Sächsisches Gesetz
zur Umsetzung der Richtlinie 96/82/EG des Rates vom 9. Dezember 1996
zur Beherrschung der Gefahren bei schweren Unfällen mit gefährlichen Stoffen
(SächsGefUnfallG)
Vom 14. Februar 2002
Der Sächsische Landtag hat am 17. Januar 2002 das folgende Gesetz beschlossen:
§ 1
Anwendung der Störfall-Verordnung und
des Bundes-Immissionsschutzgesetzes
auf Betriebsbereiche
Die Zwölfte Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Störfall-Verordnung – 12. BImSchV) vom 26. April 2000 (BGBl. I S. 603) gilt mit Ausnahme des § 1 Abs. 3 und der Regelungen des Dritten Teils entsprechend für Anlagen oder eine Mehrzahl von Anlagen, die einen Betriebsbereich im Sinne des § 3 Abs. 5a des Gesetzes zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge (Bundes-Immissionsschutzgesetz – BImSchG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Mai 1990 (BGBl. I S. 880), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 9. September 2001 (BGBl. I S. 2331), bilden und nicht gewerblichen Zwecken dienen und nicht im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen Verwendung finden. Bei der Anwendung der Störfall-Verordnung nach Satz 1 gelten § 20 Abs. 1a, die §§ 24, 25, 29a, 30, 52 und 62 Abs. 1 Nr. 2, 5, 6 und 7, Abs. 2 Nr. 4 und 5 und Abs. 3 BImSchG entsprechend.
§ 2
Externe Notfallpläne für schwere Unfälle
mit gefährlichen Stoffen
(1) Soweit für Betriebsbereiche im Sinne des § 3 Abs. 5a BImSchG ein Sicherheitsbericht zu erstellen ist, hat die zuständige Behörde einen externen Notfallplan unter Beteiligung des Betreibers und unter Berücksichtigung des internen Alarm- und Gefahrenabwehrplans zu erstellen. Externe Notfallpläne müssen Angaben enthalten über
- Namen oder Stellung der Personen, die zur Einleitung von Sofortmaßnahmen sowie zur Durchführung und Koordinierung von Maßnahmen außerhalb des Betriebsgeländes ermächtigt sind,
- Vorkehrungen zur Entgegennahme von Frühwarnungen sowie zur Alarmauslösung und zur Benachrichtigung der Einsatzkräfte,
- Vorkehrungen zur Koordinierung der zur Umsetzung des externen Notfallplans notwendigen Einsatzkräfte und Einsatzmittel,
- Vorkehrungen zur Unterstützung von Abhilfemaßnahmen auf dem Betriebsgelände,
- Vorkehrungen für Abhilfemaßnahmen außerhalb des Betriebsgeländes,
- Vorkehrungen zur Unterrichtung der Öffentlichkeit über den Unfall sowie über das richtige Verhalten,
- Vorkehrungen zur Unterrichtung der Einsatzkräfte ausländischer Staaten bei einem schweren Unfall mit möglichen grenzüberschreitenden Folgen.
(2) Die Entwürfe der externen Notfallpläne sind zur Anhörung der Öffentlichkeit für die Dauer eines Monats öffentlich auszulegen. Ort und Dauer der Auslegung sind vorher öffentlich bekannt zu machen mit dem Hinweis, dass Einwendungen während der Auslegungsfrist schriftlich oder zur Niederschrift vorgebracht werden können. Die fristgemäß vorgebrachten Einwendungen sind zu prüfen. Das Ergebnis der Prüfung der einzelnen Einwendungen ist dem jeweils die Einwendung Erhebenden mitzuteilen. Haben mehr als 50 Personen Einwendungen mit im Wesentlichen gleichem Inhalt vorgebracht, kann die Mitteilung des Ergebnisses der Prüfung dadurch ersetzt werden, dass diesen Personen die Einsicht in das Ergebnis ermöglicht wird. Die Stelle, bei der das Ergebnis der Prüfung während der Dienststunden eingesehen werden kann, ist öffentlich bekannt zu machen. Wird der Entwurf des externen Notfallplanes nach der Auslegung geändert oder ergänzt, ist er erneut öffentlich entsprechend Satz 2 auszulegen. Bei der erneuten Auslegung kann bestimmt werden, dass Einwendungen nur zu den geänderten oder ergänzten Teilen vorgebracht werden können. Werden durch die Änderung oder Ergänzung des Entwurfs die Grundzüge der Planung nicht berührt oder sind Änderungen oder Ergänzungen im Umfang geringfügig oder von geringer Bedeutung, können die zuständigen Behörden von einer erneuten öffentlichen Auslegung absehen. Datenschutzrechtliche Regelungen zum Schutze des Betreibers bleiben von den vorstehenden Verpflichtungen zur öffentlichen Auslegung unberührt.
(3) Die zuständigen Behörden haben die von ihnen erstellten externen Notfallpläne in angemessenen Abständen von höchstens drei Jahren seit dem Tag der letzten öffentlichen Auslegung unter Beteiligung des Betreibers und unter Berücksichtigung des internen Alarm- und Gefahrenabwehrplans zu überprüfen, zu erproben sowie erforderlichenfalls zu überarbeiten und auf den neuesten Stand zu bringen. Bei dieser Überprüfung sind Veränderungen in den Betrieben und den Notdiensten, neue technische Erkenntnisse und Erkenntnisse darüber, wie bei schweren Unfällen zu handeln ist, zu berücksichtigen. Wird der Entwurf des externen Notfallplanes nach der Überprüfung nach Satz 1 geändert oder ergänzt, ist er erneut auszulegen. Die Regelungen des Absatzes 2 gelten entsprechend.
(4) Die zuständige Behörde kann im Benehmen mit der für die Anwendung des § 1 zuständigen Behörde aufgrund der Informationen in dem Sicherheitsbericht entscheiden, dass sich die Erstellung eines externen Notfallplanes erübrigt. Die Entscheidung ist zu begründen und der höheren Verwaltungsbehörde zur Genehmigung vorzulegen.
(5) Besteht die Möglichkeit, dass das Gebiet eines anderen Staates von den grenzüberschreitenden Wirkungen eines Störfalls in einem Betriebsbereich im Sinne von § 3 Abs. 5a BImSchG betroffen sein könnte, machen die zuständigen Behörden den von dem Nachbarstaat benannten Behörden ausreichende Informationen zugänglich, damit diese gegebenenfalls die Bestimmungen der Artikel 11 und 13 der Richtlinie 96/82/EG des Rates vom 9. Dezember 1996 zur Beherrschung der Gefahren bei schweren Unfällen mit gefährlichen Stoffen (ABl. EG 1997 Nr. L 10 S. 13) in Verbindung mit der Entscheidung der Kommission vom 26. Juni 1998 über harmonisierte Kriterien für Ausnahmen gemäß Artikel 9 der Richtlinie 96/82/EG des Rates zur Beherrschung der Gefahren bei schweren Unfällen mit gefährlichen Stoffen (ABl. EG Nr. L 192 S. 19) anwenden können. Bei einem nahe am Hoheitsgebiet eines anderen Staates gelegenen Betriebsbereich unterrichten die zuständigen Behörden die von dem anderen Staat benannten Behörden über die Entscheidung gemäß Absatz 4. Wenn der Nachbarstaat die zu beteiligenden Behörden nicht benannt hat, ist jeweils die oberste für den Katastrophenschutz zuständige Behörde des anderen Staates zu unterrichten.
§ 3
Zuständigkeiten
(1) Zuständig für die Wahrnehmung von Aufgaben aufgrund des § 1 sind die nach den Vorschriften des Ausführungsgesetzes zum Bundes-Immissionsschutzgesetz und zum Benzinbleigesetz (AGImSchG) vom 4. Juli 1994 (SächsGVBl. S. 1281) in der jeweils geltenden Fassung sowie der auf dessen Grundlage erlassenen Verordnungen zuständigen Behörden. Die Zuständigkeitsregelungen zu den in § 1 für anwendbar erklärten Vorschriften gelten entsprechend.
(2) Sachlich zuständig für die Wahrnehmung der Aufgaben nach § 2 sind die Landkreise und Kreisfreien Städte als Kreispolizeibehörden. Abweichend von Satz 1 sind für die Genehmigung nach § 2 Abs. 4 Satz 2 die Regierungspräsidien als Landespolizeibehörden zuständig. Die örtliche Zuständigkeit bestimmt sich nach der Belegenheit des Betriebsbereichs. Ist danach die örtliche Zuständigkeit von mehr als einer Kreispolizeibehörde begründet, bestimmt das örtlich zuständige Regierungspräsidium die zuständige Kreispolizeibehörde nach dem Schwerpunkt des durch den Betriebsbereich begründeten Gefahrenpotenzials. Ist der Betriebsbereich im örtlichen Zuständigkeitsbereich mehr als eines Regierungspräsidiums belegen, erfolgt die Bestimmung der zuständigen Kreispolizeibehörde durch das Staatsministerium des Innern.
(3) Die Landkreise und Kreisfreien Städte erhalten für die aus der Übertragung der Aufgaben nach diesem Gesetz entstehende Mehrbelastung einen finanziellen Ausgleich. Die Landkreise und Kreisfreien Städte, die einen externen Notfallplan aufzustellen haben, erhalten für die ihnen im Jahr 2002 entstehenden Mehrbelastungen einen pauschalierten Betrag von 15 000 EUR. Zeitlich nachfolgende notwendige Kosten werden auf Antrag erstattet. Der Antrag ist bei der oberen Rechtsaufsichtsbehörde zu stellen.
§ 4
In-Kraft-Treten
Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft.
Das vorstehende Gesetz wird hiermit ausgefertigt und ist zu verkünden.
Dresden, den 14. Februar 2002
Der Landtagspräsident
Erich Iltgen
Der Ministerpräsident
Prof. Dr. Kurt Biedenkopf
Der Staatsminister
für Umwelt und Landwirtschaft
Steffen Flath