke der Amtsgerichte Meißen und Riesa,
 
b)
die Zweigstelle Pirna für die Bezirke der Amtsgerichte Dippoldiswalde und Pirna,
2.
bei der Staatsanwaltschaft Görlitz
die Zweigstelle Bautzen für die Bezirke der Amtsgerichte Bautzen, Kamenz und Hoyerswerda,
3.
bei der Staatsanwaltschaft Leipzig
 
a)
die Zweigstelle Grimma für die Bezirke der Amtsgerichte Borna und Grimma,
 
b)
die Zweigstelle Torgau für die Bezirke der Amtsgerichte Eilenburg und Torgau,
4.
bei der Staatsanwaltschaft Zwickau
die Zweigstelle Plauen für die Bezirke der Amtsgerichte Auerbach und Plauen.
2.
Bedienstete der Staatsanwaltschaft

(1) Die Aufgaben der Staatsanwaltschaft werden durch Staatsanwälte und Amtsanwälte wahrgenommen. Soweit der Richter bei dem Amtsgericht als Strafrichter entscheidet, können die Aufgaben des Staatsanwalts oder des Amtsanwalts, sofern Belange der Ausbildung nicht entgegenstehen, geeigneten Rechtsreferendaren übertragen werden. Zur Wahrnehmung von Aufgaben des Staatsanwalts oder des Amtsanwalts, die eine besondere Sachkunde erfordern, können der Staatsanwaltschaft sonstige Kräfte zugewiesen werden.

(2) Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden wird vom Generalstaatsanwalt des Freistaates Sachsen geleitet. Die Staatsanwaltschaften werden jeweils von einem Leitenden Oberstaatsanwalt geleitet; er führt die Bezeichnung „Leitender Oberstaatsanwalt ... (Ortsbezeichnung)“.

3.
Abteilungen

(1) Bei den Staatsanwaltschaften werden mit Zustimmung des Staatsministeriums der Justiz Abteilungen und nach Bedarf Unterabteilungen gebildet.

(2) Die Abteilungen werden von den Abteilungsleitern geleitet, die Unterabteilungen von Unterabteilungsleitern, soweit die Leitung nicht dem Abteilungsleiter vorbehalten ist.

II. Abschnitt
Aufsicht und Leitung

4.
Aufgaben des Behördenleiters

(1) Im Rahmen seiner Dienstaufsicht sorgt der Behördenleiter für eine zeit- und sachgerechte, einheitliche Behandlung der Geschäfte. Er hält in angemessenen Zeitabständen Dienstbesprechungen mit den Abteilungsleitern ab und nimmt Geschäftsprüfungen vor.

(2) Der Behördenleiter sorgt dafür, dass er über alle bedeutsamen Angelegenheiten, insbesondere über solche, in denen eine Berichtspflicht besteht, unterrichtet wird, und dass in diesen Sachen wichtige Maßnahmen nicht ohne seine Kenntnis getroffen werden.

(3) Justizverwaltungssachen, insbesondere Dienstaufsichtssachen, bearbeitet der Behördenleiter. Er kann Angehörige seiner Behörde zur Mitarbeit heranziehen und ihnen einzelne Geschäfte zur selbständigen Erledigung übertragen.

5.
Besondere Aufgaben des Generalstaatsanwalts

(1) Der Generalstaatsanwalt übt die Dienstaufsicht über die Staatsanwaltschaften aus.

(2) Der Generalstaatsanwalt prüft die Geschäfte der Staatsanwaltschaften und ihrer Zweigstellen. Er führt regelmäßige Dienstbesprechungen mit den Leitenden Oberstaatsanwälten durch.

6.
Aufgaben des Abteilungsleiters

(1) Der Abteilungsleiter nimmt innerhalb seiner Abteilung die in Nummer 4 Absatz 1 und 2 bezeichneten Aufgaben wahr. Er unterrichtet den Behördenleiter über alle wichtigen Vorgänge in seiner Abteilung.

(2) Absatz 1 gilt entsprechend für die Aufgaben der Unterabteilungsleiter und die Unterrichtung des Abteilungsleiters.

(3) Der Abteilungsleiter soll auch Einzelverfahren bearbeiten, soweit der Umfang seiner sonstigen Aufgaben dies zuläßt.

7.
Stellung des Zweigstellenleiters

Der Leiter einer Zweigstelle hat die Stellung eines Abteilungsleiters; er nimmt die in Nummer 4 Absatz 1 und 2 bezeichneten Aufgaben für die gesamte Zweigstelle wahr.

8.
Vertretung

(1) Das Staatsministerium der Justiz bestellt für die Behördenleiter ständige Vertreter.

(2) Soweit ein Vertreter nach Absatz 1 nicht bestellt oder verhindert ist, regeln die Leiter der Staatsanwaltschaften ihre Vertretung mit Zustimmung des Generalstaatsanwalts selbst.

III. Abschnitt
Berichtspflichten

9.
Berichtspflichten der Staatsanwaltschaft

(1) Dem Generalstaatsanwalt ist möglichst frühzeitig über alle wichtigen Vorkommnisse, bedeutende Verfahren und über solche Angelegenheiten zu berichten, welche Anlass zu besonderen Weisungen geben können oder deren Kenntnis für ihn im Rahmen seiner Dienst- und Fachaufsicht von Bedeutung ist. Über den Wegfall des Berichtsanlasses ist zu berichten. Besteht die Berichtspflicht fort, ist im Abstand von sechs Monaten, ferner nach Beendigung eines Verfahrensabschnittes zu berichten.

(2) Der Generalstaatsanwalt berichtet dem Staatsministerium der Justiz, wenn er einer Strafsache besondere Bedeutung beimisst; besondere Bedeutung hat eine Strafsache insbesondere dann, wenn sie öffentliches Interesse erregt hat oder voraussichtlich erregen wird oder von herausgehobener rechtlicher oder tatsächlicher Komplexität ist. Der Generalstaatsanwalt berichtet ferner, wenn sich Beschwerden gegen Maßnahmen seiner Dienststelle richten oder sonst konkreter Anlass zur aufsichtlichen Prüfung besteht.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 hat der Generalstaatsanwalt dem Staatsministerium der Justiz auch auf dessen Anforderung zu berichten.

10.
(aufgehoben)

IV. Abschnitt
Geschäftsverteilung und Dienstbetrieb

11.
Grundsätze

(1) Für jedes Geschäftsjahr stellt der Behördenleiter nach Abstimmung mit den Abteilungsleitern einen Geschäftsverteilungsplan auf, der auch die Vertretung der Zweigstellen-, Abteilungs- und Unterabteilungsleiter sowie der Sachbearbeiter regelt. Der Geschäftsverteilungsplan kann Geschäfte einer Zweigstelle der Hauptstelle oder einer anderen Zweigstelle sowie Geschäfte der Hauptstelle einer Zweigstelle zuweisen.

(2) Einzelverfahren von überragender Bedeutung, die der Behördenleiter wegen des Umfangs seiner sonstigen Dienstgeschäfte nicht selbst bearbeiten kann, überträgt er einem Abteilungsleiter oder einem besonders ausgewählten Staatsanwalt.

12.
Verantwortlichkeit des Dezernenten

(1) Innerhalb des ihm zugewiesenen Geschäftsbereichs erledigt der Dezernent seine Aufgaben grundsätzlich in eigener Verantwortung. Vorbehaltlich der Nummern 13 bis 15 zeichnet er alle Verfügungen selbst.

(2) Der Dezernent berichtet dem Abteilungsleiter oder Unterabteilungsleiter unverzüglich über alle wichtigen Vorgänge in seinem Geschäftsbereich.

13.
Einarbeitungszeit

(1) Dezernenten, die erstmals eine staatsanwaltschaftliche Tätigkeit ausüben, legen während der Einarbeitungszeit die von ihnen bearbeiteten Sachen dem Abteilungsleiter, Unterabteilungsleiter oder einem vom Behördenleiter bestimmten Staatsanwalt zur Gegenzeichnung vor.

(2) Die Vorlagepflicht soll in der Regel nicht weniger als drei und nicht länger als sechs Monate dauern. Sie kann ganz oder teilweise bis auf einen Monat verkürzt werden, wenn der Staatsanwalt als Richter oder sonst im höheren Justizdienst tätig gewesen und wenn dies nach seinen Leistungen gerechtfertigt ist.

(3) Die Vorlagepflicht entfällt, wenn die Sache keinen Aufschub duldet und ein zur Gegenzeichnung befugter Staatsanwalt nicht erreichbar ist.

(4) Beamten, die sich in der Amtsanwaltsausbildung befinden, kann der Behördenleiter nach einer Einarbeitungszeit einzelne oder alle Zeichnungsbefugnisse eines Amtsanwalts verleihen. Die Einarbeitungszeit soll in der Regel nicht weniger als drei und nicht länger als sechs Monate betragen.

(5) Hat ein Beamter die Amtsanwaltsprüfung erfolgreich abgelegt, hat ihm der Behördenleiter die Zeichnungsbefugnisse eines Amtsanwalts zu verleihen.

(6) Soweit Beamte, die sich in der Amtsanwaltsausbildung befinden, nicht zur Zeichnung befugt sind, zeichnet ihre Entwürfe ein Abteilungsleiter. Der Behördenleiter kann die Zeichnungsbefugnis auch einem anderen Staatsanwalt oder Amtsanwalt übertragen.

14.
Zeichnung durch den Leitenden Oberstaatsanwalt

(1) Der Leitende Oberstaatsanwalt zeichnet

1.
die Berichte an die übergeordneten Behörden mit Ausnahme der Revisionsübersendungsberichte,
2.
die Schreiben an oberste Bundes- und Landesbehörden sowie an den Generalbundesanwalt mit Ausnahme der Revisionsübersendungsberichte,
3.
die abschließenden Verfügungen in Personal- und Justizverwaltungssachen und der Dienststrafsachen,
4.
die schriftlichen Mitteilungen an die Presse oder an die Justizpressestelle, soweit kein Pressesprecher bestellt ist,
5.
den Schriftwechsel mit ausländischen Behörden.
6.
die ihm durch Verwaltungsanordnung vorbehaltenen Entscheidungen.
7.
die abschließenden Verfügungen und Rechtsmittelerklärungen in Strafsachen gegen den Inneren Frieden und Pressestrafsachen, in letzteren auch die Anträge auf Beschlagnahmen, soweit sie sich auf die gesamte Auflage oder Ausgabe eines Presseerzeugnisses beziehen,
8.
die Verfügungen, deren Zeichnung er sich allgemein oder im Einzelfall vorbehalten hat.

(2) Der Leiter der Staatsanwaltschaft kann die Zeichnung nach Absatz 1 mit Zustimmung des Generalstaatsanwalts teilweise seinem Vertreter oder einem Abteilungsleiter übertragen. In Sachen von geringer Bedeutung kann er ohne Zustimmung des Generalstaatsanwalts im Einzelfall eine abweichende Regelung treffen.

15.
Zeichnung durch den Abteilungsleiter

(1) Der Abteilungsleiter der Staatsanwaltschaft zeichnet

1.
die Übersendungsberichte an die Staatsanwaltschaft bei dem Revisionsgericht oder bei dem Rechtsbeschwerdegericht,
2.
die Verfügungen, die der Behördenleiter im allgemeinen oder die er sich selbst im Einzelfall zur Zeichnung vorbehalten hat,
3.
die erneute Einstellungsverfügung eines auf Beschwerde hin wiederaufgenommenen Verfahrens.

(2) Dem Abteilungsleiter sind vor Abgang zur Gegenzeichnung vorzulegen

1.
die Erhebung der öffentlichen Klage zum Landgericht,
2.
Verfügungen über das Absehen von der Verfolgung und der Erhebung der öffentlichen Klage, über die Einstellung des Verfahrens oder die Verweisung auf den Privatklageweg,
3.
Einlegung, Begründung, Beschränkung oder Zurücknahme von Rechtsmitteln,
4.
Anträge der Staatsanwaltschaft auf Wiederaufnahme des Verfahrens und Erklärungen, die sich auf einen solchen Antrag beziehen,
5.
Verfügungen, die dem Behördenleiter zur Zeichnung oder Kenntnisnahme vorgelegt werden.

(3) Der Abteilungsleiter kann die sich aus Absatz 1 Nummer 3 und Absatz 2 Nummer 1 bis 4 ergebenden Aufgaben Unterabteilungsleitern ganz oder teilweise übertragen. Behördenleiter und Abteilungsleiter können von der Verpflichtung zur Vorlage nach Absatz 2 Nummer 1 bis 4 allgemein oder im Einzelfall abweichende Regelungen treffen.

16.
Zeichnung bei der Generalstaatsanwaltschaft Dresden

Der Generalstaatsanwalt regelt die Zeichnungsbefugnis innerhalb seiner Behörde selbst.

17.
Art der Zeichnung

(1) Alle auf der Strafprozeßordnung und anderen Verfahrensgesetzen beruhenden Entschließungen der Staatsanwaltschaft ergehen ausdrücklich im Namen der Staatsanwaltschaft. Der Leitende Oberstaatsanwalt, die Staatsanwälte und die Amtsanwälte zeichnen solche Entschließungen mit ihrem Namen und unter Beifügung ihrer Amtsbezeichnung. Des Hinweises auf eine Vertretungsbefugnis oder einen Auftrag bedarf es nicht.

(2) Alle übrigen Sachen werden ausdrücklich im Namen des Leitenden Oberstaatsanwalts entschieden und berichtet. Der Vertreter des Leitenden Oberstaatsanwalts zeichnet in solchen Fällen mit dem Zusatz „In Vertretung“, die zeichnungsberechtigten übrigen Staatsanwälte mit dem Zusatz „Im Auftrag“, jeweils unter Beifügung ihrer Amtsbezeichnung.

(3) Absatz 2 gilt auch bei Bescheiden des vorgesetzten Beamten der Staatsanwaltschaft nach § 172 der Strafprozessordnung.

18.
Sitzungsdienst

(1) Die Vertretung der Staatsanwaltschaft in der Hauptverhandlung regelt der Leitende Oberstaatsanwalt, bei Zweigstellen deren Leiter. In Verfahren von besonderer Bedeutung soll die Vertretung möglichst dem Verfasser der Anklage übertragen werden. Die Abteilungsleiter nehmen Sitzungsdienst wahr, soweit der Umfang ihrer sonstigen Aufgaben dies zuläßt.

(2) Der Leitende Oberstaatsanwalt kann die Einteilung des Sitzungsdienstes seinem Vertreter oder einem Abteilungsleiter übertragen.

(3) Amtsanwälte dürfen die Staatsanwaltschaft nur in der Hauptverhandlung beim Amtsgericht (Strafrichter) vertreten.

(4) Beamten, die sich in der Amtsanwaltsausbildung befinden, kann der Behördenleiter nach einer Einarbeitungszeit die Wahrnehmung der Vertretung der Staatsanwaltschaft in der Hauptverhandlung beim Amtsgericht (Strafrichter) übertragen. Die Einarbeitungszeit soll in der Regel nicht weniger als drei und nicht länger als sechs Monate betragen.

(5) Hat ein Beamter die Amtsanwaltsprüfung erfolgreich abgelegt, hat ihm der Behördenleiter die Wahrnehmung der Vertretung der Staatsanwaltschaft in der Hauptverhandlung beim Amtsgericht (Strafrichter) zu übertragen.

(6) Beamte, die sich in der Amtsanwaltsausbildung befinden oder die Amtsanwaltsprüfung erfolgreich abgelegt haben, bedürfen der Zustimmung des Staatsanwalts oder Amtsanwalts, der die Anklage verfasst hat, wenn sie in der Hauptverhandlung Erklärungen, die auf die Einstellung des Verfahrens abzielen (§ 153 Absatz 2, § 153a Absatz 2, § 154 Absatz 2, § 154b Absatz 5 der Strafprozessordnung), abgeben, die Klage zurücknehmen oder auf Rechtsmittel verzichten wollen. Ist der Verfasser der Anklage ein Beamter, der sich in der Amtsanwaltsausbildung befindet oder die Amtsanwaltsprüfung erfolgreich abgelegt hat, ist die Zustimmung eines Abteilungsleiters erforderlich.

19.
Bereitschaftsdienst

(1) Zur Wahrnehmung der Geschäftsaufgaben in der dienstfreien Zeit ist bei den Staatsanwaltschaften ein Bereitschaftsdienst einzurichten. Die Abteilungsleiter nehmen Bereitschaftsdienst wahr, soweit der Umfang ihrer sonstigen Aufgaben dies zuläßt.

(2) Soweit der Leitende Oberstaatsanwalt die Einteilung für den Bereitschaftsdienst nicht selbst wahrnimmt, überträgt er diese Aufgaben seinem Vertreter oder einem Abteilungsleiter.

V. Abschnitt
Besondere Zuständigkeiten

20.
Verfolgung politisch motivierter und unter Missbrauch politischer Macht in der Deutschen Demokratischen Republik begangener Straftaten

(1) Die Staatsanwaltschaft Dresden ist zuständig für die Verfolgung nachstehender, während des Bestehens der Deutschen Demokratischen Republik begangener Straftaten:

1.
Straftaten im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Staatssicherheitsdienstes;
2.
Straftaten von Bediensteten des Staates, insbesondere der Sicherheitsorgane, der Strafverfolgungs- und Strafvollzugsbehörden sowie der Gerichte im Zusammenhang mit ihrer dienstlichen Tätigkeit;
3.
Straftaten von Funktionären der Parteien und der Massenorganisationen und von Bediensteten der Kommunen, die unter Ausnutzung oder Missbrauch ihrer Stellung begangen wurden;
4.
Straftaten nach den §§ 234 a und 241 a des Strafgesetzbuches.

Die Zuständigkeit umfaßt auch die Strafvollstreckung in diesen Sachen.

(2) Ausgenommen sind die in § 74 c Absatz 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes genannten Straftaten.

(3) Die Staatsanwaltschaften geben die bei ihnen anhängigen oder anhängig werdenden Verfahren im Sinne von Absatz 1 an die Staatsanwaltschaft Dresden ab.

(4) § 145 des Gerichtsverfassungsgesetzes bleibt unberührt.

21.
Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen

(1) Für die Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen gemäß § 74c Absatz 1 Nummer 1 bis 3, 5, 5a und 6 des Gerichtsverfassungsgesetzes, Steuerstraftaten nach § 369 der Abgabenordnung, Steuerstraftaten gleichgestellten Taten und Ordnungswidrigkeiten, für die die Finanzbehörde nach § 36 Absatz 1 Nummer 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten die sachlich zuständige Verwaltungsbehörde ist, sowie von Straftaten nach § 266a des Strafgesetzbuches sind zuständig:

1.
die Staatsanwaltschaft Chemnitz, soweit die Straftaten im Zuständigkeitsbereich der Staatsanwaltschaften Chemnitz oder Zwickau begangen wurden;
2.
die Staatsanwaltschaften Dresden, Görlitz und Leipzig, soweit die Straftaten in ihrem Zuständigkeitsbereich begangen wurden.

(2) Die Zuständigkeit nach Absatz 1 erstreckt sich auch auf

1.
die Strafvollstreckung in diesen Sachen,
2.
zusammenhängende Straftaten, soweit das Schwergewicht bei der Wirtschaftsstraftat liegt,
3.
die Insolvenzüberwachung.

(3) Soweit bis zum 1. April 1996 Anklage erhoben war, verbleibt es für die Verfolgung und Strafvollstreckung bei der bisherigen Zuständigkeit. Die Staatsanwaltschaft Chemnitz bleibt ferner für die bis zum 1. April 1996 bei ihr anhängig gewordenen Wirtschaftsstrafsachen einschließlich der Verfahren der Vereinigungskriminalität, die Staatsanwaltschaft Dresden für die bis zum 31. Dezember 1998 bei ihr anhängig gewordenen Wirtschaftsstrafsachen zuständig.

(4) § 145 des Gerichtsverfassungsgesetzes bleibt unberührt.

22.
Bekämpfung gewaltdarstellender, pornographischer und sonstiger jugendgefährdender Schriften

(1) Bei dem Generalstaatsanwalt wird die Zentralstelle zur Bekämpfung gewaltdarstellender, pornographischer und sonstiger jugendgefährdender Schriften errichtet. Den Schriften im Sinne dieser Vorschrift stehen Ton- und Bildträger, Abbildungen und andere Darstellungen gleich.

(2) Der Zentralstelle obliegen insbesondere die sich aus den Nummern 223 bis 228 der Richtlinien für das Straf- und Bußgeldverfahren für die Staatsanwaltschaften ergebenden Aufgaben.

(3) Einzelheiten und das Verfahren regelt der Generalstaatsanwalt.

23.
Kontaktstelle des Europäischen Justiziellen Netzes in Strafsachen

Die Aufgaben der Kontaktstelle des Europäischen Justiziellen Netzes in Strafsachen im Sinne des Beschlusses 2008/976/JI des Rates vom 16. Dezember 2008 über das Europäische Justizielle Netz (ABl. L 348 vom 24.12.2008, S. 130) werden für den Freistaat Sachsen der Generalstaatsanwaltschaft Dresden zugewiesen.

24.
Integrierte Ermittlungseinheit Sachsen (INES)

Bei dem Generalstaatsanwalt wird als besondere Abteilung die Integrierte Ermittlungseinheit Sachsen (INES) mit der Unterabteilung „Besondere Verfahren“, der Zentralstelle Extremismus Sachsen (ZESA) und der Sächsischen Zentralstelle zur Bekämpfung von Cybercrime errichtet. Die Unterabteilung ‚Besondere Verfahren‘ ist zuständig für die Verfolgung gewichtiger Fälle von Korruption und für herausgehobene oder besonders bedeutende Ermittlungsverfahren aus allen Feldern der Kriminalität. Aufgaben, Zuständigkeit und Verfahren der Zentralstelle Extremismus Sachsen (ZESA) und der Sächsischen Zentralstelle zur Bekämpfung von Cybercrime regelt der Staatsminister der Justiz durch Errichtungsverfügung.

VI. Abschnitt
Zuständigkeit der Amtsanwälte

25.
Zuständigkeit der Amtsanwälte in Strafsachen

Den Amtsanwälten können von den Strafsachen, für die das Amtsgericht (Strafrichter) nach § 25 des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständig ist, folgende zur Bearbeitung übertragen werden:

1.
alle Vergehen, bei denen das Höchstmaß der angedrohten Freiheitsstrafe sechs Monate beträgt,
2.
die folgenden Vergehen:
 
a)
Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte (§ 113 des Strafgesetzbuches),
 
b)
Hausfriedensbruch (§ 123 des Strafgesetzbuches),
 
c)
Amtsanmaßung und Missbrauch von Titeln, Berufsbezeichnungen und Abzeichen (§§ 132 und 132a des Strafgesetzbuches),
 
d)
Verwahrungsbruch (§ 133 des Strafgesetzbuches),
 
e)
Verletzung amtlicher Bekanntmachungen (§ 134 des Strafgesetzbuches),
 
f)
Verstrickungsbruch; Siegelbruch (§ 136 des Strafgesetzbuches),
 
g)
unerlaubtes Entfernen vom Unfallort (§ 142 des Strafgesetzbuches), es sei denn, dass die Tat im Zusammenhang mit einer fahrlässigen Tötung oder einer Körperverletzung steht, bei der eine der in § 226 des Strafgesetzbuches bezeichneten Folgen eingetreten ist,
 
h)
Missbrauch von Notrufen und Beeinträchtigung von Unfallverhütungs- und Nothilfemitteln (§ 145 des Strafgesetzbuches),
 
i)
Verstoß gegen das Berufsverbot (§ 145c des Strafgesetzbuches),
 
j)
falsche uneidliche Aussage (§ 153 des Strafgesetzbuches) und falsche Versicherung an Eides Statt (§ 156 des Strafgesetzbuches),
 
k)
Beleidigung, üble Nachrede und Verleumdung (§§ 185 bis 187 des Strafgesetzbuches), es sei denn, dass sich die Tat gegen eine der in § 194 Absatz 4 des Strafgesetzbuches bezeichneten politischen Körperschaften gerichtet hat,
 
l)
Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes (§ 201 des Strafgesetzbuches), es sei denn, dass die Tat von einer der in § 201 Absatz 3 des Strafgesetzbuches bezeichneten Personen begangen worden ist,
 
m)
Verletzung des Briefgeheimnisses (§ 202 des Strafgesetzbuches),
 
n)
Verletzung von Privatgeheimnissen (§ 203 des Strafgesetzbuches) und Verwertung fremder Geheimnisse (§ 204 des Strafgesetzbuches), es sei denn, dass die Tat von einer der in § 203 Absatz 2 des Strafgesetzbuches bezeichneten Personen begangen worden ist,
 
o)
Körperverletzung (§ 223 des Strafgesetzbuches), gefährliche Körperverletzung (§ 224 des Strafgesetzbuches) und fahrlässige Körperverletzung (§ 229 des Strafgesetzbuches), es sei denn, dass eine der in § 226 des Strafgesetzbuches bezeichneten Folgen eingetreten ist,
 
p)
Freiheitsberaubung (§ 239 des Strafgesetzbuches),
 
q)
Nötigung und Bedrohung (§§ 240 und 241 des Strafgesetzbuches),
 
r)
unbefugter Gebrauch eines Fahrzeugs (§ 248b des Strafgesetzbuches),
 
s)
Urkundenfälschung (§ 267 des Strafgesetzbuches) und Missbrauch von Ausweispapieren (§ 281 des Strafgesetzbuches),
 
t)
unbefugter Gebrauch von Pfandsachen (§ 290 des Strafgesetzbuches),
 
u)
Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c des Strafgesetzbuches), es sei denn, dass die Tat im Zusammenhang mit einer fahrlässigen Tötung oder einer Körperverletzung steht, bei der eine der in § 226 des Strafgesetzbuches bezeichneten Folgen eingetreten ist,
 
v)
Trunkenheit im Verkehr (§ 316 des Strafgesetzbuches),
 
w)
Vollrausch (§ 323a des Strafgesetzbuches), sofern der Amtsanwalt für die Verfolgung der im Rausch begangenen Tat zuständig wäre,
 
x)
Gefährdung einer Entziehungskur (§ 323b des Strafgesetzbuches),
3.
die folgenden Vergehen, soweit der Wert der gestohlenen oder unterschlagenen Sachen oder der Schaden 1 500 Euro nicht übersteigt:
 
a)
Diebstahl (§ 242 des Strafgesetzbuches),
 
b)
Diebstahl in den Fällen des § 243 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 bis 3 und 6 des Strafgesetzbuches,
 
c)
Unterschlagung (§ 246 des Strafgesetzbuches),
 
d)
Entziehung elektrischer Energie (§ 248c des Strafgesetzbuches),
 
e)
Betrug (§ 263 Absatz 1 und 2 des Strafgesetzbuches),
 
f)
Erschleichen von Leistungen (§ 265a des Strafgesetzbuches),
 
g)
Untreue (§ 266 des Strafgesetzbuches),
 
h)
Sachbeschädigung (§ 303 des Strafgesetzbuches),
 
i)
gemeinschädliche Sachbeschädigung (§ 304 des Strafgesetzbuches),
 
j)
Steuerhinterziehung (§ 370 Absatz 1, 2 und 4 der Abgabenordnung), soweit es sich um die Hinterziehung von Kraftfahrzeugsteuer handelt,
4.
die folgenden Vergehen, soweit der Amtsanwalt für die Verfolgung der diesen zu Grunde liegenden Vortat zuständig ist oder zuständig wäre:
 
a)
Vortäuschen einer Straftat (§ 145d des Strafgesetzbuches),
 
b)
falsche Verdächtigung (§ 164 des Strafgesetzbuches),
 
c)
Begünstigung (§ 257 des Strafgesetzbuches),
 
d)
Strafvereitelung (§ 258 des Strafgesetzbuches),
 
e)
Hehlerei (§ 259 des Strafgesetzbuches),
 
f)
fahrlässige Hehlerei von Edelmetallen und Edelsteinen (§ 148b der Gewerbeordnung),
5.
die Vergehen nach folgenden Nebengesetzen:
 
a)
§ 9 des Gesetzes über die Haftpflichtversicherung für ausländische Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuganhänger,
 
b)
§ 6 des Pflichtversicherungsgesetzes,
 
c)
§§ 21, 22 und 22a des Straßenverkehrsgesetzes,
 
d)
§ 95 des Aufenthaltsgesetzes,
 
e)
§ 85 des Asylgesetzes.
26.
Ausschluss der Zuständigkeit der Amtsanwälte

(1) Die Amtsanwälte dürfen nicht bearbeiten:

1.
Verfahren gegen Jugendliche und Heranwachsende wegen Straftaten,
2.
Verfahren, die militärische Straftaten zum Gegenstand haben,
3.
Verfahren mit politischem Hintergrund und Pressestrafsachen,
4.
Verfahren, in denen mit der Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung nach § 61 des Strafgesetzbuches, mit Ausnahme der Entziehung der Fahrerlaubnis, zu rechnen ist,
5.
Verfahren, die in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht besondere Schwierigkeiten bereiten oder aus sonstigen Gründen erhebliche Bedeutung haben.

(2) Absatz 1 Nummer 2 und 4 gilt nicht für die Vertretung der Anklage in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht (Strafrichter).

27.
Sonderregelung

(1) Der Behördenleiter kann hierfür geeigneten Amtsanwälten abweichend von Nummer 24 auch andere Verfahren, die in die Zuständigkeit des Amtsgerichts fallen, zur Bearbeitung zuweisen. Er kann diese Befugnis auf seinen Vertreter, den Zweigstellenleiter oder den Abteilungsleiter übertragen.

(2) Der Behördenleiter kann bei einem Ermittlungsverfahren von besonderem Umfang Amtsanwälte oder andere Beamte der ersten Einstiegsebene der Laufbahngruppe 2 zur Unterstützung der sachbearbeitenden Staatsanwälte heranziehen.

(3) Die Befugnis des Behördenleiters, Strafsachen, deren Bearbeitung durch Amtsanwälte nach Nummer 24 zulässig ist, einem Staatsanwalt zu übertragen, bleibt unberührt.

28.
Zuständigkeit der Amtsanwälte in Bußgeldsachen

(1) Ist der Amtsanwalt für die Bearbeitung einer Straftat zuständig, bearbeitet er auch Ordnungswidrigkeiten, die mit der Straftat zusammenhängen (§ 42 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten).

(2) Die Bearbeitung der Einspruchsverfahren nach den §§ 67 ff. des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten kann den Amtsanwälten übertragen werden. Hiervon ausgenommen sind Bußgeldsachen aus besonderen Sachgebieten, die ausschließlich von Staatsanwälten bearbeitet werden.

(3) Die Befugnis des Behördenleiters, eine von dieser Regelung abweichende Zuständigkeitsanordnung zu treffen, bleibt unberührt.

VII. Abschnitt
Schlußvorschrift

29.
Inkrafttreten und Außerkrafttreten

Diese Verwaltungsvorschrift tritt am 1. Februar 1998 in Kraft; gleichzeitig treten die Anordnung über Organisation und Dienstbetrieb der Staatsanwaltschaften (Organisationsstatut der Staatsanwaltschaften – OrgStA) vom 3. März 1991 (SächsABl. S. 1), zuletzt geändert durch Verwaltungsvorschrift vom 12. Juli 1994 (JMBl. S. 81), die Verwaltungsvorschrift über die Einrichtung einer Schwerpunktstaatsanwaltschaft zur Verfolgung politisch motivierter und unter Mißbrauch politischer Macht begangener Straftaten in der DDR („SED-Unrecht“-Bezirkskriminalität) vom 4. Dezember 1991 (SächsABl. S. 4), zuletzt geändert durch Verwaltungsvorschrift vom 24. Oktober 1995 (JMBl. S. 80), die Verwaltungsvorschrift über die Errichtung und Tätigkeit der Zentralstelle des Freistaates Sachsen zur Bekämpfung gewaltdarstellender, pornographischer und sonstiger jugendgefährdender Schriften bei der Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht Dresden vom 22. Januar 1993 (SächsABl. S. 137) und die Verwaltungsvorschrift über die Einrichtung von Schwerpunktstaatsanwaltschaften zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen vom 9. Februar 1996 (JMBl. S. 38) außer Kraft.

Dresden, den 12. Januar 1998

Der Staatsminister der Justiz
Steffen Heitmann

Marginalspalte

Verweis auf Bundesgesetze

    Fundstelle und systematische Gliederungsnummer

    SächsJMBl. 1998 Nr. 2, S. 18
    Fsn-Nr.: 300-V98.2

    Gültigkeitszeitraum

    Fassung gültig ab: 1. Juni 2018

    Fassung gültig bis: 30. September 2020