Verwaltungsvorschrift
des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz
über die Aufsichtsstelle für die Führungsaufsicht im Freistaat Sachsen
(VwV – Führungsaufsicht)
Vom 30. Oktober 1995
I.
- 1.
- Einrichtung der Aufsichtsstelle
Die Aufsichtsstelle für die Führungsaufsicht nach § 68a StGB wird bei der Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht Dresden eingerichtet. Die Aufsichtsstelle führt die Bezeichnung „Führungsaufsichtsstelle des Freistaates Sachsen“.
- 2.
- Organisation
- a)
- Organe der Führungsaufsicht sind die Aufsichtsstelle und der Bewährungshelfer (§ 68a Abs. 1 StGB).
- b)
- Die Aufsichtsstelle wird von einem Staatsanwalt der Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht Dresden geleitet. Sie wird außerdem nach Bedarf mit Bediensteten des gehobenen Justizdienstes, Sozialarbeitern sowie mit Geschäftsstellenpersonal besetzt.
- c)
- Der Leiter der Aufsichtsstelle, sein Vertreter und die Bediensteten des gehobenen Dienstes werden vom Generalstaatsanwalt für die Dauer von zwei Jahren bestellt. Die Bestellung kann wiederholt werden.
- d)
- Der Leiter der Aufsichtsstelle, sein Vertreter und die sonstigen Bediensteten unterstehen der Dienstaufsicht des Generalstaatsanwalts.
- 3.
- Durchführung der Führungsaufsicht
- a)
- Zur Überwachung des Verhaltens des Verurteilten und der Erfüllung von Weisungen kann die Aufsichtsstelle von allen öffentlichen Behörden Auskunft verlangen und Ermittlungen jeder Art, mit Ausnahme eidlicher Vernehmungen, entweder selbst vornehmen oder durch andere Behörden im Rahmen ihrer Zuständigkeit vornehmen lassen (§ 463a Abs. 1 StPO).
- b)
- Die unmittelbare Betreuung des Verurteilten sowie die Überwachung seines Verhaltens und die Erfüllung von Weisungen obliegt in erster Linie dem Bewährungshelfer. Andere Behörden, insbesondere die Polizei, sollten für Überwachungsaufgaben nur aus besonderen Gründen herangezogen werden. Hat sich der Verurteilte ohne Verständigung des Gerichts oder der Aufsichtsstelle für längere Zeit von seiner Wohnung oder seinem Arbeitsplatz entfernt, wird die Einschaltung der Polizei in der Regel geboten sein. Vor solchen Ersuchen soll der Bewährungshelfer gehört werden.
- c)
- Bewährungshelfer und Aufsichtsstelle stimmen möglichst frühzeitig die beabsichtigten Maßnahmen der Betreuung und Überwachung des Verurteilten miteinander ab. Sie unterrichten einander, wenn wesentliche Abweichungen von den vorgesehenen Maßnahmen erforderlich werden oder angezeigt sind.
- d)
- Bewährungshelfer und Aufsichtsstelle übermitteln einander Durchschriften ihrer Berichte an das Gericht. Der Bewährungshelfer unterrichtet die Aufsichtsstelle unverzüglich über Mitteilungen von Staatsanwaltschaften und Gerichten sowie über Mitteilungen der Polizei.
- e)
- Vor Stellung eines Strafantrages nach § 145a Satz 2 StGB hört die Aufsichtsstelle den Bewährungshelfer (§ 68a Abs. 6 StGB).
- f)
- Ist für den Verurteilten ein ehrenamtlicher Bewährungshelfer bestellt, so gehört es zu den Aufgaben der Aufsichtsstelle, dem ehrenamtlichen Bewährungshelfer fachliche Beratung anzubieten und zu vermitteln.
- 4.
- Aufwendungen, Register- und Aktenführung
- a)
- Für den Büro- und sonstigen Sachbedarf der Aufsichtsstelle sorgt der Generalstaatsanwalt.
- b)
- Die Aufsichtsstelle führt ein Register nach dem Muster der Anlage I. Neben dem Register ist eine nach Namen geordnete Kartei zu führen. Auf der Karteikarte sind das Geburtsdatum, die Anschrift des Verurteilten, seine Arbeitsstelle, das verurteilende Gericht und dessen Aktenzeichen, Name und Dienstsitz des Bewährungshelfers sowie der Verbleib der Akten der Aufsichtsstelle zu vermerken. Hinsichtlich der Anschrift und der Arbeitsstelle des Verurteilten kann auf das entsprechende Blatt der Akten verwiesen werden. Das Register kann EDV-gestützt geführt werden.
- c)
- Für jeden Verurteilten, der der Aufsichtsstelle unterstellt ist, werden besondere orangefarbene Akten angelegt. Das Registerzeichen wird durch die Buchstaben „FA“, die laufende Nummer sowie die durch Schrägstrich angefügte Jahreskurzangabe gebildet. Auf dem Aktenumschlag sind die Bezeichnung der Aufsichtsstelle, der Name des Verurteilten sowie der Name und der Dienstsitz des Bewährungshelfers anzugeben.
- d)
- Die Akten und Register sind vertraulich zu behandeln. Einsicht erhalten nur Gerichte, Staatsanwaltschaften, Bewährungshelfer und Gnadenbehörden. Anderen Stellen gewährt der Leiter der Führungsaufsichtsstelle Akteneinsicht, wenn ein berechtigtes Interesse des Empfängers besteht und der Akteneinsicht ein schutzwürdiges Interesse des Betroffenen nicht entgegensteht.
- 5.
- Mitteilungs- und Unterrichtungspflichten
- a)
- Entscheidungen, in denen die Führungsaufsicht angeordnet ist (§ 68 StGB) oder die ihren Eintritt kraft Gesetzes zur Folge haben (§§ 67b, 67c, 67d und 68f StGB), teilt die Vollstreckungsbehörde der zuständigen Aufsichtsstelle mit.
- b)
- In den Fällen der §§ 68f und 67d Abs. 4 StGB veranlasst die Vollstreckungsbehörde, daß die Akten drei Monate vor der Entlassung des Verurteilten dem Gericht vorgelegt werden, damit die Entscheidungen nach § 68f Abs. 2 StGB oder nach den §§ 68a bis 68c StGB alsbald getroffen werden können. Ordnet das Gericht nicht an, daß die Führungsaufsicht entfällt, so teilt die Vollstreckungsbehörde der für den voraussichtlichen Wohnort zuständigen Aufsichtsstelle diese Entscheidung mit. In den Fällen des § 67c Abs. 1 , des § 67c Abs. 2 und des § 67d Abs. StGB wirkt die Vollstreckungsbehörde darauf hin, daß die Entscheidungen nach den §§ 68a bis 68c StGB so rechtzeitig getroffen werden können, daß die Führungsaufsicht vorbereitet werden kann.
- c)
- Die Vollstreckungsbehörde übersendet der Aufsichtsstelle je zwei Abschriften der der Führungsaufsicht zugrundeliegenden gerichtlichen Entscheidungen und der für die Betreuung des Verurteilten wesentlichen Unterlagen, wie zum Beispiel Gutachten über den körperlichen und geistigen Zustand des Verurteilten, Berichte des Gerichtshelfers, des Bewährungshelfers oder von Jugend- oder Sozialbehörden.
- d)
- Die Vollstreckungsbehörde teilt die von ihr nach §§ 68c bis 68g StGB berechnete Dauer der Führungsaufsicht sowie deren Beginn und Ende der Aufsichtsstelle mit. Wird ein Verurteilter, der unter Führungsaufsicht steht, aufgrund strafgerichtlicher Anordnung in einer Anstalt verwahrt (§ 68c Abs. 2 StGB), so teilt die Behörde, welche die Verwahrung vollstreckt, der Aufsichtsstelle Beginn und Ende der Verwahrung mit.
- e)
- Zur Berechnung der Dauer der Führungsaufsicht teilt die Aufsichtsstelle der Vollstreckungsbehörde mit, wie lange der Verurteilte flüchtig gewesen ist, sich verborgen gehalten hat oder in einem anderen Verfahren auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist (§ 68c Abs. 2 Satz 2 StGB).
- f)
- Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des Gerichts benachrichtigt unverzüglich die Aufsichtsstelle und den Bewährungshelfer von den nach §§ 68a bis 68c StGB getroffenen Anordnungen und übersendet alsbald eine vollständige Abschrift der Entscheidung.
- g)
- Die Aufsichtsstelle unterrichtet die örtliche Polizeidienststelle von Weisungen nach § 68b Abs. 1 Nr. 1 bis 6 StGB.
II.
Diese Verwaltungsvorschrift tritt am 1. Januar 1996 in Kraft.
Gleichzeitig tritt die Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz über die Einführung von Aufsichtsstellen für die Führungsaufsicht vom 31. Juli 1992 (SächsABl. S. 1173) außer Kraft.
Dresden, den 30. Oktober 1995
Der Staatsminister der Justiz
In Vertretung
Dr. Franke
Anlage 1
Register der Führungsaufsicht – FA –
jährlich fortlaufende Nummer | Tag des Eingangs der ersten Schrift | Name,
Vorname Geburtsort, Wohnort |
Jahr der Aktenweglegung, Tag der Abgabe der Akten | Bemerkungen |
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Vorname Geburtsort, Wohnort |
Jahr der Aktenweglegung, Tag der Abgabe der Akten | Bemerkungen |
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