Förderrichtlinie
des Sächsischen Staatsministerium
für Wirtschaft und Arbeit
über die Gewährung von Zuwendungen zur Rettung und Umstrukturierung von kleinen und mittleren Unternehmen im Freistaat Sachsen
Vom 20. Juni 1997
- 1
- Zuwendungszweck, Rechtsgrundlage
Der Freistaat Sachsen gewährt nach Maßgabe dieser Richtlinie und der Verwaltungsvorschrift zu § 44 SäHO in der jeweiligen Fassung Zuwendungen zur Rettung und Umstrukturierung von kleinen und mittleren Unternehmen im Freistaat Sachsen.
Ein Anspruch des Antragstellers auf Gewährung der Zuwendung besteht nicht. Vielmehr entscheidet die Bewilligungsbehörde aufgrund ihres pflichtgemäßen Ermessens im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel.
- 2
- Gegenstand der Förderung
Gefördert werden Unternehmen in Schwierigkeiten mit dem Ziel der vorübergehenden Stützung der Liquidität und der Erhaltung von Arbeitsplätzen.
- 3
- Zuwendungsempfänger
Zuwendungsempfänger sind vorrangige kleine und mittlere Unternehmen (KMU) der gewerblichen Wirtschaft, die weniger als 250 Personen beschäftigen und einen Jahresumsatz von höchstens 40 Mio. ECU oder eine Jahresbilanzsumme von höchstens 27 Mio. ECU haben und die sich nicht zu mehr als 25 vom Hundert im Besitz eines oder mehrerer Unternehmen befinden, die dieser Definition nicht entsprechen (Definition gemäß Gemeinschaftsrahmen der Europäischen Kommission für staatliche Beihilfen an KMU in der jeweils gültigen Fassung).
Die Leitlinien der Europäischen Kommission für die Beurteilung von staatlichen Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten finden Anwendung (Abl. der Europäischen Gemeinschaften Nummer C 368 vom 23. Dezember 1994).
Größere Unternehmen, die nicht unter die genannte Definition fallen, können in besonders begründeten Ausnahmefällen bei hoher strukturpolitischer und arbeitsmarktpolitischer Bedeutung in die Förderung einbezogen werden. Dies bedarf einer Einzelnotifizierung bei der Europäischen Kommission.
Unternehmen in Wirtschaftsbereichen (sensible Sektoren), für die gemeinschaftliche Sondervorschriften über staatliche Beihilfen nach dem EG- oder den EGKS-Vertrag erlassen worden sind (Stahl-, Kohlen-, Schiffbau-, Synthesefaser- und Kfz-Industrie, Landwirtschaft, Fischerei, Verkehr), sind von einer Förderung ausgeschlossen. Unternehmen in diesen Bereichen können bei hoher strukturpolitischer und arbeitsmarktpolitischer Bedeutung ausnahmsweise in die Förderung einbezogen werden, bedürfen jedoch der Zustimmung der Europäischen Kommission im Rahmen einer Einzelnotifizierung nach Artikel 93 Abs. 3 EG-Vertrag.
- 4
- Zuwendungsvoraussetzungen
Ein Unternehmen befindet sich in Schwierigkeiten dann, wenn es sich nicht aus eigener Kraft oder mit Mitteln der Anteilseigner oder mit Fremdkapital erholen kann. Die finanzielle Schwäche eines solchen Unternehmens ist üblicherweise auf eine unzureichende Leistungsfähigkeit in der Vergangenheit und ungünstige Zukunftsaussichten zurückzuführen. Symptome einer solchen Situation sind zum Beispiel eine rückläufige Rentabilität oder zunehmende Verluste, sinkende Umsätze, wachsende Lager, Überkapazitäten, verminderter Cash flow, zunehmende Verschuldung und Zinsbelastung sowie ein niedriger Nettobuchwert. In akuten Fällen ist das Unternehmen bereits zahlungsunfähig oder hat Gesamtvollstreckung abgemeldet.
Dem Unternehmen können Mittel in Form von Rettungs- beziehungsweise Umstrukturierungsbeihilfen ausgereicht werden.
Die Bewilligung soll davon abhängig gemacht werden, dass ein Kurzgutachten eines anerkannten Wirtschaftsprüfers/Steuerberaters oder Unternehmensberaters über die betrieblichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, insbesondere im Hinblick auf die künftige Entwicklung, eingeholt wird. Es sollte dem Unternehmen eine längerfristige Überlebensfähigkeit sowie die Wiederherstellung der Rentabilität bescheinigen. - 4.1
- Rettungshilfen
Ein Unternehmen in Schwierigkeiten kann in begründeten Ausnahmefällen Rettungsbeihilfen dann erhalten, wenn es sich aus eigener Kraft oder mit Mitteln der Anteilseigner oder mit Fremdkapital erholen kann.
Durch eine Rettungsmaßnahme wird ein Unternehmen, dessen finanzielle Situation sich soweit verschlechtert hat, dass es sich in einer akuten Liquiditätskrise oder technischer Insolvenz befindet, vorübergehend am Leben erhalten, während die Situation, die zu seinen Schwierigkeiten geführt hat, analysiert und ein tragfähiger Sanierungsplan verbunden mit einem Maßnahmeplan als langfristige Lösung konzipiert wird. Das zu erstellende Sanierungskonzept muss Beiträge der Hausbank und der Gesellschafter enthalten. Mit Rettungsbeihilfen erhält das Unternehmen eine kurze Atempause, in der Regel für maximal sechs Monate, während der eine langfristige Lösung seiner finanziellen Probleme ausgearbeitet werden kann.
Ein Unternehmen kann Rettungsbeihilfen in begründeten Ausnahmefällen auch dann erhalten, wenn ein tragfähiger Sanierungsplan verbunden mit einem Maßnahmeplan bereits vorliegt, aber lediglich die Gesamtfinanzierung noch nicht gesichert ist. Rettungsbeihilfen können in solchen Fällen bis zur Sicherung der Gesamtfinanzierung, in der Regel für maximal sechs Monate, gewährt werden.
Die Gewährung von Rettungsbeihilfen kann von angemessenen finanziellen Beiträgen der Gesellschafter, der Hausbank und sonstiger an der Finanzierung beteiligter Institutionen abhängig gemacht werden. - 4.2
- Umstrukturierungsbeihilfen
Die Umstrukturierung eines Unternehmens ist Bestandteil eines realistischen, zusammenhängenden Plans zur Wiederherstellung der langfristigen Rentabilität. Neben einer physischen Umstrukturierung, die eine Neuordnung und Rationalisierung der Unternehmenstätigkeit auf einer effizienteren Grundlage einschließen soll, muss in der Regel ein finanzielle Umstrukturierung einhergehen.
Ein Unternehmen in Schwierigkeiten kann Umstrukturierungsbeihilfen dann erhalten, wenn ein tragfähiges Umstrukturierungskonzept zur Wiederherstellung der langfristigen Rentabilität vorliegt sowie die Gesamtfinanzierung mit einer entsprechenden Hausbankenbegleitung gesichert ist. Das vom Unternehmen vorzulegende Umstrukturierungskonzept hat insbesondere die Umstände, die den Schwierigkeiten des Unternehmens zugrunde liegen, das aktuelle Marktverhalten und die besonderen Stärken und Schwächen des Unternehmens zu berücksichtigen. Mit Hilfe des Konzeptes soll dem Unternehmen der planmäßige Übergang zu einer langfristigen neuen Struktur, die das Unternehmen in die Lage versetzt, aus eigener Kraft ohne weitere staatliche Unterstützung fortzubestehen, ermöglicht werden. Umstrukturierungsbeihilfen sind an die vollständige Durchführung des Umstrukturierungsplanes gebunden.
Die Gewährung von Umstrukturierungsbeihilfen soll von angemessenen finanziellen Beiträgen der Gesellschafter, der Hausbank und sonstiger an der Finanzierung beteiligter Institutionen abhängig gemacht werden.
- 5
- Art und Umfang, Höhe der Zuwendungen
- 5.1
- Zuwendungsart
Die Zuwendungen in Form von Rettungs- beziehungsweise Umstrukturierungsbeihilfen werden als Projektförderung gewährt. - 5.2
- Finanzierungsart
Rettungs- beziehungsweise Umstrukturierungsbeihilfen werden als Festbetragsfinanzierung gewährt. - 5.3
- Form der Zuwendung
Die Zuwendungen werden in der Regel einmalig entweder als Rettungs- oder Umstrukturierungsbeihilfen ausgereicht. Eine Auszahlung in mehreren Tranchen ist entsprechend der jeweiligen Erfüllung von festgelegten Bewertungskriterien, so zum Beispiel Entwicklungs- beziehungsweise Umstrukturierungsfortschritt, zulässig. - 5.3.1
- Rettungshilfen
Rettungshilfen werden als Liquiditätshilfen in Form von Darlehen/Krediten zum jeweiligen Marktzins (Festzinssatz über den Bewilligungszeitraum) gewährt. Rettungsbeihilfen dürfen nur für den Zeitraum gezahlt werden – in der Regel für maximal sechs Monate – der erforderlich ist, um den notwendigen und durchführbaren Sanierungsplan zu konzipieren. Wiederholte Rettungsmaßnahmen, die den Status quo lediglich aufrechterhalten, das unvermeidbare Ende hinausschieben, sind ausgeschlossen. Die Gewährung von Rettungsbeihilfen hat in der Regel im Rahmen eines einmaligen zeitlich begrenzten Vorgangs, während dessen die Zukunft des Unternehmens eingeschätzt werden kann, zu erfolgen.
Rettungsbeihilfen können bis zur Sicherung der Gesamtfinanzierung beziehungsweise bis zur Bewilligung und Bereitstellung von Mitteln unter anderem im Rahmen des Förderinstrumentariums des Freistaates Sachsen in der Regel für maximal sechs Monate gewährt werden.
Rettungsbeihilfen können dem Unternehmen direkt oder über eine Hausbank ausgereicht werden. - 5.3.2
- Umstrukturierungsbeihilfen
Die Höhe der Umstrukturierungsbeihilfen ist auf den für die Weiterführung des Unternehmens unbedingt notwendigen Betrag begrenzt. Die Zuwendungen dürfen im Einzelfall bis zu 2,0 Mio. DM betragen. In begründeten Ausnahmefällen ist ein Höchstbetrag bis zu 5,0 Mio. DM zulässig.
- 6
- Sonstige Zuwendungsvoraussetzungen
Dieses Programm ist subsidär. Vor Inanspruchnahme müssen nachweislich alle Finanzierungsmöglichkeiten des geltenden Förderinstrumentariums ausgeschöpft sein.
Die Zuwendungen sind im Rahmen der bestehenden Möglichkeiten zu besichern. Zur Unterlegung der beantragten Zuwendungen ist bei Unternehmen außerhalb des Insolvenzverfahrens die Abgabe einer selbstschuldnerischen Bürgschaft beziehungsweise einer Patronatserklärung in angemessenem Umfang erforderlich.
Die vom Unternehmen zu beantragende Zuwendung ist um Steuern, Abgaben, Kosten und Gebühren von öffentlich-rechtlichen Einrichtungen zu kürzen.
- 7
- Verfahren
- 7.1
- Antragsverfahren
Der Antrag ist formlos an die Sächsische Aufbaubank GmbH, Pirnaische Straße 9, 01069 Dresden, durch das jeweilige Unternehmen zu stellen. Er ist zu begründen und muss folgende Angaben enthalten:- Höhe des Betrages und Bankverbindung,
- Darstellung der aktuellen und zukünftigen Unternehmenssituation, einschließlich betriebswirtschaftlichen Auswertung und Bilanzen,
- Stand der bisher eingeleiteten Maßnahmen,
- Verwendungszweck,
- Bei Beantragung von Umstrukturierungsbeihilfen zusätzlich Unternehmenskonzept/Umstrukturierungskonzept.
- 7.2
- Bewilligungsverfahren
Die Sächsische Aufbaubank GmbH wird mit der Prüfung der Zuwendungsvoraussetzungen beauftragt.
Sie prüft nach banküblichen Sorgfaltspflichten.
Die Sächsische Aufbaubank ist berechtigt, Änderungen des vorgelegten Konzeptes zu fordern, daran mitzuwirken oder Auflagen zu erteilen.
Bewilligungsbehörde ist das Sächsische Staatsministerium für Wirtschaft und Arbeit, Budapester Straße 5, 01069 Dresden. - 7.3
- Anforderungs- und Auszahlungsverfahren
Für die Auszahlung sowie die gegebenenfalls erforderliche Aufhebung des Zuwendungsbescheides und die Rückforderung der gewährten Zuwendungen gelten die Verwaltungsvorschrift zu § 44 SäHO in der jeweiligen Fassung. - 7.4
- Verwendungsnachweisverfahren
Das Sächsische Staatsministerium für Wirtschaft und Arbeit beauftragt die Sächsische Aufbaubank GmbH mit der Verwendungsnachweisprüfung. Es gelten die Verwaltungsvorschrift zu § 44 SäHO in der jeweiligen Fassung. - 7.5
- Zu beachtende Vorschriften
Für die Bewilligung, Auszahlung und Abrechnung der Zuwendung sowie für den Nachweis und die Prüfung der Verwendung und die gegebenenfalls erforderliche Aufhebung des Zuwendungsbescheides und die Rückforderung der gewährten Zuwendung gelten die Verwaltungsvorschrift zu § 44 SäHO in der jeweiligen Fassung, soweit nicht in diesen Förderrichtlinien Abweichungen zugelassen worden sind.
Bei privatrechtlicher Beziehung zwischen der Bewilligungsbehörde beziehungsweise der von dieser beauftragten Sächsischen Aufbaubank GmbH und der Hausbank sowie dem Zuwendungsempfänger gilt Satz 1 entsprechend.
- 8
- Inkrafttreten
Diese Förderrichtlinie tritt am 30. Juni 1997 für zunächst fünf Jahre in Kraft. Die Genehmigung der Europäischen Kommission wurde erteilt.
Dresden, den 20. Juni 1997
Der Staatsminister für Wirtschaft und Arbeit
Dr. Kajo Schommer