Verwaltungsvorschrift
des Sächsischen Staatsministeriums
für Soziales, Gesundheit und Familie
für die Gewährung von Leistungen der Hauptfürsorgestelle an Arbeitgeber zur Abgeltung außergewöhnlicher Belastungen
Vom 23. Dezember 1998
Zum Vollzug des § 31 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b) des Gesetzes zur Sicherung der Eingliederung Schwerbehinderter in Arbeit, Beruf und Gesellschaft (Schwerbehindertengesetz – SchwbG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. August 1986 (BGBl. I S. 1421, 1550), zuletzt geändert durch Artikel 9 des Gesetzes vom 19. Dezember 1997 (BGBl. I S. 3158), in Verbindung mit § 27 der Zweiten Verordnung zur Durchführung des Schwerbehindertengesetzes (Schwerbehinderten-Ausgleichsabgabeverordnung – SchwbAV) vom 28. März 1988 (BGBl. I S. 484), zuletzt geändert durch Artikel 29 des Gesetzes vom 16. Dezember 1997 (BGBl. I S. 2998), wird folgende Verwaltungsvorschrift erlassen:
- 1
- Rechtsgrundlage
- Arbeitgeber können im Rahmen der zur Verfügung stehenden Mittel aus der Ausgleichsabgabe Zuschüsse zur Abgeltung außergewöhnlicher Belastungen erhalten, die mit der Beschäftigung Schwerbehinderter verbunden sind, die wegen Art oder Schwere ihrer Behinderung
- –
- im Arbeits- und Berufsleben besonders betroffen sind (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a) bis d) SchwbG in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a) bis d) und Abs. 3 Nr. 1 SchwbAV) oder
- –
- in Teilzeit beschäftigt werden (§ 9 Abs. 2 SchwbG in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Nr. 4 SchwbAV).
- 2
- Nachrang der Leistungen
- Die Leistungen sind gegenüber den Leistungen der Bundesanstalt für Arbeit und der übrigen Rehabilitationsträger sowie gegenüber Leistungen, die von anderer Seite für denselben Zweck erbracht werden, nachrangig.
- 3
- Inhalt der Leistungen und allgemeine Voraussetzungen
- 3.1
- Inhalt der Leistungen
- Die außergewöhnlichen Belastungen des Arbeitgebers, die nach Maßgabe dieser Richtlinien ganz oder teilweise durch Zuschüsse abgedeckt werden können, umfassen vor allem
- a)
- außergewöhnliche Aufwendungen, die bei der Beschäftigung dieser Schwerbehinderten entstehen, zum Beispiel für eine besondere Hilfskraft, eine Ersatzkraft, persönliche Betreuung und so weiter,
- b)
- das anteilige Arbeitsentgelt für solche Schwerbehinderte, deren Arbeitsleistung aus behinderungsbedingten Gründen erheblich hinter dem Durchschnitt zurückbleibt.
- Leistungen zur Abgeltung von Belastungen nach a) und b) können nebeneinander gewährt werden.
- 3.2
- Allgemeine Voraussetzungen
- Leistungen nach dieser Verwaltungsvorschrift kommen in Betracht,
- 3.2.1
- wenn die Möglichkeiten, die schwerbehinderte Person zu einer von fremder Unterstützung unabhängigen und ihrem Arbeitsentgelt entsprechenden Arbeitsleistung zu befähigen, ausgeschöpft sind:
dazu gehören: - –
- die dem Fähigkeitsprofil der schwerbehinderten Person entsprechende Auswahl des Arbeitsplatzes (gegebenenfalls Versetzung auf einen anderen Arbeitsplatz),
- –
- die behinderungsgerechte Einrichtung und Ausgestaltung des Arbeitsplatzes,
- –
- die auf die Fähigkeiten abgestimmte berufliche Bildung und Einarbeitung,
- –
- innerbetriebliche Maßnahmen der beruflichen Bildung,
- 3.2.2
- wenn die schwerbehinderte Person im Regelfall zumindest das tarifliche oder, soweit eine tarifliche Regelung nicht besteht, für die Beschäftigung ortsübliche Arbeitsentgelt enthält,
- 3.2.3
- wenn dem Arbeitgeber trotz der ihm gegenüber Schwerbehinderten obliegenden Fürsorgepflicht unter Berücksichtigung des Austauschcharakters eines Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann, die Kosten der außergewöhnlichen Belastung selbst zu tragen. Dies ist im Einzelfall unter anderem unter Berücksichtigung folgender Kriterien zu entscheiden:
- –
- Dauer der Betriebszugehörigkeit der schwerbehinderten Person,
- –
- Höhe der Belastung,
- –
- Größe und wirtschaftliche Situation des Betriebes,
- –
- Erfüllung der Beschäftigungspflicht,
- –
- Anteil der Schwerbehinderten nach § 6 SchwbG,
- –
- Art, Schwere und Ursache der Behinderung,
- –
- Mehrfachanrechnung,
- –
- bisherige Aufwendungen des Arbeitgebers zur Erhaltung des Arbeitsverhältnisses (Vorleistungen), Lohnkostenzuschüsse vorrangiger Träger,
- –
- besondere Verpflichtung des öffentlichen Dienstes zur Beschäftigung Schwerbehinderter,
- –
- arbeits- und tarifrechtliche Möglichkeiten zu einer der schwerbehinderten Person zumutbaren Anpassung der Bedingungen des Arbeitsvertrages.
- Dem Arbeitgeber kann die Übernahme der Belastung beispielsweise nicht zugemutet werden, wenn die Hauptfürsorgestelle einem Antrag auf Zustimmung zur Kündigung entsprechen müsste.
- 3.2.4
- Ist eine ordentliche (Änderungs-)Kündigung arbeits- oder tarifvertraglich ausgeschlossen oder handelt es sich um Schwerbehinderte mit Anspruch auf Verdienstsicherung oder um Beamte und Beamtinnen auf Lebenszeit, sind an die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers bezüglich des ihm finanziell Zumutbaren besonders hohe Anforderungen zu stellen. Leistungen können daher nur ausnahmsweise gewährt werden,
- a)
- wenn seit mindestens zwei Jahren vor Eintritt der Unkündbarkeit/der Verdienstsicherung Leistungen nach diesen Richtlinien erbracht worden sind; die vorherige Förderquote soll ab Eintritt der Unkündbarkeit/Verdienstsicherung pro Bewilligungszeitraum (vergleiche Nummer 7) um jeweils 10 Prozentpunkte gekürzt werden;
- b)
- bei erstmaliger Antragstellung nach Eintritt der Unkündbarkeit/der Verdienstsicherung, wenn die Belastung ganz überwiegend behinderungsbedingt ist und ein besonderes Ausmaß erreicht.
- Entsprechendes gilt für Beamte und Beamtinnen auf Lebenszeit.
- 3.2.5
- Die Leistungen der Hauptfürsorgestelle sollen zusammen mit den Leistungen anderer Träger in Höhe und Dauer in einem vertretbaren Verhältnis zu dem erzielten Arbeitseinkommen stehen. Sie sollen 60 vom Hundert des Bruttojahreseinkommens (ohne Lohnnebenkosten des Arbeitgebers) nicht übersteigen.
- 3.2.6
- Vor der Leistungsbewilligung ist gegebenenfalls unter Einschaltung eines Fachdienstes und unter Zugrundelegung medizinischer Unterlagen abzuwägen, ob wegen gravierender Leistungsbeeinträchtigung eine anderweitige soziale Absicherung, zum Beispiel durch Rentenantragstellung, Eingliederung in einer Werkstatt für Behinderte oder ähnliches, eher in Betracht kommt oder sinnvoll wäre. Bei einer Leistungsbeeinträchtigung (Minderleistung) um mehr als 50 vom Hundert sind Leistungen nur in begründeten Fällen zu gewähren; insbesondere wenn eine Leistungssteigerung innerhalb des Bewilligungszeitraumes erwartet werden kann.
- 3.2.7
- Abgesehen von Ausbildungsverhältnissen und Drittmittelarbeitsverhältnissen im wissenschaftlichen Bereich sollen nur unbefristete Beschäftigungsverhältnisse gefördert werden.
- 3.2.8
- Bei Teilzeitbeschäftigung sind ein abzugeltender Betreuungsaufwand und/oder ein Minderleistungsanspruch entsprechend der Teilzeit zu kürzen.
- 4
- Zuschüsse zu außergewöhnlichen Aufwendungen
- 4.1
- Die außergewöhnlichen Aufwendungen bei der Beschäftigung Schwerbehinderter im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 1 Buchstaben a), b) und d) sowie § 9 Abs. 2 SchwbG in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Nr. 4 SchwbAV umfassen insbesondere Personalkosten, die dem Arbeitgeber entstehen, zum Beispiel wenn
- –
- Schwerbehinderte zur Ausübung der Beschäftigung wegen ihrer Behinderung nicht nur vorübergehend einer besonderen Hilfskraft bedürfen,
- –
- Schwerbehinderte wegen ihrer Behinderung zur Erreichung des Arbeitsplatzes oder bei der Verrichtung ihrer Arbeit auf die Unterstützung durch andere Personen angewiesen sind,
- –
- wegen der Behinderung längere oder immer wiederkehrende Unterweisungen, zum Beispiel durch den Meister oder Vorarbeiter notwendig werden, insbesondere bei wechselnden Arbeitsaufgaben,
- –
- allgemeine Hilfestellungen notwendig sind (zum Beispiel Wege im Betrieb, Hilfen im Sanitärbereich),
- –
- persönliche Hilfen, zum Beispiel für Blinde, Gehörlose, psychisch Behinderte, Suchtkranke, im Betrieb notwendig sind.
- 4.2
- Zeiten der Arbeitsunfähigkeit allein, das heißt ohne zusätzliche Aufwendungen des Arbeitgebers, stellen keine außergewöhnliche Belastungen im Sinne von Nummer 4.1 dar.
- 4.3
- Ein Betreuungsaufwand ist nur abzugelten, wenn die Betreuungsdauer bei ganztägiger Beschäftigung durchschnittlich mindestens 30 Minuten pro Tag beträgt. Bei einer ganztägigen Beschäftigung soll eine darüber hinausgehende Betreuungsdauer von höchstens 1,5 Stunden abgegolten werden. In besonders begründeten Einzelfällen kann eine längere Betreuungsdauer berücksichtigt werden. Bei der Bemessung der Leistung ist vom Bruttoarbeitsentgelt der Betreuungsperson ohne Lohnnebenkosten auszugehen. Berücksichtigungsfähig sind hierbei höchstens 40,00 DM pro Stunde.
Berechnungsgrundlage sind in der Regel 210 Arbeitstage pro Jahr.
- 5
- Zuschüsse zum Arbeitsentgelt für Schwerbehinderte gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c) und § 9 Abs. 2 SchwbG in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Nr. 4 SchwbAV
- 5.1
- Zuschüsse zum Arbeitsentgelt von Schwerbehinderten im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c) und § 9 Abs. 2 SchwbG in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Nr. 4 SchwbAV an Arbeitgeber werden nur gezahlt, wenn Schwerbehinderte infolge der Behinderung nicht nur vorübergehend offensichtlich nur eine wesentlich verminderte Arbeitsleistung erbringen.
- 5.1.1
- Die Arbeitsleistung ist in der Regel dann offensichtlich wesentlich vermindert, wenn sie wenigstens 30 vom Hundert geringer ist als diejenige eines Nichtbehinderten in vergleichbarer Funktion oder unter Berücksichtigung der betrieblichen Akkordbezugsgrundlage.
- 5.1.2
- Für die Feststellung, dass die Verminderung der Arbeitsleistung durch die Behinderung verursacht wird, reicht es im Regelfall aus, dass sich die behinderungsbedingten Funktionseinschränkungen bei den jeweiligen konkreten Arbeitsplatzanforderungen nicht unerheblich auswirken können.
- 5.1.3
- Die Verminderung der Arbeitsleistung ist in der Regel dann nicht nur vorübergehend, wenn sie voraussichtlich länger als sechs Monate dauert.
- 5.1.4
- Minderleistungsausgleich ist in der Regel nur zu gewähren, wenn die Voraussetzungen gemäß Nummer 5.1.1 vorliegen.
Er soll im Regelfall bei einer Minderleistung von zirka 30 vom Hundert 300,-– DM, bei einer Minderleistung von zirka 40 vom Hundert 600,– DM und bei einer höheren Minderleistung 800,– DM monatlich nicht überschreiten. - 5.2
- Bemessungsgrundlage für die Ermittlung des Zahlbetrages ist das Bruttoarbeitsentgelt ohne Lohnnebenkosten. Die Höhe des Zuschusses zum Arbeitsentgelt ist bis zu den in Nummer 5.1.4 genannten Grenzen unter Berücksichtigung der in den Nummern 3.2.3 bis 3.2.7 genannten Kriterien festzusetzen.
- 5.3
- Der Minderleistungsausgleich wird auf der Grundlage von zwölf Monatsgehältern einschließlich Urlaubszeit errechnet.
Bei Abwesenheit der schwerbehinderten Person ist die Gesamtleistung nur auszuzahlen für Zeiten, in denen der Arbeitgeber tatsächlich Lohn-/Gehaltszahlungen erbringt, längstens jedoch für sechs Wochen.
- 6
- Antrag
- Der Bewilligungszeitraum beginnt frühestens mit dem Monat der Antragstellung.
- 7
- Dauer der Leistungen
- Die Leistungen werden in der Regel für einen Zeitraum von zwei Jahren bewilligt. Leistungen können wiederholt erbracht werden.
Sollen Arbeitsverhältnisse beendet werden, entfallen die Leistungsvoraussetzungen in der Regel - –
- bei Anträgen auf Zustimmung zur Kündigung vom Monat nach Antragseingang an,
- –
- bei Aufhebungsverträgen ohne Beteiligung der Hauptfürsorgestelle vom Monat nach Unterzeichnung des Vertrages an.
-
Bei Rücknahme des Antrages auf Zustimmung zur Kündigung oder Versagung der Zustimmung kann die Leistung rückwirkend nachbewilligt werden.
- 8
- Örtliche Zuständigkeit
- Zuständig für Leistungen nach diesen Richtlinien ist die Zweigstelle der Hauptfürsorgestelle, in deren Bereich der Arbeitsplatz liegt.
- 9
- In-Kraft-Treten
- Diese Verwaltungsvorschrift tritt am 1. Januar 1999 in Kraft.
Dresden, den 23. Dezember 1998
Sächsisches Staatsministerium für Soziales,
Gesundheit und Familie
Nicolay