Gesetz
zur Aufnahme und Unterbringung von Flüchtlingen im Freistaat Sachsen
(Sächsisches Flüchtlingsaufnahmegesetz – SächsFlüAG)
erlassen als Artikel 2 des Gesetzes zur Ausführung des Zuwanderungsgesetzes
Vom 25. Juni 2007
Rechtsbereinigt mit Stand vom 29. Dezember 2016
Abschnitt 1
Allgemeine Vorschriften
§ 1
Anwendungsbereich
Dieses Gesetz regelt
- 1.
- die Aufnahme, Unterbringung und Verteilung von Asylbewerbern nach dem Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Juli 1993 (BGBl. I S. 1361), zuletzt geändert durch Artikel 2 Abs. 3 des Gesetzes vom 12. August 2005 (BGBl. I S. 2345, 2356), und von Ausländern nach dem Gesetz über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (Aufenthaltsgesetz – AufenthG) vom 30. Juli 2004 (BGBl. I S. 1950), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 7. Dezember 2006 (BGBl. I S. 2814), in der jeweils geltenden Fassung, und
- 2.
- die Ausführung des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. August 1997 (BGBl. I S. 2022), zuletzt geändert durch Artikel 82 des Gesetzes vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2407, 2417), in der jeweils geltenden Fassung.
§ 2
Unterbringungsbehörden
(1) Unterbringungsbehörden sind:
- 1.
- das Staatsministerium des Innern als oberste Unterbringungsbehörde,
- 2.
- die Landesdirektion Sachsen als höhere Unterbringungsbehörde und
- 3.
- die Landkreise und Kreisfreien Städte als untere Unterbringungsbehörden.
(2) Für den Vollzug dieses Gesetzes sind die unteren Unterbringungsbehörden zuständig, soweit durch dieses Gesetz oder aufgrund dieses Gesetzes nichts anderes bestimmt ist.
(3) Die Aufgaben der unteren Unterbringungsbehörden werden als Pflichtaufgaben nach Weisung übertragen; das Weisungsrecht ist unbeschränkt.
(4) Die Fachaufsicht über die unteren Unterbringungsbehörden führt die höhere Unterbringungsbehörde.1
§ 3
Einrichtungen der Unterbringung
(1) Unterbringungseinrichtungen sind:
- 1.
- Aufnahmeeinrichtungen nach § 44 Abs. 1 AsylVfG und § 15a Abs. 3 AufenthG,
- 2.
- Gemeinschaftsunterkünfte,
- 3.
- sonstige Unterkünfte.
(2) Die Aufnahmeeinrichtungen werden von der höheren Unterbringungsbehörde, die übrigen Unterbringungseinrichtungen von den unteren Unterbringungsbehörden geschaffen und betrieben. Die Unterbringungsbehörden können die Durchführung dieser Aufgabe auf Dritte übertragen.
(3) Bei der Schaffung der Unterbringungseinrichtungen haben die Gemeinden mitzuwirken und insbesondere geeignete Grundstücke und Gebäude zur Nutzung zur Verfügung zu stellen oder zu benennen. Soweit erforderlich, haben sie die Einrichtung von Notquartieren zu dulden.
(4) Die Landkreise und Kreisfreien Städte können die Benutzung der Unterbringungseinrichtungen nach Absatz 1 Nr. 2 und 3 durch Satzung regeln.2
§ 4
Ausreiseeinrichtungen
Die unteren Unterbringungsbehörden sind nicht zuständig für die Schaffung und Betreibung von Ausreiseeinrichtungen nach § 61 Abs. 2 AufenthG, für die Anordnung der Wohnungsnahme in einer Ausreiseeinrichtung nach § 61 Abs. 1 Satz 2 AufenthG sowie für die Durchführung der Aufgaben nach § 1 Nr. 2 in diesen Einrichtungen.
Abschnitt 2
Aufnahme, Verteilung und Unterbringung
§ 5
Aufzunehmende Ausländer
Aufgenommen werden Ausländer,
- 1.
- zu deren Aufnahme der Freistaat Sachsen nach dem Asylverfahrensgesetz verpflichtet ist,
- 2.
- zu deren Aufnahme der Freistaat Sachsen nach § 15a Abs. 1 AufenthG verpflichtet ist,
- 3.
- zu deren Aufnahme sich der Freistaat Sachsen nach § 23 Abs. 1 AufenthG verpflichtet hat,
- 4.
- zu deren Aufnahme der Freistaat Sachsen nach § 23 Absatz 2 in Verbindung mit Absatz 1 oder § 23 Absatz 4 des Aufenthaltsgesetzes verpflichtet ist,
- 5.
- zu deren Aufnahme der Freistaat Sachsen nach § 24 Abs. 3 AufenthG verpflichtet ist,
- 6.
- denen eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG erteilt wird oder
- 7.
- die leistungsberechtigt nach § 1 AsylbLG sind, soweit sie nicht bereits von den Nummern 1 bis 3, 5 und 6 erfasst werden.3
§ 6
Aufnahme und Verteilung
(1) Die höhere Unterbringungsbehörde gewährleistet die Erstaufnahme in Aufnahmeeinrichtungen nach § 3 Abs. 1 Nr. 1. Sie ist in diesen Aufnahmeeinrichtungen auch für die Durchführung der Aufgaben nach § 1 Nr. 2 zuständig.
(2) Die höhere Unterbringungsbehörde ist die die Verteilung veranlassende Behörde nach § 15a Abs. 1 Satz 5 AufenthG. Sie ist zuständige Behörde nach § 50 Abs. 3 AsylVfG.
(3) Die höhere Unterbringungsbehörde verteilt die nach § 5 aufzunehmenden Ausländer auf die unteren Unterbringungsbehörden und leitet sie an diese weiter. Die Verteilung erfolgt nach einem Schlüssel, der sich aus dem Anteil des jeweiligen Landkreises oder der Kreisfreien Stadt an der Wohnbevölkerung des Freistaates Sachsen errechnet; maßgeblich sind die Verhältnisse am 30. Juni des jeweils vorangegangenen JahreS. Die unteren Unterbringungsbehörden sind verpflichtet, die ihnen zugeteilten Ausländer zu übernehmen.
(4) Die kreisangehörigen Gemeinden sind verpflichtet, die unterzubringenden Ausländer aufzunehmen.4
§ 7
Zuweisungen
(1) Die höhere Unterbringungsbehörde erlässt die Zuweisungsentscheidungen für die nach § 5 Nr. 1 aufgenommenen Ausländer nach § 50 Abs. 4 AsylVfG und für die nach § 5 Nr. 2 aufgenommenen Ausländer nach § 24 Abs. 4 Satz 1 AufenthG.
(2) Die höhere Unterbringungsbehörde ordnet gegenüber den nach § 5 Nr. 2 aufgenommenen Ausländern die Verteilung nach § 15a Abs. 4 Satz 1 AufenthG an.5
§ 8
Länderübergreifende Verteilungen
Zuständig für die Entscheidung über Anträge auf länderübergreifende Verteilungen nach § 51 Abs. 2 Satz 2 AsylVfG ist die höhere Unterbringungsbehörde.6
§ 9
(aufgehoben)7
§ 10
Kostenerstattung
(1) Der Freistaat Sachsen erstattet den Landkreisen und Kreisfreien Städten für die im Rahmen der Aufnahme und Unterbringung der in § 5 Nr. 1 bis 3, 5 und 7 genannten Ausländer entstehenden Kosten eine Pauschale in Höhe von 2 389,50 EUR je Person und Vierteljahr für das Jahr 2017 und in Höhe von 2 352,50 EUR je Person und Vierteljahr ab dem Jahr 2018. Mit der Pauschale werden alle notwendigen Ausgaben unter Einschluss der Ausgaben für personellen und sächlichen Verwaltungsaufwand, für Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz sowie für liegenschaftsbezogene Ausgaben und Aufwendungen im Rahmen der Unterbringung abgegolten. Zusätzlich erhalten die Landkreise und Kreisfreien Städte einen Sonderausgleich in Höhe von 98 EUR je Person und Vierteljahr für das Jahr 2017 und in Höhe von 94,25 EUR je Person und Vierteljahr für das Jahr 2018. Die höhere Unterbringungsbehörde setzt den zu erstattenden Betrag fest und zahlt ihn jeweils zum 15. Februar, 15. Mai, 15. August und 15. November aus. Der Sonderausgleich nach Satz 3 wird erstmalig zum 15. Mai 2017 und letztmalig zum 15. Februar 2019 ausgezahlt. Maßgeblich ist die durchschnittliche Anzahl der jeweils an den Monatsenden des jeweils vorausgegangenen Vierteljahres untergebrachten Ausländer.
(2) Bei einer Abweichung von 10 Prozent der der Bemessung der Pauschale nach Absatz 1 Satz 1 zu Grunde gelegten Annahme durchschnittlicher Bestände an Leistungsempfängern für die Jahre 2017 und 2018 erfolgt eine Prüfung der Angemessenheit der Höhe der Kostenerstattung. Dabei sind die Maßstäbe anzuwenden, die der Ermittlung der Pauschale zu Grunde lagen.
(3) Abweichend von Absatz 1 werden die erforderlichen Aufwendungen für im vorangegangenen Kalenderjahr erbrachte Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft und Geburt erstattet, soweit sie einen Betrag von 7 669,38 EUR je Person übersteigen. Die Aufwendungen sind bis zum 30. Juni des Folgejahres geltend zu machen.
(4) Der Freistaat Sachsen erstattet ferner den Landkreisen und Kreisfreien Städten zur Abgeltung aller durch die Unterbringung der in § 5 Nr. 4 genannten Ausländer entstandenen Kosten eine Pauschale in Höhe von 562,50 EUR je Person und Vierteljahr. Die Pauschale wird zu den in Absatz 1 Satz 3 genannten Stichtagen ausgezahlt. Absatz 1 Satz 4 gilt entsprechend. Die Erstattungsleistungen nach Satz 1 sind auf die Dauer von zwölf Monaten nach der Aufnahme begrenzt.
(5) Werden die in § 5 Nummer 3 genannten Ausländer nach einer Aufnahmeanordnung unter der Voraussetzung aufgenommen, dass eine Verpflichtungserklärung nach § 68 des Aufenthaltsgesetzes abgegeben wird, von der Leistungen bei Krankheit, Pflegebedürftigkeit und Behinderung ausgenommen werden, und sind die Kosten für diese Leistungen nach der Aufnahmeanordnung in Verbindung mit § 8 Absatz 1 Satz 2 des Asylbewerberleistungsgesetzes von den Landkreisen und Kreisfreien Städten zu übernehmen, werden diesen die erforderlichen Aufwendungen erstattet. Aufwendungen, die in den Jahren 2014 bis 2016 entstanden sind, sind bis zum 31. Dezember 2017 geltend zu machen. Aufwendungen, die ab dem Jahr 2017 entstehen, sind bis zum 30. Juni des jeweiligen Folgejahres geltend zu machen. Die höhere Unterbringungsbehörde setzt den Betrag fest und zahlt ihn aus.8
Abschnitt 3
Schlussbestimmungen
§ 11
Datenverarbeitung
Die Unterbringungsbehörden dürfen zur Erfüllung der Aufgaben nach diesem Gesetz personenbezogene Daten einschließlich Lichtbildern nach den Vorschriften des Gesetzes zum Schutz der informationellen Selbstbestimmung im Freistaat Sachsen (Sächsisches Datenschutzgesetz – SächsDSG) vom 25. August 2003 (SächsGVBl. S. 330), zuletzt geändert durch Gesetz vom 14. Dezember 2006 (SächsGVBl. S. 530), in der jeweils geltenden Fassung, verarbeiten. Daten im Sinne von § 4 Abs. 2 SächsDSG dürfen verarbeitet werden, soweit dies im Einzelfall zur Aufgabenerfüllung erforderlich ist.
§ 12
Verordnungsermächtigungen
(1) Das Staatsministerium des Innern wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung Zuständigkeiten der unteren Unterbringungsbehörden
- 1.
- der höheren Unterbringungsbehörde oder
- 2.
- einzelnen unteren Unterbringungsbehörden
zu übertragen, soweit dies der Vereinfachung des Verwaltungsverfahrens oder der Verbesserung der Verwaltungsleistung dient oder geeignet ist, den Koordinationsbedarf zu verringern, weil ein enger Zusammenhang zu bereits übertragenen Zuständigkeiten besteht. Das Staatsministerium des Innern wird ermächtigt, bei einer Übertragung nach Satz 1 Nr. 2 den Ausgleich der sich aus der Aufgabenverlagerung ergebenden zusätzlichen Belastungen durch Rechtsverordnung im Einvernehmen mit dem Staatsministerium der Finanzen zu regeln.
(2) Das Staatsministerium des Innern wird ferner ermächtigt,
- 1.
- die Schaffung und Betreibung von Ausreiseeinrichtungen nach § 61 Abs. 2 AufenthG einschließlich der Zuständigkeit für die Durchführung der Aufgaben nach § 1 Nr. 2 in diesen Einrichtungen im Einvernehmen mit dem Staatsministerium der Finanzen und
- 2.
- die Zuständigkeit für die Anordnung von Bedingungen und Auflagen nach § 61 Abs. 1 Satz 2 AufenthG
durch Rechtsverordnung zu regeln.8
§ 13
Einschränkung eines Grundrechts
Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung nach Artikel 33 der Verfassung des Freistaates Sachsen und Artikel 2 Abs. 1 in Verbindung mit Artikel 1 Abs. 1 des Grundgesetzes wird durch dieses Gesetz eingeschränkt.
§ 14
Sonderpauschale für das Jahr 2016
(1) Den Landkreisen und Kreisfreien Städten wird eine einmalige Sonderpauschale für die in § 5 Nummer 1 bis 3, 5 und 7 genannten Ausländer für das Jahr 2016 gewährt. Die Sonderpauschale für das Jahr 2016 beträgt als Basiswert 10 500 EUR je Leistungsempfänger. Grundlage dieses Basiswertes ist eine jahresdurchschnittliche Anzahl von 31 100 Leistungsempfängern. Bei jeder Abweichung verringert oder erhöht sich der Basiswert um einen auf ganze Euro gerundeten Betrag, der wie folgt ermittelt wird: (0,0740793 x jahresdurchschnittliche Anzahl an Leistungsempfängern) - 2 304.
(2) Die Ergänzungspauschale nach § 3 des Gesetzes zur Finanzierung der Unterbringung und Betreuung von Ausländern in den Jahren 2015 und 2016 im Freistaat Sachsen vom 29. April 2015 (SächsGVBl. S. 349, 357), das durch Artikel 5 des Gesetzes vom 16. Dezember 2015 (SächsGVBl. S. 656) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, für das Jahr 2016 und die Pauschale nach § 10 Absatz 1 werden mit der einmaligen Sonderpauschale für das Jahr 2016 verrechnet.
(3) Es wird eine Zwischenabrechnung und eine Endabrechnung erstellt. Die Zwischenabrechnung erfolgt für den Zeitraum von Januar bis Oktober 2016, in der Endabrechnung wird das gesamte Jahr 2016 abgerechnet. Zuständig für das Verrechnungsverfahren ist die höhere Unterbringungsbehörde.
(4) Für die Zwischenabrechnung wird für jeden Landkreis und jede Kreisfreie Stadt die durchschnittliche Anzahl der jeweils an den Monatsenden von Januar bis Oktober 2016 untergebrachten Ausländer festgestellt und auf dieser Grundlage die Höhe der Sonderpauschale nach Absatz 1 errechnet. Von zehn Zwölfteln dieses Betrages werden die tatsächlich dem jeweiligen Landkreis und der jeweiligen Kreisfreien Stadt für diesen Zeitraum erstatteten Kosten nach § 10 Absatz 1 und zehn Zwölftel des nach § 3 Satz 2 bis 4 des Gesetzes zur Finanzierung der Unterbringung und Betreuung von Ausländern in den Jahren 2015 und 2016 im Freistaat Sachsen auf den jeweiligen Landkreis und die jeweilige Kreisfreie Stadt entfallenden Anteils für das Jahr 2016 abgezogen. Der Restbetrag wird von der höheren Unterbringungsbehörde festgesetzt und spätestens bis zum 30. Dezember 2016 ausgezahlt. Ein negativer Betrag wird mit der Endabrechnung nach Absatz 5 verrechnet.
(5) Für die Endabrechnung wird für jeden Landkreis und jede Kreisfreie Stadt die durchschnittliche Anzahl der jeweils an den Monatsenden von Januar bis Dezember 2016 untergebrachten Ausländer festgestellt. Auf dieser Grundlage wird die Höhe der Sonderpauschale nach Absatz 1 errechnet. Von diesem Betrag werden die tatsächlich dem jeweiligen Landkreis und der jeweiligen Kreisfreien Stadt für diesen Zeitraum erstatteten Kosten nach § 10 Absatz 1 und der nach § 3 Satz 2 bis 4 des Gesetzes zur Finanzierung der Unterbringung und Betreuung von Ausländern in den Jahren 2015 und 2016 im Freistaat Sachsen auf den jeweiligen Landkreis und die jeweilige Kreisfreie Stadt entfallende Anteil für das Jahr 2016 abgezogen. Das Ergebnis der Zwischenabrechnung nach Absatz 4 wird verrechnet. Die Endabrechnung wird zum 15. Februar 2017 festgesetzt. Ein positiver Betrag wird ausgezahlt, ein negativer Betrag wird mit der Kostenerstattung nach § 10 Absatz 1 verrechnet.10